Markt für Elektro-Pkw im teuren Höhenflug

Teuer erkaufter Erfolg: Bereits jeder vierte neu zugelassenen Pkw im Dezember ist elektrisch unterwegs, im Vormonat November war es erst jeder Fünfte. Erstmals sind darunter die reinen Batteriefahrzeuge in der Überzahl gegenüber Hybriden. Sorgenkind bleibt die Ladeinfrastruktur.

imago images / Cord
Ladestation für Elektrofahrzeuge in Hilden

Der Aufschwung am deutschen Markt für Elektroautos gewinnt weiter an Kontur: für Dezember 2020 meldet der Verband der Automobilindustrie (VDA) eine Versiebenfachung des E-Auto Marktes gegenüber dem Vorjahr. Bereits jeder vierte neu zugelassenen Pkw war damit bereits elektrisch unterwegs, im Vormonat November war es erst jeder Fünfte. Anders als in den zurückliegenden Monaten entfallen erstmals mehr als die Hälfte der E-Auto-Käufe auf Batteriefahrzeuge (BEV) und nicht auf Plug-In-Hybride (PHEV), die bekanntlich zusätzlich – gegen die Reichweitenangst und häufige längere Aufladepausen an raren E-Tankstellen – einen Verbrenner mit an Bord haben. 

Sorgenkind für den Ausbau der Elektromobilität bleibt nach Auffassung des VDA die Ladeinfrastruktur. Laut Bundesnetzagentur gibt es in Deutschland aktuell 34.056 öffentlich zugängliche Ladepunkte (Stand: 06. Januar 2020). 

Der Ladesuchverkehr nebst Warteschlangen an den E-Tankstellen ist damit vorprogrammiert. Bei einem Bestand von rund 580.000 Elektro-Pkw zu Jahresanfang 2021 müssen sich nun bereits 17 E-Pkw einen öffentlich zugänglichen Ladepunkt teilen; im Mai 2020 waren es erst rund 10.  Bleibt zu hoffen, dass diese nicht alle zur gleichen Zeit angesteuert werden. Und dies bei einem Bestand an Autos mit Elektro-Antrieb, der bis 2030 nach den Plänen der Bundesregierung auf 10 Millionen anwachsen soll. Hier reklamiert der VDA zu Recht großen Handlungsbedarf.

Gleichwohl besteht kein Zweifel: der politisch gewollte Ersatz von Benzin- und Dieselautos Autos durch Fahrzeuge mit Elektroantrieb (BEV + PHEV) macht in Deutschland deutliche Fortschritte. Das finanzielle Förderprogramm von bis zu 10.000 Euro zeigt oberflächlich betrachtet die erhoffte Wirkung. Die aber nolens volens auch solchen elektrischen Autos wie dem chinesischen Marktneuling Suada zugutekommen, der zwar laut ADAC katastrophale Sicherheitsmängel aufweist, die aber, weil Kleinserie, gesetzlich toleriert werden, dafür aber für nur rd. 10.000 Euro zu haben ist. 

Für viel Käufer mit niedrigen Einkommen und niedrigem täglichen Nutzerprofil mag das durchaus der ideale Einstieg in die Elektromobilität sein. 

Im Einzelnen zeigt sich im Dezember 2020 folgendes Bild:

  • Die Neuzulassungen von Elektro-Pkw erreichten im Dezember 2020 laut Kraftfahrt-Bundesamt mit 82.802 Fahrzeugen einen Zuwachs von 629 Prozent, der vierte Rekordmonat in Folge. Weitere Rekorde werden infolge der schwachen Vorjahresentwicklung absehbar folgen. 
  • 43.671 Einheiten und damit mehr als die Hälfte aller E-Auto Neuzulassungen entfielen im Dezember auf rein elektrische Pkw (+660 Prozent ggü. Vorjahresmonat). Auch die Plug-In-Hybride verzeichneten mit 39.107 Einheiten (+601 Prozent) eine Versiebenfachung der Neuzulassungen im Dezember 2020. Beide Antriebskonzepte sorgen dafür, dass die E-Mobilität auf dem Neuwagenmarkt einen erheblichen Anteil ausmacht.
  • Auch der Elektroanteil am Pkw-Gesamtmarkt erreichte im Dezember mit 26,6 Prozent einen neuen Höchstwert. Damit lag der Anteil von E-Pkw erstmals über dem von Diesel-Pkw (inkl. Mild-Hybride), der zum Jahresende 2020 auf 26,2 Prozent zurückfiel. 
  • Im Gesamtjahr 2020 erreichten die E-Pkw mit einem Bestand von 580.000 einen Marktanteil von 13,5 Prozent, es wurden insgesamt 394.943 E-Pkw neu zugelassen (+263 Prozent ggü. Vorjahr).
  • Rund 70 Prozent des Bestandes der batterieelektrischen Pkw waren den Segmenten Kleinwagen (33 %), Kompaktklasse (19,6 %) und Mini (17,3 %) zuzuordnen. Der Bestand der batterieelektrischen Pkw im zulassungsstarken Segment der SUVs erreichte einen Anteil von 14,4 Prozent.
  • Die deutschen Hersteller konnten 2020 ihre starke Position auf dem heimischen Elektro-Pkw-Markt weiter ausbauen. Im Gesamtjahr 2020 hatten deutsche Konzernmarken einen Marktanteil von 67 Prozent, im Dezember kamen sie auf 68 Prozent. 
  • Mit der Auslieferung des ID3 in größeren Stückzahlen übernahm Volkswagen auch auf dem wachsenden BEV-Pkw Markt mit 23,8 Prozent die Spitzenposition (Tabelle)Trotz unzureichendem Angebot an Plug-In-Hybrid Autos reichte das im Durchschnitt für VW aus, um statistisch mit 17,4 Prozent die Spitzenstellung am gesamten Elektromarkt einzunehmen. Im Gegensatz dazu sind die Premium-Hersteller Mercedes, Audi und BMW vor allem mit Plug-In-Hybriden auf dem deutschen Elektromarkt vertreten sind, kaum mit reinen Batterie-E-Autos.
  • Am eklatantesten fällt die Fragwürdigkeit statistischer Durchschnittswerte bei Tesla auf, der bekanntlich nur reinen Elektroautos, keine Hybride bauen kann. Der nach der Börsenbewertung potenteste Automobilproduzent der Welt kam zwar 2020 nach hohen dreistelligen Zuwachsraten in den Vorjahren mit 16.694 neuzugelassenen Elektroautos nur noch auf einen Zuwachs 55,9 Prozent und einen Marktanteil von 8,6 vH, dicht gefolgt vom Elektor-Smart mit 8,3vH. Trotzdem wird der Marke Tesla im Durchschnitt ein Anteil am gesamten Elektromarkt, also incl. PHEV´s, von 4,2 vH zugerechnet.
  • Insgesamt wies Tesla im Dezember mit 3545 Neuzulassungen (+23,7 Prozent) einen Anteil von 1,1 vH am deutschen Gesamtmarkt auf. Für 2020 kam der Neu-Brandenburger Hersteller mit 16.694 Neuzulassungen reiner Elektroautos (+55,9 Prozent) auf einen Anteil am deutschen Markt von 0,6 vH. Vielfach in den Medien geschürte Ängste, die angestammten deutschen Technologie-Weltmarktführer in Verbrennertechnik würden von Tesla vom Markt gefegt, scheinen etwas übertrieben. Eher wäre zu befürchten, dass sie von Tesla aufgekauft werden.

(Quelle: KBA)

  • Im Dezember entfielen mit 41 vH die meisten Neuzulassungen von E-Autos auf private Halter (Gesamtmarkt 38 Prozent private Halter). Die Elektromobilität ist damit temporär und statistisch in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Firmenwagenkäufer bildeten mit 31 Prozent die zweitgrößte Haltergruppe auf dem E-Neuwagenmarkt, gefolgt von anderen Haltergruppen wie Vermieter, Carsharing und Kfz-Handel mit 28 Prozent.
  • Sehr förderlich zur Durchsetzung der E-Mobilität erwies der Umweltbonus als wichtiges Instrument für den Erfolg der Elektromobilität.. Allein im Dezember 2020 gab es laut Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle mit 58.365 Anträgen – davon 31.973 rein elektrische Pkw – bei dieser Maßnahme im sechsten Monat in Folge einen neuen Höchstwert. Insgesamt sind seit Auflage des Bonus‘ 419.987 Anträge gestellt worden. Bei einem Gesamtbestand von 580.000 registrierten Elektroautos bedeutet das faktisch, dass rd drei Viertel des heutigen Bestands vom deutschen Steuerzahler subventioniert worden sind.
Positive Produktionsentwicklung
  • Das erfolgreiche Hochlaufen der ID3 Produktion bei VW  schlug sich nicht nur  positiv in den Neuzulassungen sondern  auch in der Inlands-Produktion von E-Autos nieder. So lag die Inlandsfertigung im November 2020 gegenüber dem Vorjahresmonat mit dem neuen Monatsrekord von 71.702 Elektro-Pkw um 194 Prozent höher. Damit hatte rund jeder sechste in Deutschland hergestellte Pkw einen Elektroantrieb (Schaubild).
  • Als besonders dynamisch erwies sich die Fertigung rein batterieelektrischer Fahrzeuge, die sich auf 24.225 Einheiten mehr als verdreifachte. Eine weitere gewaltige Steigerung ist zu erwarten, wenn die Tesla Giga-Fabrik in Grünheide die Produktion aufnimmt. Die Fertigung von Plug-In-Hybriden stieg um 187 Prozent auf den Rekord von 47.477 Einheiten. 
  • Zwischen Januar und November 2020 konnten die deutschen Hersteller ihre weltweite Produktion auf 775.623 E-Pkw (+113 Prozent) mehr als verdoppeln. Am Standort Deutschland stieg die E-Pkw-Produktion in diesem Zeitraum auf 374.648 Fahrzeuge (+111 Prozent).

(Quelle: VDA, IWK)

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Kommentare ( 36 )

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Sani58
3 Jahre her

Ich empfehle da ein Interview (im Netz) mit Prof. Fritz Indra “ H2 als Energiequelle im Auto“ Da geht es auch um E im A.

Reinhard Hoffmann
3 Jahre her

Das vorhandene Leitungsnetz wird die zusätzliche Belastung durch massenhaft aufgebaute Autoladestationen nicht bewältigen können. In Gewerbegebieten dürfte die Lage etwas entspannter sein, da das Netz für den Betrieb leistungsstarker Werkzeugmaschinen ausgelegt ist. Wie dem auch sei, das leistungsfähigste Netz ist sinnlos, wenn nicht genügend Strom produziert wird. Am 13.12.2020 betrug der Verbrauch um 12Uhr 62,256 GW 49 GW wurden von konventionellen Kraftwerken erzeugt, die ca. 30.000 Windmühlen lieferten mit knapp 3GW, weniger als 5% des Bedarfs. Sollte sich Frau Baerbock mit ihrer Schnapsidee durchsetzen, weitere 120.000 Windmühlen aufzubauen, steigen zwar die Subventionen drastisch weiter, an Tagen wie dem 13.12. wären… Mehr

Iso
3 Jahre her

„……nicht auf Plug-In-Hybride (PHEV), die bekanntlich zusätzlich – gegen die Reichweitenangst und häufige längere Aufladepausen an raren E-Tankstellen – einen Verbrenner mit an Bord haben.“ Das sehen Sie durch Ihre rosarote Elektrobrille völlig falsch. Aus einem ansonsten sehr effizienten Verbrenner wird aus ideologischen Schwachsinn ein schwerlastiges Akkumonster, für dessen Mehrpreis man das Benzin für 150.000 km Reichweite bezahlen kann. Ein PEHV ist nicht nur sinnlos, sondern Betrug am Verbraucher.

Schwabenwilli
3 Jahre her

Das ist eine Freiheit, die ich nicht missen möchte.

Sie meinten Litauen? Gebe ich ihnen recht.

Norbi
3 Jahre her

Also ich stelle mir das so vor: Der E-Auto Besitzer kommt abends um 19 Uhr von der Arbeit und stellt sich an die öffentliche Ladestelle in seinem Wohngebiet. Der Ladevorgang dauert dann ca 4-6 h. Glaubt irgendjemand das nachts um 1-2 Uhr das Fahrzeug dann umrangiert wird um dem Nachbarn auch noch einen Ladevorgang im Rest der Nacht zu ermöglichen? Natürlich nicht ( von der halben Flasche Rotwein die inzwischen konsumiert wurde und damit das Autofahren sowieso verbietet mal ganz abgesehen). Ergo ist jede öffentliche Ladesäule gleichzeitig auch Parkplatz für die ganze Nacht. Wie, ausser ich habe eine eigene Garage… Mehr

FitzgeraldDaume
3 Jahre her

Ich habe im Bekanntenkreis 2 privat erworbene E-Autos – jeweils neu hinzugekommene Drittwagen. Beides mal hat die hohe Subvention den Ausschlag gegeben. Die Käufer sind Hausbesitzer und laden die Fahrzeuge in der eigenen Doppelgarage an der Steckdose. Es wird geplant, jeweils einen Verbrenner loszuwerden, sobald Erfahrungen mit dem E-Auto gesammelt wurden.
Beide Familien hätten sich das Auto auch ohne Subvention leisten können.

Last edited 3 Jahre her by FitzgeraldDaume
Lucius de Geer
3 Jahre her

„Will man das Autofahren für Privilegierte einführen?“ – Ja, genau das ist das Ziel, und nur das ist mit „100 % Erneuerbaren Energien“ vereinbar.

Lucius de Geer
3 Jahre her

Habe heute in meinem Heimatort (40.000 Einwohner) im Frankfurter Speckgürtel darauf geachtet: Kein einziges Elektroauto war zu sehen, nur ein Tesla parkte einsam an einer Ladesäule. Niemand, der rechnen muss (und sich nur ein Auto leisten kann), kauft sich eine solche Batterie auf Rädern.

Ingolf
3 Jahre her

„Sorgenkind bleibt die Ladeinfrastruktur“ …??? Ich gehe noch weiter, Sorgenkind ist die gesamte Stromnetzinfrastruktur, zumindest in BW bzw. Stuttgart (beide rühmten sich früher einmal damit, sehr fortschrittlich zu sein). Gestern wieder Stromausfall in einem gesamten Stadtviertel. Bezogen auf den letzten Stromausfall vor Weihnachten 2020(!) komme ich damit auf eine Gesamtsumme von 150(!!!) Minuten ohne Strom, während auf der Webseite der „Stuttgarter Netze“ (ein Unternehmen mit Beteiligung der 100% städtischen Stadtwerke Stuttgart) von einer statistischen Ausfallzeit pro Jahr von 6 Minuten gesprochen wird … blanker Hohn bzw. Unverschämtheit. Abgesehen von den „normalen“ Störungen des Alltags durch den Stromausfall, „freut“ sich meine… Mehr

jwe
3 Jahre her
Antworten an  Ingolf

Worüber regen Sie sich auf? Die Grünen sind und werden von Millionen Wählern gewählt. Es wird geliefert, wie es bestellt wurde. Oder wussten die Wähler nicht, welche Ideologie hinter den Parteien steht????

Werner
3 Jahre her

Ich staune immer wieder, wenn unsere „Elite“ in nagelneuen Luxus-Limusinen im KanzlerInnenamt vor fährt. Nicht einer fährt elektrisch. Kennt übrigens irgend jemand einen „Elitären“, der elektrisch fährt ?

Lucius de Geer
3 Jahre her
Antworten an  Werner

Die Panzerung der Bonzenkutschen ist so schwer, dass die Batterien noch schneller leer wären als ohnehin schon.

Last edited 3 Jahre her by Lucius de Geer
USE
3 Jahre her
Antworten an  Lucius de Geer

Nein, die Insassen sind so schwer! 😉