„Ist es tot, das Biest?“ oder Der politische Vernichtungskampf der Literaturkritik

Wie schön, zu erleben, dass Fantasie und Humor, Tanz und Wahnsinn und unerschrockener Oppositionsgeist in die Gegenwartsliteratur zurückgekehrt sind, und Tellkamps Roman trotz all der „schlechten Kritiken“ gleich in der ersten Woche von ganz weit außen auf Platz 3 der Spiegel-Bestsellerliste gesprungen ist.

Selten hat sich die deutschsprachige Literaturkritik so schamlos zu einer Jagdgemeinschaft zusammengeschlossen wie im Fall Tellkamp mit den Verrissen seines neuen Romans „Der Schlaf in den Uhren“. So freimütig, dass der Tagesspiegel ausrief: „Wird das Buch trotz schlechter Kritiken ein Bestseller?“ Übersetzt: Ist es tot, das Biest?

Zugegeben, es muss eine frustrierende Erfahrung gewesen sein, diesen wuchtigen Roman-Brocken, der da in unserem fantasiearmen Flachland steht wie der Monolith aus Kubriks „Odyssee im Weltraum“, nach „Stellen“ zu durchblättern und das unter Zeitdruck, schließlich will man der/die erste sein, der/die Meldung erstattet… und nichts findet, rein GARNICHTS auf 904 Seiten, nicht eine Stelle, an der man die Zielperson der Fremdenfeindlichkeit etc. überführen könnte, und also schließlich doch wieder zurück muss zu jenem einzigen Satz in der Diskussion mit Durs Grünbein, in dem er die vorwiegend wirtschaftlichen Interessen der Syrien-Flüchtlinge thematisiert hat.

Also, liebe Freunde der italienischen Oper, findet euch ab mit einem Meisterwerk, einer vielarmigen erzählerischen Krake, die die Leser nicht mehr loslassen wird in dieser Mischung aus Bildungsroman, Fantasy und Slapstik.

Bekannte Gesichter, gemischte Gefühle: Diesmal war es die frisch bestallte Feuilletonchefin der FAS, also noch unter Bewährungsdruck, die die Jagdgemeinschaft anführen und unbedingt den Kalauer loswerden wollte, dass sich nicht hinter jedem Gedankenstrich auch ein Gedanke verberge. Im „Spiegel“ signalisierte schon das Wörtchen „rechts“ im Vorspann, dass man diesen Roman als Machwerk eines Abweichlers mit der Zange direkt in die Tonne zu befördern habe. Die NZZ behauptet einfach, der Roman sei Ressentimentgeladen und schlecht geschrieben.

Ein Augenzeugenbericht
Tellkamp - Im Namen der Wahrheit
Und die „Zeit“? Da die hymnische Besprechung von Tellkamps Vorgänger-Roman „Der Turm“ nicht im Nachhinein als Fehler zurückgerufen werden konnte, musste eine Albernheit her – dieser Folgeroman nun gilt dem Rezensenten seit Tellkamps Sündenfall („Er beklagte einen Gesinnungskorridor. Er verteidigte Pegida“) als dermaßen vergiftet, dass er angeblich im „Turm“ und seiner Proustschen Verlangsamungs-Prosa, die das fin de siècle des DDR-Stalinismus so wunderbar herausarbeitete, herumlesen musste, um erneut Kraft zu sammeln für die Zumutung des vorliegenden Romans.

Allerdings hätte es dieses Manövers nicht bedurft, denn auch dem neuen Roman bescheinigt er „Könnerschaft“, und er zeigt sich, aufgemerkt NZZ, „überwältigt vom pochenden Rhythmus dieser Sprache und von ihren Bildwelten“; mit Recht bewirbt der Verlag Tellkamps Roman daher mit einem Satz aus dessen Rezension: „Dass Tellkamp ein fantastischer Stilist ist, ein Schriftsteller, der in wenigen Sätzen eine ganze Welt zum Leuchten bringen kann, zeigt sich auf den 900 Seiten…“ Wie furchtbar muss es aber sein, das ästhetisches Bilanz-Urteil mit politischen Erwägungen und neidischen Konkurrenten und Vorgesetzten abstimmen zu müssen, dass selbst der Verleger sich einschaltete, denn er fährt fort: „Nur, und das muss man tragisch nennen, werden diese funkelnden Erzählpassagen eingerahmt von der Karikatur einer Verschwörungstheorie, womit sie schonungslos entwertet werden.“

Aber verehrte Kollegen: Die Verschwörungstheorie ist doch der Witz an der Sache! Sie ist prächtig ausgebaut, unfassbar komisch, sie ist in den Stolln (sächsische Schreibweise) der Kohleninsel gehauen und in unsere Wachträume, sie hat Verbindungen zur „Sicherheit“, zu allen möglichen Behörden, und vor allem: sie erinnert an allergrößte und anerkannte postmoderne Vorgänger wie Thomas Pynchons Meilenstein „V.“ mit seinen vielfach verschlungenen Erzählsträngen und der paranoiden Suche nach eben jenem „V.“, die der Motor des Romans ist mit all seinen Episoden – wer könnte die des Priesters in der Kanalisation Manhattans, der zu blinden Albino-Krokodilen predigt, je aus dem Kopf kriegen!

Sie wird nun ersetzt von einigen aus Tellkamps Romanmonster mit seiner „Tausendundeinenacht“-Behörde, zum Beispiel der, in der eine ausgehungerte Armeeeinheit im Nachtfaltermuseum die größeren Exponate vertilgt.

Dieses Romanwunder beginnt mitten im Satz, im August 2015, der Schlüsselzeit der Erzählung, als ob gerade dort im Rauschen der Geschichte ein klarer Sender gefunden wurde, und es beginnt mit einer Verballhornung des Johannesevangeliums: “… Er ist das Wort, und das Wort ist bei Ihm, der alles sieht und hört, nichts bleibt ihm verborgen. Wie uns. Wir sind die Mitarbeiter des Systems…“. Ein wenig später wird der Erzähler vorgestellt: „Ich: Fabian Hoffmann, Jahrgang 1968, aus Dresden, Filmvorführer, Dissident, Angehöriger der Novalisklasse der Kohleninsel, Chronist. Der im Dezember 1989 zum ersten Mal den Decknamen »Nemo« auf einem Blatt Papier sah und noch in der Nacht seiner letzten Vorführung im Urania-Kino beschloß, »Nemo« zu folgen, auch wenn das bedeuten würde, in die Kohleninsel einzutreten.“

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Nemo übrigens ist ein Anagramm von „Meno“, dem Erzähler im Roman „Der Turm“ und hier vermutlich der Hauptverdächtige für einen vermutlichen Verrat, dem Fabian auf die Spur kommen will. Doch nichts ist sicher, hier gibt es (noch) keine Auflösungen. Unwiderstehlich, wie der Chronist Fabian rudert und Material über seine Zielobjekte sammelt in dieser Geheimabteilung unter Tage, wie er mit einer tropfenden Decke und absurden bürokratischen Zwängen zu kämpfen hat auf seiner Suche nach der schon metaphysischen „Aufgabe im Grunde“.

Ja, es tropft und nässt und rieselt hier im Stolln wie in Ridley Scotts „Blade Runner“, diesem merkwürdigen optischen Hybrid aus Industriezeitalter und Science Fiction. In unserem Fall: Fabian hantiert nicht mit Handys sondern mit Telefonen aus Bakelit und mit Wählscheiben; eines davon, gegen Ende, steht wie die Telefonzelle von „Dr. Who“, der längsten Science-Fiction-Serie der TV-Geschichte, in einer unterirdischen S-Bahn-Station und ist mit Reichsgroschen zu füttern.

Hier unten, auf der Kohleninsel, geht es um den Ursprung der „Meinungsmanipulation“, um das Erstellen von Narrativen, Tellkamp gräbt, er erzählt „tellurisch“, also in historischen und geologischen Schichten und Ablagerungen, wie Andreas Platthaus von der FAZ in seiner sehr klugen und rühmenden Kritik feststellt.

Allen Mitarbeitern der trevischen Nachrichtenagentur, die die Presseorgane des Landes speist, den Spiegel, der hier die „Wahrheit“ heißt und vom alten Brandstein geführt wurde, oder die Südtrevische Zeitung, die „SZ“, wird folgende Formel vorgelesen: „Nach unserer Auffassung hängt der Erfolg einer Demokratie von einer fundierten öffentlichen Meinung ab; die Zeitung soll … dazu beitragen, daß eine fundierte öffentliche Meinung geschaffen und erhalten werden kann.«

Selbstverständlich bestimmt die Kanzlerin, welche öffentliche Meinung „fundiert“ ist.

Noch mal zur reizvollen Verschwörungstheorie, dass nicht der Westen Deutschlands den Osten übernommen hat, sondern dass es umgekehrt war. Ab August 2015 mit dem verordneten Rausch der Willkommenskultur wurden für den Westen ungewohnte  Strukturen sichtbar, sie wurden im Osten schneller wiedererkannt, wie der Schulterschluss zwischen Regierung und Einheitspresse und Blockparteien und „Kulturschaffenden“ mit ihren Ergebenheitsadressen, mit Diffamierung und Ausspähung der einzigen Oppositionspartei durch den Inlandsgeheimdienst, dem Einprügeln auf Dissidenten und der Annullierung von Wahlen, weil das Ergebnis nicht gefällt, mit der verbreiteten Angst, die eigene Meinung zu sagen und vor allem dem Einschwören auf ein Endziel: dem Verschwinden der Nation in einem globalistischen Ungefähr, das wie ein blasser Widerhall der historisch ebenso verfehlten sozialistischen Internationale wirken könnte.

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Übrigens: die Kanzlerin, die hier Anne heißt und die das alles zu verantworten hatte, gehört für Tellkamp zur Turm-Familie – sie ist Richard Hoffmanns erste Ehefrau und Tante des Chronisten Fabian – und wird in den Verwirbelungen und Traumtänzereien der Wende als umsichtige und durchaus pragmatische Frau gezeichnet, was sie angeht entwirft Tellkamp alles andere als eine Dämonologie.

Wer den Roman zur Hand nimmt, um darin zu lesen, statt ihn – dem Comment gehorchend – abzuservieren, wird seine hellste Freude haben an dem Einfallsreichtum und dem oft überbordenden Humor. Etwa wenn ein Zwangsjacken-Maßschneider vorgestellt wird, der verständig über sein Handwerk spricht, zum Beispiel die Notwendigkeit eines unteren Haltegurts. Oder wenn die in unseren Tagen der politisch gewollten Sprachverhunzungen wundersame Lektorats-Arbeit am Wort vorgeführt wird, mit einem Spezialisten und Liebhaber der Vorsilben „un-“ und „ver-“. Natürlich gibt es auch einen Giftschrank mit den Werken von Ernst Jünger, gesichert „wie waffenfähiges Plutonium“.

Großartig die Rückblenden ins Chaos auf der Wiese vor der deutschen Botschaft in Prag 1989, auch auf all die Traumtänzer und linken Quasselstrippen des Dritten Weges, der Forum-Wirrwarr, die Westgrünen und die Ostbärte und die Frage, wer mit dem Kaffeekochen dran ist und der (vergebliche) Versuch der tränennassen Grünen Rotraut, „die Anne“ mal ganz doll in die Arme zu nehmen.

Es geht hinab in die Geschichte, ad fontes, da sind der Alte aus Rhöndorf und der dicke Wirtschaftswunderkanzler, dann die Stille in Wehners Büro mit Karl Wienand, seinem Mann für Schmutzarbeit: “Das Knarren des Wehnerschen Stuhls, des Fußbodens, auf dem sich die Gewichte verlagern. Wienand schwitzt. Er tupft sich die Stirn, den Hals mit einem Tuch ab. Wenn man so lange schweigt und angeschwiegen wird, steigen die tollsten Dinge aus den Geheimkammern…“.

Fabian arbeitet sich durch die Labyrinthe der deutschen Geschichte, unterbrochen von den Jingles der Wirtschaftswunderwerbung „Onko Kaffee Gold mit Glücksklee-Milch. Ein guter Start zu glücklicher Wiegenzeit – Penaten“. Ganz wunderbar, wie Augsteins Spruch „Sagen, was ist“ im Spiegel-Gebäude an der Ericus-Spitze (hier Siegesspitze) für die Nach-Relotius-Generation umformuliert wird; jetzt heißt es dort „Das Leben ist ein Roman. Wir schreiben ihn.“

Gesinnung ersetzt Literatur
Die Hoffnung auf die Rückkehr der Erzähler
Tellkamp lässt sich schließlich nicht den Spaß entgehen, nach der „Mutti“ ganz am Ende des Buches den „Vati“ nachzureichen, Honecker, den „Dachdecker“ und die stalinistischen Knochenbrecher unter der deutschen Michelmütze, den „General“ und den „Eisenbahner“ und die ganze erbärmlich spießige Wandlitz-Truppe, und wenn „Vati“ in seinem Hochsitzapartment darauf wartet, dass ihm der Jäger den als „Schaufler“ bezeichneten Damhirsch vorführt, kann es schon passieren, dass ihm das Gebiss herausfällt. Während „General“ sich der Bohnenzüchtung hingibt, der Buschbohne „Fadenloses Konservenwunder“ und der Stangenbohne „Hochgenuss“ bisweilen auch der Gurke „Torpedo“. Gruselige verwunschene Parallelwelten.

Zu erwähnen wäre noch, dass selbstverständlich alles frei erfunden ist und „alle Personen mit tatsächlich existierenden Menschen höchstens soviel gemein haben wie eine Skulptur mit dem Bildhauerton“, und alles in einem Stadt-Staat namens Treva spielt, einer Frühbezeichnung für Hamburg, das wiederum Ähnlichkeiten mit Dresden und Berlin aufweist.

Wie es sich gehört, wird ähnlich wie im „Herrn der Ringe“ eine Skizze dieses mythischen Ortes in den inneren Buchdeckel eingezeichnet und im Anhang ein Personenregister angelegt, das die Beziehungen der Familien, der Hoffmanns und der Rohdes, der Delamottes und der „Unsrigen“ aufzeichnet, sowie die absurden Organigramme der geheimnisvollen „Sicherheit“, was der Treva-Forschung durch die Leserschaft und ihren Dechiffrierungsarbeiten in Zukunft mächtig auf die Sprünge helfen wird.

Denn „Der Schlaf in den Uhren“ ist wie die Ringe-Trilogie auf drei Bände angelegt, dieser hier nennt sich Archipelagus 1, weitere Archipele werden folgen.

Wie schön, zu erleben, dass Fantasie und Humor, Tanz und Wahnsinn und unerschrockener Oppositionsgeist in die Gegenwartsliteratur zurückgekehrt sind, und dass sich die Befürchtungen des Tagesspiegel bewahrheitet haben – trotz all der „schlechten Kritiken“ ist Tellkamps Romansensation gleich in der ersten Woche von ganz weit außen auf Platz 3 der Spiegel-Bestsellerliste gesprungen.

Uwe Tellkamp, Der Schlaf in den Uhren. Archipelagus I. Roman. Suhrkamp, Hardcover mit Schutzumschlag, 904 Seiten, 32,00 €.


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Kommentare ( 26 )

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Wilhelm Roepke
1 Jahr her

Mir ist die Rezension zu hoch, ich bin ein schlichtes Gemüt. Aber ich freue mich über jeden Käufer, wenn ich mir sicher sein kann, dass es die linksgrüne Mehrheitsgesellschaft ärgert. Und das scheint so zu sein.

Jens Frisch
1 Jahr her

„„Nach unserer Auffassung hängt der Erfolg einer Demokratie von einer fundierten öffentlichen Meinung ab; die Zeitung soll … dazu beitragen, daß eine fundierte öffentliche Meinung geschaffen und erhalten werden kann.«“ Warum nur erinnert mich das an Edward Bernays „Propaganda“? „Die bewusste und zielgerichtete Manipulation der Verhaltenweisen und Einstellungen der Massen ist ein wesentlicher Bestandteil demokratischer Gesellschaften. Organisationen, die im Verborgenen arbeiten, lenken die gesellschaftlichen Abläufe. Sie sind die eigentlichen Regierungen in unserem Land. Wir werden von Personen regiert, deren Namen wir noch nie gehört haben. Sie beeinflussen unsere Meinungen, unseren Geschmack, unsere Gedanken. Doch das ist nicht überraschend, dieser Zustand… Mehr

RUEDI
1 Jahr her

Statt einer Leseempfehlung hier unbedingt das Literatur – Cafe im MDR-kultur mit Uwe Tellkamp und V. Baltzer komplett ANHÖREN. Nehmt euch Zeit dafür. – Er sagt was ist.
https://www.mdr.de/kultur/podcast/cafe/cafe-gespraech-uwe-tellkamp-100.html
Schön wäre ein Transskript dazu bei TE für alle die an einer offenen Diskussion interessiert sind. Ich stimme seinen Worten 100 % zu.

tomo
1 Jahr her

Ich habe es aufgegeben, nach 200 Seiten konnte ich den wirren und leider durch die Sprache schwer verständlichen Gedanken nicht mehr folgen. Über den Inhalt und die von Herrn Mattusek gelobte Kritik der „Sprachverhunzung“ kann ich leider nur bei der Schreibweise des Herrn Tellkamp erkennen.
In der aktuellen von Matussek zitierten Bestsellerliste ist das Buch um 10 Plätze abgerutscht. Jeder sollte es aber selbst versuchen und sich sein eigenes Urteil machen. (Hier verweigere ich auch gerne bewusst das gendergerechte „jede/r“.)

kasimir
1 Jahr her

Ich bin auch im Osten aufgewachsen, als Kind der 80er kann ich Ihren Kommentar nur bestätigen. Nie waren die Zeiten so unsicher wie heute: Meinungsäußerungen, die gestern als noch völlig normal angesehen wurden, können einen heute ins gesellschaftliche Abseits befördern.
In der DDR wußte ich, woran ich bin. Meine Freunde und ich haben Westfernsehen und RiaS konsumiert, in der Schule wurde aber nicht darüber geredet. Die westlichen Medien waren unser Korrektiv. Die Strukturen waren klar. Heute läuft man nur noch auf dünnem Eis, nur eine Frage der Zeit, bis man einbricht…

jorgos48
1 Jahr her
Antworten an  kasimir

Warum lassen wir uns diesen Woken Quatsch, diese Genderei gefallen. Die Abhängigen TV und Radio “Moderatoren” müssen es wohl um ihre Überirdischen Einkommen zu sichern. Im Prinzip sind die nicht besser als die Systemlinge im russischen Putin TV.

Monika Vogel
1 Jahr her

Und sollten wir noch einmal das Glück haben, dass wie 1989 die Wahrheit über einen Unrechtsstaat an`s Licht kommt, wird eine Persönlichkeit wie Tellkamp die ihm gebührende Ehre erhalten . Und all seine Kritiker, die ihn aus ideologischen Gründen oder aus Neid über seinen Mut geschmäht haben, werden in Schimpf und Schande dastehen. Bis dahin wird Uwe Tellkamp wissen, dass viele Menschen bereits heute hinter ihm stehen, weil sie ihn v e r s t e h e n.

kasimir
1 Jahr her
Antworten an  Monika Vogel

 Und all seine Kritiker, die ihn aus ideologischen Gründen oder aus Neid über seinen Mut geschmäht haben, werden in Schimpf und Schande dastehen.“
Das wäre wünschenswert, ich kann mir aber nicht vorstellen, daß es passieren wird. Die DDR wurde bis heute nicht so richtig aufgearbeitet, viele Ex-SED-Bonzen bekleiden bis heute gut dotierte Posten in Regierung (etwa im Berliner Senat) und Wirtschaft. Diesen Personen kann detailliert nachgewiesen werden, daß sie anderen Menschen geschadet bzw. deren Leben zerstört haben. Trotzdem passiert nichts…

Monika Vogel
1 Jahr her
Antworten an  kasimir

Sie haben Recht. Ich hatte an die Anfänge gedacht, als man das Gefühl hatte, da tut sich was mit der Aufarbeitung. Doch am Ende konnten die meisten weitermachen, als wäre nie etwas Furchtbares geschehen (Beispiel Linkspartei). Ich bewundere Bärbel. Bohley für ihre frühen Erkenntnisse dazu. Ein aufrechter Intellektueller wie U. Tellkamp hätte nie diesen Roman geschrieben, wenn ihn die gesellschaftlichen Zustände nicht dazu gedrängt hätten.

erwin16
1 Jahr her

Das Gespräch mit tellkamp ist wirklich sehr spannend!
Danke für die Hinweise!

Julius Schulze-Heggenbrecht
1 Jahr her

Eine wunderbare Rezension, Herr Matussek! Danke dafür!
All den verbissenen linksgrünen Ideologen indes, die sich für „Literaturkritiker“ halten, stelle ich ein Bonmot des geschätzten Michael Klonovsky entgegen:

Die Zugehörigkeit zum intellektuellen Pöbel manifestiert sich in keiner Eigenschaft deutlicher als in der Unfähigkeit, die literarische Qualität eines Textes zu würdigen, dessen inhaltliche Tendenz einem zuwider ist.“

Ananda
1 Jahr her

Schon diese Rezension über Tellkamps neuen Roman ist ein wahrer Hochgenuss. Als Teaser das Buch zu lesen einfach unwiederstehlich.
Das Buch scheint tatsächlich ein Monolith in der trostlosen Einöde der „verordneten“ Gleichschaltung, zu der unser Land verödet wird, zu sein.

voll wach
1 Jahr her

Vielen Dank Herr Matussek für die herzerfrischende, entlarvende Darstellung der ätzenden Presshyänen in den Mainstream Blättern. Tellkamp sei mit diesem Werk großen Erfolg beschieden, das Buch ist bereits geordert. Herr Matussek, ich zehre heute noch in Stunden großer Verzweiflung von Ihrer Wutrede bei Indubio Folge 193 „Lingua Coronae Imperii“. Bitte öfter und mehr davon!

kasimir
1 Jahr her
Antworten an  voll wach

Ja, Herr Matussek sollte mehr bei TE und auch AchGut schreiben. Immer wieder ein Genuß. Seine Texte kann man mehrmals lesen, sie sind nie langweilig und regen zum Denken an. Ich finde auch, er sollte mehr veröffentlichen, er hat sich in letzter Zeit ziemlich rar gemacht…