Gerald Grosz: Merkels Werk – unser Untergang

Der österreichische Politik-Experte, Autor und TV-Talkstar kann mit sich zufrieden sein: Mit seinem neuen Buch erobert Gerald Grosz in dieser Woche Platz 10 der Spiegel-Bestseller-Liste. Der starke Einstieg zeigt auch: Der Autor ist bereits zu groß, um gecancelt zu werden.

Gerald Grosz liefert eine Abrechnung mit der Kanzlerschaft Angela Merkels, die pointierter und kompromissloser kaum ausfallen könnte. Er zeichnet das Bild einer politischen Epoche, die nach seiner Auffassung nicht nur Deutschland, sondern den gesamten europäischen Kontinent auf einen verhängnisvollen Kurs gebracht hat.

Ausgangspunkt seines Werkes ist der 31. August 2015. An diesem Spätsommertag sprach Merkel in der Bundespressekonferenz die Worte, die längst in die politische Geschichte eingegangen sind: „Wir schaffen das.“ Grosz deutet diesen Satz nicht als bloße Floskel, sondern als Chiffre für eine tektonische Verschiebung in der europäischen Politik. Aus seiner Sicht war es der Moment, in dem sich Deutschland und Europa auf einen Weg begaben, dessen Folgen noch immer spürbar sind: ein Kontrollverlust im Asylwesen, eine Überforderung staatlicher Institutionen und eine tiefe gesellschaftliche Spaltung.

Der Autor geht weit über die Schilderung von 2015 hinaus. Er blickt zurück auf die geopolitischen Verwerfungen seit dem Arabischen Frühling, auf die Rolle westlicher Mächte in Afghanistan, Syrien und Libyen und auf die daraus resultierenden Migrationsbewegungen. Grosz macht deutlich, dass er Merkels Politik nicht als isolierten Fehler betrachtet, sondern als Teil einer längeren Entwicklung, in der Europa aus moralischem Sendungsbewusstsein und politischer Kurzsichtigkeit immer wieder auf das falsche Pferd gesetzt habe.

Interviews mit Václav Klaus und Herbert Kickl

Abrechnung mit 10 Jahren Flüchtlingskrise
Gerald Grosz: „Merkels Werk ist unser Untergang“
Was das Buch besonders auszeichnet, ist die Verbindung von Analyse, Polemik und Zeitdokumenten. Grosz verknüpft seine Kritik mit Interviews prominenter Stimmen: Václav Klaus, Hans-Georg Maaßen, Herbert Kickl und Tino Chrupalla kommen zu Wort. Ihre Einschätzungen verleihen dem Buch eine zusätzliche Dimension, auch wenn sie überwiegend im selben Lager wie der Autor verortet werden. Für den Leser entsteht so ein vielstimmiges Panorama der Kritik, das den Eindruck verstärkt, dass die Migrationspolitik von 2015 tatsächlich ein Höhepunkt europäischen Scheiterns war.

Stilistisch bleibt Grosz seiner Linie treu: Er schreibt scharfzüngig, manchmal bewusst überzogen, aber stets mit klarer Haltung. Seine Sprache ist von Pathos und Zuspitzung geprägt. Begriffe wie „Multiorganversagen staatlicher Institutionen“ zeigen, dass es ihm nicht um eine nüchterne Analyse, sondern um eine leidenschaftliche Anklage geht. Für manche Leser mag das zu einseitig sein, für andere liegt darin genau die Stärke des Buches: Es zwingt dazu, Stellung zu beziehen, sich nicht in bequemer Neutralität einzurichten.

Die Spaltung der Gesellschaft

Stephans Spitzen:
10 Jahre Asylkrise - Gefühl oder Kalkül
Ein zentrales Motiv zieht sich durch die Kapitel: die gesellschaftliche Spaltung. Grosz beschreibt, wie aus einer bis dahin weitgehend harmonischen Gesellschaft innerhalb weniger Monate zwei Lager wurden, die sich unversöhnlich gegenüberstehen. „Wie hältst du es mit den Flüchtlingen?“ – diese Frage sei zur Gretchenfrage einer ganzen Generation geworden, so Grosz. Er arbeitet heraus, wie Medien und Politik durch Polarisierung und moralische Zuschreibungen („Bahnhofsklatscher“ versus „Nazis“) zu einer Eskalation beitrugen, deren Narben bis heute sichtbar seien.

Das Buch endet nicht mit der Vergangenheit, sondern stellt Fragen an die Zukunft: Welche Konsequenzen hat die demografische Veränderung Europas? Wie wirken sich Migration und gesellschaftliche Fragmentierung auf Bildung, Sicherheit und Sozialsysteme aus? Welche kulturellen Identitäten werden bewahrt – und welche gehen verloren? Grosz verweist auf Zahlen aus deutschen und österreichischen Großstädten, die zeigen, dass bereits heute ein erheblicher Anteil von Schülern ohne ausreichende Deutschkenntnisse in den Klassenzimmern sitzt. Für ihn ist dies ein Symbol dafür, dass die europäische Politik die Weichen nicht rechtzeitig gestellt hat.

Man mag Grosz’ Thesen teilen oder ablehnen – gleichgültig lassen sie nicht. Das Buch ist keine wissenschaftliche Analyse, sondern ein leidenschaftlicher Einspruch gegen das politische Vermächtnis Angela Merkels. Es ist Anklage, Mahnung und polemische Provokation zugleich. Wer verstehen will, warum die Flüchtlingspolitik von 2015 bis heute Emotionen weckt und politische Lager spaltet, findet in Grosz’ Werk einen pointierten wichtigen Beitrag.

„Merkels Werk – unser Untergang“ ist ein Buch, das polarisiert – so wie das Thema, das es behandelt. Es wird diejenigen bestärken, die Merkels Politik für einen historischen Irrweg halten, und es wird Kritiker empören, die es für überzogen und einseitig halten.

In jedem Fall aber gelingt Grosz das, was ein politisches Buch leisten muss: Debatten anzustoßen und Widerspruch zu provozieren.

Gerald Grosz, Merkels Weg – unser Untergang. Leopold Stocker Verlag, Hardcover mit Überzug, 332 Seiten, 26,00 €.


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Kommentare ( 4 )

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Ron
3 Monate her

Der Gerald sagt offen das, was wir in Ö als gesunden Menschenverstand/Hausverstand bezeichneten. Leider ist das in Ö und speziell in D nicht mehr bzw. nur noch sehr eingeschränkt möglich.

Die Wahrheit
3 Monate her

JA – Merkel ist eine Verbrecherin – aber was geschieht mit den ganzen anderen Verbrechern von Habeck, Scholz, Merz, Spahn und, und, und …. Ja auch ein Merz ist ein Verbrecher, denn wenn er so wie ein Trump agieren würde, gäbe es mittlerweile keine Ausreise Pflichtigen Migranten mehr in Deutschland und viele Messerstechereien, Vergewaltigung und andere Delikte wären vermieden worden. Achso Merz hat dafür keine Zeit – er tingelt lieber durch die Welt.

Konradin
3 Monate her

Gerald Grosz´ Buch „Merkels Werk – unser Untergang“ könnte vielleicht der zweite Teil einer möglichen fulminanten Trilogie über das Schicksal Deutschlands und der Deutschen im 21. Jahrhundert werden. Der erste Teil war Sarrazins durchschlagender Bestseller „Deutschland schafft sich ab – Wie wir unser Land aufs Spiel setzen“ von 2010. Von eben jener fatalen Unmutter Deutschlands, um die es im Grosz´ Buch geht als „diffamierend“ und „nicht hilfreich“ geschmäht. Ein drittes Werk könnte in wiederum 15 Jahren, im Jahr 2040, auf Basis aller bis dahin bestätigten und belegten (und vielfach bereits heute nahezu sicher absehbaren) Zahlen, Daten, Fakten in allen relevanten… Mehr

Dr.KoVo
3 Monate her

Sarrazin und Doulas Murrey hatten es schon 2010 beschrieben. Prinzipiell ist die Sache gelaufen. Es sei denn, man schafft alle Migranten aus Deutschland. Was ja nicht geht. Somit richtet es die Geburtenrate.