Anne Will: Heizungstausch toll, nur Kommunikation schlecht

An diesem Abend hat Anne Will zum Einzelgespräch geladen. Theoretisch sind auch zwei andere Gäste dabei – aber wer glaubt, dass sich Habeck inhaltlicher Kritik ausgesetzt sieht, der hat vergessen, dass Anne Will bei der ARD ausgestrahlt wird.

Screenprint ARD
Im Interview mit Bundesklimaschutzminister Robert Habeck fängt Anne Will mit harten Bandagen an: „Sie haben ein Gesetz vorgelegt, das weder handwerklich noch kommunikativ so richtig gut gemacht ist.“ Eine harte Frage nach den Standards der ARD – hat Will die Frage ja noch nicht einmal mit einem gehauchten „Klima ist mir ja auch wichtig, aber …“ begonnen. Das hat sie hier nur mitgedacht.

Der Vorwurf: Seine Politik habe der Akzeptanz von Klimapolitik sowie dem Ansehen von Regierung und Partei geschadet. Der Tenor ist klar: Das Gesetz ist inhaltlich nicht zu kritisieren, natürlich ist es eine super Idee, in den Heizungen der Bürger rumzupfuschen. Nur, wie das Gesetz an den Bürger gebracht wurde, ist ein bisschen ein Problem – und vielleicht gibt es im Gesetz ein paar inhaltliche Fehler. Aber was soll man von einem Ministerium mit 2.187 Mitarbeitern schon erwarten?

Anne Will möchte vor allem eines wissen: Was ist schiefgelaufen, dass die Bürger die Ideen der Bundesregierung so vehement ablehnen? Warum hat Habeck einfach nicht das Gespür zu merken, dass das eine schlechte Idee war?

Gasheizungsverbot wegen Gasmangel?

Habeck hat keine Antwort auf diese Fragen. Wie auch, müsste er doch dafür die ideologischen Scheuklappen ablegen. Dass er von der Lebensrealität der Bürger entfremdet sein könnte? Unmöglich. Er meint: Er musste Deutschland durch den Gasmangel bringen, und dafür wurden viele Dinge verboten. Zum Beispiel das Heizen öffentlicher Gebäude über 19 Grad. Und deswegen wurde sein Wärmepumpengesetz abgelehnt, denn: „Mein Fehler war, dass wir weitergemacht haben wie 2021“, und: „Ich gebe Ihnen recht, dass das Gesetz nicht als Beitrag zur Krisenbewältigung empfangen wurde.“

Mit der „Krise“ ist übrigens der anhaltende Gasmangel gemeint, von dem Habeck wohl glaubt, ihn mit einem Verbot des Einbaus von Gasheizungen bekämpfen zu können. Es zeigt sich: Er rechnet nicht damit, dass in den kommenden Jahren wieder energetsiche Normalität einkehrt. Trotz aller Widerstände: Das Gesetz kommt jetzt. Vielleicht nicht so, wie die Grünen es sich gewünscht haben, aber etwas später.

„Wie fühlt sich das an?“

Offensichtlich schwer angeschlagen ist Robert Habeck immer noch davon, seinen vertrauten Patrick Graichen schassen zu müssen. Der Minister bestreitet es, aber es ist klar: Graichen musste gehen, nicht weil er untragbares Verhalten an den Tag legte, sondern weil der Druck auf Habeck zu groß wurde. Dass die „Agora Energiewende“ und die mit ihr vernetzten Lobbys noch immer die Politik aus der zweiten Reihe steuern, darüber wird in der Sendung kein Wort verloren.

Nach ein bisschen Habeck-Grillen, ist auch wieder Habeck-Streicheln dran. Anders kann man diese Aussagen Wills nicht verstehen: „Man kriegt nicht den Eindruck, dass die [FDP-Leute] den Ernst der Lage [Klimakrise] so ernst nehmen wie Sie.“ Und: „Fehlt Ihnen im Vergleich die Rücksichtslosigkeit, die Abgebrühtheit eines Christian Lindner?“

Es geht natürlich um die Spitzen des Finanzministers, dass er in seinem eigenen Haus bereits eine Wärmepumpe installiert hätte, die Grünen in ihrer Parteizentrale aber noch nicht. Auch möchte die Moderatorin wissen: War Habeck durch die Angriffe auf Graichen verletzt? Wie fühlte er sich? Das war ja alles sehr schlimm.

Im letzten Viertel werden noch zwei weitere Gäste in die Sendung geladen, vorgeblich um mit Habeck zu diskutieren. Inhaltlich sind sie aber dünn: Wirklich streiten wollen sie sich nicht mit dem Wirtschaftsminister. Man kann nur das Gefühl haben, sie seien Beiwerk, damit der Minister auch mal einen Punkt machen kann. Da ist Wolfgang Merkel, emiritierter Professor für Politikwissenschaften und im Übrigen auch Mitglied in der Grundwertekommission der SPD. An den Grünen kritisiert er: Weil sie davon überzeugt seien, eine moralisch richtige Politik zu verfolgen, wirke ihr Handeln oft „von oben herab“. Das sollte die Partei lassen, findet er. Also, dass ihre Politik von oben herab gemacht scheint. Alles andere ist gut, so seine Einschätzung.

Beratungsgremien: Unabhängig auf dem Papier

Und dann ist da noch Veronika Grimm. Sie ist in die Tiefen der Regierungspolitik verstrickt als eine der Wirtschaftsweisen. Das ist der vorgeblich neutrale Rat, der der Regierung immer wieder ihr Handeln bestätigt. Vorgeblich neutral, denn drei der fünf Plätze werden von der Regierung besetzt, die anderen zwei durch regierungsnahe Verbände der Arbeitgeber und der Gewerkschaften. Erst im Februar 2022 wurde Grimm erneut für fünf Jahre in den Rat berufen – auf Vorschlag von Robert Habeck.

An ihr fällt auch anderswo auf: Sie widerspricht Habeck schon mal, aber immer nur in den Details seiner Planungen. Atomkraftwerke sollen weiterlaufen wegen der Krise, ordnungspolitische Maßnahmen sollten durch Anreizsysteme oder „Klimageld“ ersetzt werden. Grimm findet es zum Beispiel wichtig und richtig, dass die Regierung den Gaspreis – auch für die Industrie – in die Höhe treibt. Auch war sie öffentlich dagegen, die Mineralölsteuer vorübergehend zu senken, denn davon würden die Besserverdiener profitieren.

Habecks Ideen findet sie insofern falsch, dass sie Verbote nicht gut findet. Stattdessen soll der Bürger über immer höhere CO2-Preise von der Gasheizung weggetrieben werden. Gut, so drückt sie das nicht aus. Aber vor allem soll der Staat in das Leben der Bürger intervenieren, damit sie so heizen wie von der Politik gewünscht.

Die Kritik an Habeck lautet also: Die Mittel sind nicht die, die Wills Gäste anwenden wollen. Über die Sinnhaftigkeit der Ziele will aber keiner diskutieren.

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Kommentare ( 96 )

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StefanH
10 Monate her

Kritisieren kann man nur jemanden, den man ernst nimmt.

giesemann
10 Monate her

Rein kommunikastrorisch spricht sich herum: Das Klima und sein Wandel sind reine Luftnummern, um das Publikum ins Bockshorn zu jagen, zu schurigeln und von der eigentlichen Gefahr ab zu lenken: Die Invasion der Söhne Allahs nebst ihrer Gebärmaschinen schon als kleine Mädchen mit 13/14/15 – Generationenfolge 15 Jahre. Das hilft bei der demographischen Eroberung der Gegend hier. https://www.tichyseinblick.de/feuilleton/medien/anne-will-heizungsgesetz-habeck/

Haedenkamp
10 Monate her

Sind diese 2.187 Mitarbeiter nur in der Abteilung #Klimaschutz# beschäftigt oder für das ganze Ministerium zuständig, lieber Herr Tichy?

Kassandra
10 Monate her
Antworten an  Haedenkamp

Hier der Organisationsplan – der bei Habeck wenigstens ausgefüllt ist – bei Baerbock im AA bislang jedoch nicht: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/M-O/organisationsplan-bmwk.pdf?__blob=publicationFile&v=32
Alle „Zuarbeiter“ scheinen nicht gelistet – und interessant die neben des Ministers Namen auftauchende Abteilung „Transformationspolitik“ unter einem/r gewissen „Siller“.
2187 sind wohl alle – wie wiki schreibt. Allerdings stammt die Zahl aus Dezember 2020. Und seitdem ging es mit den Beschäftigten unter dem grünen wohl aufwärts.
Unzählige Berater werden zudem „zugekauft“ – und auch der Fotograf des Ministers ist nicht auffindbar und steht teuer auf einem ganz anderen Blatt.

Last edited 10 Monate her by Kassandra
Hieronymus Bosch
10 Monate her

Für derartigen Meinungs-Journalismus bezahle ich GEZ-Gebühren! Ein grüner Selbstdarsteller und gleichzeitig ein politischer Dilettant bekommt zur besten Sendezeit Redefreiheit! Seine Selbstoffenbarung zeigt allerdings seine Planlosigkeit und Inkompetenz! Eine Zumutung für alle nachdenkenden Zuschauer!

Ernst K.
10 Monate her

„Schluss mit diesem Humbug !“

Schön wär’s, aber der Altbundesbürger vertraut weiter auf Regierungsparteien und Union – getreu dem Motto „Es muß noch schlimmer werden, ehe es besser wird“.

Roland Mueller
10 Monate her

Die italienische Regierung hat zu den Vorgaben aus Brüssel (Dämmung, Heizungsaustausch, usw.) erst gar keinen Gesetzentwurf vorgelegt, weil sie genau weiß was passiert, wenn sie einen vorlegt. Nur mit dem braven deutschen Bürgerlein kann man den Affen machen.

Regina Lange
10 Monate her

Es wird suggeriert „die Leute sind nur zu blöd um zu verstehen, was die Begrünten für tolle Gesetze – Erlasse – Verordnungen – Verbote zur Rettung der Erde kreieren“! Man sollte grüne, verbeamtete, staatlich geprüfte Erklärbären (mit Antifa-Schutztruppen) an die Wutfront schicken, damit auch der Letzte kapiert, wie gut die Grünen sind! Und wer dann immer noch störrisch ist — nun dafür ist die Schutztruppe dabei!

Kassandra
10 Monate her

Es gibt gar keine Diskussion.
Uns werden durch Politik wie MSM und dem ÖRR Haltungen vorgegeben.
Und wer die nicht mitträgt, wird rigoros disqualifiziert.

StefanZ
10 Monate her

Der Robert hat halt nicht nur einen Fotografen sondern auch seinen eigenen Fernsehsender. Darüber, dass das Volk zu blöd ist seine Politik zu verstehen und nicht mal mit Messer und Gabel essen kann, sollte er sich aber freuen. Wäre es anders, wäre er doch niemals gewählt worden.

maps
10 Monate her

Nichts neues, was für eine Propaganda-Show im ÖRR. Das ist ein reines Sprachsrohr der Regierung. Ein Kinderbuchautor darf hier seine Märchen erzählen und seine Clan-Strukturen zum besten geben.

Kassandra
10 Monate her
Antworten an  maps

Aber auch nur für das, was nicht des Pudels Kern trifft. Wieso war nicht das Fließen von Subventionen in angedachten 9.900.000.000.00 Euro aus Steuerzahlergeld, also so gut wie 10 Milliarden, an den amerikanischen Chiphersteller Intel für ein neues Werk in Magdeburg Thema bei der „show“? Und wie Habeck darauf kommt, dass da ein return of invest stattfinden könnte? Wie viele Subventionen hat Habeck in seiner kurzen Amtszeit bislang überhaupt an wen im In- wie Ausland weiter gereicht – wird das irgendwo gelistet? Dass da ein Hasardeur im Amt sitzt, sollte lange bekannt sein: „…Wenn man sich Großes vornimmt, kann man… Mehr