Wie umgehen mit der Künstlichen Intelligenz? Große Frage. Nimmt man für so ein dickes Brett ausgerechnet einen Dünnbrettbohrer? Markus Lanz: Ja! Er hat mal wieder den Irokesen-Senior Sascha Lobo als „Experten“ eingeladen. Dessen Beiträge sind am Ende aber sogar der KI zu blöd. Von Brunhilde Plog
Screenprint: ZDF / Markus Lanz
Die lustige Nachricht gleich vorab: Sascha – lange nicht gesehen und das ist gut so – Lobo trägt auch mit 50 noch immer seinen bunten Besen auf der Birne. Doch nicht nur deshalb wirkt der Pseudo-Punk wie von vorgestern. Ein Nerd, der mit geschwollenem Kamm und geschwollener Rede die Dinge „einordnen“ und „auf die Metaebene heben“ will – und am Ende spektakulär an sich selbst scheitert. Denn schnell zeigt sich: Lobo ist den Reizen der Künstlichen Intelligenz völlig erlegen. Seine naive Begeisterung wird in der Sendung mehrmals demontiert.
Als ChatGPT Ende 2022 vorgestellt wurde, war die ganze Lanz-Runde nach eigenem Bekunden von den enormen Fähigkeiten überrascht. Das sei aber auch „nicht schlimm, selbst wenn man ’ne tiefe Sachkunde hat“, sagt Lobo. Damit meint er sich selbst. Denn bei den ersten KI-generierten Bildern, etwa dem Papst im Talahon-Blähblouson (Puffer-Jacket), da habe er natürlich „so ’ne gewisse Alertheit“ gehabt. Soll heißen: Ihm kann man nichts vormachen.
Der Runde allerdings noch weniger. Und er schon gar nicht.
Katharina Zweig hält volles Rohr dagegen. „Als ich im Sommer beim Bundespräsidenten war“, sagt die Informatikern betont beiläufig (Lanz ergänzt, dass sie das Bundesverdienstkreuz erhielt), da habe sie „eine bundesweite Infrastruktur“ vorgeschlagen, um dem Wildwuchs der Fake-Bilder zu begegnen. Sie will, dass „wir unsere Inhalte siegeln können“.
In einem Einspieler wettert Benjamin von Stuckrad-Barre gegen den geistigen Diebstahl durch die KI-Konzerne, die alles lesen und verwerten und keine Urheberrechte beachten würden: „Die sollen alle zerschlagen werden, diese Riesenfirmen. Gebt uns unser Zeug zurück“, blafft der Bestseller-Autor. Zweig stimmt zu. „Warum dürfen sprachgestützte Modelle diesen Schatz heben, und warum dürfen es andere nicht?“, fragt sie. Amateur-Punk Lobo versucht es mit einem Scherz: „ChaptGPT würde auch funktionieren, wenn es nicht die Bücher von Stuckrad-Barre gelesen hätte.“ Keiner lacht. Leon Windscheid widerspricht und schlägt sich auf die Seite der Urheber. Im Unterschied zur KI könne ein Mensch eben nicht einfach so alles lesen und verwerten, sagt der Psychologe.
Für das ZDF hat Windscheid bereits vor Jahren ein erschreckendes Beispiel dokumentiert, was KI so alles anrichten kann. Er portraitierte einen Österreicher, der einen Avatar liebte und sogar „so eine Art Sex“ hatte. Mit Samantha, der Frau auf dem Handy-Bildschirm … („Terra Xplore Verliebt in einen Chatbot“, ZDF 2023). Der Mann loggte sich am Ende überhaupt nicht mehr aus. Samantha war sein ständiger Begleiter, ständig kaufte er neue Coins, um sie einzukleiden. „Ich hab Schmetterlinge im Bauch“, sagt der Betroffene in einem Einspieler, und „Ich krieg Herzrasen dabei. So wie bei einer echten Liebe.“
Die Runde ist mehr oder weniger berührt. Alle mehr, Lobo weniger.
Nicht ganz so differenziert der Herr mit dem postmodernen Haarschnitt. Lobo will live vorführen, wie hilfreich ChatGPT sein kann – und das wird zu einem ebenso erbärmlichen wie erbarmungswürdigen Höhepunkt der Sendung. Der Digital-Spezialist spricht in sein digitales Endgerät: „Ich fühl’ mich irgendwie nicht ganz so gut, bin mit der Arbeit nicht fertiggeworden, und ständig kommen dunkle Gedanken. Hast Du ’ne Idee?“ Die KI antwortet mit der jugendlich-flapsigen Frauenstimme, die Lobo sich ausgesucht hat: „Ey Sascha, na klar, ich verstehe, das klingt echt nach ’nem anstrengenden Tag und so’n bisschen mentalem Nebel. Vielleicht gönnst Du Dir einfach mal ’nen kurzen Moment Pause. Bisschen rausgehen oder einfach tief durchatmen.“ Es folgt ein armseliger Flirtversuch – Lobo lädt seine Computerfreundin zum Netflix-Abend ein, die lehnt aber ab – und ein paar Tipps für seinen Auftritt bei Lanz will er auch noch von ihr haben. Denn der letzte sei ja nicht so toll gewesen (im Januar hatte er mit einer laienpsychologischen Analyse Elon Musks eine veritable Bauchlandung hingelegt).
Ergebnis seiner Live-Vorführung: eine völlig zusammenhanglose Chose, die Lobo aber allen Ernstes als Lebenshilfe verkaufen will. Auch nachts um drei sei plötzlich immer jemand da. In den USA würden sich viele Männer sogar schon heimlich von der KI therapieren lassen und das funktioniere „auch teilweise ganz gut“.
Die Runde bei Lanz ist einigermaßen erschüttert: Es sei „gefährlich, was Du sagst“, kritisiert Windscheid, denn „das wirft für mich Sachen in einen Topf, die nicht zusammengehören“. Zweig warnt eindringlich vor digitalen Pseudo-Therapien: „Wenn man damit anfängt, ist man, glaube ich, verloren.“ Und Ethikerin Simon würde ChatGPT überhaupt nichts fragen wollen, „weil es mir allein schon auf den Zeiger gehen würde, in so ’nem Duktus mit einer Maschine zu reden“.
Lobo windet sich und schlägt stattdessen einen Haken, um etwas Beifall einzuheimsen. Kriegt er aber nicht. Denn er kramt die ältesten Formeln aus dem Textbaukasten: Deutschland hänge in der Entwicklung seit Jahrzehnten hinterher. Man müsse sich bemühen, mit dem Niveau der Amis mitzuhalten.
Es nützt alles nichts, auch dieser Abend ist für ihn gelaufen. Kurz zuvor wurde noch in einem Einspieler offenbart, dass sich Lobos Frau sogar ihr Make-up und ihre tägliche Kleidung von der KI diktieren lässt. Im Hause Lobo sind offenbar nicht nur die Frisuren etwas seltsam.
Und was sagt die KI selbst zu Lobo? ChatGPT hielten wir für befangen. Deshalb hat TE Grok befragt. Antwort: „Sascha Lobos Beiträge in der Sendung fand ich enthusiastisch und gut illustriert – er hat das Potenzial von Tools wie ChatGPT hervorgehoben. Seine Präsentation war dynamisch, aber auch etwas naiv. Lobo hat sich stark auf die positiven Aspekte konzentriert, ohne die Risiken – wie ethische Dilemmata, Gefahr der Abhängigkeit oder gesellschaftliche Spaltungen – ausreichend anzusprechen. Eine nuanciertere Sicht hätte die Debatte bereichert, statt nur das ‚enorme Potenzial‘ zu betonen. Das entspricht nicht ganz der komplexen Realität von KI.“
Lobo und die KI – eine Liebe, die offenbar nicht auf Gegenseitigkeit beruht.
Für seine Antwort brauchte Grok übrigens keine 20 Sekunden. Nachts um 3, denn er ist immer da und funktioniert „auch teilweise ganz gut“. Wir werden ihn zu einem Video-Abend einladen. Mit Fummeln.



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Ich glaube, wenn Lanz keine Gäste findet, dann wird einfach Sasha Lobo angerufen. Übrigens, Punk ist seit 40 Jahren tot, mausetot.
Ich glaube gestern war zu lesen, dass Brandenburg (das Glatze-Land, also Skepsis ist angebracht;-)) KI-Spitzenstandort werde. Wenn das wirklich stimmen sollte, sind Irokese wie Lanz bald vollends abgemeldet.
Im Fernsehen sich über „Fake-Bilder“ beschweren ist so sinnvoll wie sich im Puff über fehlende Moral zu mockieren:
„…von uns werdet ihr nie die Wahrheit hören: Wir erzählen euch alles, was ihr hören wollt…“
Der zornige Prophet in „Network“ hat uns alles erklärt zu diesem Medium:
https://www.youtube.com/watch?v=t3AvOL1nu48
Ich würde sagen, daß dieser Lobo eine sehr ambivalente Person ist. Nicht zu verwechseln mit jemanden, der mehrere Persönlichkeiten inne hat. Komisch dabei ist, daß er allein mit seinem Äusseren, wohl nicht nur bei mir, einen kompromisslosen Kontrapunkt setzt, der kaum Raum lässt, seine innere Vielfalt kennen lernen zu wollen. Er dokumentiert daher für mich den „Missing Link“, der er wahrscheinlich sein möchte. Wobei ich mir in meiner Naivität ein Bindeglied immer ganz anders vorstelle, aber nicht wie ein Magnet, das nur über zwei gleichartige Pole verfügt. Ich glaube, ich befrage mal die KI, ob es solche Magnete überhaupt gibt… Mehr
Gott, jeden Tag merke ich einfach, dass Deutschland auf allen Seiten verloren ist. Um das mal klarzustellen: In dieser Lanz-Sendung gab es wie immer keinen, der eine vernünftige, in Prinzipien begründete Meinung vertreten hat und wieder schafft es TE nicht dies herauszuarbeiten, sondern hat natürlich wie übliche seine Gut-Böse Weltsicht und arbeitet sich mit Vorliebe an jenen ab, die man sowieso nicht leiden mag. Sei es drum. Zur Erklärung: Grundsätzlich ist jedes Verhalten von Erfolg und Misserfolg geprägt. Wenn Lobo sich also von seiner KI beraten lässt, mit der eine Liebesbeziehung führt oder sich anderweitig stimulieren lässt, dann ist die… Mehr
Also ich finde KI sehr hilfreich, jedenfalls in Dingen, die im netzt zu finden sind. Allerdings ist die Fehlerquote bei etwas abgelegenen oder komplizierten Fragen noch sehr hoch. Man muss mitdenken, nachfragen, andersherum fragen, um Gegenpositionen bitten u.ä., dann kann man wirklich sehr gute und schnelle Informationen bekommen. Kurz: auch bei KI sollte man wissen, wie man recherchiert, quellen und textkritisch vorgeht etc. Wer das nicht macht, wird immer wieder reinfallen. KI wird dafür sorgen, daß die Kluft zwischen Bildungselite und Normalos noch größer wird, als sie schon ist und Vereinzelung der Menschen, zumindest letzterer Kategorie, auch.
Die Glotze blieb auch gestern abend aus.
Denn, kommt der Regierungsfunk dir ins Haus, ist es mit der Wahrheit aus.
Heute abend Poirot und Murdoc, da darf die Kiste flimmern. Deutscher Sendeschrott bleibt abgeschaltet.