Zahl der Kurzarbeiter sinkt nur leicht und nicht überall

Zahl und Anteil der Kurzarbeiter sinken zwar. Aber sie bleiben auch nach dem Ende des Lockdown auf einem sehr hohen Niveau. In einigen Branchen ist die Zahl sogar gestiegen. Besonders betroffen ist die Industrie.

imago images / CHROMORANGE

Die Zahl der Kurzarbeiter in Deutschland ist im Juli auf 5,6 Millionen Menschen gesunken. Im Juni waren es 6,7 Millionen, im Mai 7,3 Millionen. Das haben exklusive Berechnungen und Schätzungen des ifo Instituts auf Basis seiner Konjunkturumfrage ergeben. Der Anteil an den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten schrumpfte damit von 20 auf 17 Prozent. „Der Rückgang hat sich zwar insgesamt beschleunigt, aber in einigen Branchen nimmt die Kurzarbeit sogar noch zu“, sagt ifo-Arbeitsmarkt-Experte Sebastian Link.

Die Meldung aus dem Münchner Institut fällt zusammen mit den aktuellen Nachrichten von der Lufthansa. Die Fluglinie gab bei der Vorstellung der Quartalszahlen nicht nur den höchsten Quartalsverlust vor Zinsen und Steuern (Ebit) seiner Geschichte bekannt (Minus 1,85 Milliarden Euro, also noch 225 Millionen Euro mehr als im ersten Quartal), sondern auch ein Restrukturierungsprogramm, das den Verlust von rund 22 000 Stellen vorsieht. Dass Analysten noch höhere Verluste erwartet hatten und daher die Börse auf diese Horrormeldung mit steigenden Kursen reagierte, kann die Betroffenen nicht trösten. Die größte deutsche Fluggesellschaft ist wegen der Corona-Krise mit 9 Milliarden Euro Steuergeld teilverstaatlicht worden, um sie vor dem sonst sicheren Zusammenbruch zu bewahren.

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In der aktuellen Quartalsberichtssaison jagt derzeit eine Nachricht von Rekordverlusten die nächste. Die Zahlen zur Kurzarbeit, die ifo aus den einzelnen Branchen vermeldet, dürften daher die Hoffnung auf eine schnelle Rückkehr zum Vorkrisenniveau sehr dämpfen. Allein an den Börsen ist dies der Fall. Die Realwirtschaft, erst recht die Industrie ist noch längst nicht aus dem Corona-Tal.

Nach der ifo-Schätzung sank die Zahl der Kurzarbeiter in der Industrie nur leicht von 2,3 auf 2,1 Millionen Menschen, also von 33 auf 30 Prozent der Beschäftigten. Zum Beispiel waren in der Metallindustrie im Juli noch schätzungsweise 509.000 Menschen auf Kurzarbeit, nach 542.000 im Juni. Der Anteil schrumpfte von 48 auf 45 Prozent der Beschäftigten. In der Autobranche sank die Zahl von 516.000 auf 423.000, der Anteil von 46 auf 38 Prozent. Im Gegensatz hierzu hat die Zahl der Kurzarbeiter im Maschinenbau weiter von 354.000 auf 378.000 zugenommen. Der Anteil wuchs von 33 auf 35 Prozent. In der Elektrobranche sind nun 271.000 Personen in Kurzarbeit nach 260.000 im Juni. Der Anteil an der Beschäftigung betrug im Juli 34 Prozent, ein Prozentpunkt mehr als im Juni.

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Wesentlich stärker ging die Kurzarbeit bei den Dienstleistern zurück. Im Gastgewerbe sank die Zahl der Kurzarbeiter weiter von 672.000 auf 465.000 Menschen, was noch 42 Prozent sind. Im Juni waren es 61 Prozent und im Mai 72 Prozent. In Verkehr und Lagerei sank sie von 308.000 auf 256.000, also von 17 auf 14 Prozent. Bei sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen gab es einen Rückgang von 672.000 auf 603.000, also von 29 auf 26 Prozent der Beschäftigten.

Auch im Handel ist die Zahl der Kurzarbeiter weiter kräftig zurückgegangen, von 963.000 auf 637.000. Im Einzelhandel sank die Zahl von 417.000 auf 240.000 Mitarbeiter, was einem Rückgang von 17 auf 10 Prozent entspricht. Im Großhandel schrumpfte die Zahl von 331.000 auf 257.000 Menschen, also von 24 Prozent auf 18 Prozent. Im Autohandel waren im Juli 140.000 Menschen in Kurzarbeit, nach 215.000 im Juni. Das ist ein Rückgang von 32 auf 21 Prozent.

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Kommentare ( 6 )

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HGV
3 Jahre her

Die Politiker spielen mit der Druckerpresse. Die Variante ist zu verlockend, mittels Lockdown nochmals den Laden anzuhalten und Macht zu sichern. Aber vielleicht dient das Gerücht auch nur dazu, den Michel in Panik zu halten, genau wie der Entzug von Kindern. In mir schlagen dazu auch zwei Herzen. Sie sollen das nur machen und nochmals für vier bis sechs Monate auf Mindestbetrieb gehen und alle Schulen und Kindergärten schließen. Die Eltern müssen so richtig abkotzen. Vielleicht ändert sich dann die Einstellung zu vielen Dingen des Lebens. Aber das wird aber nur dann gehen, wenn es europäische Solidarität gibt und das… Mehr

Reinhard Peda
3 Jahre her

Schöner Bericht, und die Betroffenen wählen alle die Etablierten Parteien!?

swengoessouth
3 Jahre her

Die Politik droht schon mit dem nächsten Lockdown oder sollte man besser sagen Shutup. Wenn die Kinderchen nicht lieb sind, bekommen sie Hausarrest. Diese Politiker wissen nicht was sie mit diesen Drohgebärden bewirken. Jeder Unternehmer, der jetzt noch etwas Geld auf der hohen Kante hat, wird sicherlich dieses nicht in seine Firma investieren, wenn er morgen schon den Totalverlust fürchten muß. Die Politik ist völlig vom Wahnsinn befallen.
Die Anzahl von Menschen mit einem positiven Corona Test auf der Intensivstation beträgt heute: 239 Personen (Divi Intensivregister)
Es sind aber noch weitere 21.449 Menschen auf Intensivstation mit anderen schweren Erkrankungen.

Jasmin
3 Jahre her

Eine Freundin, deren Tochter bei einem schwedischen Bekleidungshersteller arbeitet, sagte mir gestern, dass ihre Tochter nach Nullarbeit, dann mit tageweiser Arbeitsaufnahme nun wieder in Vollzeitstelle arbeitet. Der Arbeitgeber soll trotzdem bis zum Jahresende das Kurzarbeitergeld vom Steuerzahler beziehen. Wäre also interessant, ob alle, die Kurzarbeitergeld beziehen auch kurz arbeiten, oder ob die Firmen mit Steuergeld ihre Lohnkosten drücken.

horrex
3 Jahre her
Antworten an  Jasmin

Eine berechtigte Frage.
Ich frage mich auch, ob die Feriensaison womöglich ihre „Auswirkungen“ hat.

Gernoht
3 Jahre her
Antworten an  Jasmin

Meine Bekannte arbeitet im Einzelhandel, bekommt Kurzarbeitergeld, arbeitet aber voll. Alles klar?