Satiriker Serdar Somuncu kritisiert Corona-Politik als „Regierungsversagen“

Deutlich greift der Kabarettist die Corona-Maßnahmen an. „Die Politik hat schon längst die Zügel aus der Hand gegeben und schwingt stattdessen die Peitsche, während ein Teil des Volks die Faust in der Tasche ballt. Sie hat die Ausführung ihrer Maßnahmen an Stellvertreter übergeben.“ Sein Facebook-Beitrag geht viral.

IMAGO / Jürgen Heinrich

Der Kabarettist und Regisseur Serdar Somuncu hat auf Facebook die Pandemiepolitik der Bundesregierung heftig attackiert. In einem Posting vom 19. Januar, das er mit „Diese Regierung hat jetzt schon versagt!“ betitelte, ging er nicht nur mit der Politik, sondern auch mit Medienvertretern und weiteren Anhängern der Maßnahmenpolitik hart ins Gericht.

„Flankiert von einem Heer von Meinungsmachern und im Boosterrausch sich sicher wähnenden Latentpanikern“ ergebe sich eine hochtoxische Mischung aus „beidseitig radikalisierten Richtig- und Wichtigtuern“. Die Inzidenz pendele hin und her, die Krankenhausbelegung sei stabil niedrig, doch der Regierung falle nichts anderes ein, als die „Maßnahmenschraube“ weiterzudrehen. Ein immer größerer Teil der Bevölkerung werde „faktisch unter Hausarrest“ gestellt, immer absurdere Regeln eingeführt, alte Richtlinien nicht eingehalten. „Corona wird zur Gewissensfrage, Zweifel zum Verrat und Gehorsam zur Vernunft“, schrieb Somuncu. Andere Länder hätten mit weniger strengen Maßnahmen mehr Erfolg gehabt.

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Die allgemeine Darstellung der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen werde nach Somuncus Darstellung verfremdet. „Anfangs war es noch die ‚Pandemie der Ungeimpften‘, dann sprach man von einer ‚verschwindend‘ geringen Minderheit rechtsradikaler Esoteriker im Osten“, die auf die Straße gehen, weil sie stur und sowieso unzufrieden mit dem System sind, jetzt verschweigt man einfach, dass es von Tag zu Tag immer mehr werden, die ihren Protest auf die Straße tragen, während die Methoden sie zum Schweigen zu bringen immer autoritärer werden.“

Explizit zielte die Kritik des 53 Jahre alten Autors auf Karl Lauterbach, den er als „Ungesundheitsminister“ bezeichnet. Der sei in einem „entfesselten Forderungsrausch“ gefangen. Er erlebe „mit einer aggressiven Unterstützung einer ihn zur Kultfigur stilisierenden Glaubensgemeinde einen Drohorgasmus nach dem anderen“ und habe „die größte Zeit seines Lebens, das zuvor aus seinem Hinterbänklerdasein in Ausschüssen bestand“. Flankiert würde er von einem „orientierungslosen Robert Koch Institut“, dem er „trotzige Rechthaberei“ trotz falscher Berechnungen und Fehlinterpretationen vorwarf.

Somuncu: Mehr Logik statt Erpressung und Sanktion

Man dürfe sich nicht wundern, dass die Extreme am rechten und linken Rand die Profiteure „dieser heillos verirrten Katastrophenpolitik“ würden. Er sprach von einer Demokratie, die „zutiefst lädiert“ sei, und in der nichts mehr, was noch vor wenigen Monaten versprochen worden sei, gehalten werde. Somuncu warnte: „Wir steuern mit hoher Geschwindigkeit auf eine multiple Katastrophe zu, wenn wir weiter das Boostern zum Masterplan ernennen und die Zahl der Ungeimpften durch immer weitere Einschränkungen zur Immunitätsgültigkeit vergrößern.“

Somuncu kritisierte, dass Ungeimpfte in eine Ecke gestellt würden mit Staatsfeinden, statt auf ihre Ängste und Zweifel einzugehen. Er forderte mehr Logik, statt Erpressung und Sanktion. „Wenn wir all diese Fragen nicht bald klären, wird es knallen, das verspreche ich“, warnte er zum Schluss.

Somuncus Beitrag verbreitete sich rasant auf Facebook und stieß auf große Zustimmung. Am Freitagmittag hatte der Post über 20.000 Reaktionen gesammelt und war fast zehntausendmal geteilt worden. Der Beitrag erschien auch in anderen sozialen Netzwerken. Die Kommentarfunktion hatte Somuncu vorsorglich abgeschaltet, um sich gegen „geistigen Müll“ zu wappnen. Man habe ihn bereits vorher als „Schwurbler“ bezeichnet, weil er jetzt „abgedriftet“ sei. Am Donnerstagnachmittag meldete sich Somuncu nochmals zu Wort und beschwerte sich darüber, dass Facebook seine Reichweite beschränke. Er wehrte sich dagegen, angeblich falsche Tatsachen zu behaupten.

Die Kritik ordnet sich in eine Serie von Wortmeldungen verschiedener Künstler ein, die in der jüngeren Vergangenheit die Corona-Maßnahmen kritisiert hatten. Aufgrund abgesagter Live-Auftritte ist die Sparte besonders betroffen. So hatten im April mehrere Schauspieler mit der Aktion #allesdichtmachen auf die Probleme der Pandemiepolitik hingewiesen. Das Vorgehen erntete breite Kritik in der Öffentlichkeit, das YouTube-Video wurde gelöscht. Die Schauspielerin Miriam Stein, die der Aktion angehörte, versuchte im Dezember eine Demonstration gegen Corona-Maßnahmen zu organisieren. Die Berliner Versammlungsbehörde untersagte die Kundgebung.

Bereits im Dezember 2021 bekam Somuncu gleichermaßen Zuspruch wie auch Kritik für einen maßnahmenkritischen Kommentar:

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Kommentare ( 29 )

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29 Comments
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JamesBond
2 Jahre her

Respekt für diese Analyse: Wir – Grundimmuisiert, wie das so schön heißt, dürfen nach wenigen Monaten nicht mehr ohne Test in die Sauna, Schwimmbad, Therme, Ferienwohnung…. Effekt: Hass auf diese Politclowns und entsprechend sind wir raus. Erkältung ? egal nix Test, nix Quarantäne – die können uns mal, Versprechen gebrochen also ohne uns!

Ralf Poehling
2 Jahre her

Da hat jemand offenkundig genau begriffen, was der Sinn und Zweck des ganzen ist…. 😉

W aus der Diaspora
2 Jahre her

Ich war in meinem Leben (über 60 Jahre) noch nie auf einer Demo. Morgen werde ich abr spazieren gehen – denn es reicht! Ich bin gegen die Impfpflicht, gegen die Willkür mit der Menschen zu Ungeimpften, und damit zu Bürgern 3. Klasse geemacht werden. Wir sind mündige Bürger, es soll bitte jeder für sich selbst entscheiden dürfen auf welch Art er sich selbst schützen will oder auch nicht. Ich möchte zudem nicht eines Morgends aufwachen und feststellen, dass die gleichen willkürlichen Maßstäbe angelegt werden zum Bezug von Strom, Gas oder Sprit. Ich möchte, dass das Grundgesetz grundsätzlich gilt und über… Mehr

Pe Ro
2 Jahre her

Ich finde es gut wenn jemand ohne Scheuklappen lebt und auch bereit ist seine Meinung zu revidieren. Respekt.

Manfred_Hbg
2 Jahre her

Zitat: „Die Kommentarfunktion hatte Somuncu vorsorglich abgeschaltet, um sich gegen „geistigen Müll“ zu wappnen. (………..). Am Donnerstagnachmittag meldete sich Somuncu nochmals zu Wort und beschwerte sich darüber, dass Facebook seine Reichweite beschränke.“ > Soweit zur Demokratie, Meinungsfreiheit und Debattenkultur im besten Deutschland, welches wir jemals hatten.“ Was die kritischen Worte von Serdar Somuncu zum Thema Corona-Politik und das Drumherum betrifft, kann man/ich ihm eigentlich nur zustimmen. DOCH was zum Beispiel die Meinungsfreiheit und Debattenkultur bei betrifft, da habe ich bei Serdar Somuncu aber auch so meine starken Zweifel und das diese bei ihm nur bis zu einem bestimmten Punkt/Thema vorhanden… Mehr

Profilname
2 Jahre her

Gutes Statement, man darf aber nicht vergessen wie er sich früher für die illegale Migration geäußert hat!
Er hat vielleicht gerade mal die rote Pille geschluckt, aber wenn der Kater = medialer Shitstorm zu groß wird, müssen wir abwarten ob er nicht wieder zurückrudert.
Trotzdem sind solche Stimmen wichtig, da Leute wie Serdar schon recht bekannt sind und viele Leute erreichen.
Bin kein Fan von Ihm, nur wenn er in dieser Sache die gleiche Meinung vertritt, würde ich mich jederzeit neben Ihn stellen. Sowas nennt man doch Demoktratie? oder nicht….

Last edited 2 Jahre her by Profilname
Seemann
2 Jahre her

Oh, der Wind hat sich gedreht. Wie schnell man doch die Seiten wechseln kann.

Juergen P. Schneider
2 Jahre her

Ich bin für jeden Prominenten dankbar, der seinen Mund aufmacht und Tacheles redet. Da werden einem Leute plötzlich sympathisch, die man in der Vergangenheit nur am Rande wahrgenommen hat. Diese Menschen riskieren mehr als wir Normalos, da sie auf die Mainstreammedien irgendwie angewiesen sind. Wen der Bannstrahl trifft, der kann unter Umständen seine weitere Karriere vergessen. Sollte Herr Somuncu demnächst, wenn der ganze Irrsinn vorbei ist, einmal in meiner Nähe gastieren, werde ich hingehen. Wie sang Hans Albers so schön: „…einmal muss es vorbei sein.“

Andreas Spata
2 Jahre her

Manche seiner satirischen, zuweilen brutal unter die Gürtellinie gehenden, Beiträge fand ich ganz witzig obwohl mir aufstieß das er oft alles „Deutsche“ unverhälnismäßig in die rechte Schmuddelecke geschoben hat. Er scheint inzwischen mehr zu differenzieren und da sage ich doch mal, als Liebhaber der arabischen Lebensfreude: Der Feind meines Feindes ist mein Freund…

Konservativer2
2 Jahre her

Herr Somuncu traut sich aber was. Schon genug für den Ruhestand angespart?