Dem Saudi-Ölriesen Aramco gelingt größte Neuemission aller Zeiten

Während in Madrid Klimapolitiker über die Dekarbonisierung sprechen, zeichnen Investoren Aktien des saudischen Ölkonzern Aramco. Es ist die größte Neuemission der Wirtschaftsgeschichte. Mit einem Börsenwert von 1,53 Billionen Euro ist Aramco damit das wertvollste Unternehmen der Welt.

Rafael Henrique/SOPA Images/LightRocket via Getty Images

Die Dekarbonisierung der Weltwirtschaft möglichst schnell zu erreichen, lautet eine der einschneidendsten Forderungen der gerade in Madrid zum 25. Klimagipfel versammelten Klimawandel-Bewegten. Der Börsengang des staatlichen saudischen Ölriesen Saudi Aramco wirkt da wie ein zynischer Spott. Und dann wird es auch noch die größte Neuemission aller Zeiten.

Drei Milliarden Aktien werden zum Preis von 32 Riyal (umgerechnet 7,70 Euro) und damit am oberen Ende der Spanne (30 bis 32 Riyal) ausgegeben, teilte der Konzern am Tag vor Nikolaus mit. Damit ist der Börsengang umgerechnet mindestens 23,1 Milliarden Euro schwer. Der bisherige Rekordhalter, der chinesische Internetkonzern Alibaba, hatte vor fünf Jahren 22,5 Milliarden Euro erlöst. Einschließlich Platzierungsreserve könnten es bei Saudi Aramco sogar 26,5 Milliarden Euro werden. Mit einem Börsenwert von 1,53 Billionen Euro löst Saudi Aramco zudem den US-Konzern Apple als wertvollstes börsennotiertes Unternehmen der Welt ab.

Der Börsengang sei 4,7-mal überzeichnet gewesen, hieß es. Ab wann die Aktie an der saudischen Börse gehandelt wird, teilte der Konzern zunächst nicht mit. Dies könnte aber bereits in dieser Woche der Fall sein. 2020 könnte dann die Notierung an internationalen Börsen folgen. Saudi-Arabien hofft, durch die Einnahmen unabhängiger vom Geschäft mit Öl und Gas zu werden.

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Der umstrittene saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman will mit den Milliarden aus dem „Going Public“ die Diversifikation der Wirtschaft seines stark vom Erdöl abhängigen Landes vorantreiben. 2016 hatte er erstmals öffentlich über einen Börsengang gesprochen, es kam jedoch immer wieder zu Verzögerungen. Ein Jahr nach dem Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi in der saudiarabischen Botschaft in Istanbul soll die Öffnung des Unternehmens wohl auch als Imagelifter wirken; schließlich erhält Saudi Aramco zum ersten Mal nichtstaatliche Anteilseigner.

Trotz des gewaltigen Volumens: Auf den Markt kommt nur ein kleiner Teil des weiterhin vom Königshaus kontrollierten Konzerns: Ein Prozent der Aktien soll an institutionelle Anleger gehen, ein Anteil von bis zu 0,5 Prozent ist für Kleinanleger gedacht, wie es im Börsenprospekt heisst. Mit dieser „Volksaktie“ will der Kronprinz einen Erfolg an der heimischen Börse sicherstellen. Es geht also allein um den Erwerb aus einem Renditemotiv. Wer glaubt, dass das Unternehmen langfristig eine Dividende ausschütten wird, kann sich ein Investment überlegen, sollte es im kommenden Jahr auch zu einem Angebot in Deutschland kommen.

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Ursprünglich hatten die Saudis bereit für jetzt den ganz großen Aufschlag auf dem internationalen Parkett im Sinn gehabt und vor allem internationale Investmentbanken für den Börsengang engagiert. Im Konsortium waren zunächst zwei Dutzend Institute, die wichtigsten davon Citigroup, die Schweizer Grossbank Credit Suisse, Goldman Sachs, HSBC, JP Morgan, Bank of America, Morgan Stanley, NCB Capital und Samba Capital. Danach folgt ein zweiter Kreis von weiteren 16 Banken, unter ihnen auch die Deutsche Bank. Dann kam allerdings die kalte Dusche: Das Königshaus musste zur Kenntnis nehmen, dass das internationale Interesse nicht übermässig gross war. Es zeichnete sich bald ab, dass die Bewertung sogar unter 1,5 Billionen Dollar liegen könnte. Die Herrscher in Riad, die eine Blamage verhindern wollten, traten auf die Bremse. Sie setzten in der Folge nur noch auf Anleger in Saudi-Arabien und in den Golfstaaten. Als Handelsplatz wurde nur noch die inländische Börse Tadawul vorgesehen. Zudem wurde das Volumen stark reduziert; statt wie geplant fünf Prozent des Aktienkapitals kommen jetzt die erwähnten 1,5 Prozent an die Börse. Die weiteren Tranchen sollen nun möglichst in den nächsten Monaten an internationalen Plätzen folgen.

Ob sich die hochfliegenden Pläne überhaupt in absehbarer Zeit umsetzen lassen, ist mehr als fraglich. Immer mehr institutionelle Investoren richten ihre Portfolios – ob aus Überzeugung oder dem Zeitgeist folgend – an Klima- und Umweltkriterien aus. Sie legen ihr Geld (beziehungsweise das Geld ihrer Anleger) weder in Kohle- noch in Erdölunternehmen an. Dass es ohne fossile Energieträger auf längere Zeit nicht gehen wird, blenden Sie dabei völlig aus. Für antizyklisch handelnde und dem Klimaaktionismus skeptisch gegenüberstehende Anleger bieten sich dadurch bei einem Angebot auch hierzulande unter Renditegesichtspunkten durchaus Chancen. Kurzfristig dürfte eine auskömmliche Dividendenrendite den Kurs stützen, langfristig steht die Spekulation im Vordergrund, dass nach dem Scheitern der kompletten Dekarbonisierungsstrategie die Nachfrage nach Öl und Gas wieder (und weiter) anziehen wird.


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Kommentare ( 3 )

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Roland Mueller
4 Jahre her

Für die Dekarbonisierung interessiert sich außerhalb von Deutschland und Österreich kaum jemand. Es gibt ein paar dubiose Geschäftemacher wie z. b. ein gewisser Herr Koch in den USA und seine rot-grünen ** oder auch Spinner wie die Greta Thunberg, die von der Mehrheit der Bürger nicht sonderlich ernst genommen wird. Das war es aber auch schon.

Stephan Mauer
4 Jahre her

Man muss wohl einfach festhalten, dass „Wir“, der Westen, diese Staaten reich gemacht haben. Und nicht umgekehrt wie es vor allem viele Linke ja immer uns weismachen wollen, dass wir diese Staaten ausgebeutet hätten. Diese Gesellschaft wurde sogar zusammen mit den Amerikanern gegründet, was man im Namen noch erkennen kann, die sind aber nicht mehr mit dabei. Dadurch dass diese Länder dann auch ihre Wirtschaft durchaus etwas diversifizieren konnten, sind sie zu einem gewissen Wohlstand gelangt und stellen auch mit durchaus großer damit auch einen großen Absatzmarkt dar, auf den ja vor allem auch deutsche Unternehmen wollen, wie zum Beispiel… Mehr