„Auch der Mensch hat eine Natur“

Der Auftritt des deutschen Papstes 2011 vor dem Deutschen Bundestag war einzigartig in der deutschen Geschichte. Die Rede Benedikts XVI. war ein ergreifendes Plädoyer für die Rückbesinnung auf die christlichen Grundlagen des Staates und das Naturrecht

Als im Juni letzten Jahres Benedikt XVI. Deutschland besuchte, lag es in der Natur des Anlasses, dass dies kaum öffentliche Beachtung fand. Er kam als emeritierter Papst, mehr Joseph Ratzinger als Benedikt, in seine bayrische Heimat nach Regensburg, vor allem um seinen moribunden Bruder zu besuchen.

Das war 2011 anders. Der Staatsbesuch des deutschen Papstes war nicht nur ein mediales Großereignis. Benedikt XVI. hielt am 22.  September 2011 vor dem Bundestag eine Rede, die in der Geschichte des deutschen Parlaments einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat.

Der Papst sprach, wie er eingangs sagte, „vor dem Parlament meines deutschen Vaterlandes“, aber er sprach zu den Abgeordneten nicht oder nicht nur als „Landsmann, der sich lebenslang seiner Herkunft verbunden weiß und die Geschicke der deutschen Heimat mit Anteilnahme verfolgt“, sondern „als Papst, als Bischof von Rom, der die oberste Verantwortung für die katholische Christenheit trägt“. Das Parlament anerkannte damit, wie Benedikt feststellte, „die Rolle, die dem Heiligen Stuhl als Partner innerhalb der Völker und Staatengemeinschaft zukommt. Von dieser meiner internationalen Verantwortung her möchte ich Ihnen einige Gedanken über die Grundlagen des freiheitlichen Rechtsstaats vorlegen.“

»Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes
als eine große Räuberbande.«
Augustinus

Natürlich werde ein Politiker den Erfolg suchen, der ihm überhaupt die Möglichkeit politischer Gestaltung eröffnet. „Aber der Erfolg ist dem Maßstab der Gerechtigkeit, dem Willen zum Recht und dem Verstehen für das Recht untergeordnet. Erfolg kann auch Verführung sein und kann so den Weg auftun für die Verfälschung des Rechts, für die Zerstörung der Gerechtigkeit. ‚Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande‘, hat der heilige Augustinus einmal gesagt. Wir Deutsche wissen es aus eigener Erfahrung, dass diese Worte nicht ein leeres Schreckgespenst sind. Wir haben erlebt, dass Macht von Recht getrennt wurde, dass Macht gegen Recht stand … Dem Recht zu dienen und der Herrschaft des Unrechts zu wehren ist und bleibt die grundlegende Aufgabe des Politikers.“

Auf dem geraden Weg
Eine katholische Familie unter der Naziherrschaft
Auch geltendes Recht könne Unrecht sein. Das sei für die Widerstandskämpfer gegen das Naziregime und gegen andere totalitäre Regime „unbestreitbar evident“ gewesen, so wie für den spätantiken Kirchenvater Origines klar gewesen sei, dass es vernünftig sei, „gottlose Gesetze“ der Skythen im Namen der Wahrheit nicht zu beachten.

Der frühere Professor der Theologie Joseph Ratzinger hält den Bundestagsabgeordneten nun eine Vorlesung über die christlich-naturrechtlichen Grundlagen unserer Rechtsordnung und ein flammendes Plädoyer für die Rückbesinnung auf diese.

„In der Geschichte sind Rechtsordnungen fast durchgehend religiös begründet worden: Vom Blick auf die Gottheit her wird entschieden, was unter Menschen rechtens ist. Im Gegensatz zu anderen großen Religionen hat das Christentum dem Staat und der Gesellschaft nie ein Offenbarungsrecht, eine Rechtsordnung aus Offenbarung vorgegeben. Es hat stattdessen auf Natur und Vernunft als die wahren Rechtsquellen verwiesen – auf den Zusammenklang von objektiver und subjektiver Vernunft, der freilich das Gegründetsein beider Sphären in der schöpferischen Vernunft Gottes voraussetzt.“

Und weiter: „Für die Entwicklung des Rechts und für die Entwicklung der Humanität war es entscheidend, dass sich die christlichen Theologen gegen das vom Götterglauben geforderte religiöse Recht auf die Seite der Philosophie gestellt, Vernunft und Natur in ihrem Zueinander als die für alle gültige Rechtsquelle anerkannt haben. Diesen Entscheid hatte schon Paulus im Brief an die Römer vollzogen, wenn er sagt: ‚Wenn Heiden, die das Gesetz (die Tora Israels) nicht haben, von Natur aus das tun, was im Gesetz gefordert ist, so sind sie … sich selbst Gesetz. Sie zeigen damit, dass ihnen die Forderung des Gesetzes ins Herz geschrieben ist; ihr Gewissen legt Zeugnis davon ab …‘ (Röm 2,14f).

Jahrhundertbiografie des deutschen Papstes
Peter Seewald: "Einen wie ihn wird es nicht mehr geben"
Hier erscheinen die beiden Grundbegriffe Natur und Gewissen, wobei Gewissen nichts anderes ist als das hörende Herz Salomons, als die der Sprache des Seins geöffnete Vernunft. […] Der Gedanke des Naturrechts gilt heute als eine katholische Sonderlehre, über die außerhalb des katholischen Raums zu diskutieren nicht lohnen würde, sodass man sich schon beinahe schämt, das Wort überhaupt zu erwähnen. […] Der Grund dafür ist das inzwischen fast allgemein angenommene positivistische Verständnis von Natur und Vernunft. […] Ein positivistischer Naturbegriff, der die Natur rein funktional versteht, so wie die Naturwissenschaft sie erklärt, kann keine Brücke zu Ethos und Recht herstellen, sondern wiederum nur funktionale Antworten hervorrufen. Das Gleiche gilt aber auch für die Vernunft in einem positivistischen, weithin als allein wissenschaftlich angesehenen Verständnis. Was nicht verifizierbar oder falsifizierbar ist, gehört danach nicht in den Bereich der Vernunft im strengen Sinn. Deshalb müssen Ethos und Religion dem Raum des Subjektiven zugewiesen werden und fallen aus dem Bereich der Vernunft im strengen Sinn des Wortes heraus.

Wo die alleinige Herrschaft der positivistischen Vernunft gilt – und das ist in unserem öffentlichen Bewusstsein weithin der Fall –, da sind die klassischen Erkenntnisquellen für Ethos und Recht außer Kraft gesetzt. Dies ist eine dramatische Situation, die alle angeht und über die eine öffentliche Diskussion notwendig ist, zu der dringend einzuladen eine wesentliche Absicht dieser Rede ist. […]

Wo die positivistische Vernunft sich allein als die genügende Kultur ansieht und alle anderen kulturellen Realitäten in den Status der Subkultur verbannt, da verkleinert sie den Menschen, ja sie bedroht seine Menschlichkeit. Ich sage das gerade im Hinblick auf Europa, in dem weite Kreise versuchen, nur den Positivismus als gemeinsame Kultur und als gemeinsame Grundlage für die Rechtsbildung anzuerkennen, alle übrigen Einsichten und Werte unserer Kultur in den Status einer Subkultur verwiesen und damit Europa gegenüber den anderen Kulturen der Welt in einen Status der Kulturlosigkeit gerückt und zugleich extremistische und radikale Strömungen herausgefordert werden.

Er ist (sich) immer treu geblieben
Vom virtuellen Konzil der Medien zum marxistischen Messianismus
Die sich exklusiv gebende positivistische Vernunft, die über das Funktionieren hinaus nichts wahrnehmen kann, gleicht den Betonbauten ohne Fenster, in denen wir uns Klima und Licht selber geben, beides nicht mehr aus der weiten Welt Gottes beziehen wollen. […] Ich würde sagen, dass das Auftreten der ökologischen Bewegung in der deutschen Politik seit den 70er-Jahren zwar wohl nicht Fenster aufgerissen hat, aber ein Schrei nach frischer Luft gewesen ist und bleibt, den man nicht überhören darf, und […] dass Materie nicht nur Material für unser Machen ist, sondern dass die Erde selbst ihre Würde in sich trägt und wir ihrer Weisung folgen müssen. […] Wenn in unserem Umgang mit der Wirklichkeit etwas nicht stimmt, dann müssen wir alle ernstlich über das Ganze nachdenken und sind alle auf die Frage nach den Grundlagen unserer Kultur überhaupt verwiesen. […]

Die Bedeutung der Ökologie ist inzwischen unbestritten. Wir müssen auf die Sprache der Natur hören und entsprechend antworten. Ich möchte aber nachdrücklich einen Punkt noch ansprechen, der nach wie vor meist ausgeklammert wird: Es gibt auch eine Ökologie des Menschen. Auch der Mensch hat eine Natur, die er achten muss und die er nicht beliebig manipulieren kann. Der Mensch ist nicht nur sich selbst machende Freiheit. Der Mensch macht sich nicht selbst. Er ist Geist und Wille, aber er ist auch Natur, und sein Wille ist dann recht, wenn er auf die Natur hört, sie achtet und sich annimmt als der, der er ist und der sich nicht selbst gemacht hat. Gerade so und nur so vollzieht sich wahre menschliche Freiheit.“


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Kommentare ( 30 )

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giesemann
3 Jahre her

Stimmt, denn der Mensch is‘ a Viech.

Wittgenstein
3 Jahre her

Lieber Herr Knauss,

vielen Dank für diesen Beitrag und Erinnerung an diese Rede!

H. Priess
3 Jahre her

In diesem Zusammenhang möchte ich auf Vera F. Birkenbihl und ihre Vorträge, auf Youtube zu sehen, hinweisen. Einmal Männer und Frauen und MännerFrauen in denen sie nachweist, wie Menschen manipuliert werden sogar wider ihrer Natur. Der Mensch hat eine innenwohnende Natur die man nicht ändern kann es sei denn mit großem Leid für die Betroffenen z.B. Kinder in ein anderes als ihr biologisches Geschlecht zu zwingen. Auch die in ihm geprägte Vernunft die man nicht unterdrücken kann. Vieles was uns heute als Freiheit verkauft wird, ist wider der Natur und wider der Vernunft(Genderismus). Die Ausnahmen, die von der Evolution hervorgebracht… Mehr

Kassandra
3 Jahre her
Antworten an  H. Priess

Karl Popper hat im Toleranzparadoxon Ihren letzten Absatz vertieft betrachtet: „Uneingeschränkte Toleranz führt mit Notwendigkeit zum Verschwinden der Toleranz. Denn wenn wir die uneingeschränkte Toleranz sogar auf die Intoleranten ausdehnen, wenn wir nicht bereit sind, eine tolerante Gesellschaftsordnung gegen die Angriffe der Intoleranz zu verteidigen, dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen.“
Wir scheinen mit der Masse schon lange da gelandet, wo es nicht mehr gut für uns werden kann.

F.Peter
3 Jahre her

Leider hat die Rede von Benedikt bei den Politikern wohl nichts weiter bewirkt, sonst hätten wir heute nicht die Zustände, die Augustinus schon beschrieben hat!
Ein Event für viele Politiker wie nach einem Theaterbesuch. Es wird danach 14 Tage darüber gesprochen, wo und was man anschließen gegessen hat, über das Thema auf der Bühne wird kaum mehr ein Wort verloren!

Johann P.
3 Jahre her

Wenn wir mehr Menschen mit der wissenschaftlichen und vor allem geistig-moralischen Bildung eines Joseph Ratzinger in verantwortlichen Positionen hätten, ginge es uns allen erheblich besser! Was dagegen unsere „staatliche Verantwortungsgemeinschaft“ so zu bieten hat, verschlägt einem nur noch die Sprache!

Joerg Woelfel
3 Jahre her

Benedikt benennt an anderer Stelle die Konsequenzen seiner Gedankenausführungen: „Die Diktatur des Relativismus.“ Aus dem Logos folgt kein Ethos, aus dem Sein kein Soll, aus der Falsifizierbarkeit kein positives Recht. Der heutige Zeitgeist folgt keinem von Gott auserwählten Führer, sondern erhebt jeden einzelnen Menschen zu einem Gott gleichen Wesen. Ich bin selbstbestimmt! Ich bestimme meinen Tod, mein Geschlecht, mein Pronomen. Das ganze wird pseudowissenschaftlich begründet. Ja, pseudo! Da Wissenschaft rein logisch niemals einen Ethos begründen kann. Denn der Wissenschaft fehlt schlicht das Vokabular von Gut und Böse. Es muss immer von außen, gesellschaftlich definiert werde. Nun dürfen sich Areligiöse die… Mehr

Wilhelm Roepke
3 Jahre her

Ich fühle mich nach zweimaligem Lesen nicht in der Lage, einen Kommentar abzuliefern, der dem Niveau der Rede angemessen wäre. Mein Vorschlag ist, dass jeder, dem es genauso geht, es ähnlich hält. Das schadet Tichys Einblick bestimmt nicht, eher im Gegenteil…

moorwald
3 Jahre her

Es ist der alte, unaufhebbare Gegensatz von Recht und Gerechtigkeit, der hier zum Ausdruck kommt. Soll das Recht „gerecht“ sein? Aber was ist Gerechtigkleit? Das Recht soll auf etwas Absolutes gegründet werden. Dies ist die Moral. Aber daraus lassen sich keine Rechtssätze gewinnen. Man kommt dann zu so Sätzen wie „Tu das Gute, meide das Böse“… oder zum inhaltsleeren Kategorischen Imperativ. Seit Jahrtausenden bemühen sich Philosophen, eine universell gültige Sittenlehre zu finden. Es ist der Gegensatz zwischen normativer Ethik und empirischer Moral. Man muß zuerst von den wirklichen Menschen abstrahieren und ein transzendentes Ich konstruieren. Dann klappt es mit der… Mehr

Last edited 3 Jahre her by moorwald
giesemann
3 Jahre her

Ein Mann, ein Mensch, der/die/das sich von anderen alimentieren lässt, der hat gut reden. Der älteste Beruf der Welt eben. Selbst wenn ich Katholik wäre, so wollte ich solchen Leuten nicht „die Verantwortung“, gar noch die „oberste“ überlassen. Schon gar nicht, wenn es mich persönlich betrifft, wo kämen wir denn da hin? Der weiß doch nichts, erzählt sonst was – natürlich stets pro domo. Mir hat mal ein katholischer Priester gesagt – nachdem ihm klar geworden war, dass mit mir nix zu machen ist: „Das Einzige, was mich interessiert ist, dass es meinem Laden (sic!) gut geht“. Ich habe ihn… Mehr

moorwald
3 Jahre her

Man muß aus der ganzen Predigt (denn eine solche ist es) die spezifisch katholische Weltsicht und Lehre herausfiltern. Wie immer geht es um die Deutungshoheit und die Etablierung einer Moral. „Gewissen als die der Sprache des Seins geöffnete Vernunft“ – das ist ja schon beinahe Heidegger. „Vernunft und Natur als Rechtsquelle“… aber Recht wird nicht gefunden, sondern gesetzt. Nach dem Kriege und dem Naziregime erlebte die Naturrechtstheorie verständlicherweise eine Blüte. Das Recht sollte ein für allemal gegen Mißbrauch immunisiert werden. Im Dritten Reich waren nicht „Macht und Recht getrennt“, wie der Papst meint, sondern die Macht bediente sich des Rechts… Mehr

Everhard
3 Jahre her
Antworten an  moorwald

„Daß nämlich die Stärke und der Siegeszug der Naturwissenschaft gerade darauf beruhen, daß sie sich strikt auf ihre Sphäre beschränkt.“
Fast wörtlich schreibt Ratzinger das bereits in „Einführung ins Christentum“ im Jahre 1967.
Er weiß sehr genau, was er sagt.

moorwald
3 Jahre her
Antworten an  Everhard

Das mag schon sein. Wobei ein Theologe niemals frei in seiner Beurteilung sein kann. Es geht immer um die Verteidigung des Glaubens. Der Gläubige hat bereits eine Grundsatzentscheidung getroffen. Meistens bleiben Zweifel nicht aus. Dann beruft man sich auf innere Erlebnisse, Autoritäten oder man verfolgt Ungläubige. Für einen Gläubigen kann es immer nur Bestätigung des eigenen Glaubens geben oder irrende Abweichung. Da nützen auch alle noch so verklausulierten Ausflüge in andere Gebiete nichts. Das soll alles nur Objektivität vortäuschen. Theologische Rede ist – wie politische – immer auf Beeinflussung, Überredung, Überzeugung aus. Ihre Aussagen sind grundsätzlich nicht empirisch überprüfbar, genügen… Mehr

F.Peter
3 Jahre her
Antworten an  moorwald

Der große Fehler in der Geschichte von Aufklärung und damit verbunden war die Trennung der Geistes- von den Naturwissenschaften. Sie postulieren eine Rechtsetzung aus dem Verstand heraus. Aber was ist denn der Verstand anderes, als eingeübte Praxis aus Erleben und Denken? Nichts anderes sagt der Pabst in dieser Rede, als dass die Menschen gelernt hatten, aus ihrem Erleben im Umgang mit der Natur zu einer Vernunft gelangten, die Respekt allem zeitigte und Grundlage für die Rechtsetzung gewesen ist. Heute wird mit Moral und Vernunft argumentiert wo es um Ideologie und Machtanspruch geht, also ganz andere Wurzeln der Rechtsetzung. Und diese,… Mehr

moorwald
3 Jahre her
Antworten an  F.Peter

Naturwissenschaften haben mit Rechtssetzung nichts im Sinn. Recht ist kein natürliches, sondern ein gesellschaftliches Phänomen.
Recht setzt Normen. Die Verletzung dieser Normen (Unrecht) hat Sanktionen zur Folge.
Was in der Naturwissenschaft die Kausalität, ist in der Rechtsprechung die Zurechnung.
Mord ist nicht die Ursache lebenslangen Freiheitsentzuges, sondern dieser folgt aus der Verknüpfung eines Tatbestandes mit einer Norm.
Diese findet im richterlichen Urteil ihre Konkretisierung (Anwendung).
Aus allgemeinem Recht wird individuelles.

moorwald
3 Jahre her
Antworten an  moorwald

Man sollte die „Natur“ beiseitelassen. Vermutlich entsteht Recht so, daß Gewohnheiten und Sitten schließlich in Gesetzesform fixiert werden.
Erst der Staat konnte – über eine Verfassung als erste Norm – wirklich allgemeingültige Gesetze erlassen. Wozu natürlich das Gewaltmonopol gehört.
Ich kann Ihnen aber zustimmen (falls Sie es so meinen), daß Gesetze zumindest zum großen Teil der Zustimmung der Rechtsunterworfenen bedürfen.

F.Peter
3 Jahre her
Antworten an  moorwald

Recht war nicht immer ein gesellschaftliches Phänomen. Die frühen Völker befolgten ein sogenanntes „Naturrecht“, das schriftlich nicht fixiert war, das jedoch jeder der Gemeinschaft kannte. Natürlich setzt Recht Normen, dazu ist es da, weil ein gesellschaftliches Zusammenleben ohne allgemeingültiges Recht schlicht nicht funktioniert sondern in Anarchie ausartet. Wir hatten vor Jahren schon mal die Diskussion, ob alles, was machbar ist auch gemacht werden sollte. Hier wäre der Ansatz für die Naturwissenschaften, das Humane mit im Blick zu haben. Allerdings scheint das immer weiter negiert zu werden und gipfelt derzeit in den Phantasmen eines Herrn Schwab und seinen Gesinnungsgenossen, den transhumanen… Mehr

moorwald
3 Jahre her
Antworten an  F.Peter

Es war aber kein „Naturrecht“ im heutigen Sinne. Im wesentlichen war es das Recht des Stärkeren. Trotzdem muß nicht Willkür geherrscht haben. Sitten und Bräuche gaben den stabilen Rahmen ab.
Keine Gesellschaft kann auf die Dauer ohne eine Ordnung bestehen.
In Deutschland erleben wir mit dem Clan-Wesen die Rückkehr zu dieser frühen Form des Rechts. Es gilt streng innerhalb der Gruppe. Wer nicht dazugehört oder sich keine mächtigen Beschützer sucht, wird rechtlos.