Bei Maischberger: Grüner Wolf im schwarzen Schafspelz

Özdemir will das Verbrenner-Aus für 2035 so schnell wie möglich kippen. Hört, hört! Weil es für den Spitzenkandidaten der Grünen im Autoland Baden-Württemberg schwer ist zu punkten, geht Özdemir bei seinem plumpen Wahlkampfauftritt auf maximale inhaltliche Distanz zur grünen Programmatik. Von Fabian Kramer

Screenprint: ARD / Maischberger

Das nächste Jahr wird ein sogenanntes Superwahljahr. In gleich fünf deutschen Bundesländern wählen die Bürger neue Landesparlamente. Für die Berliner Politik bedeutet das hohe Brisanz. Denn die regionalen Wahlen werden von den Bürgern gern genutzt, um über die Politik in Berlin abzustimmen.

Besonders für die Grünen ist das kommende Jahr ein spannendes. Neben dem Kampf um den Einzug in die ostdeutschen Parlamente liegt der Fokus der öko-sozialistischen Partei auf der Wahl in Baden-Württemberg. Dort stellen die Grünen seit knapp anderthalb Jahrzehnten mit Winfried Kretschmann den Ministerpräsidenten. Cem Özdemir soll es dieses Mal für die Grünen richten. Der selbsternannte anatolische Schwabe möchte in die sehr großen Fußstapfen des beliebten Landesvaters treten.

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Die Chancen für einen grünen Sieg im eigentlich durch und durch konservativen Baden-Württemberg sind aber nicht besonders groß. Der Zeitgeist hat sich gedreht. Die Deindustrialisierungspolitik des grünen Wirtschaftsministers Robert Habeck hat in Baden-Württemberg ihre Spuren hinterlassen. Reihenweise verkünden die großen Unternehmen im Südwesten, dass Stellen abgebaut werden oder die Produktion ins Ausland verlagert wird. Weil es für Özdemir mit grünen Inhalten schwer ist zu punkten, geht der Spitzenkandidat der Grünen im Wahlkampf auf maximale inhaltliche Distanz zur grünen Programmatik.

Özdemir ist an diesem Abend zu Gast bei Maischberger. Es geht natürlich um die Wahl im kommenden Jahr. Der Auftritt des grünen Spitzenpolitikers ist Wahlkampf-Folklore in Reinkultur. In jedem zweiten Satz betont Özdemir überbordend seine Heimatverbundenheit. Von grünen Inhalten spricht er dagegen so gut wie gar nicht. Vielmehr täuscht Özdemir vor, dass er heilige Kühe der grünen Partei für seinen Traum vom Ministerpräsidenten-Sessel zur Schlachtbank führen möchte. Das Verbrenner-Aus für 2035 will er angeblich so schnell wie möglich kippen. Für den geneigten Zuseher ist dieser Wahlkampfauftritt äußerst amüsant. Ein schwarzlackiertes trojanisches Pferd versucht krampfhaft, seinen grünen Inhalt zu verbergen.

Özdemir fordert die Abkehr vom Verbrenner-Aus

Baden-Württemberg ist Autoland. Das Automobil wurde in Baden-Württemberg erfunden. Wer also in Stuttgart regieren will, der muss sich um die Belange der kriselnden Automobilbranche kümmern. Das von der EU beschlossene Verbrenner-Aus 2035 würde die baden-württembergische Autoindustrie hart treffen. Grünen-Spitzenkandidat Özdemir hält das Datum deswegen für falsch. „Wenn man ein Datum festgelegt hat, dann muss man auch die Voraussetzungen schaffen“, kritisiert Özdemir die EU. „Die EU hat das Ziel einfach so ausgegeben“, echauffiert er sich künstlich. Diese Sätze hallen nach.

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Offensichtlich färbte die Zusammenarbeit mit Olaf Scholz negativ auf Özdemir ab, denn es ist merkwürdig, dass der Schwabe vergisst, wer die EU zu diesem Ziel gedrängt hat. Die Grünen haben im europäischen Parlament die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen regelrecht erpresst. Von der Leyen musste grüne Programmatik durchwinken, um die Stimmen der Grünen für ihre Wahl zur Kommissionspräsidentin zu ergattern.

Die Aussagen von Özdemir weichen ziemlich stark vom Programm der Grünen ab. Maischberger konfrontiert Özdemir deshalb mit dem Wahlprogramm von 2017. Dort wollten die Grünen das Aus des Verbrennungsmotors schon für 2030. „Wir wollten viel, wenn der Tag lang ist“, meint Özdemir dazu. „Ich bin baden-württembergischer Grüner“, erklärt der Bad-Uracher sein Abweichen von der Parteilinie. In der Tat ist der baden-württembergische Landesverband der Grünen pragmatischer und realpolitischer orientiert als andere. Dennoch bleiben die Grünen eine ideologische Partei, die zwar konservative Kandidaten als Zugpferde aufbietet, aber an der Macht knallhart ihren öko-sozialistischen Kurs durchzieht.

Özdemir hat Angst vor gesellschaftlicher Spaltung

Die kommenden Landtagswahlen sind auch ein Stimmungstest für die AfD. In den Umfragen im Bund und in den Ländern steht die rechtskonservative Partei ziemlich gut da. Es ist durchaus möglich, dass die AfD in Özdemirs Heimat Baden-Württemberg an den Grünen vorbeizieht. Diese Entwicklung sieht Özdemir natürlich mit Sorge. „In entscheidenden politischen Fragen müssen die demokratischen Parteien zusammenarbeiten“, mahnt er an. Die AfD will Özdemir in keinem Fall in Regierungsverantwortung sehen. Doch anscheinend wird die Zusammenarbeit der etablierten Parteien vom Wähler zunehmend als Problem für das Land wahrgenommen. Es ist zu bezweifeln, dass die Strategie der Brandmauer auf Dauer durchzuhalten ist.

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Außerdem verursacht die Brandmauer eine gesellschaftliche Spaltung. „Wir steuern auf amerikanische Verhältnisse zu“, befürchtet Özdemir. Die Schuld an der gesellschaftlichen Spaltung gibt der Grüne der AfD. Diese sei Putins Partei und würde gegen deutsche Interessen handeln, kritisiert der ehemalige Landwirtschaftsminister. Ein wenig Selbstkritik möchte Özdemir aber dann doch üben. „Alle Parteien haben einen Anteil am Erfolg der AfD“, räumt er ein. Dieser Befund dürfte richtig sein. Für die AfD sind Wahlkämpfe buchstäblich ein Kinderspiel. Sie muss einfach nur mit dem Finger auf die vielen, vielen Fehlentscheidungen der anderen Parteien zeigen und profitiert davon. Die konkurrierenden regierenden Parteien machen es der AfD einfach, große Erfolge zu erzielen.

Vor allem die viel beschworene Brandmauer ist in Wahrheit ein Segen für die AfD. Die Partei muss keine Verantwortung übernehmen und kann in der Opposition wachsen und gedeihen. In den ostdeutschen Bundesländern besteht für die AfD sogar die Möglichkeit einer Alleinregierung. Vor diesem Ergebnis hat Özdemir Angst. „Ich möchte in so einem Land nicht leben“, sagt er. Bestimmen kann der Grüne darüber aber nicht, denn die Wahlentscheidung liegt in den Händen der Bürger. Alles in allem ist Özdemirs Auftritt plumpes Polit-Bauerntheater, das auch ein Blinder mit Krückstock durchschaut. Es dürfte kaum noch einen Wähler geben, den er damit hinter die Fichte führen kann.

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Kommentare ( 11 )

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tiptoppinguin
11 Minuten her

Klasse Argumentation: Die eigenen Defizite der politischen Gestaltung werden auf den „Klassenstreber AfD“ ausgelagert-> Weil die so gut sind, sehen wir so schlecht aus … das ist Talahon-Niveau vom anatolischen Schwaben. Ansonsten benimmt sich Özdemir wie Merz, indem er vollmundig Absichten erklärt, Versprechungen und Zusicherungen macht, den netten Schwiegersohn mit Flugschein spielt, der die Schwiegereltern jederzeit zu einem Rundflug mitnimmt – hier allerdings auf Kosten der Schwiegereltern (Steuerzahler). Mir reichts mit jeglicher grüner Couleur, nachdem erst gestern gemeldet wurde, daß sich die Grünen haben vorrechnen lassen, wieviel zusätzliches Geld durch die Anhebung des Mehrwertsteuersatzes auf Grundnahrungsmittel in die Kassen spülen… Mehr

ChristianeB
13 Minuten her

Wenn die Baden-Württemberger den zum Ministerpräsidenten machen, haben sie gesichert nicht mehr alle Tassen im Schrank. Aber wer weiß, vielleicht taucht ja wieder ein ominösen Käfer auf.

Der Ingenieur
15 Minuten her

Alles in allem ist Özdemirs Auftritt plumpes Polit-Bauerntheater, das auch ein Blinder mit Krückstock durchschaut. Es dürfte kaum noch einen Wähler geben, den er damit hinter die Fichte führen kann.“

Die letzte Bundestagswahl bewies leider das Gegenteil:

Da zog Merz mit seiner Union die gleiche Taktik durch und zig-Millionen deutsche Schlafschafe gingen ihm auf dem Leim.

Axel Kostner
24 Minuten her

Mit der Aussage im letzten Satz wäre ich ganz ganz vorsichtig. Dass sich der deutsche Wähl-Michel gern hinter die Fichte führen lässt, beweist er seit Merkels Grenzöffnung bei jeder Landtags- und Bundestagswahl. Wer den Einheitsparteiensumpf aus CDUSPDGRÜNELINKE wählt, entscheidet sich bewusst für mehr Messermorde, mehr Vergewaltigungen, mehr Clankriminalität, mehr Sozialbetrug, für ein Ausbluten der Sozialkassen, für Deindustrialisierung, für mehr Kriegsgeschrei, für galoppierende Inflation usw. usf.

alter weisser Mann
24 Minuten her

Kretschmanns Fußstapfen sind längst arg am schrumpfen und wenn die Schwaben, Badener und sonstigen Völkerschaften im Südwesten den Schwätzer Özdemir wählen, dann gehts noch schneller und weiter abwärts.

Haba Orwell
38 Minuten her

> Der Zeitgeist hat sich gedreht.

Für „Bio-Michels“ kaum – eher für Bevölkerung ohne Beklopptenstan-Hintergrund: https://anti-spiegel.ru/2025/studie-der-cdu-stiftung-zeigt-dass-die-anti-russische-propaganda-in-deutschland-nicht-wie-gewuenscht-wirkt/ Auch wenn Röper es optimistisch sehen will, dass nicht jeder Michel der Staatspropaganda erliegt.

Kraichgau
38 Minuten her

und ich möchte nicht in einem Bundesland leben,wo einer,der geschäftliche Bonusmeilen privat nutzte,sich Kredite von Wirtschaftspartnern geben liess,als „Auszeit“ im doppelt so gut bezahlten EU-Parlament absitzt…..und dann wie Kai aus der Kiste wieder im Bund antritt…
nö,da ich Badner bin,hoffe ich auf 30% AFD minimum und 10% Grüne

Nibelung
41 Minuten her

Wer auf einen Menschen türkischer Abstammung setzen muß, der auch noch beruflich dem Gegenteil dessen entspricht, was man sich bei einer verantwortungsvollen politischen Position verspricht, hat unter solchen Voraussetzungen nichts besseres vorzuweisen und greift damit wieder in die alte Trickkiste der Gefühlswelt alter Frauenversteher, die aber mit der Realität wenig zu tun hat, denn gelernte Erzieher können von alten Gewohnheiten nicht abweichen und wollen deshalb die ganze Nation erziehen, was im grünen Sinne liegen würde, aber außerhalb der Vorstellungswelt von Pragmatikern liegt und deshalb bahnt sich in Württemberg eine neue grüne Luftnummer an, die unbegreiflich ist, wenn man auf ihre… Mehr

Der Michel
42 Minuten her

„Alles in allem ist Özdemirs Auftritt plumpes Polit-Bauerntheater, das auch ein Blinder mit Krückstock durchschaut. Es dürfte kaum noch einen Wähler geben, den er damit hinter die Fichte führen kann.“

Herr Kramer, ich fürchte Sie überschätzen das Seh- und Denkvermögen der ÖRR-Konsumenten maßlos.

HelmesN
44 Minuten her

er denkst sich halt, wenn es bei Merz mit der Flunkerei funktioniert – warum auch nicht bei mir? Es ist nur noch erbärmlich, welche Leute sich heute für ein Amt berufen fühlen.

Der Ingenieur
12 Minuten her
Antworten an  HelmesN

Wie kann man das, was Merz abgezogen hat, nur „Flunkerei“ nennen?