RWE steigt aus Wasserstoffprojekt aus

Die deutsche Regierung hat die Erzeugung von „Grünem Wasserstoff“ in Namibia als „strategisches Auslandprojekt“ mit 10 Milliarden bedacht. Als strategischer Kunde für dieses Geschäft hatte einer der großen deutschen Energieversorger, RWE, sein Interesse für jährlich 300.000 Tonnen in Aussicht gestellt. Von diesem Plan hat sich der Konzern jetzt distanziert. Von Dr. Hans Hofmann-Reinecke

picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka

Die deutsche Regierung hat in Namibia ein gigantisches Projekt gestartet, das einen wesentlichen Beitrag zur „Energiewende“ leisten soll. Man will dort „Grünen Wasserstoff“ (GH2) herstellen und nach Deutschland exportieren.

Wasserstoff ist der ideale Energieträger. Bei seiner Reaktion mit Sauerstoff wird sehr viel Energie frei – als Hitze oder aber auch direkt in Form von Elektrizität. Und das Allerbeste: Es entsteht kein unerwünschtes CO2, so wie beim Verbrennen von Kohle oder Erdgas in konventionellen Elektrizitätswerken. Das einzige Problem: es gibt keinen Wasserstoff auf unserem Planeten. Seine Affinität zu Sauerstoff hat dazu geführt, dass er fast nur in Form von Wasserstoffoxid, vulgo „Wasser“ vorliegt.

H2 lässt sich jedoch zurückgewinnen, indem man elektrischen Strom durch Wasser leitet und die H2O Moleküle dabei in ihre Bestandteile spaltet. Dazu ist allerdings mehr elektrische Energie nötig, als man nachher wieder zurückbekommt. Natürlich muss der notwendige Strom bei diesem Prozess, genannt Elektrolyse, aus einem CO2-freien Kraftwerk kommen, sonst könnte man sich die Prozedur ja sparen, sonst bekäme man keinen grünen Wasserstoff.

Eine weite Reise

In Deutschland haben wir keinen Strom dafür übrig, wir müssen ja jetzt schon importieren. So entstand die Idee, in dünn besiedelten, aber windreichen Teilen der Erde, etwa in Namibia, ehemals „Deutsch-Südwestafrika“, Windgeneratoren zu installieren, um mit deren Hilfe H2 herzustellen. Der muss jetzt allerdings nach Deutschland gebracht werden. Transport per Schiff in Gasflaschen wäre zu ineffizient, denn Kompression und Kühlung kosten zu viel Energie. Man macht stattdessen aus dem nützlichen H2 und dem Stickstoff der Luft ein anderes Gas: Ammoniak (NH3). Das lässt sich verflüssigen und kann bei tiefer Temperatur per Tanker transportiert werden.

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Nachgerechnet: Ist Wasserstoff der Joker der Energiewende?
Am Ziel der Reise angekommen wird der Ammoniak wieder in seine Bestandteile zerlegt, der Wasserstoff wird in so genannten Brennstoffzellen zu Elektrizität verwandelt, die dann in unser Stromnetz eingespeist wird. Das ist eine weite Reise mit diversen Verwandlungen, die alle Energie kosten. Wie viel von dem ursprünglich aus Windkraft erzeugten Strom kommt dann noch bei uns an?

Elektrolyse hat 55% Wirkungsgrad, Brennstoffzellen 40%, macht also insgesamt 22%. Die Umwandlung in Ammoniak und zurück haben wir jetzt nicht berücksichtigt, ebenso wenig die Energie für Kompression und Kühlung. Da bleiben vielleicht 15% übrig, wenn überhaupt. Und noch etwas: so richtig „grün“ ist die Sache jetzt nicht mehr, denn ein Tanker verbraucht von Afrika nach Deutschland gut und gerne seine 1000 Tonnen Schweröl und pustet entsprechend viel CO2 in die Luft.

screenshot/ hoffmann-reinecke
Kompetenz aus der Uckermark

Das ist keine gute Bilanz, weder technisch noch wirtschaftlich. Aber wenn es um die Rettung der Welt geht, dann darf die Logik nicht im Weg stehen. Am 26. Mai 2023 beauftragte die Regierung Namibias die Firma Hyphen mit der Projektentwicklung. Die Hyphen Hydrogen Energy (Pty) Ltd ist eine in Namibia registrierte GmbH. Geschäftsführer ist der (weiße) Südafrikaner Marco Raffinetti. Mehrheitlicher Gesellschafter ist die deutsche Enertrag SE, daneben halten die britische Nicholas Holdings Ltd. und die Regierung Namibias Anteile. Enertrag ist im Besitz der beiden Deutschen Jörg Müller und Tilo Troike über deren Muttergesellschaft, die Uckerwerk Energietechnik GmbH in Schenkenberg in der Uckermark. Und wer soll das bezahlen? 2024 hat die Bundesregierung das Projekt von Hyphen im Rahmen ihrer Nationalen Wasserstoffstrategie als „strategisches Auslandsprojekt“ definiert und mit 10 Milliarden Dollar bedacht.

Wind aus dem Sperrgebiet

An der Küste, nahe der Stadt Lüderitz, nicht weit von der Grenze zu Südafrika, liegt das zu Kaiser Wilhelms Zeiten etablierte „Diamanten-Sperrgebiet“. Hier soll unter dem Namen „Tsau Khaeb“ eine Industrie entstehen, die dereinst 300.000 Tonnen H2 pro Jahr zu produziert.

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Nachgerechnet: Wie viel leistet eine Windturbine?
Bei permanentem Betrieb wären das 34 Tonnen pro Stunde. Für eine Tonne H2 sind 48 Megawattstunden erforderlich, die Windgeneratoren müssten dann also 34 x 48 = 1632 Megawatt liefern. Deutschlands 30.000 Windgeneratoren haben im Jahr 2023 pro Stück eine durchschnittliche Leistung von 0,433 MW erbracht. Für die erforderlichen 1632 MW bräuchte man 3769 Anlagen dieses Typs bei „deutschem Wind“. Der mag in Namibia stärker sein, aber mit weniger als 1000 Generatoren käme man wohl auch hier nicht aus.

Aber außer Strom braucht man auch Wasser für die Elektrolyse. Bei diesem Durchsatz wären das 340.000 Liter pro Stunde; und das in der Wüste; und es muss Süßwasser sein, kein Meerwasser. Man bräuchte auch noch ein mittleres konventionelles Kraftwerk, um die Windgeneratoren anzuwerfen, denn die sind nicht „schwarz-start-fähig“, sie brauchen erst einmal eine externe Stromquelle, um in Betrieb zu gehen.

Im Juni 2024 gab es in Lüderitz außer ein paar adretten Bürohäuschen noch nichts vom Projekt HYPHEN Tsau Khaeb zu sehen. Nach aktueller Planung soll „Phase 1“ Ende 2026 starten.

Ein Kunde weniger

Wichtiger Pfeiler für die Machbarkeit eines Unternehmens ist die Kundschaft. Im Dezember 2022 hatte Hyphen Hydrogen Energy mit einem der vier großen deutschen Energieversorger, RWE, ein „Memorandum of Understanding“ (MoU) unterzeichnet, nach dem RWE ab 2027 bis zu 300.000 Tonnen grünen Ammoniak pro Jahr von Hyphen abnehmen sollte (zur Einordnung: diese 300.000 Tonnen Ammoniak entsprechen nicht den oben erwähnten 300.000 Tonnen H2). Bestandteil des MoU war auch der Bau eines Terminals für grünen Ammoniak in Brunsbüttel. Ende September 2025 gab RWE nun offiziell bekannt, sich aus dem Projekt zurückzuziehen. Das MoU war ja kein verbindlicher Vertrag, sondern lediglich eine Absichtserklärung.

Als einer der Gründe für den Rückzug wird von RWE der Anspruch indigener Gruppen auf das Projektgelände genannt. Wirklich? Namibia hat eine Fläche von fast einer Million Quadratkilometern und weniger Einwohner als Berlin. Soll also ein kleines Stück Wüste einer Investition im Wege stehen, die fast dem jährlichen BIP des Landes entspricht?

Vielleicht hatte RWE seine Absichtserklärung damals lediglich als Gefälligkeit abgegeben, um das Projekt attraktiver zu machen und Hyphen bei der Finanzierung zu unterstützen. Aus gutem Grund hat RWE keinen verbindlichen Vertrag über die Abnahme von Ammoniak oder Wasserstoff unterzeichnet. Wie wird es weitergehen? Vermutlich fließt die Finanzierung durch Deutschland für das „strategische Auslandsprojekt“ ungestört weiter. Für die Milliarden lassen sich leichter Abnehmer finden als für den grünen Ammoniak.

Dieser Artikel erscheint auch im Blog des Autors Think-Again. Seine Bücher sind bei Amazon erhältlich.

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Kommentare ( 101 )

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LF
2 Monate her

Wenn RWE eigenes Geld in die Hand nehmen muss, steigen Sie schnell aus, weil Sie wissen das es nicht funktioniert. Wird aber Steuergeld verteilt, dann werden die Taschen weit aufgemacht, um es auszuprobieren. Wie viel Milliarden hat Habeck der Salzgitter Stahl gegeben zur Herstellung von Grünen Stahl mittels Wasserstoffenergie? Welche Ergebnisse gibt es? Wie wurde die Milliarde € investiert? Ich glaube, jeder kennt das Ergebnis. 

Britsch
2 Monate her

Daß das Ganze technisch und wirtschaftlicher Blödsinn ist, war von Anfang an klar zu erkennen. nur von vielen Theoretikern „Sesselfurzern“ oft ohne jede praktischen Kenntnisse nicht
In diesem Land regiert der Irrsinn der Inkompetenz

Last edited 2 Monate her by Britsch
Ernst-Fr. Siebert
2 Monate her

Ich stellte eine Frage hinsichtlich der Beurteilung des Projektes an einen Namibier. Die Reaktion war lediglich ein Grinsen und eine Bemerkung etwa so: Lass die … Deutschen doch ihr Geld hierherbringen, daß das nichts wird wissen wir.

Juergen P. Schneider
2 Monate her

Die Energiewende-Seifenblasen zerplatzen reihenweise und Gagaland macht unbeirrt weiter mit dieser ruinösen Idiotie. Viele dieser Projekte sind technisch durchaus machbar, aber absolut unbezahlbar. Der ganze Energiewendeunsinn ist einfach wirtschaftlich nicht darstellbar. Daran ist die „Energiewende“ letztlich bereits gescheitert und nicht mehr zu retten. Dieser ökonomische Suizid unserer Volkswirtschaft muss verhindert werden, indem man das ganze Projekt für gescheitert erklärt. Dazu sind die links-grünen Altparteien nicht fähig, da sie dann ihre verantwortungslose und zerstörerische Politik der letzten 25 Jahre eingestehen müssten. Damit wäre das Kartell politisch am Ende, deswegen wird weiter gemacht bis zum ökonomischen Fiasko.

Der Ingenieur
2 Monate her

Ammoniak ist die Ausgangsbasis, um Sprengstoffe herzustellen.

Vielleicht ist die Sprengstoff-Produktion das eigentliche Ziel bei dem Großprojekt in Namibia, das aber offiziell nicht publiziert wurde.

Ammoniak als „Energiespeicher“ zu verwenden, wäre aufgrund der miserablen Wirkungsgrade in der Prozesskette sowieso eine völlig absurde Idee.

Last edited 2 Monate her by Der Ingenieur
Maria Jolantos
2 Monate her

Mal abgesehen von dem miesen Wirkungsgrad der Verwertungskette, wenn’s jemandem wirklich ernst wäre mit CO2 als globalem Klimagift, dann würde projektiert namibische Windenergie so nah wie möglich am „Erzeugungsort“ zu verwenden (z.B. südafrikanische Kohlekraftwerke ersetzen).

Britsch
2 Monate her

Hat einmal Irgendjemand ermittelt wie viele Frmen allein Subventionen bekommen haben weil sie angegeben haben irgend etwas bezüglich Wasserstoff machen zu wollen? Wie viel das insgesamt war? In meiner Heimatgegend habe ich so am Rande eher verdeckt von 2 Firmen / Unternehmen ertfahren
Ich denke niemand weiß überhaupt den gesamten Umpfang von dem was die letzte Regiering an Geldern veruntreut hat mit Habeck und Baerbock vorne weg

Last edited 2 Monate her by Britsch
CasusKnaxus
2 Monate her

Ja wieder so ein Deindustrialisierungsprojekt aus der Zeit von Habeck. Wen wunderts? Heiße Luft. Kohle, die irgendwo hinfließt. Und einige übliche Verdächtige. Alchimisten, Zauberlehrlinge und einfach Vollidioten. Und am Ende sind die Schuldigen die Schamanen? Herrlich, Deutschland schafft sich selber ab…

Klaus Uhltzscht
2 Monate her
Antworten an  CasusKnaxus

Naja, die, in deren Taschen die zehn Milliarden jetzt fließen, scheinen ziemlich gut in ihrem Geschäftsfeld zu sein.

Dellson
2 Monate her

Jeder John Doe, jede Hüpfdohle auf der Welt würde ein Angebot ablehnen, bei dem man 3 Euro zahlen soll, um einen Euro zurückzubekommen! In Deutschland jedoch wird das als clevere Anlage in eine Zukunftinvestion gesehen. Nun auf einem Bein rumhopsen schont auch das Schuhwerk. Solange der Begriff Politiker ohne jeglichen Inhalt gekennzeichnet ist, solange wird es auch jede Menge Schlangenölverkäufer, Kaffeefahrtveranstalter, Enkeltrick und Selbstdarsteller geben. Nur wenn die Bosse der Industrie diesem Blödsinn widerstandslos folgen bis zum Schluss, dann sagt das mehr über diese Bosse als über die Unternehmen aus. Der Unterschied zwischen Wasserstoff und Atomkraft? Nun das eine ist… Mehr

Britsch
2 Monate her

Das größte Problem ist doch, wie konnte es Kommen, daß Habeck in eine solche Position kam (Philosoph, Geschwätzfachkraft) und das alles machen konnte. Wio ist das Parlament? Fpür was gibt es das Parlament? Dann kommt aber das nächste Problem. In dioesem Parlament sind Leute die noch nie etwas echtn gearbeitet haben, selbst ihren Unterhalt in dfer Freien Wirtscghaft erzielen mußten. Überhaupt, wie kann es sein daß Kinder und Jugendliche sagen wio es lang geht. Keine Lebenserfahrung. Ein jugendlicher „Umweltdemonstrant“ Aktivist hat mal zwischen den Demonstrationen realö bei der Ackerarbeit geholfen, danach hat er gesagt nun würde er vieles anderst sehen… Mehr