Tatort Freiburg: Edgar-Wallace-Tage beim SWR?

Düsterer Schwarzwald, düstere Abgründe: Die übliche Diversitätssuppe schmeckt dem Zuschauer nicht, also versucht man es mit alten Rezepten. Wichtigste Botschaft: Landvolk ist psychisch labil.

© SWR/Johannes Krieg

Die Panik bei der ARD muss gross sein, denn der Senderverbund scheint an der eigenen, auf allen Kanälen verkündeten Diversitätsbotschaft zu verzweifeln. Die besagt, dass „die Programmangebote das Herzstück der ARD sind, und eine vielfältige und inklusive Redaktionskultur dafür sorgt, dass wir die Wirklichkeit in ihrer ganzen Breite abbilden und stereotype Darstellungen vermeiden…“. Mindestens ein Drittel der (ehemaligen) Zuschauer scheint auf bunte Angebot aber mittlerweile allergisch zu reagieren, Weitere lassen sich nur noch unter grober Anwendung gestriger Formate halten. Wie letzten Sonntag, als der Tatort Anleihen bei den Kassenschlagern der Sechziger Jahre nimmt.

Die Gruft mit dem Rätselhof

Der kleine Ganove „Reini“ (Reinhard Berg, gespielt von Felician Hohnloser) entkommt aus der Anstalt des geheimnisvollen Professors Dr. Spengler und will nach den vielen dort durchlittenen Jahren nun seinen Bruder Inspector Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) wiedersehen. Zusammen mit seinen beiden Spießgesellen Luke („Bad“) Badrow (Karsten Antonio Mielke) und Mika Novak (Mareike Beykirch) macht er sich über die Berge des dunklen Schwarzwalds auf den Weg zum düsteren Berggutshof von „Frieder“, der dort sein karges Inspectorengehalt als „Großgrundbesitzer“ (Luke über ihn) aufbessert. Hoch erhebt sich das alte Gemäuer überm Tannenwald, mit mächtigem Gebälk, vertäfelten Wänden und uralten Möbeln. Hier wird schon lange keine Landwirtschaft mehr betrieben, der Verfall hat eingesetzt und die modrigen Wände biegen sich.

Die Bande des Schreckens

Unterwegs raubt das Trio die Apotheke von Gudrun Stern (Hede Beck) und ihrem Ehemann aus und ballert dabei rücksichtslos um sich. Reini hat große Pläne, will mit Drogenanbau in Übersee reich werden und sich mit Mika dort ein schönes Leben leisten. Als Frieder von bösen Vorahnungen getrieben eintrifft, überwältigt ihn Luke, drückt seine Hand ins offene Feuer und zwingt ihn mit Gewalt, den Verbrechern als Koch und Butler zu dienen.

Luke wartet darauf, dass Freundin Becky (Saman Giraud) ihm die Beute aus einem Raubüberfall in Wismar bringt und wird zunehmend nervös. Zwar hatte er Reini einen Teil davon versprochen, damit der ihm bei der Flucht hilft, jedoch hatte er nie vor, sich daran zu halten. Die Telefonverbindungen in die Gottverlassene Gegend sind schlecht, Luke hat es schwer, mit Becky Kontakt zu halten. Außerdem nervt es ihn, ständig auf den gefangenen, wie er ihn nennt „Junker“, aufpassen zu müssen. Schließlich wird es ihm zu bunt und er fesselt die beiden Brüder an ein schweres schmiedeeisernes Bettgestell. Mika flieht kopflos vor ihm in den Wald.

Das Geheimnis der fehlenden Tabletten

Obwohl Chief Inspector Francis Tobler (Eva Löbau) auf einer Konferenz weilt, schöpft sie den Verdacht, dass etwas auf dem Gutshof nicht mit rechten Dingen zugehen könnte. Sie fährt auf eigene Faust dorthin, unterwegs läuft ihr Mika vor den Wagen. Ihre Assistentin Ella Pauls (Luise Aschenbrenner) arbeitet derweil unermüdlich im Freiburger Yard daran, das Rätsel um den Raubmord in der Apotheke zu lösen. Schließlich erreicht sie den schwer zu fassenden Professor Spengler, der ihr verrät, dass der entflohene „Reini“ einen Bruder hat, der Inspector ist und auf einem Gutshof wohnt. Obwohl der etwas trottelige Polizeidirektor Sir Eckehard (Oliver Jacobs) versucht, sie davon abzubringen, zählt sie eins und eins zusammen und macht sich ebenfalls auf den Weg in die Einöde. Dort ist kurz zuvor die Chief Inspector mit Mika angekommen, der brutale Gangster Luke kann sie aber in seine Gewalt bringen und allesamt im tiefen Weinkeller des Gemäuers einkerkern.

Die toten Augen vom Schwarzwald

In der Einsamkeit des Verlieses werden die dunklen Geheimnisse des Anwesens und derer von Berg offenbar. Nicht weit entfernt liegt der grausame und furchtbare Ahn von Reini und Frieder begraben, erschlagen im Streit und unter einer schweren Steinplatte verborgen. Daher waren die beiden Brüder ihr Leben lang an dieses Stück Erde gebunden, wie an einen bösen Fluch.

Als Becky Luke den Laufpass gibt und er keine Chance mehr sieht, an seine Beute zu kommen, oder „seine Jungs“ (Martin, Matty) zu holen, will er an das bei der Bank deponierte Vermögen von Frieder ran, 80.000 Pfund Sterling (umgerechnet 90.000 Euro). Er zwingt ihn, mit seinem Wagen zur Bankfiliale zu fahren, wo das Vorhaben von der mit dem Funkstreifenwagen eintreffenden Pauls durchkreuzt wird. In wilder Jagd fahren alle zurück zum Hof, wo sich ihr Schicksal nun dramatisch erfüllen wird. Hasserfüllt erschießt Luke Reini, was Frieder, Tobler und Mika hilflos mit ansehen müssen, bevor er von der leider zu spät kommenden Ella Pauls angeschossen und verhaftet wird.

Der Frosch bleibt unter der Maske

Es wird auf ewig ein Geheimnis bleiben, ob Chief Inspector Tobler gegen Frieder oder überhaupt jemals gegen irgendwen weiter ermitteln wird, ist sie doch zutiefst ergriffen von den Geschehnissen. Außerdem muss sie nun zum Sterbebett ihres todkranken Vaters Bruno (Michael Hanemann) eilen.

Dieses verunglückte Remake der Reihe „Edgar Wallace“ (Rattattattatattatata, sie wissen schon) versucht trotz aller Unterhaltsamkeit. sich in die ARD-Themenabende, diesmal unter der Überschrift „die Hölle sind wir“, einzureihen. Die Absicht scheint dabei zu sein, das Bewusstsein in der Zuschauerschaft für den hohen Anteil geistiger Erkrankungen in der Landbevölkerung zu schärfen. Besondere Erwähnung verdient das Detail, wonach “Bad“ Luke Badrow seine geistige Erkrankung nur gespielt hat, um nicht ins Gefängnis gehen zu müssen.

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Kommentare ( 1 )

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Christa Born
29 Tage her

Seit Längerem mal wieder einen Tatort bis zum bitteren Ende geschaut und viel gelacht 😀. Der Abgründe sind tatsächlich viele in solch abgelegenen Gegenden. Früher war da Mord und Totschlag, wie heute in den Städten und auf Weihnachtsmärkten halt. War ja auch nicht alles gut.