Deutschland importiert gewaltige Strommengen aus Nachbarländern

Die letzten Tage haben es gezeigt: Ohne sehr teure Stromimporte aus französischen Kernkraftwerken und polnischen Braunkohlekraftwerken funktioniert die Energiewende nicht. Deren Konzept beruht offensichtlich vor allem auf der Hoffnung auf die Nachbarländer, die dem deutschen Weg nicht folgen.

IMAGO / Andia
Kernkraftwerk im ostfranzösischen Chooz

Am Morgen des 17. Mai fehlte in Deutschland mal wieder der Strom für Millionen von Menschen. Aus Frankreich mussten erhebliche Energiemengen in Höhe von 3 Gigawatt importiert werden. Das entspricht der Leistung von drei ausgewachsenen Kernkraftwerken. Aber auch Österreich, Schweiz und die Niederlande konnten sich freuen, gutes Geld für Stromlieferungen nach Deutschland zu bekommen.

Am 18. Mai um 21 Uhr musste Deutschland sogar 10,7 GW importieren. 

Quelle: agora-energiewende.de

Für den Stromverbraucher sind dies wieder sehr teure Zeiten: Es weht zwar häufiger teilweise recht heftig der Wind, die Sonne scheint dazu – allerdings tun sie mal wieder nicht unserer Industriegesellschaft den Gefallen, gleichmäßig zu liefern. Es entstehen erhebliche Lücken zwischen Verbrauch und Produktion. Die werden durch Stromimporte aus den Nachbarländern geschlossen und teuer bezahlt. Der Strompreis schießt in beängstigende Höhen, wie die dünnen blauen Linien in beiden Grafiken zeigen. Am 17. Mai um 8 Uhr kostet die Megawattstunde 101,51 Euro, am 19. Mai um 8 Uhr übrigens bereits 101,82 Euro.

Quelle: agora-energiewende.de

Bis Ende 2022 sollen die letzten Kernkraftwerke abgeschaltet werden. Das Konzept der Energiewender: kein Kraftwerk mehr in Deutschland, dafür Zehntausende von Windrädern, und wenn die sich nicht drehen, weil mal wieder Flaute herrscht, auf Stromimporte hoffen. Das kann heikel werden, wenn zum Beispiel Frankreich glaubt, zuerst das eigene Land versorgen zu müssen anstatt ins grüne Deutschland zu liefern. Oder wenn Stromlieferungen aus Polen die letzte Rettung sind, das Land allerdings aufgrund seiner Braunkohlekraftwerke an den Pranger gestellt wird.

Obendrein kam es am Montagnachmittag in den europäischen Netzen zu einer bedrohlichen Situation, nämlich zu einem erheblichen Einbruch der Netzspannung. Zehn der insgesamt elf Blöcke des Kraftwerks Belchatow südlich von Łódź mit einer Gesamtleistung von 3,9 GW stellten am Montag am späten Nachmittag ihren Betrieb ein, wie es in einer Mitteilung des staatlichen Energiekonzerns Polskie Sieci Elektroenergetyczne PSE hieß. Das Kraftwerk ist mit einer Leistung von 5420 Megawatt das weltgrößte Braunkohlekraftwerk. Grund war ein technischer Defekt in einer nahegelegenen Schaltanlage, über die der Strom von zehn Blöcken in die Netze transportiert wird. Lediglich der elfte Block konnte weiterhin Strom liefern, weil er an eine andere Verteilerstation angeschlossen ist.

Etwa 20 Prozent der polnischen Stromproduktion fiel also plötzlich weg. Die Frequenz brach drastisch bis knapp vor der Blackout-Grenze ein. PSE versichert, dass es durch den Ausfall dennoch keine Probleme mit der Stromversorgung geben sollte. PSE-Sprecherin Beata Jarosz-Dziekanowska betonte, das landesweite Energiesystem funktioniere einwandfrei, und es seien keine Stromengpässe zu erwarten: »Als Betreiber des Systems haben wir die erforderlichen Reserven, und wir können jederzeit auf Importe zurückgreifen.«

Ein so großer Ausfall ist in der Geschichte des Kraftwerks Bełchatów noch nie vorgekommen.

Die polnische Regierung hat gerade die Betriebsgenehmigung für die Braunkohlemine und das Kraftwerk Turow im Südwesten Polens bis 2044 verlängert und gleichzeitig angekündigt, Kernkraftwerke zu bauen. In der vergangenen Woche wurde in Turow auch ein neues Braunkohlekraftwerk in Betrieb genommen, das ebenfalls zu PSE gehört. Die Behörden betonen, dass das hochmoderne Kraftwerk für die Energieversorgung während der Umstellung auf sauberere Quellen unverzichtbar sei und nur geringe CO2-Emissionen produziere. Massive Importe von verflüssigtem Erdgas aus den Vereinigten Staaten, Katar und anderen Quellen sollen darüberhinaus die Energiestabilität sicherstellen.


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Kommentare ( 58 )

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Christian Rames
2 Jahre her

Letztens mit einem Leittechnik-Ing. geredet: Wenn die richtigen drei 400-kV-Masten umfallen, wars das für Europa…

Gert Friederichs
2 Jahre her

Jede Woche können wir das Drama übersichtlich verfolgen. Ein gewisser Herr Rüdiger Stobbe hat da ein Portal eingerichtet:
https://www.stromdaten.info/woher-kommt-der-strom/
Was kostet uns der Einkauf bei den Nachbarländern, was bringt uns der Verkauf des Überschusses bei Sonnenhoch und Starkwind.
Aber auch Herr Stobbe weiß nicht, wie es weitergeht, wenn die Nachbarländer nicht mehr liefern/ausgleichen wollen oder können!
Und ich weiss es auch nicht!

der uckermaerker
2 Jahre her

das weltklima retten – unsere natur – unseren wichtigen lebensraum vernichten,
für jedermann sichtbar vor den toren berlins – die uckermark – einst wunderschöne endmoräne – nun inustrialisiert – zwischen prenzlau und brüssow
tausende rot blinkende pillone bis zum horizont – kein freier hügel mehr – ständiges pulsierendes brummen – alptraumhaft – flora und fauna unwiderbringlich zerstört. was für ein wahnsinn.
das ist grüne politik: anzuschauen unter youtube:
https://www.youtube.com/channel/UCZVy8CuvJVJZ9HIc8oVF19Q

Juergen Schmidt
2 Jahre her

Na ja, wenn dann der erste richtige Blackout eintritt, schlage ich folgendes vor: Gehen Sie einfach zu ihrer örtlichen GRÜNEN-Lokalpolitiker*In, besuchen Sie diese/diesen/dieses zu Hause und diskutieren Sie die Situation gründlich durch, an Ort und Stelle. Die wissen ja schließlich immer für alles die richtige Lösung. Sie/er/es wird Ihnen sicher auch alles aushändigen, was Sie brauchen, um die nächsten Tage über die Runden zu kommen. Ist doch ganz einfach.
Und am besten: kündigen Sie jetzt schon ihren Besuch an.

Jerry
2 Jahre her

Wie man die nennt? Keine Ahnung. Ich bin aber sicher, wenn es deutsche Passagiere sind, dann würden sie dabei stehen und klatschen oder Teddybären werfen!

Iso
2 Jahre her

Dann wäre es doch sehr gut, wenn wir unsere deutsche Braunkohle wenigstens noch exportieren dürften. Es macht schließlich nichts aus, wenn sie in Polen verbrannt wird. Deren Land ist schließlich nur mit 123 Einwohner/qkm besiedelt, während es bei uns 110 mehr sind. Zudem sind viele Polen gar nicht zuhause und arbeiten im Ausland. Ich weiß auch nicht, was dieser Klimanationalismus soll? Die EU will schließlich ein mächtiger Staat sein. Da kann so ein Klimaabkommen gleich stellvertretend für die ganze EU unterschreiben. Hier liegt der Bevölkerungsdurchschnitt bei etwas über 100. Insgesamt können Länder im Baltikum oder Skandinavien noch sehr viel mehr… Mehr

Dunkelsachse
2 Jahre her

Ich verstehe die hiesigen Netzbetreiber nicht. Eine kleine „Unachtsamkeit“, ein netter Blackout …

.. und dann mal schauen, wann der Strom aus einem Speichersee die Sache wieder ins Lot bringt.

Bernd W.
2 Jahre her

Die deutsche Energiepolitik ist so dermaßen absurd.
Und dennoch bedarf es wohl erst einiger gravierender Stromausfälle für eine große Zahl der Bürger, bevor diese Gesellschaft reagiert.
Erst wenn genügend Leute im Dunkeln vor dem abgetauten Kühlschrank aufwischen, während aus ihrem Bad die nicht spülende Toilette herüberstinkt, wird sich vielleicht etwas ändern, evtl. sogar im Wahlverhalten…

Gottfried
2 Jahre her
Antworten an  Bernd W.

Ja, sie ist völlig absurd. Aber die Deutschen glauben das erst, wenn die Lichter ausgehen. Das ist wie mit dem grünen Sozialismus. Der muss durch sein Scheitern erst beweisen, dass er nicht funktioniert.

Habnix
2 Jahre her
Antworten an  Bernd W.

Ihr wisst schon das in Deutschland kein Kanzler und keine Regierungspartei gewählt wird, sondern sie werden gemacht.

Absurd ist es auch, über die grüne Ideologie zu jammern und nicht zu wissen das man mit Ideologien Völker plündert. Das dritte Reich hat dies auch perfekt gekonnt. Man geht allerdings nicht hin und sagt, das es damals ein Staatlich organisierter Raubmord war. Nein – man sagt einfach diese verschleiernde Wort und mit welchem Wort wird es verschleiert? Tipp: Es ist kein deutsches Wort.

Habnix
2 Jahre her
Antworten an  Bernd W.

Man sollte den verkorksten Grünen etwas entgegen kommen. Die erhoffen sich hohe Strompreise, um damit bei gleicher Prozentzahl mehr Steuern einzunehmen. Bisher liegt der Steueranteil am Strom bei 52 Prozent und je höher der Preis, desto mehr bekommen die in die Finanzkasse. Bei mir Zuhause setze ich alle Hebel in Bewegung, damit ich so wenig Strom wie möglich verbrauche. Eine geringen Teil zum Eigenverbrauch produziere ich selber über Solarzellen. Damit habe ich Licht in der Küche und ich lade das Handy auf und habe das Radio darüber laufen. Den Kaffee für meine schlecht bezahlte Arbeit, mach ich auch über Solarzellen.… Mehr

Franz Schroeder
2 Jahre her

Was, wenn unsere Stromlieferer auch alle elektrisch fahren und die ganze CO2 erzeugenden Industriezweige aus Deutschland in diese Länder abwandern? Dann sind wir deutschen endlich frei. Wir bekommen dann zwar keinen Strom mehr von ihnen, da sie den selber brauchen, aber alles hat auch sein Gutes. Die Rasterlockenpapas in Deutschland haben endlich ganz viel Zeit um mit Torben, Luca und Lucalinchen auf den überall zwischen den Soja, Erbsen und Rapsöl Feldern liegenden Blumenwiesen zu spielen, weil sie keine Arbeit haben und Mama ja als Putzfrau in Polen ein wenig das Deutsche Grundgehalt aufbessern muss, damit man auch am Ende des… Mehr

StefanB
2 Jahre her

Alles besteht aus Energie und jede Bewegung erfordert Energie. Günstige Energie ist deshalb das Fundament von Wohlstand. Deutschland wird nun allerdings gerade von einem günstigen zu einem teuren Energieland „transformiert“, das zudem zur Deckung seines Energiebedarfs von Ditten abhängig gemacht wird, indem es auf den noch dazu teuren Stromimport aus dem Ausland angewiesen ist. Unabhängig davon, dass Deutschland damit im Wettbewerb ganz erheblich eingebremst wird, nennt man eine solche Entwicklung aus geostrategischer Sicht Einhegung. Hier durch das Herstellen essenzieller, ökonomischer Abhängigkeiten.