Bei Miosga: Fuest kontra Spahn – „Finanzpolitik wie ‚Nach mir die Sintflut‘“

Die Rentensituation in sechs Jahren – noch immer das angeblich wichtigste Thema dieser Zeit. Fraktionschef Jens Spahn hält das CDU-Schlauchboot mit Durchhalteparolen über Wasser. Sein Pech: Ökonom Clemens Fuest sticht dauernd Löcher in die Gummipelle. Von Brunhilde Plog

Screenprint: ARD / Caren Miosga

Glaubt man der Redaktion von Caren Miosga, dann ist die Rente ab 2031 DAS wichtigste Thema der Woche. Weil an diesem Streit – mal wieder – die Koalition zerbrechen könnte. Nicht der linke Terror-Mob von Gießen, nicht die Hetze auf AfD-Politiker und Journalisten wie von TE, nicht die abstürzende Wirtschaft, nicht die Pleitewelle, die mittlerweile sogar die Kommunen erfasst. Nein, der Koalitionsstreit. Und der Streit innerhalb der CDU mit der „jungen Gruppe“, das sind die Themen. Nimm das, Gebührenzahler!

Dabei sind sich im Kern sogar alle einig: Drei Gäste, eine Meinung, wie so oft. Das jetzt zu beschließende Rentenpaket (die Details ersparen wir Ihnen an dieser Stelle) sei mit Sicherheit nicht die Lösung.

Nur die Art, dies zu beschreiben, unterscheidet sich bei den Dreien. Ökonom Clemens Fuest findet noch die deutlichsten Worte. Schon jetzt eine weitere Mehrbelastung von 120 Milliarden Euro zu beschließen, und dann eine Rentenkommission zwischenzuschalten, die möglicherweise alles wieder rückgängig machen könnte, sei „‘ne Alibifunktion, mit der die Leute beruhigt werden“, denn „es ist falsch, erstmal kräftig in die falsche Richtung zu steuern“. Eva Quadbeck (RND) sagt: „Es ist wie immer: Es wird wahnsinnig teuer.“ Die Koalition und auch die CDU intern würden „handwerklich schlecht“ arbeiten. Vor allem: Niemand achte auf die finanziellen Folgen für die jüngeren Generationen.

Und Jens Spahn? Seine Argumentationskette ist erstaunlich dünn. Wenn sich der umstrittene Ex-Gesundheitsminister mit so einer Strategie jemals vor einem Corona-Untersuchungsausschuss verteidigen sollte, hätte er die Zelle bereits fest gebucht. Denn schnell ist klar: Das, was er seinen abtrünnigen jungen CDU-Abgeordneten gerade schmackhaft machen soll, glaubt er selbst gar nicht. Auch ihm ist völlig klar, dass das Rentensystem grundlegend reformiert werden muss. Denn „bis 28 studieren, dann mit 65 in Rente und dann 105 werden, das wird nicht funktionieren.“

Okay, und die Reform? Bitte nicht jetzt, lieber nach der laufenden Legislaturperiode. Als Argumente bringt Spahn allen Ernstes so dünne Parolen wie: „In einer Koalition muss man immer schauen, welche Konsequenzen hat mein Stimmverhalten“ oder „Das ist in einer Koalition ein Geben und Nehmen“ oder „Im Moment gibt es nicht mehr Möglichkeiten, aber ein Möglichkeitenfenster“ oder „Wir haben die verdammte Pflicht, dass Union und SPD das erfolgreich machen“. Irgendwann läuft seine Phrasendreschmaschine heiß: „Keiner von uns, auch der Jens Spahn nicht, sitzt da, weil er Jens Spahn ist.“ Aha. Hä?

Was ihn offensichtlich wirklich ärgert, ist die Diskussion in den Sozialen Medien. Er spricht von WhatsApp, meint aber wohl X. Er appelliert an alle, die da „schon wieder munter unterwegs sind: Alle wieder runterkommen“.

Spahn will die Dinge klein reden und flüchtet sich auf andere Schauplätze. Die fragliche Mehrbelastung von 120 Milliarden sei ja nur „zwei Prozent mehr Rentenausgaben“. Also alles halb so schlimm. Worauf es wirklich ankomme, sei Wirtschaftswachstum, Wirtschaftswachstum, Wirtschaftswachstum. Er betont es so oft, dass Miosga ihn mehrfach einbremst. Denn nicht vergessen: Die Rente ab 2031 ist das heißeste Thema dieser Woche, nicht etwa die desolate Lage der Nation.

Clemens Fuest, Präsident des ifo-Instituts, kommt in der Sendung nur selten zu Wort. Denn ein alter Parteikader wie Spahn, in endlosen Laberrunden rhetorisch gestählt, lässt sich eben nicht so einfach unterbrechen. Doch wenn Fuest etwas sagt, dann sitzt es. Wie bei der Krankenschwester, die mit einem derben Ruck das Pflaster von der Wunde reißt. „Man hat sich da meines Erachtens von der SPD über den Tisch ziehen lassen“, sagt er. Die 120 Milliarden seien eine völlig „unnötige Mehrbelastung“, und er könne überhaupt nicht verstehen, wie die CDU dieser SPD-Idee überhaupt zustimmen könne. „Wir fahren den Bundeshaushalt hier vor die Wand“, sagt Fuest. Außerdem: Es stehe eben nicht im Koalitionsvertrag, auch wenn Spahn das dauernd behaupte.

Spahn behauptet unterdessen, es gebe eine Verschärfung der Migrationspolitik (wieder neues Thema), und das sei ja auch etwas, was man der SPD im Gegenzug für das Rentendebattierdebakel abgerungen habe. Es könne doch nicht sein, dass man wegen Problemen ab dem Jahr 2031 jetzt im Dezember 2025 eine Koalition in eine prekäre Situation bringe, „möglicherweise in etwas Schlimmeres“. In diesen Momenten spürt der Zuschauer sehr deutlich: Es geht einem Spahn, wie einem Merz, am Ende nur um den Machterhalt.

Fuest nennt es hingegen eine „Finanzpolitik wie ‚Nach mir die Sintflut‘“. Der Ökonom folgert: „Wir werden Steuern erhöhen müssen, weil ich nicht sehe, dass diese Regierung in der Lage ist, den Staatshaushalt zu konsolidieren.“

Und die anstehende Abstimmung im Bundestag? Quadbeck orakelt: „Das muss diese Woche schon gut gehen, sonst ist die Chance nicht gering, dass das auch Herrn Spahn den Kopf kosten könnte.“

Da ist Spahn plötzlich ganz still. Wenigstens etwas.

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Kommentare ( 38 )

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puke_on_IM-ERIKA
14 Tage her

„Er spricht von WhatsApp, meint aber wohl X“
Der Maskenjensi hat Internet bei Murksel gelernt – da ist Internet für sie alle Neuland.

Last edited 14 Tage her by puke_on_IM-ERIKA
maps
14 Tage her

Dann soll der Fuest doch auch mal sagen, dass die Renten verballert worden sind mit der Massenmigration, Energiewende, Ukraine, EU, NGOs, etc. pp. Und dann kommt wieder das Märchen, dass die Demografie Schuld sei. Nein, es ist das Mafia-System der umlagefinanzierten Rente! Wenn die Menschen ihre Beiträge in ein kapitalgedecktes Rentensystem ihrer Wahl einzahlen könnten, dann hätten sie alle eine gute Rente! Das hat mit der Demografie rein gar nichts zu tun.

November Man
14 Tage her

Die Lügenpresse schreibt heute: Die Junge Gruppe der CDU lehnt das Rentenpaket weiterhin ab. Spahn hat schon mehrfach versucht seine eigenen Abgeordneten mit Nachteilen bei der Nominierung bei Listenplätzen zu erpressen. Unter Merkel hat ein gewisser Herr Kauder mit seinen Erpressungen das immer wieder geschafft. Spahn ist ein Versager, der nichts zu Stande bringt und seinen Laden nicht im Griff hat. Außer sinnlose Masken für überhöhte Preise mit Kickbacks zu beschaffen kann der nichts. Spahn muss als Fraktionsvorsitzenden zurückgetreten werden und anschließend ins Gefängnis.

babylon
14 Tage her

Für die Union ist die Mauerpolitik von Merz, die innerhalb der CDU nicht mehr hinterfragt werden darf, ein einziges Desaster. Merz, Spahn und wie sie alle heißen, haben gegenüber der SPD nicht den Hauch einer Chance so zu argumentieren und Druck auszuüben, wir können u.U. auch anders, wenn ihr uns zwingt, es gibt koalitionstechnisch eine Alternative. Die Union ist in babylonischer Gefangenschaft der SPD. Sie hat sich dort hinbegeben, wegen strategischem Unvermögen ihrer Spitzenleute, die alle nur eindimensional kurzfristig denken und handeln.

Zum alten Fritz
14 Tage her

Seit vor vielen der erste Fernseher in das Wohnzimmer meiner Eltern einzog, kenne ich das Thema der nicht funktionierenden Rente und der damals heranwachsenden Boomer. Nie kam es zu einer Lösung obwohl alle Probleme bekannt und nicht unlösbar sind.
Nun wieder der nächste Flicken am zu kurzen Hemd. Bis jetzt ging es immer irgendwie, aber mit einer Industrie die nichts mehr bringt bleibt nichts mehr für den nächsten Flicken. Derweil zieht der Staat noch das letzte Hemd des Bürgers durch den Türschlitz.

Neo-Realist
14 Tage her

Frankreich liegt es bei ca. 75%, in Italien, Spanien, Portugal und Griechenland

ein Nebenaspekt, aber nicht unbedeutend:

über die Ideologie-Währung „Euro“ und das für die Abwicklung der Zahlungen im Euro-Raum entwickelte Clearing-Verfahren „“Target-2″“ finanziert Deutschland diese Länder mit > 1.000.000.000.000 ( kurz: 1 Bio );

das Geld könnten wir für Rentner und andere sinnvolle Zwecke verwenden;

aber bitte komme mir keiner mit „Verwendung für Infra-Struktur“, den Spruch will ich nicht mehr hören

Sun Zhongshan
14 Tage her

Laut diversen Zeitungsartikeln fehlen uns für die Rente etwa 500 Mrd. – bis 2050. Also ca. 20 Mrd. pro Jahr.
Für illegale Migranten geben wir 60 Mrd. pro Jahr aus, fürs EEG über 20 Mrd., für „NGOs“ und Politikerselbstbedienung 10 Mrd., für die Ukraine über 10 Mrd., für die Bereicherung von Rheinmetall-Aktionären…

November Man
14 Tage her

Das wichtigste Thema muss Deutschland die Migration, geschlossen Grenzen und Abschiebungen in ganz großem Stil sein. Denn die Massenmigration belastet alles. Unser Finanzen, auch die Renten und Mieten, unsere Kultur, unsere innere Sicherheit und das Stadtbild, einfach alles. Und da bietet das linke Kartell den Bürgern keine Lösungen an. Nicht eine Einzige. Die machen einfachhalber das Gegenteil.  

Verzeihtnix
14 Tage her

Da wird immer davon geredet, dass die junge Generation den Boomern die Rente finanzieren muss und dabei von sozialer Gerechtigkeit gefaselt, um jetzt Umverteilung von Vermögen zu rechtfertigen. Was ist denn mit den Milliarden, die für Integrationskurse, Sprachkuse, Sonderpädagogik, Ganztagsschulen, Ganztagsbetreuung, Bürgergeld und Kindergeld gezahlt werden? Das war früher alles nicht erforderlich. Das zahlen alles wir Boomer. Ist das gerecht? Glauben Massen von Sozialwissenschaftlern, Politikwissenschfatlern, Umweltswissenschaftlern und Genderwissenschaftlern denn tatsächlich, dass sie mit ihrer „Arbeit“ die Rente finanzieren, oder ein Schwimmbad, eine Bücherei, eine Straße, ein Krankenhaus? Diese Pseudo-Berufe sind nichts anderes als eine moderne Form von Leistungsverweigerung Jedes Geld,… Mehr

puke_on_IM-ERIKA
14 Tage her
Antworten an  Verzeihtnix

Die neu importierten sorgen doch dafür, dass Polizei, Justizvollzugsangestellte, Psychiatrische Fachkräfte, Pollerindustrie, Sozialarbeiter, Security-Unternehmen, Bürgergeld-Auszahl-Stellen, Dolmetscher, PKS-Ersteller etc. immer beschäftigt sind und hohe Umsätze generieren. War bis 2015 alles nicht möglich und nötig…..

November Man
14 Tage her

„Spahn behauptet unterdessen, es gebe eine Verschärfung der Migrationspolitik…..“
Laut Dobrindt stehen Gespräche mit dem syrischen Regime über die Abschiebung von Straftätern kurz vor dem Abschluss. Wie viel Deutschland dafür bezahlen muss, sagt Dobrindt natürlich nicht. Auch mit Afghanistan laufen Verhandlungen zur Rückführung von Geflüchteten. Aber erst muss man sie mal hier her holen, sonst kann man keine abschieben. Diese Politik spinnt hochgradig.