Bei Lanz: Linnemann hat Spaß am Versagen

Können wir nun 30 Milliarden beim Bürgergeld einsparen oder nur 1,5? Carsten Linnemann und Markus Lanz diskutieren, was das Zeug hält. Aber nur zum Schein. Sie lachen, und lachen, und lachen – als sei das alles nur ein Spiel. Warum? Weil es eines ist. Um die Sache geht es hier niemandem. Von Brunhilde Plog

Screenprint: ZDF / Markus Lanz

Die Koalition im Strudel des eigenen Versagens. CDU und SPD streiten über jedes, aber auch wirklich jedes Thema. Und bemühen sich dabei vor allem darum, dass es möglichst niemand bemerkt. Dann kommt ein CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann ins TV-Studio, der bei Lanz noch im Frühjahr posaunt hatte, bis Mai sei „die wichtigste Zeit“ für die Koalition. Was bis dahin geschafft sein werde, sei entscheidend. „Daran hängt alles“, hat er damals gesagt. Und er werde sich bei seinem nächsten Besuch daran messen lassen.

Nun ist es so weit. Linnemann sitzt wieder bei Lanz. Mit leeren Händen, denn geschafft ist effektiv nichts, schon gar nicht bis zum vergangenen Mai. Linnemann soll sich rechtfertigen. Eigentlich eine ausweglose Situation. Doch allein die Tatsache, wie nonchalant er das Debakel kleinreden kann, wie pseudokritisch ihn Lanz in die Gummimangel nimmt, macht dem Zuschauer unmissverständlich klar: In dieser Runde geht es nur um geschickt kaschiertes Desinteresse aller Beteiligten. Um das Vorspielen eines kritischen Journalismus’ und einer lösungsorientierten Politik. Es ist alles nur ein einziges, großes Schauspiel. Und die Darsteller haben alle mächtig Spaß dabei.

Bürgergeld ist jetzt Grundsicherung
Wir könnten Milliarden sparen! Ja! Doch!
Lanz, Linnemann und auch die Taz-Antiwirtschaftsredakteurin Ulrike Herrmann, sie lachen und lachen und lachen. Das Thema kann gar nicht ernst genug sein, als dass sie ihre gute Laune verlieren würden. Labern um des Laberns Willen. Für den interessierten Zuschauer bedeutet das: 75 kalte Minuten komplett vergeudeter Lebenszeit.

„Ich finde es super, dass Sie mich jetzt damit knallhart konfrontieren“, sagt Linnemann. Schon dieser Satz ist so absurd überhöht, dass jede Kleinkunstbühne den Mann achtkantig aus dem Vorsprechen kicken würde. Doch er weiß: Bei Lanz kommt er damit durch. Denn der Moderator hat nur moderate Scheinkritik am Start. Wenn sich Pistorius beim Thema Wehrplicht-Bingo (Losverfahren für den Kriegsdienst) nicht „mitgenommen“ fühle, dann sei das ja wie im Regionalverkehr, sagt Lanz. Alle steigen in den Bus ein, und der zuständige Minister fühlt sich nicht mitgenommen. Hahaha, alle lachen.

Wenn Merz zweistellige Milliardenbeträge an Einsparungen beim Bürgergeld verspreche und sein Kanzleramtsminister Frei sogar 30 Milliarden und Bärbel „Bullshit“ Bas am Ende nur einen „sehr kleinen Betrag“ sehe, dann sei das „schon „’ne große Spannbreite“, so Lanz. Aber richtig festnageln mag er Linnemann natürlich nicht. Und sie lachen, und sie lachen, und sie lachen.

Linnemann versucht sich am Faust und rechnet vermeintlich engagiert vor: Den Missbrauch beim Bürgergeld abzustellen, das bringe nochmal „einige Milliarden“. Lanz nimmt die neue Ankündigung aufs Korn: „Vorsicht, Herr Linnemann! Geht schon wieder los.“ Und alle lachen. Nichts passiert.

Herrmann warnt pflichtschuldig davor, man möge nicht so tun, als sei „der gesamte Bereich der Arbeitslosenunterstützung ein einziger Morast des Sozialbetrugs“. Eine Volkspartei wie die CDU dürfe nicht „große Teile der armen Menschen diffamieren“. Sie schmunzelt, aber die anderen lachen nicht. Was ist da schiefgelaufen? Egal. Nichts passiert.

„Flüchtlinge zahlen unsere Renten“
Carsten Linnemann (CDU) bei Miosga: Rentner müssen mehr arbeiten
Zwei Einspieler bringen etwas Realität ins Spiel. Nummer 1: Jobcenter-Mitarbeiter, die Sozialbetrügern buchstäblich hinterherfahren. Vergeblich. Das Geld wird vom Amt überwiesen, aber man hat seit Jahren gar keinen Kontakt mehr zum Empfänger. Wenn man klingelt, macht keiner auf, obwohl man durch die Tür hört, dass jemand da ist. „Sie haben Dielen, das quietscht!“, ruft die verzweifelte Jobcenter-Arbeitsvermittlung-Geldüberweisung-Fachkraft. Nichts passiert. Die Tür bleibt zu. Ab, zurück ins Amt.

Zweite Reportage, diesmal von „Frontal 21“: Eine fast leere Fortbildungseinrichtung ohne irgendeinen Fortbilder. Die Fortzubildenden werden mit versteckter Kamera gefilmt, wie sie auf ihren Stühlen herumlümmeln, auf dem Handy herumspielen oder schlafen. Sie müssen sich lediglich morgens ein- und nachmittags wieder auschecken. Kostenpunkt für den deutschen Steuerzahler: 15.000 Euro pro Kopf und Jahr.

Man dürfe nicht so tun, als ob „5,4 Millionen Empfänger Betrüger sind“, warnt die Taz-Wirtschaftszugrundeschreiberin. Lanz kontert: „Da schmeißen Sie jetzt aber auch mit unseriösen Zahlen um sich.“ Hahaha, nur Worte. Die Sendezeit muss gefüllt werden. Weiter im Takt.

Die Aktivrente darf Linnemann mal wieder als brandheiße Superidee verkaufen. Sie sorge dafür, „dass Arbeit im Alter nichts Schlimmes ist, sondern sogar Freude bereiten kann“. Wahnsinn. Gut, dass er so knallhart mit dem Versagen seines (Regierungs-)Chefs konfrontiert worden ist.

Zur Abwechslung hat TE einmal die künstliche Intelligenz um eine Zusammenfassung der Sendung gebeten. Grok schreibt:

„Markus Lanz, der mit gezielten Fragen die Spannungen zwischen den Gästen offenlegte, führte ein etwa 40-minütiges Gespräch mit CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann und der taz-Wirtschaftsexpertin Ulrike Herrmann. Die Debatte fokussierte auf die Spar- und Reformpläne der Koalition und endete ohne Einigung: Linnemanns marktorientierte Reformen stießen auf Herrmanns linke Warnungen vor sozialer Spaltung. Lanz ließ die Zuschauer mit der Frage zurück, ob die Koalition die Balance zwischen Wachstum und Gerechtigkeit finden könne.“

Bittere Erkenntnis: Sogar die KI hat vor Lanz kapituliert.

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Kommentare ( 56 )

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woderm
1 Monat her

Ihr Fazit: „Bittere Erkenntnis: Sogar die KI hat vor Lanz kapituliert.“

Selbst mit natürlicher Intelligenz ist dem abgesonderten Unsinn nicht beizukommen. Deshalb kann man sich diese Sendungen nicht antun. Ich würde erst wieder einsteigen bei einer Runde mit Halali, Böhmersdorf, Kemfers und Herminia.

Martin Buhr
1 Monat her

Wenn man es – sich selbst fuer reichlich pfiffig haltend – in einer Partei , in der Luege und Verrat als Geheimnis fuer persoenliches Fortkommen gelten , zum Generalsekret hat koeren lassen , dann hatte man es entweder schon immer mit schwarzem Humor oder musste sich diesen dringend zulegen , um nicht in den Spiegel kotzen zu muessen . Mit diesem Humor ausgestattet missversteht man dann aber auch eine Einladung zur Diskussionsrunde mit der Herrmann und einem Marsh Mallow als Ehre , sprich : du merkst nicht einmal mehr , mit wem du lachst .

Kontra
1 Monat her

Der eine hat „Wetten das…?“ an die Wand gefahren. Der andere ist dabei ein ganzes Land mit seiner unsäglichen Partei zu ruinieren und die Dritte im Bunde sitzt auf den Trümmer einer gewissen „taz“. Wahrlich eine Runde sagenhafter Experten unter sich…..was haben wir gelacht…….

yeager
1 Monat her

Wenn ohne jegliche Gegenleistung und bei Verweigerung jeglicher Kontaktaufnahme fröhlich weiter Sozialleistungen ausgezahlt werden, dann nur deshalb, weil das politisch so gewollt ist, übrigens auch von der CDU.
Die Mehrheit der deutschen Wahlberechtigten will also genau diese Zustände, sonst würden die ja anders wählen.

just_64
1 Monat her

Der Niedergang Deutschlands wird belächelt! Aber warum auch nicht? Wenn die Menschen die dafür verantwortlichen Parteien an der Wahlurne abstrafen wollen, verbietet man ihnen einfach die oppositionelle Partei.
So schön kann „unsere Demokratie“ sein. Man möchte offensichtlich gar nicht mehr aufhören zu lachen.

OJ
1 Monat her

Man kann eine Ameisen-Invasion nicht aufhalten wenn der Deckel des Honigglasses neben dem Glas liegt❗

maps
1 Monat her

Wie oft ist diese Herrmann jetzt im ÖRR? Von der AfD wieder keiner! Lanz ist Täter und erfüllt den Auftrag des ÖRR auch nicht. Ihm ist eh alles egal, er ist Millionär, da kann man auch über die anderen und alles lachen. Linnemann verdient sich auch eine goldene Nase, Abgeordneter und Generalsekretär, mindestens 20k im Monat, da kann man auch über alles lachen. Das ist nur noch ein ekelhaftes System was hier in diesem „Land“ läuft!

Thomas Blobel
1 Monat her

Liebes Fräulein Plog, sie haben Recht mit Ihrer Analyse. Das überaus dämliche Lachen des Herrn Linnemann hat ihn endgültig in die Gruppe der Schaumschläger gebeamt.

OJ
1 Monat her

Wer schaut denn in der Masse Lanz, raten sie mal.
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dürften es die Rentner sein, die natürlich auch in der Masse CDU/CSU und SPD wählen❗