Handelskammer rechnet mit einem weiteren Schrumpfen der deutschen Wirtschaft

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer hat die Konjunkturumfrage vorgestellt. Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben nutzte die Chance für einen Appell: „Die Krise ist da.“ Die Ampel müsse handeln.

IMAGO / Jens Schicke
Dr. Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer DIHK, Aufnahme vom 11.02.2022
Martin Wansleben ist Rheinländer. Ein fröhlicher Mensch. Gerne baut er in seine Vorträge einen Scherz oder eine launige Anekdote ein. Doch bei der Vorstellung der Konjunkturumfrage fürs Frühjahr bleibt der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer weitgehend ernst: „Die Krise ist da.“ Und es sei keine der üblichen Konjunktur-Krisen, bei denen die Macher im Ab auch schon immer die Anzeichen für das nächste Auf sähen. Es sei eine strukturelle Krise. Die Preise stiegen, obwohl die Nachfrage niedrig sei.

Die Bundesregierung selbst hat jüngst ihre Wachstumsprognose gesenkt. Sie geht jetzt nur noch von einem Wachstum von 0,2 Prozent für das laufende Jahr aus. Die Kammer ist da ehrlicher: Sie rechnet angesichts der Konjunkturumfrage mit einem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung von 0,5 Prozent. Das wäre der zweite Rückgang der Wirtschaftsleistung in Folge. Das hat es laut Handelskammer 2002 und 2003 zum letzten Mal gegeben – als auch ein sozialdemokratischer Bundeskanzler mit den Grünen regierte.

Die Probleme sind hausgemacht. Das zeigt sich auch darin, dass die Unternehmen die Lage besser sehen, die auf dem internationalen Markt tätig sind. Wer nur in Deutschland verkaufen könne, der sei pessimistischer. Wansleben erklärt das so: „Auch das Kellerkind hat eine Chance, wenn es woanders aktiv ist.“ Diese Unternehmen profitierten von der guten Laune, die auf anderen Märkten herrsche. Etwa in den USA. Die deutschen Probleme seien hausgemacht.

Das zeigt sich auch in der Umfrage, welche Bereiche die Unternehmer als „Geschäftsrisiko“ einschätzten. Da sehen die Unternehmer die hohen Energiepreise und den Fachkräftemangel immer noch kritisch, aber nicht so schlimm wie vor einem Jahr. Die „Wirtschaftlichen Rahmenbedingungen“ bewerten aber immer mehr als Problem, mittlerweile genauso stark wie die anderen Punkte. 57 Prozent der 27.000 befragten Unternehmer bewerten die deutsche Wirtschaftspolitik als „Geschäftsrisiko“. Das sei „so viel wie noch nie“.

Wansleben fordert den Abbau der Bürokratie. Doch bevor der beginne, müsse erst einmal eine Verschlimmerung abgewendet werden: Das Lieferkettengesetz der EU und seine Umsetzung in Deutschland. Kommt das so, wie es SPD und Grüne wollen, dann müsste der Folienhersteller nachweisen, dass sein Klebemittelhersteller ein fairer Arbeitgeber ist. Der Dachdecker müsste nachweisen, dass der Folienhersteller und der Klebemittelhersteller faire Arbeitgeber seien. Das Unternehmen, das einen Dachdecker verpflichtet, müsste nachweisen, dass der Dachdecker, der Folienhersteller, der Klebemittelhersteller – und so weiter. Ein bürokratisches Ungetüm droht der deutschen Wirtschaft. Vorerst hat die FDP das Lieferkettengesetz auf Eis gesetzt. Doch es droht weiter.

Die Politik rede und rede von Bürokratie-Abbau, aber sie tue nichts oder das Gegenteil, sagt Wansleben: „Es wächst der Frust.“ Der Hauptgeschäftsführer der Handelskammer sieht sogar die gemeinsame Basis in Frage gestellt: „Es gibt keine Schnittstelle mehr zwischen der Welt der Wirtschaft und der Welt der Politik.“ Die müsse ein kluges Maßnahmenpaket entwickeln, um die Wirtschaft wieder flott zu bekommen.

Noch bezeichnen nur 22 Prozent der befragten Unternehmer ihre Lage als schlecht und 29 Prozent als gut. Doch 35 Prozent der Befragten geht von einer Verschlechterung aus und nur 14 Prozent von einer Verbesserung. Das sei eine minimale Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr. Doch die Politik müsse umkehren. Sie verspreche ein Wachstumschancengesetz mit einer Entlastung der Wirtschaft um 7 Milliarden Euro. Dann kommt aber zeitgleich eine Erhöhung der LKW-Maut um 8,5 Milliarden Euro – und die Entlastung durch das Wachstumschancengesetz bleibt wegen politischen Streits aus.

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Kommentare ( 29 )

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Juergen P. Schneider
2 Monate her

Die DIHK und ihre Funktionäre haben so ziemlich alles bejubelt und beklatscht, was an sozialistischer Politik seit 25 Jahren in unserem Land gelaufen ist. Jetzt wirkt diese verantwortungslose und desaströse Politik und zeitigt einen wirtschaftlichen Niedergang, wie es ihn nach dem Zweiten Weltkrieg noch nicht gegeben hat. Nun werden die Funktionärsclowns plötzlich wach und konstatieren eine wirtschaftliche Krise. Ich bin tief beeindruckt von so viel jahrzehntelanger Realitätsverleugnung und dem nun aufkommenden Wehklagen der Merkel- und Scholz-Klatschhasen über eine Entwicklung, die ohne ihre aktive propagandistische Begleitmusik gar nicht möglich gewesen wäre.

ramseshelge
2 Monate her

Dieser feine Herr erscheint mir sehr wie ein Kombinats Leiter in der DDR nach Art Katzbuckelnder Einschleimling. Hat der nicht auch die ganzen AGORA-Irsinnigkeiten lauthals dauerbeklatscht?
Kann mich nicht erinnern, auch nur den Hauch von Widerspruch zu den idiotologischen Humbug gehört zu haben. Jetzt jammert der rum. Und was will der? Noch mehr Subventionen! Wie wird man so einen los? Wird solch Vorsitzender gewählt oder wie bestimmt man einen neuen?

Nibelung
2 Monate her

Ein fröhlicher Mensch, kein Wunder bei dem gesicherten Einkommen und den garantierten Zwangsbeiträgen für Leistungen, die mehr oder weniger für die Kleinen garnicht vohanden sind und diese auch nicht eingeladen sind, wenn es um die Zurschaustellung ihrer unermüdlichen Arbeit geht und man sich gerne mit den Großkopfeten in der Wirtschaft umgibt und andere das Nachsehen haben, was doch sehr demokratisch ist, zumindest wenn es ums zahlen geht und man das Geld besser für den Aktienkauf anlegen könnte, als es in Regelmäßigkeit zu verbrennen.

Phil
2 Monate her

„Die müsse ein kluges Maßnahmenpaket entwickeln, um die Wirtschaft wieder flott zu bekommen.“ Ist das wirklich sein Ernst….. Die Pappnasen von der Ampel machen ja den ganzen lieben langen Tag nichts anderes, ausser neue „Massnahmenpakete“ (Umverteilung von einer Hosentasche in die andere) zu entwickeln, scheinbar scheint dies dem Herr Wansleben nicht bewusst zu sein. Jetzt wo all diese staatlichen Massnahmen (zu welchen grosse Teile eben dieser Wirtschaft, die jetzt am jammern ist, mit der Aussicht auf staatliche Subventionen zu allem bereit erklärt hat) endlich „greifen“, ist man plötzlich enttäuscht über den Umstand, dass die versprochene Umverteilung vom Steuerzahler auf die… Mehr

barbara-luise
2 Monate her

Die [Politik] müsse ein kluges Maßnahmenpaket entwickeln, um die Wirtschaft wieder flott zu bekommen.“

Ja genau. Da könnte man ebenso gut eine Kuh auffordern, Eier zu legen. Das wird niemals passieren, nicht unter einer linken Regierung. Die scheitern schon im kleinen beim Bürokratieabbau. So etwa bei der dringend notwendigen Streichung des SchriftformErfordernisses im Nachweisgesetz.
Die Kernkompetenzen einer linken Regierung sind „Steuern rauf“, „Umverteilung“ und „Bürokratieaufbau“. Alles andere ist nicht in deren DNA.

AnSi
2 Monate her

Yes! Macht aber nix! Meine Kollegen in D sind da ganz entspannt. Die haben in der Presse (mehrere zuverlässige Medien 🤣🤣🤣) gelesen, dass alles gut ist und die Auftragsbücher voll sind. Läuft in D! Kann ja auch nicht jeder in die USA abwandern, sagen sie. Sie warten jetzt mal gespannt auf die Wahlen in USA, wo ja nach deren Meinung Biden gewinnt. Dann wird es wieder besser in Germoney. Leute, ich konnte mich kaum halten vor Lachen!

Biskaborn
2 Monate her

Zwei Dinge muss man erwähnen: Zuerst haben unterschiedliche Wirtschaftsvertreter zuletzt postuliert, wonach die AfD die Schuld an der gegebenen Wirtschaftssituation trägt. Grund, es kommen wegen der AfD keine Fachkräfte ins Land. Heute frohe Kunde die alle Probleme schlagartig überdeckt, Microsoft investiert 3,3 Mrd. Euro in Deutschland in das Thema KI! Sofort tönt es: Seht her was für ein attraktiver Wirtschaftsstandort Deutschland doch ist , Scholz und Wüst heute lauthals. Die Medien werden sich diesbezüglich noch überschlagen und dann kommt der Wanzleben daher…, wer glaubt dem jetzt noch?

Haba Orwell
2 Monate her

> Es sei eine strukturelle Krise. Die Preise stiegen, obwohl die Nachfrage niedrig sei.

Was erwartet man sonst, wenn man mit dem Klimagedöns die Kosten (Greenflation) hochtreibt? Ohne Abkehr von der Klima-Kabale wird es nicht besser.

Paprikakartoffel
2 Monate her

DIHK: ist das nicht einer jener Klatschhasenvereine, die sich über den Massenimport ungebildeter Aggressivlinge ebenso gefreut haben wie über den Verweis auf Strom „wenn der Wind weht/die Sonne scheint“?

Johny
2 Monate her

Keine Panik, das ist nur „GESUNDschrumpfen“ oder „negativWACHSTUM“.