Zwischen Krippe und Propaganda: Die politische Vereinnahmung entleert das Weihnachtsfest. Schon 1948 entlarvte Guareschi den Versuch, die Menschwerdung Gottes in eine Ideologie der Gottwerdung des Menschen zu verkehren.
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Rom überrascht dieses Jahr. In den letzten Jahren hatten „außergewöhnliche“ Krippen-Ensembles immer wieder für Aufmerksamkeit gesorgt. Berüchtigt bleibt die Aufstellung von 2020, als ein Verschlag aus Astronauten und Darth-Vader-ähnlichen Puppen die Heilige Familie ergänzte. 2024 lag Jesus im Palästinensertuch, was nicht für weniger Wirbel sorgte. Papst Leo setzt dieses Jahr auf eine klassische Krippe, die auch in dieser Hinsicht Normalität zurückkehren lässt.
Die Ausschlachtung des Weihnachtsfestes und seiner Symbole hat besonders seit der Migrationskrise verrückte Blüten hervorgebracht. Nach zehn Jahren scheint das Sujet, dass die Heilige Familie auch „Flüchtlinge“ gewesen seien, zwar etwas abgegriffen. Aber die Einfallslosigkeit des Zeitgeistes lässt an Bewährtem festhalten. Im Jahr 2019 installierte eine Methodistenkirche in Los Angeles Maria und Josef samt Jesuskind in Gitterkäfigen samt Stacheldraht, um gegen die Einwanderungspolitik zu protestieren.
Diese Unterwanderung der Weihnachtsdarstellung hat eine längere Geschichte; allein die Vehemenz hat heute einen anderen Stellenwert. Dass dieser Zug besonders von der politischen Linken genutzt wird, ist ebenfalls keine Neuerung.
Giovannino Guareschi hat diese Pervertierung vor nahezu 80 Jahren auf fast prophetische Art und Weise vorhergesehen – weil er wusste, wie der destruktive Geist tickt. Der Erfinder von Don Camillo und Peppone legte im Dezember 1948 eine Weihnachtsgeschichte vor, die entlarvt, wie der „rote Geist“ versucht, durch Vereinnahmung der Geburt Christi nicht nur politisch Akzente zu setzen, sondern auch die spirituelle Grundlage auszuhöhlen.
Denn allen politischen Vereinnahmungen liegt ein Kernelement zugrunde: Die Menschwerdung Gottes wird umgekehrt zur Gottwerdung des Menschen. Diese unterschwellige Gottesleugnung bzw. die Minderung der Hauptbotschaft zur Petitesse unterminiert den Glauben langfristig. Das Göttliche wird profan, das Profane göttlich; etwa, wenn die „soziale Frage“ von Armut und Isolation den eigentlichen Festakt, nämlich die Erlösung der Welt durch die Geburt Christi verdrängt.
Nicht in der „kleinen Welt“ Don Camillos, sondern in Cabassa spielt die Geschichte von „Genosse Jesus“ von Guareschi. Der Erzähler nennt es „ein Saukaff, in dem man Mais anbaut und Kommunisten erntet“. Der Anführer der Roten ist kein einfacher Haudrauf, sondern ein Schlitzohr namens Gisto. Während die Grobiane nur an Prügeleien und Brandanschläge denken, verhält sich Gisto subversiver: Wichtiger als Kirchen zu zerstören ist es, dafür zu sorgen, dass die Leute sich von der Kirche entfernen. Er hat im Gefängnis und im Ausland gelernt, und hat dem „Allmächtigen den Krieg erklärt“. Es gibt dabei wirksamere Mittel, als Bomben auf Prozessionen zu werfen oder Priestern mit der Flinte in den Rücken zu schießen.
Er sagt: „Wir haben es mit einem intelligenten und sehr starken Feind zu tun, also muss man mit List kämpfen. Man kann einem Christen nicht sagen: ‚Du darfst nicht mehr glauben und nicht mehr in die Kirche gehen.‘ Man muss ihm sagen: ‚Bravo, ich bin auch ein Christ wie du, und in die Kirche gehen wir gemeinsam.‘ Dann hakt man sich bei ihm unter, redet von Heiligen und Madonnen und führt ihn auf einen anderen Weg. Auf unseren Weg.“
In Cabassa steht das Weihnachtsfest vor der Türe, und die Roten berufen eine Versammlung ein, um die „Gelddruckmaschine der Pfaffen“ endlich abzustellen. Jeder macht einen Vorschlag: die Kirche anzünden, Pfarrer und Gläubige verprügeln und dergleichen.
Gisto wendet ein: „Genau das ist es, was die Pfaffen wollen! Die Idee, Priester zu verprügeln, Kirchen anzuzünden und denen den Schädel einzuschlagen, die in die Kirche gehen, ist ausgezeichnet – aber sie kommt erst später. Jetzt geht es darum, die Fundamente der Kirche zu untergraben. Wenn die Mauern wackeln, dann beginnt man zuzuschlagen, und alles stürzt ein. Um die Leute davon abzuhalten, an Heiligabend zur Messe zu gehen, muss man sie unterhaken und woandershin führen. Kurz gesagt: Wir werden auch die Geburt feiern – aber so, dass wir Interesse und Neugier wecken und gleichzeitig der Geburt jeden traditionellen Sinn entziehen.“
Kurzerhand lässt der findige Kommunist ein „Komitee für christliche Brüderlichkeit“ gründen. Er legt Wert darauf, dass auf gar keinen Fall die Idee einer Parodie aufkommen dürfe – es müsse todernst sein. Die Leute müssen getäuscht werden, sich in der Falle wiederfinden, ohne es zu merken.
Das Programm ist klar: Maria und Josef als Bauern, die an den Häusern des Dorfes klopfen, aber keiner lässt sie rein. Klage über die herzlosen Reichen. Der Stall auf dem Dorfplatz mit der Kulisse einer Fabrikruine. Der Stern von Betlehem rot gefärbt. Die Engel in Arbeiterkleidung. Die Geschenke der Drei Könige – Kapitalismus, Klerikalismus, Militarismus – werden vom Jesuskind abgelehnt.
Stattdessen wendet sich Jesus an Tuberkulosekranke, Arbeiterfrauen, Kriegswitwen und politisch Verfolgte mit seiner frohen Botschaft: „Ich nehme eure Leiden, eure Hoffnungen, eure Schmerzen und bewahre sie im Schrein meines Herzens. Ich werde nur an euer Wohl denken, Genossen! Ja, ich bin und werde euer Gott sein!“
Das klingt nach Travestie, ist es auch: Viel zu sehr erinnert das Szenario Guareschis an heutige Interpretationen. Auszug aus dem Dialog zwischen Maria und Josef:
MARIA:
„Es ist nutzlos, Genosse Josef! Sie haben Ohren und hören nicht, Augen und sehen nicht … Es ist nutzlos, an die Türen der Reichen zu klopfen! In ihren warmen Häusern schmausen sie fröhlich mit seltenen Speisen und edlen Weinen und kümmern sich nicht um das leidende Volk!“
JOSEF:
„Du hast recht, Genossin. Aber ich habe den Glauben an die Menschen noch nicht verloren und glaube, dass sich doch eine Tür öffnen wird. Wenn die Reichen so boshaft sind, wird es doch wenigstens einen Armen in diesem Ort geben.“
MARIA:
„Ja, Genosse Josef, Arme gibt es überall: Arme und Sklaven. Aber sie stöhnen in Gefängnissen oder schlafen in schrecklichen Kellern und können unsere Stimme nicht hören.“
Die Kommunisten sind begeistert: Damit habe man die „Geburt Christi demokratisiert“. Sie führen ihre „Weihnachtsgeschichte“ zehn Minuten vor der eigentlichen Christmette auf, damit das Dorf die Vorstellung mitbekommt und mit Scheinwerfern und Schauspielern von der Kirche abgelenkt wird. Tatsächlich läuft das Programm gut an: Maria und Josef sagen ihren Dialog in der Straße auf, und beim zweiten Haus klagen sie über ihr Los.
Allerdings machen die beiden nicht die Rechnung mit dem alten Cibacca, dem Grundbesitzer am Dorfplatz. Der schlägt die Fensterläden auf und schreit: „Ihr habt Recht! Ihr habt Recht! In den Herrenhäusern sitzen nur Egoisten – aber nicht in allen. Im Haus Cibacca gibt es immer noch einen Becher Wein für jeden! Mariola! Francesco! Holt 50 Flaschen Albana-Wein aus dem Keller!“
Die Antwort von Maria und Josef ist klar: „Es lebe Cibacca!“ Und gehen – zum Terror der Kommunisten – durch die geöffnete Tür. Ein Schauspieler nach dem nächsten geht von der Stange – nach der Heiligen Familie die Könige, die Engel, die Hirten, der Tuberkulosekranke, die Kriegswitwe. Kurze Zeit später findet der perplexe Gisto die ausgelassene Festgesellschaft im Haus vor, wo das Jesuskind sein Gesicht in einer Torte vergräbt und die Madonna mit dem Kapitalismus tanzt.
Die kommunistische Indoktrination wird also im letzten Moment von der ländlichen Reaktion verhindert. Von ihr bräuchte man heute wohl mehr denn je, um die heutige Subversion zu beenden.

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Wenn man sich die heutige Polit-„Prominenz“ so anschaut, wie sie gockelhaft und eingebildet, selbstgerecht und besserwisserisch durch die Gegend laufen, hat man unwillkürlich den Eindruck, daß sich durchaus gottgleich wähnen und nur wir blödes Fußvolk haben ihre Erlesenheit nicht begriffen. Einbildung war eben schon immer die Bildung der Ungebildeten. Allein die Tatsache, daß sie sich mit ihren Gesetzen und Verordnungen über das durchaus vorhandene bessere Wissen der Mehrzahl der Bevölkerung erheben, beweist ihre Überzeugung, zu den Auserwählten zu gehören. Und damit eben gottgleich zu sein.