Wie die Bundesregierung den Stand der E-Mobilität schön rechnet!

Die jüngsten Behauptungen von Wirtschaftsminister Peter Altmaier zur Elektromobilität halten der Kritik nicht stand. Vier Anmerkungen zu seiner Schönrechnerei.

imago images / photothek
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, CDU, erscheint zu einer Pressekonferenz zur Nationalen Wasserstoffstrategie.

Wie Wirtschaftsminister Peter Altmaier an diesem Freitag im Tagesspiegel freudig verkündete, werden im Juli eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen unterwegs sein. Dieses Ziel von einer Millionen E-Autos wollte die Regierung eigentlich schon bis 2020 erreichen, so jedenfalls war es war von der Bundesregierung im Jahre 2010 im Rahmen der eigens dafür gegründeten der „Nationalen Plattform Elektromobilität“ für 2020 zugesichert worden. Es war von Anfang an höchst umstritten.

Dazu sagte Altmaier, Deutschland stehe auch wegen der milliardenschweren Kaufprämien vor einer runden Marke beim Ausbau der Elektromobilität. „Wir werden unser Ziel von einer Million Elektroautos bis 2020, das jedermann für unerreichbar gehalten hat, in diesem Juli erreichen, also mit nur einem halben Jahr Verspätung“. Im ersten Halbjahr 2021 seien mit insgesamt 1,25 Milliarden Euro bereits mehr Prämien in Anspruch genommen als im ganzen letzten Jahr. Es werde in diesem Jahr eine Rekordförderung für Elektroautos geben. Dank der Prämie – das bekennt Altmaier offen – hätten sich viele Menschen für ein Elektroauto entschieden.

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Das weitere Ziel von sieben bis zehn Millionen Elektroautos auf deutschen Straßen bis 2030 könne sogar übertroffen werden. Der Wandel hin zu einer individuellen, aber klimafreundlichen Mobilität verankere sich langsam im allgemeinen Bewusstsein, zudem gebe es Innovationsschübe durch die Unternehmen.

Dazu muss man eine Reihe kritischer Anmerkungen machen:

  1. Die von Minister Altmaier stolz verkündete Zahl von einer Million Elektroautos ist nur halb richtig. Die als E-Auto zugelassen Neufahrzeuge Autos sind nur ungefähr zur Hälfte rein elektrische Fahrzeuge auf Batteriebasis – was die Bundesregierung 2010 ursprünglich als Ziel im Sinne hatte – zur anderen Hälfte sogenannte Plug-in-Hybride (PHEV) besitzen also als Hauptaggregat einen Verbrennermotor und einen batteriebetriebenen Elektromotor als Nebenaggregat. Sobald der Batteriestrom zu Ende ist, schaltet der Motor selbsttätig auf den Verbrenner um. Damit ist den Kunden die Reichweitenangst genommen. Stotz hätte Minister Altmaier darauf sein können, dass es die deutschen Autohersteller als Urheber waren, die dieser Innovation weltweit zum Durchbruch verholfen haben. Und damit bislang Beschäftigungseinbrüche durch die Transformation der Antriebstechnik auf E-Mobilitätvermeiden konnten. Einschlägige Studien, so des Ifo-Instituts, haben Arbeitsverluste in der Autoindustrie von bis zum 200.000 Arbeitsplätzen errechnet.
  1. Laut Minister Altmaier seien seit Beginn der Umweltprämie über 530.000 Fahrzeuge gefördert und rund 2,1 Milliarden Euro an Förderung ausbezahlt worden. Im Rahmen der Corona-Konjunkturprogramme war die Förderung deutlich aufgestockt worden. Für Elektrofahrzeuge, die weniger als 40.000 Euro Nettolistenpreis kosten, beträgt die maximale Fördersumme nun 9000 Euro, für Hybrid-Autos sind es 6750 Euro. Die Hälfte dieser Förderbeträge zahlen dabei allerdings die Autohersteller. Richtig gerechnet erzielt Finanzminister Olaf Scholz über das Mehrwertsteueraufkommen sogar Einnahmen aus der Prämienförderung von E-Autos.
  1. Zum Glück für die Umwelt überwiegen auch bei den elektrifizierten Autos die Plug-In-Hybride, denn die reinen Batterie-Stromer sind keineswegs so klimafreundlich wie landläufig vom Umweltministerium verbreitet. Renommierte Wissenschaftler, u.a. Professoren Koch und Bölke (KIT in Karlsruhe), haben vor wenigen Tagen mathematisch präzise nachgewiesen, dass jedwedes Batterie-Elektroauto in Bezug auf CO2 Emissionen umweltschädlicher ist als vergleichbare Verbrennerautos, solange Elektroautos in Deutschland nicht mit grünem Strom betrieben werden. Und genau das werden sie nicht. Motoren-Papst Prof. Fritz Indra liefert dazu folgendes Zahlenbeispiel: „Bei korrekter CO2-Berechnung emittiert beim deutschen Strommix ein elektrischer ZOE 235 g CO2 / km, ein CLIO Diesel nur 149 g CO2 / km. Prof. Indra: „Die Wahrheit lautet, dass Subventionen für die Elektromobilität die Treibhausgasemissionen erhöhen.“ – Und daran wird sich in den nächsten 20 Jahren nichts oder nichts Nachhaltiges ändern!
  1. Solange E-Mobilität nur mit schmutzigem Kohlestrom betrieben werden kann, muss man alle Hinder-und Hemmnisse bei ihrer Verbreitung, wie zum Beispiel gravierende Engpässe beim Ladenetz, unzureichende Reichweiten und hohe Anschaffungskosten beim Wegfall der Fördersubventionen umweltpolitisch eher begrüßen als bedauern. So liegt Deutschland bei den E-Ladepunkten in der EU hinter Frankreich und den Niederlanden nur auf Platz drei, obwohl hier die meisten E-Autos unterwegs sind. Auch halten Regierungsberater zur Erreichung der Klimaschutzziele bereits 2030 schon 14 Millionen E-Autos für nötig.

Der raschen Verbreitung der E-Mobilität ist aus Klimaschutzgründen absolut und voll zuzustimmen! Die fossile Verbrennung in der Auto-Mobilität muss so schnell wie möglich beendet werden. Dann aber mit „sauberen“ Antriebsquellen, wie „grünem“ Strom, Wasserstoff oder efuels, sonst geht der Schuss nach hinten los!

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Kommentare ( 58 )

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Iso
2 Jahre her

Jedes Elektrofahrzeug ist wie eine rollende Ladung Dynamit. Wenn es da mal zu einer Massenkarambolage oder Auffahrunfall durch einen LKW kommt, werden die Insassen pulverisiert.

Peterson82
2 Jahre her

Schauen sie doch einfach in den Export. Welche Fahrzeuge exportiert denn Deutschland z.B. in die USA? Sind das Kleinwagen oder eher PS starke Ober oder Mittelklasse-Fahrzeuge? Warum sollte sich das in Zukunft ändern? Arme Schwellenländer mit Mobilität zu versorgen war noch nie Exportziel unserer Autoindustrie und wird es zukünftig auch nicht sein. Und die Ziel-Länder die Deutschland anstrebt haben ebenfalls schon längst mit der Elektrifizierung begonnen.

fatherted
2 Jahre her

hmm….evtl. wird es sich bei den Hybriden auch um viele Tageszulassungen handeln…die dann beim Händler stehen. Frage stellt sich….wer kassiert bei Tageszulassungen eigentlich die Förderprämie?

Magic
2 Jahre her

Sechs von dieser Million (zwei davon Plug-Inne) stehen auf unserem Betriebshof herum. Und meistens stehen sie, den gottseidank haben wir auch noch 15 anständige Diesel und wer von seiner Dienstfahrt sicher wieder nach Hause kommen will, meldet sein Begehren bei der Kfz-Vergabe mit den Worten „aber gib mir ein richtiges Auto, keinen Elektrokarren“ an. Gesondertes Kapitel sind die beiden Plug-Inne von BMW, deren Akkus ihre Leistungsbereitschaft nach 35 km beenden, woraufhin kraftvolle Verbrennungsmotoren mit einem Schnitt von 10 Litern auf 100 km ihren Dienst aufnehmen. Kein Diesel wohlgemerkt, sondern das gute Super. Und dafür gilt unser Fuhrpark dann als ganz… Mehr

Kalmus
2 Jahre her

Um aus dem ganzen Grünsprech mal was rauszugreifen, nehmen wir Punkt 4. Mein Vorschlag: „So lange der Stand der Technik keine vernünftigen Reichweiten garantiert, ist der Bau und Betrieb von Batterie-Autos eine gigantische Vergeudung von materiellen, energetischen und humanen Ressourcen.“

Last edited 2 Jahre her by Kalmus
Peterson82
2 Jahre her
Antworten an  Kalmus

welche vernünftigen Reichweiten erscheinen ihnen denn angemessen angesichts der Tatsache dass der durchschnittliche Weg zur Arbeit bei ca. 30km Hin/zurück liegt und vielleicht durch Privatfahrten nochmal 10km hinzukommen. Ein Fahrzeug mit 400km Reichweite die dieses Szenario 10 Tage durchhält ist heute problemlos kaufbar.

nomsm
2 Jahre her
Antworten an  Peterson82

Im Durchschnitt… stand das Wasser auf der Weide 40cm hoch und trotzdem ersoff die Kuh im 2 Meter tiefen Graben.
Durchschnitt irrelevant. Ein Auto ist Zeugnis individueller Mobilität.
Viele nutzen ihr Auto eben auch um in den Urlaub zu fahren und das sind Strecken jenseits von 400 km.

W aus der Diaspora
2 Jahre her

Ohn CO2 wächst kein Grashalm, kein Baum, kein Gemüse, kein Obst, kein Kräuter und kein Getreide.
Es gibt keinen Ersatz für CO2. Pflanzen benötigen CO2 zum Leben/Wachstum.
Ohne Pflanzenwachstum kann der Mensch nicht leben!

Jens N.
2 Jahre her

Was ich mich so ganz naiv die ganze Zeit schon Frage: Was wird denn aus dem Elektroautoboom wenn die Förderung wegfällt? Da kosten dann Kleinwagen über 40 000 Euro. Wer von den Normalos soll sich das leisten können?

Peterson82
2 Jahre her
Antworten an  Jens N.

Sie vergessen dabei dass die Förderung in anderen Ländern nicht existiert und die gleichen Fahrzeuge dort auch fleissig gekauft werden. Der größte Kostenblock ist der Akku und dieser sinkt im Preis von Jahr zu Jahr rapide. Im Gegensatz zum Verbrenner, der zukünftig mit 100 Nebenaggregaten auf sauber gemacht werden soll. In der Mittelklasse ist bei Neukauf die TCO schon ohne Förderung ganz klar auf Seiten des elektrischen Antriebs. Wer wenig Geld hat kann bereits bei Dacia kaufen. Wer noch weniger Geld hat fährt einfach den Verbrenner solange weiter wie er noch fährt. Wer den Euro zweimal umdreht kauft ohnehin keinen… Mehr

Birgit
2 Jahre her

Dr. Becker, im letzten Absatz Ihres Artikels … gehen auch Sie davon aus, dass ‚das Klima‘ unzweifelhaft mit menschlichen Aktivitäten (bes. CO2-Ausstoss) korreliert bzw. im kausalen UND negativen Zusammenhang (Aufwärmung) steht. Dazu habe ich an dieser Stelle erst einmal nur 3 Fragen. 1 … Ist dieser Zusammenhang inzwischen grundsätzlich bewiesen? Und wenn, wo finde ich den Beweis? Ich frage hier NICHT nach den Studien von Lobby-‚Wissenschaftlern‘ und deren Konsens! 2 … Ist ferner bewiesen, dass der gemessene CO2-Anstieg ausschließlich negative Folgen hat? Immerhin wird unsere Grün-Nahrung z. B. in Gewächshäusern ja schon lange sogar explizit selber mit CO2 ‚gefüttert‘, um… Mehr

Simone
2 Jahre her

Solange Vielverschmutzer über steuerliche Kilometergeld fürs Auto auch noch belohnt werden, ist das für mich Schwachsinn! Es gibt keine umweltfreundlichem Fahrten, egal wie und womit. Wichtig: ich bin Autofan.

Lucius de Geer
2 Jahre her
Antworten an  Simone

Sie haben das Prinzip des Kilometergelds nicht verstanden. Der Fiskus erkennt damit an, dass der Anteil des Einkommens, der bereits darauf verwendet wird, zur Arbeit zu kommen, nicht zur Besteuerung herangezogen werden kann (Werbungskosten). Die Hauptprofiteure sind übrigens diejenigen, die mit Bus und Bahn fahren und ebenfalls die am PKW bemessene höhere Kilometerpauschale für ihre Distanz ansetzen können.

Simone
2 Jahre her
Antworten an  Lucius de Geer

Genau das. Was interessiert die Umwelt und die Menschen wie man zur Arbeit kommt? Weil irgendjemand sagt, daß dieser Sprit nicht Besteuerung herangezogen werden SOLL, ist das plötzlich sinnvoller und umweltfreundlicher Sprit? Hört sich an wie Abgeordnete mit Fahrer und Dienstwagen, wir sind grün und die Umwelt ist wichtig, aber die Anderen müssen sich einschränken. Jeder ist sich selbst die wichtigste Ausnahme.
Und: Selbstverständlich wird diese Fahrt steuerlich herangezogen, shon mal den steuerlichen Anteil von einem Liter nachgesehen.

Last edited 2 Jahre her by Simone
Erwin Obermaier
2 Jahre her

Ich lese immer „dreckige Kohlekraftwerke“. Die sind nicht sonderlich dreckig in DEutschland! Die produzieren lediglich CO2, wie dies bei einer Verbrennung wohl üblich ist.