„Lockdown-Sabotage“ bei Hart aber Fair: Diese Sendung muss rückgängig gemacht werden

Bei hart aber fair wurden tatsächlich Gäste eingeladen, die den Lockdown als solchen in Frage stellen und die Regierung klar kritisieren. Das sorgt schnell für große Empörung im Netz.

Screenshot ARD: Hart aber Fair

Haben Sie gestern „Hart aber Fair“ gesehen? Nein? Schade! Denn es könnte die letzte Sendung des WDR-Formats gewesen sein. Frank Plasberg stellt die Frage, wie sinnvoll der Dauerlockdown ist. Leider hat er sich Gäste eingeladen, deren Antwort darauf nicht „sehr sinnvoll“ lautet. Versehentlich wurde dort mal richtig diskutiert – sogar die Corona-Maßnahmen als solche wurden in Frage gestellt.

Frank Plasberg möchte mit seinen Gästen über Alternativen zum Lockdown diskutieren. „Länger, härter, einfallsloser: Wie sinnvoll ist der Dauerlockdown?“ Dabei wird er ein wahres Kunststück vollbringen: Keine Alternative zum Dauerlockdown wird der Moderator ernsthaft aufgreifen und zur Diskussion stellen. Seine Moderationskünste lassen an diesem Abend schon sehr zu wünschen übrig – aber es wird dennoch die beste Hart aber Fair-Sendung seit langem.

Heft 02-2021
Tichys Einblick 02-2021: 2021 - Endlich wieder leben
Mit Malu Dreyer sitzt eine Verantwortliche für die Corona-Maßnahmen in der Runde. Sie erwartete wohl, in üblicher Manier Selbstlob vortragen zu dürfen, und kritisch maximal „Warum nicht noch härter?“ gefragt zu werden. Doch die Kritik kommt massiv, vor allem von den Professoren Alexander Kekulé und Michael Hüther. Ersterer ist Mikrobiologe, letzterer Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Beide werfen den Regierenden vor allem Einfallslosigkeit vor. Kekulé und Hüther äußern kluge Kritik an den Maßnahmen, auf die Frau Dreyer in der gesamten Sendung nie so richtig Antworten finden wird. „Es geht um Menschenleben und das meine ich auch ganz ganz ernst“, versucht sich die Ministerpräsidentin hilflos zu retten. Doch das desaströse Handeln der Regierungen im Land kann sie nicht verteidigen – das lassen ihr einige Gäste dankenswerterweise nicht durchgehen. Es werde mit Hochdruck geimpft, so Dreyer, und um die Pflegeheime habe man sich auch gekümmert. „Man hat sich nicht um die Altenheime gekümmert, das stimmt einfach nicht.“ kommt sofort zurück. Noch im Dezember habe das Kanzleramt Anfragen zu Schnelltests in Altenheimen gestellt. Das sei Kurzschlusspanik, nicht planvolles Handeln.

„Hart aber Fair“ stellt die Frage an die Zuschauer: „Wie einfallslos ist der verlängerte Lockdown?“ Das Stimmungsbild hier fällt deutlich aus: Eine Twitteruserin schreibt, sie könne „platzen vor Wut“ bei soviel Ideenlosigkeit. Und selbst „Spiegel“-Kolumnist Sascha Lobo wird über die Willkür der Corona-Maßnahmen mit den Worten zitiert: „Die Leute haben die Schnauze voll“. Doch selbst wenn der berufslinke Irokese vom einstigen „Sturmgeschütz der Demokratie“ das feststellt – Malu Dreyer bleibt ungerührt.

Schnell wird deutlich: Die gewohnte Corona-Talkrunde, bei der mehrere Gäste einander und die Regierungslinie bestätigen, wird das hier nicht. Dazu trägt neben Hüther und Kekulé auch Susanne Gaschke bei: Die Welt-Journalistin offenbart, dass die Regierung zum Ende des letzten Jahres still und heimlich die Finanzierung von Intensivbett-Kapazitäten in Krankenhäusern eingestellt hat – und nun mit dem Argument, dass genau diese jetzt knapp sind, die Bürger in harte Lockdowns zwingen will. „Ich bin es ein bisschen leid, dass die Regierung ihre Aufgaben immer zurückdelegiert an die Bevölkerung und sagt: ‚ihr wart nicht brav genug‘.“

„Veranstaltung für Coronaleugner“

Insbesondere Michael Hüther begibt sich, zumindest nach ÖRR-Standards, schon extrem über die Grenze des Sagbaren hinaus. „Man muss mal fragen, ist das alles so ernst?“ äußert er im Blick auf Corona bei seinem wahrscheinlich letzten Auftritt im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Sogar den verbotenen Vergleich mit der Grippe zieht er – Auweia, Frank Plasberg hat sich einen waschechten Coronaleugner ins Studio eingeladen! Der stellt sogar infrage, ob die Lockdown-Maßnahmen überhaupt funktionieren. Der Lockdown in Bayern, so Hüther, sei immer härter als der in NRW gewesen. Trotzdem seien die Zahlen im Freistaat gleichbleibend höher als die im Land von Rhein und Ruhr. Mit seiner extrem anderen Sicht mischt der Wirtschaftswissenschaftler die Runde richtig auf. Darauf eingehen will keiner so wirklich, schon gar nicht Plasberg. Das IW können wir aber wohl schonmal als „gecanceled“ ansehen. Gewisse Schützenhilfe erhält Hüther von Professor Kekulé, der vor allem Regierungsversagen bloßstellt. Aus seinen Erfahrungen bei Gesprächen mit der Politik berichtet der Mikrobiologe, die Regierung habe den Kauf von Schnelltests, die bereits im Frühjahr verlässlich verfügbar waren, zunächst abgelehnt – und so das Pandemie-Management natürlich extrem erschwert. Eigentlich ein Knaller, der in der Sendung aber sofort wieder untergeht.

Corona-Update 11.01.2021
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Verzweifelt wird versucht, das auszubalancieren. Zum Beispiel mit einem Einspieler, in dem mehrere Virologen (darunter Christian Drosten) Lockdown-Inzidenzen nicht etwa wie bei 50 (wie Aktuell die Regel), sondern von 20 bis sogar 7 fordern. Die Pro-Lockdown-Stimmen muss man sich anscheinend schnell von außerhalb holen. Denn weder Malu Dreyer, noch der Lungenfacharzt Dr. Çelik können oder wollen Gaschke, Kekulé und Hüther wirklich Paroli bieten.

Professor Hüther sagt, wir sollten mit der neuen Realität zu leben lernen – mit den abertausenden Influenzatoten jedes Jahr würden wir ja auch klarkommen. „Was ist eigentlich unser dauerhaftes Bild? Was ist im Winter 2021?“ stellt Hüther den Lockdown infrage. Malu Dreyer grätscht dazwischen: „Ich kann ihnen sagen, was dann ist, dann sind wir geimpft.“ „Es ist doch absurd und naiv zu glauben, dass das Virus verschwindet, weil 70% der Leute geimpft sind.“, erklärt der Professor daraufhin. Wir würden also dauerhaft mit Corona zu tun haben. Der Lockdown sei keine Dauerlösung. „Was ist eigentlich unsere Vorstellung unserer neuen Realität?“

Die Empörung über die Sendung nimmt außerhalb des Studios schnell Form an, auf Twitter entlädt sich ein Shitstorm. „Jetzt wird #HartAberFair aber im Ernst zur Veranstaltung für Coronaleugner“ schreibt ein User und erntet Beifall. Ein anderer schreibt „#hartaberfair spiegelte heute auf traurige Weise die Gesellschaft wider: eine Minderheit, die viel lauter ist, die wirksame Maßnahmen in Frage stellt“ oder: „Hüther will die Intensivbetten füllen. Von mir aus kann er gerne den Anfang machen.“ Die Krönung: „Was bei #hartaberfair gerade läuft, kommt schon fast einer Sabotage des ‚Lockdowns‘ und vernünftiger Wissenschaft gleich.“ – Entsprechend vernichtend fällt später die Sendungskritik der Süddeutschen Zeitung aus.

Susanne Gaschke stellt in der Sendung fest: In der Gesellschaft fehle der Platz für Kritik an den Maßnahmen. Auch deswegen, weil jeder Versuch einer solchen sonst mit „Coronaleugner!“, „Nazi!“ oder ähnlichem niedergeschrien wird. Wie überraschend, dass es ausgerechnet in einer ÖRR-Talkshow diesen Platz gibt und eine Debatte funktioniert. Die Verantwortlichen werden sich die Haare raufen – wie konnte das passieren? Wer hat da gepennt? Um den Fehler zu korrigieren, dürfen beim nächsten mal wahrscheinlich Luisa Neubauer, Karl Lauterbach und Peter Altmaier ergebnisoffen diskutieren und zur selben Meinung kommen. Vielleicht schaffen sie „Hart aber Fair“ aber auch einfach direkt ab und lassen stattdessen wahlweise eine Regierungserklärung verlesen oder „Anne Will“ zwei mal die Woche laufen. Aber ich wiederhole mich.

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Kommentare ( 160 )

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Robert Tiel
3 Jahre her

Eines muss ich noch nachtragen, es ist mir wichtig.

Gegen Ende der Sendung fragte Plaßberg, ob Dr Celik einen erkrankten, offensichtlichen Coronaleugner genauso behandeln würde.
Dr Celik bestätigte, ja.
Etwas anderes hätte er nicht antworten dürfen, denn in der Frage Plaßbergs verbarg sich die Frage nach dem unwerten Leben.
Behandeln Sie auch Attentäter, Kinderschänder, Mörder, Klimaleugner, Covidioten..?!
Gefährlich. Aber nicht aufgefallen.

Wolfgang Schuckmann
3 Jahre her

IN DER SENDUNG SAH UND HÖRTE MAN, WAS AUFMERKSAME LEUTE SCHON LANGE REGISTRIERT HATTEN. ES WAR EINE PFLICHTÜBUNG DER ÖFFENTLICHEN UM VORWÜRFE AUS DEM PUBLIKUM ZU ENTKRÄFTEN,MAN BERICHTE ODER DISKUTIERE ZU EINSEITIG.
GLAUBWÜRDIG WIRD DER SINNESWANDEL ERST, WENN ICH MEHR DIESER ART VON JOURNALISMUS SEHE. UND,. ES KÖNNTE EIN INDIKATOR FÜR EINEN UMSCHWUNG DER VERÖFFENTLICHTEN ODER ÖFFENTLICHEN MEINUNG SEIN. MAL SEHEN.

Robert Tiel
3 Jahre her

Die Zensur der Leserzuschriften setzt schon vor der Veröffentlichung im Netzt ein.
Im Tenor nicht erwünschte Zuschriften werden sofort gelöscht.

Robert Tiel
3 Jahre her

Prof Hüther war großartig!
In Argumentation, Wortwahl und Haltung.
Es gibt sie also doch noch, Menschen mit Bildung und Mut.

Frau Gaschke war erfrischend und mutig.
Herr Kekule noch relativ zurückhaltend.
Herr Celik, ein „Funktionsarzt“, der seine Facharztausbildung noch nicht beendet hat, aber vermutlich schon erhebliche Verantwortung tragen muss, kommt halt günstiger..
Und eine peinliche Frau Dreyer, SPD, die nur zum Selbstlob bereit war…

Rob Roy
3 Jahre her

Der Lockdown bringt nichts oder nur wenig? Dann müssen wir ihn noch härter und länger machen.

„Fanatismus besteht im Verdoppeln der Anstrengung, wenn das Ziel vergessen ist.“ (George de Santayana)

RMPetersen
3 Jahre her

In der Gesellschaft fehle der Platz für Kritik an den Maßnahmen.“
(… weil jeder Versuch einer solchen sonst mit „Coronaleugner!“, „Nazi!“ oder ähnlichem niedergeschrien wird.)

Damit ist alles über den Zustand unserer Demokratie und über die Medien-Landschaft gesagt. Vergleichbare „Argumente“ (- plus Schlägertrupps) werden ja auch bei Kritik an der regierungsamtlichen Zuwanderungs- und sog. Klimaschutz-Politik sowie dem Genderismus in Stellung gebracht.

Skeptiker
3 Jahre her
Antworten an  RMPetersen

Wunderschönes Beispiel!
EIGENTLICH habe ich zu unserer Polizei (von allen staatlichen Organen) noch am meisten Vertrauen. Dennoch hatte ich auch schon zuweilen den Eindruck, dass gerade jüngere Beamte es geniessen, auch mal „brave Bürger“ überwachen und ggf. kujonieren zu dürfen.
Ich wüsste zu gerne, warum die Beamt:_*innen in diesem Filmchen die Identität der alten Leute feststellen „mussten“.

RS
3 Jahre her

Ich twittere, also bin ich. Meine Finger sind meist schneller als mein Hirn und wenn denen auch nichts mehr einfällt, wird re-tweetet. Auto-Poser wollen „wahrgenommen werden“ in ihrem Milieu, durch Tieferlegung ihres Autos, laute Auspuff- und Musikanlagen u.s.w. Twitter ist die pseudointellektuelle Form davon, die „fette“ Lautsprecheranlage für allzu häufig ebenso schlichte wie autoritäre Plärrer. Das Medium ist wie geschaffen zur Produktion jeder Art grobschlächtigster Zerrbilder und zur Manipulation durch verhältnismäßig wenige, besonders lautstarke Wichtigtuer. Wie wollte man, allein schon angesichts der geringen Zahl an Zeichen, einen auch nur ansatzweise komplexen Gedankengang oder eine differenzierte Argumentation ausführen? Ich verstehe nicht,… Mehr

Oneiroi
3 Jahre her

Ich denke das war nur ein Ausrutscher. Den gibts bei hart aber fair alle 6 Monate ein mal.
Plaßberg hat sich, wenn es darauf ankommt stets als loyaler und treu untergebener Helfershelfer Merkels gezeigt, der Haltungsschwächen immer wieder selbstständig schnell und zuverlässig überkorrigiert hat. Ich denke eine kurze vertrauliche Mail an Plaßberg vom Reichsministerium für „Volksaufklärung und Propaganda“ …äh natürlich „Ministerium für Medien und Kultur“…wird den guten Vasallen wieder auf die richtige Linie bringen.

merlin999
3 Jahre her

Es ist schon traurig, dass sich viele Menschen von den MSM wie Twitter inspirieren lassen. Dort sitzt die Minderheit, die HETZT, SPALTET, DENUNZIERT und dieser geringen Zahl wird Beachtung geschenkt und als Volksmeinung wiedergegeben. Dort liegt der Skandal. Sie können zwitschern wie sie wollen doch als Abbild der öffentlichen Meinung sind sie ungeeignet und dürften nicht als solche herangezogen werden.

Michael M.
3 Jahre her
Antworten an  merlin999

Twitter inspirierend, nicht ihr Ernst oder?!
Damit schenken/implizieren sie diesem sinnfreien sog. Dienst deutlich mehr Aufmerksamkeit als dieser verdient. Dieser ganze Müll ist überflüssig wie ein Kropf und eh nur „Spielzeug“ von Politdarstellern und überheblichen Journalisten. Kann weg bzw. braucht kein Mensch, die aus dem arbeitenden Teil der Bevölkerung entstammenden schon gar nicht !!!

beko
3 Jahre her

Markus Lanz hatte ja am 02.12.20 in seiner Sendung auch so ein „Problem“. Plötzlich sprach der CDU-Abgeordneter Linnemann Tacheles über den „Verlustausgleich“ – dieser Teil der Sendung wurde rausgeschnitten! Ist aber noch unter https://drive.google.com/file/d/133ztZbhJn6j2YGaWk0A_UyjqZUAG7Hj2/view aufrufbar, Das ist grundsätzlich schlimmste DDR-Willkür! Es gibt aber auch noch diverse Auffälligkeiten in den Medien-Berichten über die Querdenkerdemos, die mir als gelerntem DDR-Bürger sofort ins Auge stechen. Dito die Berichte und Reaktionen zum Kapitol-Sturm am 07.01.21. Einseitiger geht es kaum noch – das grenzt in Hinblick auf Mr. Trump schon an „üble Nachrede“ und Ausgrenzung durch Sperrung seiner Accounts. Die deutschen Medien drückten derweil auf… Mehr