Stephan Paetow nimmt die Absurditäten, die uns auf der politischen Bühne zugemutet werden, mit rasiermesserscharfen Kommentaren und gallenbitterem Humor so auseinander, dass sich unser Unbehagen in schallendem Gelächter löst. Uns befreit. Und ermutigt, uns von diesem Wahnsinn nicht klein kriegen zu lassen.
Kann man eigentlich jeden Sonntag Hohn und Spott abliefern, ohne sich zu wiederholen? Stephan Paetow kann, denn er ist ein großer Mann der leisen Worte in einer Zeit der dröhnenden Erklärungen.
Es ist ein weit verbreiteter Irrtum zu glauben, man könne mit gewaltigen Worten seiner Wut Luft verschaffen und seiner Sorge Aufmerksamkeit. Es ist vielmehr der leise Spott, der vernichtet, der feine Hohn, der wirkt, die leisen Töne, die den Doppelsinn nahelegen und so die Urheber des beschriebenen Desasters bloßstellen.
Das ist die Kunst, die Stephan Paetow beherrscht. Er bleibt im Hintergrund, buchstäblich. Von dort schießt er seine Pfeile, präpariert mit dem schleichenden Gift von Ironie und Spott. Sie kommen aus unerwarteter Richtung und als treffsichere Pfeile fliegen sie leise. Es heulen keine Sirenen. Nur die Getroffenen. Heimlich und später.
Sorgsam achtet er darauf, seinen breiten Bildungshintergrund nicht zu deutlich durchscheinen zu lassen; Bildung ist subversive Handelsware, ihre eingeschmuggelten Wahrheiten werden gegen den Gebildeten eingesetzt. Sie entfaltet ihre Wirkung erst am Zielort, nachdem die Zöllner der Meinungsfreiheit sie durchgewinkt haben, ohne zu sehen, was da geliefert wird. Er spielt mit den Früchten einer germanistischen und anglistischen Ausbildung. Vielleicht beschäftigen sich später einmal Philologen mit seinem Werk und suchen nach Quellen und Analogien. Es ist ein Kanon der Literatur, der sich da aufblättert.
Paetow ist der Nervenarzt einer aufgewühlten Zeit. Er verstärkt nicht, er läßt die Mächtigen zur Ader. Er läßt ihre Luft ab.
Seine Fans sind keine Leser, oder nur auf den ersten Blick. Sie sind Süchtige, die nach der Entspannung gieren, die Distanz und Lachen vermitteln. Sie sind sprachsüchtig, suchen zwischen den Zeilen den Hohn, der sie dann in der nächsten anspringt wie ein Aufzieh-Frosch.
Stephan Paetow kann die Absurditäten, die uns auf den politischen Bühnen des Landes und der Welt zugemutet werden, mit rasiermesserscharfen Kommentaren und gallenbitterem Humor so auseinandernehmen, dass sich unser Unbehagen in schallendem Gelächter löst. Uns befreit. Dazu ermutigt, uns von diesem Wahnsinn nicht mundtot machen und klein kriegen zu lassen. Er kämpft nicht mit dem Säbel; sein Florett trifft stets den wunden Punkt.
Sein zum zehnten und – jetzt müssen wir alle sehr tapfer sein! – LETZTEN Mal erscheinender Jahresrückblick, diese „Chroniken von Absurdistan“, sollte es eigentlich zusammen mit den vorangegangenen Ausgaben im Schuber geben, als Annalen des Niedergangs einer früheren Kulturnation, die Kindergärtnerinnen umbenennt in „Kindertagespflegepersonen“. Man kann es nicht erfinden, man muss es aufschreiben, wie die Anleitung zu einer Schnitzeljagd, die zur Quelle des Irrsinns führt.
Meine Empfehlung: Sichern Sie sich mindestens acht Exemplare. Eines zum Selberlachen im Rückblick und sieben, um Lachen zu verschenken. Ein paar Freunde hat ja jeder, denen man was gönnen kann. Ich finde (vielleicht nicht ganz selbstlos) auch 2025 sollte Stephan Paetows „Blackbox“ unter keinem Weihnachtsbaum fehlen. Sie eignet sich auch vorzüglich als Gastgeschenk für die Silvesterparty oder als aufmunternder Gruß zu Jahresbeginn. Es gibt wenig Vergleichbares.
Stephan Paetow, Blackbox 2025. Die zehnten und finalen Chroniken von Absurdistan. Wishing Well Media, Paperback, 21 x 21, 112 Seiten, 19,90 €.



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