Bei Illner: Wird der Wehrdienst zum Roulette?

Die schwarz-rote Koalition streitet über den Wehrdienst. Drohnensichtungen verunsichern die Politik. Gerade bei Fragen um Krieg und Frieden sowie die nationale Sicherheit erwartet die Gesellschaft eine tragfähige und durchdachte Lösung. Doch die Bundesregierung enttäuscht auch hier auf ganzer Linie. Das zeigt dieser Talk.

Screenprint: ZDF / Maybrit Illner

Als es in Deutschland noch eine aktive Wehrpflicht gab, hieß der Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg, der Papst war Bayer und deutscher Meister wurde der BVB. Im Jahr 2011 wurde die Wehrpflicht im Deutschen Bundestag ausgesetzt. Aktuell plant die Politik, sie wieder zu aktivieren, zumindest etwas in diese Richtung. Die Debatte in den letzten Tagen hat dem wichtigen Ansinnen der Politik, Deutschland wieder verteidigungsfähig zu machen, sicherlich nicht geholfen. Die wackelnde Koalition hatte sich in groben Zügen auf einen zunächst freiwilligen Wehrdienst geeinigt, der um eine Art Roulette-Faktor ergänzt werden sollte, falls sich der Ansturm junger Wehrdienstleistender in Grenzen halten sollte. Doch Verteidigungsminister Boris Pistorius legte sein Veto ein und es kam keine Einigung zustande.

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Wieder einmal zeigt die Koalition, dass sie es nicht vermag, geräuscharm und geeint zu regieren. Gerade in einer solch sensiblen Frage wie der von Krieg und Frieden erwartet die Gesellschaft und vor allem die Betroffenen, dass es eine tragfähige und durchdachte Lösung gibt. Allerdings enttäuscht die Bundesregierung auf ganzer Linie. Sie ist vor allem mit sich selbst beschäftigt und damit, wie sie es noch bis zum nächsten regulären Wahltermin schafft.

Auch bei Maybrit Illner steht an diesem Donnerstag alles im Zeichen der Wehrdienst-Debatte. Es ist eine der interessanteren Talkrunden. Ist das Thema Wehrdienst doch sehr brisant. Geladener Gast ist unter anderem Bundesinnenminister Alexander Dobrindt von der CSU. Dieser äußert sich in der Sendung zuversichtlich, dass es zu einer Einigung kommt. Großen Streit und Zoff gibt es in der Runde kaum. Vielmehr sind alle Gäste in Sorge über die Sicherheit der Bundesrepublik.

Dobrindt glaubt an schnelle Einigung

Die friedlichen Zeiten scheinen für die Politik der Vergangenheit anzugehören. Denn zurzeit beschäftigen sich Regierung und Parlament mit dem Wehrdienst. Innerhalb der Koalition gibt es über die Ausgestaltung noch keine finale Einigung. Innenminister Alexander Dobrindt meint zum Streit: „Wir haben eine breite und öffentliche Debatte über den Wehrdienst.“ Obwohl Verteidigungsminister Boris Pistorius eine Einigung in letzter Sekunde blockierte, glaubt Dobrindt an einen positiven Ausgang. „Alle haben ein Interesse an einem Kompromiss“, sagt der CSU-Politiker.

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Die grüne Innenpolitikerin Irene Mihalic kritisiert im Zusammenhang mit dem Wehrdienst den Bundeskanzler. „Friedrich Merz hat gezeigt, dass er ein führungsschwacher Kanzler ist“, beklagt sie. In der Tat ist bemerkenswert, dass Merz sich in die Debatte über einen Wehrdienst nicht wirklich eingemischt hat. Sein passives Verhalten erinnert stark an sein früheres ignorantes Verhalten gegenüber der Personalie Frauke Brosius-Gersdorf. Bei heiklen Fragen ist Merz entweder nicht klar, dass sie heikel sind – oder er geht bewusst auf Tauchstation.

Der Investigativjournalist Holger Stark von der Zeit kritisiert die Regierung für ihr fahriges Handeln. „Es wirkt, als würden sie noch üben“, spottet Stark. „Die Koalition hat ein Problem mit der Kommunikation“, bemängelt der Journalist. Da gelungene Kommunikation viel mit Glaubwürdigkeit zu tun hat, ist die Kritik berechtigt. Mit Friedrich Merz regiert ein Kanzler, der vermeintlich klare Ansagen macht, nur, um diese nach kurzer Zeit zu revidieren und das Gegenteil davon zu machen. Das Kommunikationsproblem der Regierung sitzt im Kanzleramt.

Für die Bundeswehr ist die fehlende Einigung in der Bundesregierung ein ernsthaftes Problem. Der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes André Wüstner mahnt zur Eile. „Schnelle Personalgewinnung ist wichtig für die Bundeswehr“, erklärt er. Befürchtungen, dass der Wehrdienst an der Front geleistet werden muss, möchte Wüstner zerstreuen. „Wehrdienstleistende werden nicht in Missionen geschickt“, stellt er klar. Aber wie kommt die Bundeswehr überhaupt zu Wehrdienstleistenden?

Innenminister Dobrindt hat Zweifel, dass reine Freiwilligkeit nicht ausreichen könnte. Er fordert: „Wir müssen ein Modell entwickeln für den Fall, dass die Freiwilligkeit nicht ausreicht.“ Grünen-Politikerin Irene Mihalic ist gegen ein solches Modell. Finanzielle Anreize und eine positive Darstellung würden ausreichen, meint die Bundestagsabgeordnete. Diese Einstellung dürften viele SPD-Abgeordnete teilen. Die Union dürfte es schwer haben, mit ihrer Idee eines verpflichtenden Losverfahrens für junge Männer.

Drohnenalarm in Deutschland

Militärische Technik verändert sich rasant. Feindliche Mächte können heutzutage viel dezentraler und unberechenbarer ihre Gegner attackieren. Kleinere und kostengünstigere Waffen kommen zum Einsatz. Ein Beispiel für solch eine Waffe ist die Drohne. Immer wieder sorgen Drohnensichtungen für Aufregung und die Politik findet bisher keine überzeugende Antwort auf die Bedrohung durch Drohnen. „Deutschland ist in einer verwundbaren Lage“, meint der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes André Wüstner. „Wir können gar nicht alles schützen“, offenbart er in der Sendung.

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Alexander Dobrindt verspricht mehr Schutz und ein entschiedenes Handeln gegen Drohnen. „Wir werden die Möglichkeit schaffen, um uns besser zu wehren“, verkündet er. Der Minister möchte das Luftsicherheitsgesetz überarbeiten, um es der Bundeswehr zu ermöglichen, feindliche Drohnen abzuschießen, die innerhalb der Landesgrenzen gestartet wurden. Für den Journalisten Holger Stark ist es kein gutes Zeichen, dass die Regierung erst jetzt über wirksamen Schutz nachdenkt. „Dass wir bis heute nicht wissen, wie wir mit den Drohnen umgehen sollen, ist faszinierend“, äußert Stark.

Drohnen sind spätestens seit dem Krieg in der Ukraine in aller Munde. Es ist erstaunlich, dass die deutsche Politik bis heute keine nationale Drohnen-Strategie hat. CSU-Mann Dobrindt möchte diesen Missstand schnell beheben. „Wir bekommen ein nationales Drohnenabwehrzentrum“, verspricht der Allgäuer. „Wir werden die Technik dafür schnell beschaffen“, verspricht er.

Die Quintessenz des Polittalks ist, dass die Regierung ziemlich planlos ist, wie sie die nationale Sicherheit gewährleisten will. Es ist äußerst fraglich, ob diese Koalition in der Lage ist, die Herausforderungen der Zeit zu meistern. Politiker wie Donald Trump führen Deutschland durch ihre aktive Konfliktlösung im Nahen Osten vor Augen, dass es der Bundesregierung an Führungsstärke und einem Plan fehlt. Friedrich Merz sollte sich von Trump eine Scheibe abschneiden.

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Kommentare ( 68 )

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Jenny
1 Monat her

„Wehrdienstleistende werden nicht in Missionen geschickt“, stellt er klar.“ Ist das so ein Versprechen wie: „Es wird keine einrichtungsbezogene Impfpflicht geben“?
„Finanzielle Anreize und eine positive Darstellung würden ausreichen, meint die Bundestagsabgeordnete.“ Also gibt’s wieder ne Bratwurst?

November Man
1 Monat her

Wehrpflicht per Losverfahren, Wehrpflicht-Bingo oder Wehrpflicht per Zufallsgenerator ist doch keine politisch klare Entscheidung zum Wohle unseres Landes, sondern blanker politischer Unsinn.
Dieser Merz ist nicht nur regierungsunfähig, er und seine Partei ist ohne die Linksextremisten auch noch handlungsunfähig. Außer die Union tut und macht das was die Linksextremisten ihnen aufschreiben. Wir brauchen folglich schnell eine neue stabile Regierung. Und zwar eine Regierung unter Führung der AfD.  

alter weisser Mann
1 Monat her

Die Regierung ist regierungsunfähig.
Wer nicht einmal ein faires und gerechtes Dienstmodell auf die Reihe kriegt, womit der Staat seinen Bedarf im Erstzugriff mit den bestgeeignetsten Dienstpflichtigen erfüllen kann und die übrigen Dienstpflichtigen im Rahmen ihrer bemessenen Tauglichkeit Dienst leisten muss, im Zweifel eben beim „Wald fegen“o.ä., der soll Platz machen für bessere Leute.

alter weisser Mann
1 Monat her

„Innenminister Dobrindt hat Zweifel, dass reine Freiwilligkeit nicht ausreichen könnte.“
Ich glaube der hat Zweifel, dass die Freiwilligkeit ausreicht, sonst bräuchte er keine ergänzendes Modell.

Haeretiker
1 Monat her

„… erwartet die Gesellschaft und vor allem die Betroffenen, dass es eine tragfähige und durchdachte Lösung gibt.“
Das glaube ich überhaupt nicht. Die Gesellschaft erwartet ein Leben, in dem sie in Frieden arbeiten kann und von ihrer Arbeit ein würdevolles Leben führen kann. Und dann ist sie auch bereit, dieses Leben auch mit der Waffe in der Hand zu verteidigen.
Nationale Sicherheit beginnt nicht damit, dass eine Gesellschaft ausgeplündert, abgehört, durchgeimpft wird und anschließend für korruptes Gesindel in den osteuropäischen Steppen verreckt.

Kontra
1 Monat her

Merkwürdig, ich werde das Gefühl nicht los, das dieses Land schön längst mit wehrfähigen Männern aus aller Herren Länder besetzt ist. Geld wird ihnen gezahlt, die Frauen vergewaltigt und die einheimische Bevölkerung abgestochen. Soviel Unterschiede zu einer Besatzungsmacht vermag ich nicht zu erkennen.

Juergen Semmler
1 Monat her

Der Osnabrücker VERTEIDIGUNGSMINISTER Bolris Pistorius könnte auf eine Schlag MULLIARDEN IM RÜSTUNGSETAT einsparen ,indem er die Bundeswehr mit hözernen Steckenpferden ausrüstetete. Keine Wartungskosten……!!! Nicht nur die Truppe wäre hellauf begeistert . Plötzlich wären die fehlenden Milliarden frei zum sinnlosen VERJUCKEN in anderen Bereichen Auf das nötige LIEDGUT muss auch nicht verzichtet werden beim Steckenpferd-Ausritt in Osnabrück gibt es ein traditionelles „Steckenpferdlied“ mit dem Refrain „Wir Reiter zieh’n durch Osnabrück“. Eine neuere Version des Liedes ist der „Steckenpferdsong Strophe Ich hab´ ein neues Steckenpferd, dies Steckenpferd ist sehr begehrt… und mein Bruder Paul, der reitet ´nen alten Gaul. Meine Tante Hilde,… Mehr

TruthHurts
1 Monat her

Ich habe wohl den Beitrag der AfD Person überlesen, denn im ÖR wird doch ausgewogen berichtet und entsprechend Gäste eingeladen. Oder?

Will Hunting
1 Monat her

Der einzige Grund für Putin wäre Revanche. Die hatte Russland bereits. Welche Fahne wurde damals auf dem Reichstagsgebäude gehisst? Und wenn er trotzdem auf Rache aus ist, wem verdanken wir das?

Siggi
1 Monat her

Das ehemalige SED Mitglied Illner wieder in ihrem sozialistischen Element. Natürlich beim linksextremen Staatfunk ZDF.