VW: Diess will sich mit einer Personalrochade retten

VW-Vorstandschef Herbert Diess ist angeschlagen. Doch statt der erwarteten Nachricht von seinem Abtritt überrascht er nun mit personellen Veränderungen, die offenbar sein Image beim Betriebsrat reparieren sollen.

© Justin Sullivan/Getty Images

Es sieht ganz danach aus, als hole der Vorstandsvorsitzende von Volkswagen zum letzten verzweifelten Befreiungsschlag aus. Wenn stimmt, was die Redaktion von „auto motor und sport“ erfahren hat, dann plant Herbert Diess mit einer Personalrochade sein schwer angeschlagenes Standing beim mächtigen Betriebsratsvorsitzenden Bernd Osterloh und in Teilen des Aufsichtsrats stabilisieren zu wollen. Nachdem Diess den Aufsehern gerade Rede und Antwort stehen musste, wie er mit den existenzbedrohenden Problemen bei der Markteinführung des Golf 8 und des zum Tesla-Jäger hochgejazzten Elektroautos ID.3 fertig werden will, scheint sich abzuzeichnen, dass Diess die Verantwortung für die Marke VW, die er in Personalunion übernommen hat, abgeben will, um sich aus der Schusslinie zu nehmen. Laut „ams“ soll demnächst der amtierende Porsche-Vorstandsvorsitzende Oliver Blume die heißen Eisen aus dem Feuer holen. Blume, der im Konzern neben seinem Job bei Porsche auch für die Markengruppe „Sport & Luxury“ zuständig ist, gilt als versierter Produktiosspezialist und damit prädestiniert dafür, die Qualitätsprobleme beim Golf 8 zu lösen. Als Spiritus Rector des elektrischen Porsche Taycan verfügt Blume zudem über gebündeltes Know-how in Sachen Elektromobilität, was dem ID.3 zugute kommen soll.

Machtkampf bei VW: Vorstandschef Diess im Kreuzfeuer der Kritik
Als Nachfolger Blumes bei Porsche ist laut „ams“ der derzeitige Skoda-Chef Bernhard Maier vorgesehen, der früher schon mal Marketing-Vorstand bei Porsche war. Um gleich auch noch eine weitere peinliche Panne zu überspielen, soll Diess dem VW-Marketingchef Jochen Sengpiehl den Laufpass geben. Ihn macht er für den als rassistisch beschimpften Instagram-Clip für den neuen Golf verantwortlich.

Das Personalkarussell, das Dies mit dem Wechsel Blumes auslöst, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Vorstandsvorsitzende selbst schwer angeschlagen ist. Nicht nur die Software- und Qualitätsprobleme bei den für den Konzern so wichtigen neuen Modellen Golf und ID.3 haben an der Reputation des Konzernchefs gekratzt. Sein allzu forsches Auftreten gegenüber der Politik mit seiner Forderung nach quasi bedingungslosen finanziellen Hilfen des Staats zum Ankurbeln der in der Coronakrise eingebrochenen Verkäufe und nicht zuletzt sein Vorstoß auf vorzeitige Vertragsverlängerung als Entschädigung für seine Einwilligung zur Einstellung des Verfahrens wegen Marktmanipulation infolge des Abgasskandals und der damit verbundenen Stafzahlung von 4,5 Millionen Euro haben ihn Sympathien im Aufsichtsrat gekostet. Weitere Tiefschläge verpassten ihm und dem Konzern Gerichte in Deutschland und in den USA im Zusammenhang mit Entschädigungszahlungen an Käufer abgasmanipulierter Fahrzeuge. Und jetzt hat ihm die Bundesregierung auch noch eine Abwrackprämie und eine Verkaufsunterstützung für Benziner und Dieselfahrzeuge verweigert. Selbst wenn Vater Staat den Kauf von Elektroautos mit einer weiteren Geldspritze fördern will, hilft das den gebeutelten Konzernmarken nicht viel weiter – es fehlen schlicht die passenden Fahrzeuge. Schwer vorstellbar, dass Diess länger als bis Ablauf seines aktuellen Vertrags im Jahr 2023 im Amt bleiben kann – falls ihn Bernd Osterloh nicht doch noch vorzeitig rausekelt.


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Kommentare ( 9 )

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U.S.
3 Jahre her

Jeder Manager, der länger als 1 Jahr nach Berufsstart in der Automobilwelt gearbeitet hat, muss wissen, dass die Vorstandsetagen der Konzerne keine Ponyhöfe sind! Und gerade VW ist doch bei Management bekannt als „Nord- Korea ohne Lager“ – das wissen auch die Leser der diversen Management- / Wirtschafts- Magazine. Das haben sie doch alle um sich herum gesehen und erlebt: Porsche Blume, VW (Ex- BMW) Diess, …. VW wird in der Automotive Industrie nicht umsonst „Hades der Atomobilwelt“ genannt! In der Automobilwelt wird überall mit harten Bandagen gekämpft, aber VWs Vorstand wird in Automotive Fachkreisen als ein „Hades“ bezeichnet. Das… Mehr

Sonny
3 Jahre her

Das ganze Dilemma fußt doch nur auf den spinnerten Ideen von Politikern und hat mit Marktwirtschaft – Angebot und Nachfrage – überhaupts nichts zu tun. Ein typischer Vorgang des Staatssozialismus, der Markt soll die Produktnachfrage gefälligst schlucken und übernehmen.
VW hat sich den Vorgaben sogleich unterworfen, wie sie sich auch den dauernd verminderten Abgaswerten von EU-Politikern unterworfen haben, ohne entsprechend zu protestieren. Mangels wirtschaftlicher Machbarkeit schien dann der einzige Ausweg nur noch der Betrug zu sein.
Eine Personalrochade bringt überhaupt nichts. Dieselben Personen spielen Bäumchen wechsle dich und es geht weiter wie zuvor.

Beat.Buenzli
3 Jahre her

Vielleicht sollte Herr Diess einmal darüber nachdenken wie er den Konzern umbauen muss damit Angst nicht wieder zu Betrug führt, damit eine Rückrufaktion nicht die Konzernsubstanz gefährdet, damit fortschrittliche Technik nicht mehr größer teuer schwerer bedeutet und einfache Lösungen meist die Besseren sind. Diess muss sich von dem Zwang Vorjahresumsatz plus 5% befreien, weil das in die falsche Richtung führt, Stückzahl plus 5% ist viel wichtiger. Er muss lernen klein, leicht, einfach aber wirkungsvoll zu bauen, der ursprüngliche VW Bus ist bestes Beispiel.

Beat.Buenzli
3 Jahre her

Auch wenn ich die Ausrichtung Diess auf Elektro für kurzsichtig halte, weil er interessante Alternativen vernachlässigt, wurde der Elektro-Grundstein nicht von Diess gelegt. Man sollte sich nicht in Abhängigkeit der Werbe- und Marketing- Fuzzis begeben, besser den gesunden Menschenverstand anwenden und sich den Zukunftsmärken zuwenden. Auch sollte man nicht vergessen, Toyota hat sich seinen Ruhm auf dem Land und nicht in der Stadt verdient. Intelligente Think Tanks Zusammenstellungen sind wichtiger als Marketingbudget.

ludwig67
3 Jahre her
Antworten an  Beat.Buenzli

Streiche „der Werbe- und Marketingfuzzis“, setze „des Staates“. Dann wird ein Schuh draus.

StefanB
3 Jahre her

Elektro und Verbrenner: Man kennt ja noch das alte Sprichwort „Wer alles will, bekommt am Ende nichts.“. Leider gilt das nicht für Vorstände in Großkonzernen, die, auch wenn sie noch so viel Schaden anrichten, mit Millionen während ihrer Dienstzeit und mit Millionenabfindungen nach dem Rausschmiss nach Hause gehen. Es ist das auch aus der Politik hinlänglich bekannte Dilemma des Auseinanderfallens von Verantwortung und Haftung.

Berlindiesel
3 Jahre her

Fragen an die Redaktion: 1) Was sind denn die „passenden“ Autos für Volkswagen – wenn es nicht der Golf 8 wäre? 2) Ist der ID3 und das Phantom ID5 wirklich das, was derzeit Millionen vom Besitzern fünf bis acht Jahre alter Golfs, Passats oder auch Ford Escort oder von Kias oder Renaults kaufen wollen? Glauben Sie das ernsthaft? Oder dass die alle die miserabel verarbeiteten Teslas kaufen wollen, und sie dann nicht laden können? 3) Auch ich wäre ein potentieller Kunde für VW oder Audi. Doch ich muss meine alte Kiste immer weiter fahren. Einen VW, der in Mexiko oder… Mehr

Schiffskoch
3 Jahre her

Der VW ID3 war und ist nie wichtig für den VW – Konzern. Denn man verdient mit diesem Auto kein Geld, es ist dem feigen Manager Diess aufgezwungen wurden, und der hat die Kröte geschluckt, um weiterhin die gewinnbringenden Benziner der Mittel- und SUV – Klasse verkaufen zu dürfen. Aber jetzt brechen dort die Bestellungen weg, und gleichzeitig stehen die VW ID 3s auf Halde. Das kommt eben davon, wenn man den Konflikt scheut, wenn man seiner Kundschaft nicht ehrlich sagt, was für ein Milliardenverlust VW mit seinen EVs machen wird. Sie glotzen wie die Lämmer auf Tesla, ohne zu… Mehr

gdg
3 Jahre her
Antworten an  Schiffskoch

Jedem Durchblicker muss doch klar sein, dass das Forschungsgeld für Elektroautos vom Verkauf der konventionellen Antriebe erwirtschaftet werden MUSS!.

Was sich hier tummelt (und schreibt), wäre zur Führung einer Trinkhalle ungeeignet.

Gott gebe, dass VW gesundet.