Weiter Marktturbulenzen, mit Dividendenaktien auf der sicheren Seite

Die neuerliche Eskalation der Gaskrise in Europa drückte die US-Börsen am Freitag deutlich ins Minus. Auch der Euro litt unter dem russischen Gasstopp. Die als sicher geltenden US-Staatsanleihen hingegen profitierten von den Kursverlusten am Aktienmarkt.

shutterstock/katjen

Anfängliche Gewinne im Zuge robuster Arbeitsmarktdaten verpufften, als Gazprom mitteilte, dass durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 von diesem Samstag an anders als angekündigt nun doch kein Gas fließen wird. Grund sei ein Ölaustritt in der Kompressorstation Portowaja. Der Gasdurchfluss bleibe bis zur Beseitigung gestoppt. Die Nachrichten rückten Europa einen Schritt näher an Stromausfälle, Gas-Rationierungen und eine schwere Rezession. Ein deutlicher wirtschaftlicher Abschwung der Region würde auch den wichtigen Handelspartner USA stark treffen. Entsprechend gaben die Kurse nach.

Dow Jones Industrial büßte zwischenzeitliche Gewinne von mehr als ein Prozent ein und fiel am Ende um 1,1 Prozent auf 31.318 Punkte. Im Wochenverlauf verzeichnet der bekannteste Wall-Street-Index damit einen Verlust von drei Prozent. Für den marktbreiten S&P 500 ging es ebenfalls um 1,1 Prozent auf 3.924 Punkte abwärts. Der technologielastige Nasdaq 100 fiel um 1,4 Prozent auf 12.098 Zähler.

Im frühen Handel hatten noch Jobdaten für Erleichterung gesorgt. So stieg zwar im August die Arbeitslosigkeit überraschend an, allerdings von niedrigem Niveau aus. Das Lohnwachstum verlangsamte sich etwas, bleibt im längeren Vergleich aber hoch. Zudem ging das Ausmaß der Beschäftigungszunahme im Vergleich zum Juli zurück, als außerordentlich viele neue Stellen geschaffen wurden. Damit ist insgesamt laut Beobachtern der Druck auf die US-Notenbank, die Zinsen im Kampf gegen die Inflation kräftig zu erhöhen, zumindest nicht noch weiter gestiegen.

In dem wieder deutlich eingetrübten Umfeld konnten sich im Dow lediglich drei Werte in der Gewinnzone behaupten. Am Index-Ende büßten die Aktien des Mischkonzerns 3M 3,2 Prozent ein. An der Nasdaq-100-Spitze schnellten die Lululemon um 6,7 Prozent in die Höhe, nachdem der Sportbekleidungshersteller aus Kanada seinen Quartalsbericht vorgelegt und die Jahresziele angehoben hatte. Die Nachfrage von einkommensstarken Konsumenten sei hoch geblieben, sagte ein Händler. Analyst Michael Binetti von der Bank Credit Suisse schrieb: „Unterm Strich hat das Unternehmen eine herausragende Stärke gezeigt in einem deutlich schwächer werdenden Einzelhandelsumfeld.“

Auch der Euro litt unter dem russischen Gasstopp und notierte zuletzt bei 0,9954 US-Dollar. Der Dollar kostete damit 1,0007 (0,9996) Euro. Die als sicher geltenden US-Staatsanleihen hingegen profitierten von den Kursverlusten am Aktienmarkt.

Nach einer bis dahin enttäuschenden Woche hatte der Dax zuvor um 3,3 Prozent auf 13.050 Punkte zugelegt und damit die Verluste der vergangenen Tage ausgebügelt. Der MDax erholte sich um 3,1 Prozent auf 25.162 Zähler. „Insgesamt zeichnet der Arbeitsmarktbericht das Bild eines leichten Tempoverlusts bei der Beschäftigung“, schrieb Volkswirt Christoph Balz von der Commerzbank. Der starke Stellenzuwachs im Juli von über 500.000 habe sich somit als „Ausreißer“ erwiesen. Zudem seien die Zahlen für Juli und Juni nachträglich deutlich nach unten revidiert worden. Gleichwohl werde die Fed aber an ihrer restriktiven Geldpolitik festhalten.

Auf Unternehmensseite sorgte ein Übernahmeangebot für SLM Solutions für Gesprächsstoff: Die Papiere sprangen um mehr als 70 Prozent auf 19,66 Euro nach oben. Sie näherten sich damit dem 20 Euro hohen Barangebot des japanischen Nikon-Konzerns, der einen weltweit führenden Anbieter für 3D-Metalldruck schaffen will.

Wichtige Stützen für den Dax waren die zuletzt recht stark gesunkenen Aktien aus zyklischen Branchen, darunter vor allem der feste Automobilsektor mit Kursgewinnen von 6,7 Prozent für Volkswagen und 4,9 Prozent für die VW-Holding Porsche SE. Bei den beiden Aktien wird bald mit Neuigkeiten zum geplanten Börsengang der Sportwagentochter Porsche AG gerechnet.

Auch die Versorger erholten sich, unter anderem wegen der anhaltenden Diskussion über längere Laufzeiten für Atomkraftwerke. Zwei Meiler könnten laut dem Handelsblatt am Netz bleiben. Die Eon-Titel legten 3,8 Prozent zu. Die Henkel-Aktien hinkten dem Markt wegen einer Abstufung hinterher. Nach einer Verkaufsempfehlung von Goldman Sachs waren sie mit einem Abschlag von 0,6 Prozent der einzige DAX-Verlierer.

Mittelfristig wird für die Märkte aber die Entwicklung der Inflationsrate und damit verbunden der Zinsen sein. Die Zeichen stehen dabei weiter auf höhere Zinsen. Dies haben Zentralbankvertreter auf ihrer diesjährigen Tagung im amerikanischen Jackson Hole sehr deutlich gemacht und damit Finanzmarktteilnehmer verschreckt. „Im Juli waren viele Investoren davon ausgegangen, dass die US-Notenbank Federal Reserve die Zinsen weniger stark als erwartet erhöhen würde“, kommentiert Karsten Junius, Chefökonom der Bank J. Safra Sarasin. Daraufhin legten die Aktienbörsen zu, und die Zinsen gingen zurück. Beim geldpolitischen Treffen in Jackson Hole hätten die Zentralbanken nun aber unmissverständlich deutlich gemacht, „dass das Inflationsproblem nicht gelöst ist“. Die Inflation in den USA ist im Juli gegenüber dem Juni zwar leicht zurückgegangen, hat aber weiterhin 8,5 Prozent betragen.

Auch in Europa erreicht sie sehr hohe Werte. In der Euro-Zone ist sie im August auf 9,1 Prozent gestiegen, in einigen Ländern liegt sie bereits im zweistelligen Bereich. „Angesichts dieser Werte ist es dringend nötig, dass die Zentralbanken hier mit Zinserhöhungen dagegenhalten“, analysiert Junius. „Die Finanzmarktteilnehmer müssen sich daran gewöhnen, dass wir in einem neuen Regime sind.“ Als die Inflation unter zwei Prozent lag, sei es aus Sicht der Zentralbanken möglich gewesen, Zinserhöhungen auszusetzen. Angesichts der Höhe der derzeitigen Inflation seien sie nun aber in der Pflicht, die Zinsen zu erhöhen.

Vor diesem Hintergrund sind Dividenden-Aktien eine Möglichkeit, Einkommen zu erzielen und gleichzeitig das Portfolio etwa nach unten abzusichern. Denn oftmals weisen dividendenstarke Unternehmen auch eine solide Bilanz mit vergleichsweise hohen Eigenkapitalquoten, einer niedrigen Verschuldung und einer guten Cash-Position auf. Die Beständigkeit von Dividendenaktien illustriert der bis zu viermal jährlich ausschüttenden „iShares Stoxx Global Select Dividend 100 Index“ (ISIN: DE000A0F5UH1), der seit Jahresbeginn nur 3,4 Prozent verloren hat. Er umfasst die Aktienwerte von 100 Großunternehmen aus dem Index Stoxx Global 1800 mit der höchsten Dividendenrendite in Nord- und Südamerika sowie in Asien und Europa. Der Index enthält zudem ausschließlich Unternehmen, deren Dividende in den vergangenen fünf Jahren nicht gesunken ist. Betrachtet man die Gesamtrendite des Index, steht unter dem Strich sogar ein Kursplus von einem Prozent.

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Kommentare ( 4 )

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Axel Haare
1 Jahr her

Ich setze zurzeit voll auf amerikanische und britische Dividendentitel, die mindestens 4 mal im Jahr Dividenden ausschütten. Ich habe gar zwei Titel (Gladstone Commercial und SL Green) dabei, die gar monatlich ausschütten. Die Dividendenrendite beträgt bei allen Titeln mindestens 8%!
Dazu sind die Dividendenzyklen meiner restlichen Aktienpositionen so gewählt, dass alle zwölf Monate abgedeckt sind. So erziele ich eine monatliche Zusatzrente von rd. 200,–€, und das bei einem Gesamtkaufkurs von rd. 25.000,–€.

Fred Katz
1 Jahr her

Die Zufallsgewinnsteuer wird voll reinschlagen, weilo alle Angst haben, dass die für alle Branchen kommt!
Tschüss dividende, Hallo Staatsdirigismus!

Kuno.2
1 Jahr her

Jetzt und in absehbarer Zeit kann man mit deutschen Aktien nicht auf der „sicheren Seite“ sein.
Denn der Euro liegt derzeit unterhalb der Parität zum US Dollar, d.h. die Fonds und Privatanleger aus dem Dollarraum verkaufen alle auf Euro lautenden Papiere um eigene Verluste zu vermeiden oder zu begrenzen.
Selbst wenn die EZB es der FED gleich tut und den Zinssatz um 0,75 % erhöht,
selbst dann werden diese weiter verkaufen.

Rosalinde
1 Jahr her
Antworten an  Kuno.2

Stimmt. Gilt aber für alle Aktien und Anleihen aus dem Euroraum, nicht bloß deutsche Papiere. Obwohl diese sicher am stärksten leiden werden.