Friedrich Merz in der Arena

Fragerunde mit Bürgern: Wehrdienst, Rüstung, Rente - der CDU-Berufspolitiker umgeht gekonnt kontroverse Standpunkte und erhält kaum Gegenwind. Deutschland ist lebenswert und anderswo ist es immer noch schlimmer. Von Franka Haase

Screenprint ARD / Arena
Screenshot

Wie funktioniert Demokratie beim ÖRR? „Demokratie auf Augenhöhe“ – das ist das Motto der Arena. Einhundertfünfzig handverlesene Bürger durften ihre Fragen dem Bundeskanzler Friedrich Merz stellen. Wer dazu Lust hatte, bewarb sich im Voraus bei der Redaktion, die Fragen aus „einer breiten Palette“ auswählte: Wehrdienst, Gesundheit, Pflege, Rente, Migration und Infrastruktur. Fragen zu den gebrochenen Wahlversprechen der CDU waren nicht dabei. Willkommen im ÖRR.

Die Arena wurde durch Jessy Wellmer und Louis Klamroth moderiert. Die Sendung lief ansonsten häufig vor Bundestagswahlen. Heutiges Thema war Merz‘ erstes Regierungsjahr und Ausblicke für 2026. Wie würde er seinen Regierungsstil als Handwerksberuf beschreiben? Ein spielerischer Einstieg für Merz. Als Maurer, erwidert er und lacht. Das Fundament der Bundesrepublik sei vorhanden, das Haus müsse jedoch neu aufgebaut werden. Er arbeite stetig daran. Solch unkonkrete Aussagen füllen den Abend.

Deutschlandliebe und Rüstungsträume

Weiter geht es mit dem Wehrdienst. Wie die Jüngeren auf einen frühen Tod vorbereiten? Ein aktiver Berufssoldat glaubt, in der aktuellen politischen Situation nicht älter als vierzig zu werden. Er habe sich damit abgefunden, doch wie das den anderen schmackhaft machen? Merz möchte Deutschland zur „stärksten konventionellen Armee Europas“ machen – ein Traum für den Rheinmetallchef Armin Papperger. Dessen Firma expandiert und wandelt stillgelegte Autoproduktionshallen in Rüstungswerke. Dann kommt es hoffentlich gar nicht zum Verteidigungsfall, meint Merz. Er beschreibt Deutschland als liebens- und lebenswertes Land. Wer wolle denn woanders leben, tönt er vollmundig. Seine Bekenntnisse offenbaren die Schizophrenie deutscher Politik. Wehrdienst ja – doch wer eine Deutschlandflagge hisst, ist rechts und hat Konsequenzen zu fürchten. Unter welcher Flagge wird die Bundeswehr im Kriegsfall in den Krieg ziehen?

Einen Gegenvorschlag bringt Bettina Simon: Die Nato investiere weltweit bereits das meiste Geld in Rüstung, deutlich mehr als Russland. Wie wäre es, das Geld in die Infrastruktur zu stecken? Der NDR vergisst an dieser Stelle auf ihre frühere Parteimitgliedschaft und Politikertätigkeit bei den Linken hinzuweisen. Dieser „Zufall“ reiht sich ein in eine Vielzahl ähnlicher Vorfälle. Beispielsweise waren im vergangenen Jahr viele Schauspieler in der Sendung „Die 100“ zu sehen. Auch heute läuft diese im Anschluss mit einem Großteil des Arena-Publikums. Und Merz? Der möchte weiterhin der Ukraine zur Seite stehen, das hat er erst heute wieder Selenskyj in London bestätigt. Also weiterhin Geld und Waffen in die Ukraine schicken – aus Liebe zu Deutschland.

CDU-Floskeln als Zukunftsvision

Ein Notfallsanitäter weist auf die magere finanzielle Ausstattung des Katastrophenschutzes hin und dass es in diesem Bereich die meisten Ehrenamtlichen weltweit gäbe. Merz nimmt wieder seine patriotische Position ein: Deutschland sei besser aufgestellt als viele andere Länder. Um die Ehrenamtlichen wertzuschätzen wurde nun eine Ministerin für Sport und Ehrenamt eingesetzt, auch eine Erhöhung der Ehrenamtspauschale stehe an. Was für ein Segen für die Ehrenamtlichen. Wie das den Katastrophenschutz strukturell verbessert, verrät Merz nicht.

Auch beim Thema Rente bleibt er gekonnt vage. Man warte die Ergebnisse der Rentenkommission im kommenden Jahr ab. Mehrfach bringt er beliebte CDU-Floskeln ein: Die Deutschen arbeiten zu wenig, Leistung und Arbeit müssen sich wieder lohnen und Deutschland muss wieder wettbewerbsfähig werden.

Die Sorgen dreier Hebammen sind dem Kanzler neu. Sie berichten, wegen der Hebammen-Gesetzesnovelle, die im November in Kraft getreten ist, bangen viele um ihre wirtschaftliche Existenz. Durch die Novelle sind sie von bis zu 40 Prozent Verdiensteinbußen betroffen. Er verspricht, die Thematik mitzunehmen. Das dürfte sie wenig erleichtern, bedenkt man Merz‘ Versprechenskultur.

Demokratieverständnis des Kanzlers

Anders sieht es bei der Brandmauer zur AfD aus. Merz will mit allen Mitteln verhindern, dass die AfD an die Macht kommt. Schließlich ist er ein echter Demokrat. Die Schuld für das Erstarken der AfD allein bei seiner CDU zu suchen, liegt ihm fern. Natürlich trägt auch die SPD ihren Anteil daran, dass die AfD bei den Wahlen zusehends Stimmen gewinnt. Die Fehler im Außen zu suchen, darin ist Friedrich Merz groß. Die Stimmen der Wähler zu respektieren ist nicht Teil seines Demokratieverständnisses.

Jessy Wellmer beendet die Runde: „Wir bräuchten mehr Zeit, für so viele Dinge.“ Doch insgesamt ein Erfolg. Selbst Merz‘ Schnupfen ist besser geworden während des Bürgergesprächs, stellt er lachend fest. Dann ist ja alles in bester Ordnung! Auch das Publikum lacht und applaudiert – wie wunderbar ein kuratiertes Publikum ist.

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Kommentare ( 1 )

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ErwinLoewe
29 Minuten her

Sendungen mit Frau Wellmer und mit Herrn Klamroth sind verschwendete Zeit.