Bei Illner: Bärbel Bas sieht sich in der Opferrolle

Bärbel Bas fühlt sich von den Arbeitgebern schlecht behandelt – und spielt die Frauenkarte aus. Die SPD-Ministerin wird von Illner in die Mangel genommen. Und schafft die wackelnde Koalition die Kanzlermehrheit bei der Rentenpaket-Abstimmung? Ausgerechnet eine Grüne tritt als Stimme der ökonomischen Vernunft auf. Das dürfte eine TV-Rarität sein. Von Fabian Kramer

Screenprint: ZDF / Maybrit Illner

Die deutsche Wirtschaft erlebt gerade turbulente Zeiten. Viele Herzblut-Unternehmer kämpfen in schwierigen Zeiten der Stagnation mit aller Kraft um ihre Existenz und die wirtschaftliche Existenz ihrer Beschäftigten. Schuld an der bedrohlichen Misere der gebeutelten Macher dieses Landes haben zuvorderst unfähige Politiker. Da passt es eigentlich gar nicht zur Lage, dass die amtierende Arbeitsministerin Bärbel Bas nach einem missglückten Auftritt vor deutschen Wirtschaftskapitänen die beleidigte Leberwurst spielt und diesen den Krieg erklärt. Doch Ministerin Bas ist tief gekränkt und fühlt sich in ihrer Ehre verletzt, weil sie ein paar Lacher ertragen musste, nachdem sie offensichtlichen Unfug erzählte. Die Ministerin stellt sich an diesem Donnerstagabend den Fragen bei Maybrit Illner.

Zu einer erneuten Kampfansage kommt es nicht mehr, aber es gibt von ihr auch keine Entschuldigung in Richtung Arbeitgeber. Vielmehr sieht sich die SPD-Chefin im Recht. Bas spielt die Frauenkarte aus und sieht sich als unglückliches Opfer böser neoliberaler Chauvinisten. Eine Stärke der Sendung ist, dass Moderatorin Illner mit Bas im Einzelgespräch diskutiert. Illner liegt es weitaus mehr, sich mit nur einem Gegenüber auseinandersetzen zu müssen. Bei mehreren Gesprächspartnern verliert die ZDF-Frau gerne mal den roten Faden oder versäumt es nachzufassen. Die SPD-Frontfrau wird von Illner jedoch ordentlich in die Mangel genommen, was unterhaltsam ist. Für die Zukunft sollte die Redaktion darüber nachdenken, die Runde zu verkleinern und mit weniger Gästen intensiver zu debattieren.

Zwischen Bas und den Arbeitgebern herrscht dicke Luft

Ältere Parteipolitiker gehen mitunter gerne zu Versammlungen ihrer Jugendorganisationen. Viele nutzen ihre Reden dazu, um mal Dampf abzulassen und mit offenem Visier zu sprechen. Leider neigen Spitzenpolitiker in offenherzigen Reden dazu, sich gehörig in die Nesseln zu setzen. Auch SPD-Genossin Nummer Eins, Bärbel Bas, legte sich mit ihrer Rede bei den Jusos in Mannheim am vergangenen Wochenende ein Ei ins Nest. Sie erklärte den Arbeitgebern kurzerhand den Krieg. „Bei mir hat sich etwas entladen“, erklärt Bas ihre feurige Rede.

Majestätsbeleidigung
Debatte: Ist das Lachen verboten, selbst wenn eine Ministerin Lächerliches sagt?
Offensichtlich hat die Duisburgerin ein dünnes Fell und die Lacher der Arbeitgeber persönlich genommen. Zu einer erneuten Kriegserklärung von Seiten der SPD-Chefin kommt es bei Illner nicht. „Ich kämpfe nicht gegen Arbeitgeber“, rudert Bas zurück. Anscheinend haben findige PR-Berater aus dem Willy-Brandt-Haus ihrer Chefin gesteckt, dass die Rede in der Öffentlichkeit nicht ganz so gut angekommen ist. Von einer Entschuldigung für den verbalen Fehltritt will Bas aber gar nichts wissen.

Stattdessen mokiert sie sich lieber über die Arbeitgeber. „Ich musste mir im Vorfeld vieles gefallen lassen“, kritisiert sie. In der Tat ist Bas in Kreisen der Arbeitgeber nicht unbedingt als reformwillige Macherin aufgefallen. Diesen Umstand haben die Arbeitgeber auch öffentlich artikuliert, sehr zum Missfallen der Bundesministerin. „Ich wurde als Frau, die sich nicht rührt, bezeichnet”, beklagt Bas. Aus ihrer Sicht ist die Kritik an ihrer Person auch mit ihrem Geschlecht verbunden. Die anderen Minister seien nicht ausgelacht worden, nur die einzige Frau, meint Bas mit gekränkter Miene. Viele Politikerinnen neigen dazu, sachliche Kritik als Frauenfeindlichkeit zu interpretieren. Auch Annalena Baerbock wollte sich selten mit Kritik auseinandersetzen und bezichtigte stattdessen ihre Kritiker des Chauvinismus.

Dabei ist die Sache ganz einfach. Wenn eine Bundesarbeitsministerin vor Wirtschaftsbossen behauptet, dass das Rentenpaket niemand belasten würde, weil es aus Steuern und somit vom Staat finanziert wird, dann ist Gelächter vorprogrammiert. „Es wollte missverstanden werden“, spekuliert Bas. Allerdings stellt sich die Frage, was man an dieser Aussage missverstehen könnte. Der Satz von Bas ist eine inhaltliche Frechheit und diese haben die Arbeitgeber auch als solche wahrgenommen.

Schafft die Koalition die Kanzlermehrheit?

Der taumelnde Kanzler hat Glück im Unglück. Das strittige Rentenpaket der Koalition braucht bei der Abstimmung im Bundestag nun doch keine Kanzlermehrheit. Genossin Heidi Reichinnek und ihre Linksaußen-Fraktion werden sich enthalten. Trotzdem wäre alles andere als eine Kanzlermehrheit für Friedrich Merz ein Schlag ins Gesicht. CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann hingegen gibt sich vor der kommenden Abstimmung betont gelassen. Die Kritiker werden davor noch zwischenmenschlich bearbeitet. „Man ist im Gespräch“, meint er zu den Verhören der Abweichler.

Hilfe der Linken bei Rente
Heidi Reichinnek rettet die Kanzlerschaft von Friedrich Merz
Jens Spahn und Alexander Hoffmann haben die ganze Woche lang die Renten-Rebellen mit dem politischen Folterwerkzeugkasten bearbeitet. Ob die persönlichen Gespräche mit den zweifelnden Abgeordneten gefruchtet haben, ist noch nicht klar. „Als Volkspartei deckt man die ganze Breite ab“, sagt Hoffmann zu der lauten Kritik am Rentenpaket. Ansonsten sei die Stimmung gar nicht so angespannt wie medial kolportiert, erklärt der Franke. Journalistin Kerstin Münstermann sieht die Sache anders. „Man wird zwar die Abstimmung gewinnen, aber die Stimmung ist getrübt“, weiß die Reporterin. „Der Streit bleibt hängen“, mutmaßt Münstermann.

Für den erstaunlichsten Moment des Abends sorgt die Grünen-Chefin Franziska Brantner. Ausgerechnet die oberste Grüne agitiert mit Inbrunst gegen mehr soziale Ausgaben der Regierung. „Es ist nicht erklärbar, erst hohe Summen auszugeben und dann erst mit den Reformen zu beginnen“, bemängelt Brantner. „Ich finde es unverantwortlich, jetzt mit Ja zu stimmen“, bekräftigt sie ihre ablehnende Haltung. Insgesamt sieht die Grüne die Bundesregierung ökonomisch nicht gut aufgestellt. Brantner kritisiert: „Jeder zweite Euro wird verprasst.“

Bei der Union müssten jetzt eigentlich alle Alarmglocken läuten. Wenn selbst die Grünen die Pläne als unseriös bezeichnen, dann hat die Union den richtigen Kurs verlassen. Brantner fasst das Rentenpaket auf Nachfrage von Illner so zusammen: „Es macht alles keinen Sinn.“ Alles in allem ist der Talk eine informative und unterhaltsame Veranstaltung. Eine Grüne als Stimme der ökonomischen Vernunft dürfte eine TV-Rarität sein.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 87 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

87 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
November Man
8 Stunden her

Bärbel Bas ist ein Opfer ihrer eigenen, nennen wir es mal freundlich, Unwissenheit. Wer so unwissend und unqualifiziert daherredet, braucht sich nicht zu wundern wenn die Leute über einen Lachen. Und sie braucht erst gar nicht versuchen die Schuld für ihr eigenes Unvermögen auf Andere zu schieben. Die SPD hat nach wie vor keine geeigneten Leute, die auch nur im geringsten für ein Ministeramt tauglich wären. Nicht Einen. Fast nur rote Links-Faschisten, Kommunisten, Linksextremisten und jede Menge Antifaler wohin man bei der SPD schaut.

H. Priess
9 Stunden her

Natürlich ist sie ein Opfer, ein Opfer der eigenen Dämlichkeit!!

Capfinistere
13 Stunden her

Irgendwie sieht sie da mit ihrer Jacke und Hose Merkel ähnlich. Hat Madame Trampolin Hops alle Gelder für Stylisten aufgebraucht?

Marco Mahlmann
14 Stunden her

Aus der Innensicht hat Bas durchaus recht; sie weiß nicht, daß sie Unsinn redet, und interpretiert das Gelächter somit nicht als Kritik an ihren Worten, sondern wähnt es als persönliche Schmähung. Die Frage ist, warum im Arbeitsministerium oder sonstwo niemand ist, der Bas aufklären könnte.

verblichene Rose
12 Stunden her
Antworten an  Marco Mahlmann

Die Frage ist, ob sie früher kein Taschengeld bekommen hat. Dann wüsste sie, daß das irgendwann mal „alle“ ist.
Aber Sozen und das Geld (der Anderen) verhalten sich nunmal wie Wasser zu Feuer.

Kassandra
12 Stunden her
Antworten an  Marco Mahlmann

Noch anders:
wieso wird jemand, der sich nicht selbst reflektieren gelernt hat, Minister? Oder gar Kanzler?
Aber wenn man betrachtet, scheint die gesamte spd so aufgestellt zu sein – wahrscheinlich auf die union mitsamt den anderen Brandmaurern.

Holger Wegner
10 Stunden her
Antworten an  Marco Mahlmann

Und sie beweist damit, dass sie es bis heute nicht verstanden hat. Wie Habeck seinerzeit.

PaulKehl
14 Stunden her

Das Gelächter der pösen Kapitalisten war nicht frauenfeindlich. Es zeigt.daß sie zumindest der Ruhrgebietstante noch zugehört haben. Im Gegensatz zu Klingaxt, wo es keine Reaktion gab. Da haben sie alle gepennt, oder auf dem Mobil rumgedaddelt. Also Frau Bas: Kopf hoch. In jeder Krise steckt ein neuer Anfang.

LiKoDe
15 Stunden her

Fr. Bas stammt aus der ‚Arbeiterschaft‘ [Vater Bus-/LKW-Fahrer, Mutter Hausfrau (mit 6 Kindern)]. Sie hat kein Abitur und kam über Aus- und Fortbildung sowie Berufstätigkeit [Bürogehilfin, Sozialversicherungsfachangestellte, Krankenkassenbetriebswirtin (Fachschule), Personalmanagement-Ökonomin (VWA)] im Berufsleben bis zur Leitung des Personalservices einer kleinen Krankenkasse. Damit fehlt ihr der ‚Stallgeruch‘ von Universitäts-Akademikern, Führungskräften und Unternehmern/Eigentümern. Das genau liess man sie spüren: Du gehörst nicht dazu. Wer aus der Arbeiterschaft stammt, weiss so etwas. Aufgrund ihrer kaufmännischen Ausbildungen/Fortbildungen müsste sie natürlich wissen, dass Steuern von Bürgern und Unternehmen erwirtschaftet werden. Steuern sollten von staatlichen Institutionen [Bundesregierungen/Länderregierungen, Behörden], die nicht der Staat sind, sorgfältig ausgegeben werden.… Mehr

verblichene Rose
12 Stunden her
Antworten an  LiKoDe

…So gesehen hat sie eine ‚Feuerprobe‘ nicht bestanden…
Die ganze SPD hat zuletzt die „Feuerprobe“ nicht bestanden. Da können Sie schlussendlich jeden dieser Möchtegerne zitieren!
Egal, wer nämlich am Ende des Tages zahlen soll, es darf keinen Bürger überfordern, nur weil ausgerechnet (!) die SPD auf Prinzipen herum reitet, die so überhaupt nicht mit einer Arbeiterpartei in Zusammenhang zu bringen wären!


Kassandra
12 Stunden her
Antworten an  LiKoDe

Wenn Sie im ersten Ansatz nicht schaffte auszudrücken, was sie sagen wollte, standen ihr doch weitere zur Verfügung – denn sie stand am Mikrophon.
Weshalb hat sie das dann nicht einfach getan – und diesen Sturm im Wasserglas stattdessen ausgelöst?
Dumm ist sie nicht, keine Frage –
aber „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“ – sagte schon Wittgenstein.
Klöckner wie Maas gingen ihr mit solchen Ansichten allerdings lange voraus!

Reinhard Schroeter
12 Stunden her
Antworten an  LiKoDe

Wer so ein dummes Zeug sagt , wie „ kommt aus Steuermitteln „ kostet also nichts , gehört ausgelacht und zwar so laut, dass es durch ganz Buntschland hallt.
Wer keine Ahnung hat, sollte die Klappe halten, ganz egal aus welchem sozialen Umfeld er oder sie stammt.

Haba Orwell
15 Stunden her

Könnte sich der Herr auf dem Foto in der Opferrolle sehen? Im Bösen Medium lese ich: „ „Lieber Merz, Sie sind nicht einmal im Spiel“ – Deutsche Medien empört über X-Beitrag von Dmitrijew“ > „… Der leitende russische Unterhändler Kirill Dmitrijew kommentierte auf X die vermeintliche Mitschrift einer „vertraulichen Telefonkonferenz mit Merz und Macron“, präsentiert vom Spiegel. Dmitrijew würde nun „spotten“, so das Magazin. Die Bild-Zeitung erkennt eine anmaßende „Verbal-Attacke“ des „Putin-Schergen“. …“ Im „Spiegel“: > „… Und die Redaktion des Blattes echauffiert sich weiter: … „Zwei Sätze voller Spott und Verachtung. Der Chefunterhändler von Russlands Machthaber Wladimir Putin hält… Mehr

Last edited 15 Stunden her by Haba Orwell
Haba Orwell
13 Stunden her
Antworten an  Haba Orwell

Jetzt werden sich die USA die EUdSSR vorknüpfen: „120 Millionen EU-Strafe für X

> „… Die EU hat über die Musk-Plattform X eine 120 Millionen Euro Strafe verhängt. Es ist die erste Strafe dieser Art und eine klare Provokation gegen die Trump-Administration, die vor diesem Schritt gewarnt hat. …“

Jetzt müssen Trump und Vance zurückschlagen. Passt das erwartbare Ergebnis zu Dmitrijews Thesen?

Blauracke
15 Stunden her

Wär’s für diese 🫸Nullnummer und vor allem UNS nicht besser, sie bekäme einen Job in der BT- Küche? Topfdeckel öffnen und Eier abschrecken?

Endlich Frei
15 Stunden her

Bärbel Bas ist in der erlauchten Unternehmerrunde recht hurtig an die Grenzen ihrer Kompetenz geraten und fühlt sich nun in ihrer Eitelkeit gepackt, nachdem ihr das deutlich gemacht wurde. Und so klappert sie Talkshow um Talkshow ab, um hier – ohne erneut entlarvt zu werden (meint sie jedenfalls) – ungestört nachtreten zu dürfen. Das ist nun mal so bei Politikern der C- und D-Kategorie. Das die Dame zudem eine niedrige Frustrationsgrenze besitzt, hört man ja – wenn sie zu sprechen beginnt – bereits im ersten Satz. Eine völlig überforderte Gewerkschafts- und Antifa-Soze halt. Außer Verteilen kennt die Dame nichts –… Mehr

Last edited 15 Stunden her by Endlich Frei
yeager
15 Stunden her

Es ist wenig erstaunlich, dass selbst eine Grüne mal eher was merkt als die CDU. Letztere will ja schon seit Jahren grüner als die Grünen und Linker als die Linken sein. Das eigentliche Problem ist, dass die CDU Wähler nichts merken.