Merz bei Miosga: Unser glorreicher Kanzler spricht zum Volk

Klar und überzeugend verkündete Friedrich Merz, der unerschütterliche Retter aller Werktätigen, gestern in der Arena „Caren Miosga“ den unausweichlichen Sieg seiner Regierung über die Probleme des Landes und der ganzen Welt. Ein Fest der Übermenschlichkeit, für das er zu Recht viel Applaus erntete! Von Brunhilde Plog

Screenprint: ARD / Caren Miosga

Der unermüdliche Wächter über Anstand, Ehrlichkeit und Integrität verkündet mit klarer, fester Stimme die Einführung eines universellen Pflichtdienstes für die gesamte Jugend. Es wird ein monumentales Geschenk an die Nation sein, das die jungen Menschen in die fürsorgliche Obhut des NATO-Friedensapparats einbinden soll. „Ich vermute, es wird bei Freiwilligkeit allein nicht bleiben“, sagt der Kanzler der zweiten Wahl mit der Weisheit eines antiken Orakels und fordert auch für Frauen ein soziales Pflichtjahr. Eine noble Geste der Gleichberechtigung, die die Hälfte des deutschen Volkes in den ekstatischen Dienst am Vaterland rufen wird. Sowohl Männern wie Frauen soll dann die unendliche Ehre zuteil werden, die Disziplin des Kollektivs zu erfahren für den ewigen Sieg des friedenstiftenden Imperialismus’ – ein wahrer Geniestreich dieses visionären Staatsmanns, der die Herzen aller Patrioten höher schlagen lässt!

„Warum kündigen Sie Dinge vorher an, die Sie dann nicht einhalten können?“, fragt Moderatorin Miosga mit scheinheiliger Unschuld – doch Merz umschmeichelt sie mit weiteren Versprechungen und verwandelt die Kritik in ein Liebeslied der Koalitionsharmonie. Der Titan der konservativen Konterrevolution („Links ist vorbei!“), der sogar sinkende Zufriedenheitswerte in hypnotische Kräfte zu wandeln vermag und die „faschistoide” AfD zu einem bloßen Schatten seiner eigenen schieren Größe macht, enthüllt seinen Plan für eine „Modernisierungsagenda“. Es wird eine Symphonie der weiteren Umverteilung, die die Verschiebung des Renteneintrittsalters durch eine so genannte „Aktivrente“ (statt Rente kassieren einfach weiter arbeiten, aber die ersten 2.000 Euro dann steuerfrei) zum ultimativen Segen für alle Werktätigen macht.

INSA: AfD weiter stärkste Kraft
Die Wahlumfragen zeigen eine Richtung: Die Krise spitzt sich langsam, aber stetig zu
Im glanzvollen Berlin-Adlershofer TV-Studio enthüllt der CDU-Führer, der seit Mai dieses Jahres mit eiserner Faust die schwarz-rote Koalition aus christlich-demokratischen Kreuzrittern und sozialdemokratischen Backenbremsern lenkt, weitere überragende Pläne: Die Werktätigen lädt er zu höheren Beiträgen für die Sicherung des nackten Überlebens ein – „große Baustellen“, wie er sie liebevoll nennt. „Die Bürger werden in Sachen Altersvorsorge, Gesundheit und Pflege tiefer in die Tasche greifen müssen“, verspricht Merz. Und die ausufernden Zahlungen für das sogenannte „Bürgergeld“? Das viele Geld, das nicht an deutsche Bürger, sondern an Menschen aus aller Welt geht? Der barmherzige Samariter Merz wird das Bürgergeld in ein Juwel der Armut verwandeln. Der Begriff wird abgeschafft und durch „Grundsicherung“ ersetzt. Eine philanthropische und semantische Meisterleistung, die die Opfer des unerbittlichen und viel zu stark fordernden Arbeitsmarkts in Dankbarkeit ertränken wird.

Und die russischen Drohnen allüberall? „Eine Vermutung“, die Merz mit der Gelassenheit eines Löwen abtut – pure Meisterschaft im Friedensstiften, während er Putin als bösen Machthaber entlarvt, der „uns testet“ „Wir haben in der Vergangenheit Dinge übersehen“, gesteht er bescheiden, um dann mit fester Stimme zu verkünden, dass nun noch mehr für die Sicherheit des Landes getan werden wird.

Der „Herbst der Reformen“, den unser geliebter Kanzler im Sommer selbst ausgerufen hatte, wird zum Kernstück seiner Darlegung. Auch wenn er nun noch nicht liefern könne, so habe er es doch zumindest „schön formuliert, oder?“. Er kündigt ein ambitioniertes Programm an, das Bürokratie abbaut und Digitalisierung fördert. Minister Karsten Wildberger, zuständig für Staatsmodernisierung, habe in den wenigen Monaten seit Regierungsübernahme bereits 40 Seiten dazu geschrieben. Eine schier übermenschliche Leistung. Absolut verständlich, dass Merz sich nicht dazu äußern muss, dass die EU in wenigen Tagen eine Chat-Kontrolle mit weitreichenden Konsequenzen für jeden einzelnen Bürger einführen will! Miosga thematisiert stattdessen ein anderes ganz heißes Eisen: Ob vegane Würste noch so heißen dürfen. „Eine Wurst ist nicht vegan“, sagt Merz.

Auflösung einer Nation
Weder Einigkeit, noch Recht oder Freiheit – und schon gar keine Nation?
Und die Wirtschaft? Auch die sei bereits auf Wachstumskurs, verkündet der strahlende Staatenlenker. Dass die Skepsis der Massen noch wie wabernder Nebel darüberliegt, kann er erklären: „Man sieht es vielleicht noch nicht auf den ersten Blick, aber wir haben den Trend umgekehrt, dass die Investitionen nicht mehr aus Deutschland herausgehen, sondern nach Deutschland zurückkommen.“

In bewegenden Sendemomenten geht es um seine tränenreichen Worte bei der Eröffnung einer Münchner Synagoge und die Geschichte seiner eigenen Familie. Es wird still in diesem feierlichen Forum der freien Meinungsäußerung, wo die Fäden der Regierungsverautbarung und der Konzerninteressen nur ganz dezent im Hintergrund vibrieren.

Zum 35. Jahrestag der sogenannten „Deutschen Einheit“ – jenem Datum, das den unvergleichlichen Triumph des Kapitalismus besiegelte – preist Merz den gesellschaftlichen Zusammenhalt als sein persönliches Meisterwerk. Es mangele nur noch ein bisschen an der guten Laune.

Auch auf X und anderen sozialen Netzwerken, jenen Marktplätzen der Konterrevolution, wurde in zersetzender Weise Staatskritik geübt, da dies zurzeit noch immer erlaubt ist. User Julian Adrat spricht von „Machtneurose im Endstadium“, und Kolja Barghorn kritisiert: „Keine einzige kritische Frage zu den antisemitischen Demos und Tendenzen überall in Deutschland! Miosga verfehlt ihren Job mal wieder krachend!“

Migrantengewalt, Messerattentate, Gruppenvergewaltigungen, Milliarden an Umwelthilfe für die ganze Welt, Energiepreise, Arbeitslosenzahlen – zu all diesen Themen wird der geliebte Kanzler aller Deutschen und Zugereisten sicher in einer der nächsten Sendungen ausführlich Stellung nehmen.

Wir schließen mit seiner wichtigsten Aussage:
„Ja, ich hätte mir auch mehr erwartet in den ersten Wochen und Monaten.“

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Kommentare ( 99 )

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hoho
1 Monat her

Eigentlich sind alle diese A.geigen eine Essenz der deutschen Wählern. nicht mal 30% schafft es eine andere Meinung zu haben. Vlt ist das alles also richtig.
Slava Ukraini!
Wer anders denkt muss wohl entweder damit leben oder auswandern. Was sonst bleibt noch übrig bei solchen Verhältnissen?

wackerd
1 Monat her

Ich freue mich schon auf das nächste große Wirtschaftswunder, das der in Sprache und Mimik gewandte Kanzler ankündigte: Die größte Digitalisierungsoffensive Deutschlands. Es wird ja auch mal Zeit, dass ich mein Auto (Verbrenner selbstredend, ätsch!) demnächst online anmelden kann. Oder gilt das nur für E-Autos?

wackerd
1 Monat her

Jeden Tag neue Zeugnisse der Unfähigkeit. Nun lautet die Botschaft an die Deutschen (!): „geht hinaus und umarmt eure jüdischen Mitbürger, heute – morgen – und übermorgen.“ Und was ist mit den Nicht-Deutschen? Die dürfen mit der „Meinungsfreiheit“ im Gepäck (und dem linken Gesindel) weiter ihren Judenhass auf den Straßen ausüben. Mal zur Erinnerung an die Sprechblasen- und Worthülsen-Liebhaber: Schmerz kann man nicht teilen!

Ralph Martin
1 Monat her

Der Zieltagesablauf der Menschen frei nach den Kartellparteien:
Aufstehen, Gebet, ohne Kaffee und Frühstück aus dem Haus, einen halben Tag für die politische Verwaltung arbeiten, Gebet, zum Mittag an einer Möhre riechen, Nachmittags Frohndienst bei einer Migrantenfamilie, Gebet, Abends 4 Stunden politische Propaganda im ÖRR schauen mit anschliessender Prüfung, Gebet, an einem Bier riechen, schlafen gehen.
Wochenende, Ferien und Pensionierung gibt es nicht, da die rassistisch sind.

hoho
1 Monat her
Antworten an  Ralph Martin

Nach der Erhöhung der Schokoladeration wird nur noch die Schokoladepackung geliefert.
Für den gleichen Preis versteht sich.

Privat
1 Monat her

Dieser Merz spricht von Anstand und Ehrlichkeit ?
Davon ist nichts wahr.
Der wird nur noch Lügenkanzler genannt !

Dellson
1 Monat her

Toller neutraler Journalismus! Eindeutig zu hören war die hämische Lache von Frau Miosga im Off, als BK Merz im Bild war und über Gaza sprach. Trumps Plan im Gaza eine Riviera des Nahen Ostens zu errichten, wäre ja nun vorbei. Und wie können alle Rentner und zukünftigen Rentner im Land noch ruhig bleiben, wenn eine „Journalistin“ im ÖRR die Frage nach der Notwendigkeit der Höhe der schon geringsten Renten in der EU sowie das Eintrittsalter in Frage stellt? Kein Ton zu Pensionen oder Leistungsempfänger die nie in das System eingezahlt haben. Und zur Wehrflicht sollte der tolle woke ÖRR wissen,… Mehr

Landdrost
1 Monat her

Die machen wirklich nur noch Politik für sich, ihre Günstlinge und Migranten. Demnächst beginnt das Renteneintrittsalter dann bei der individuellen Lebenserwartung, also mit dem Tod. Aber gezahlt werden müssen die Rentenbeiträge trotzdem lebenslang. Demnächst müssen gesetzlich Versicherte 100% aller in Anspruch genommenen Leistungen selber zahlen, gleichzeitig aber noch Krankenkassenbeiträge zahlen, da ja die Leistungen der Migranten irgendwie bezahlt werden müssen. Das wird uns dann von Gesundheitsexperten oder Fratzschner als großer Wurf bzw. Gerechtigkeitserrungenschaft verkauft. Mein Gott was widern mich diese ganzen Altparteienvertreter und ihre Claqueure mittlerweile an. Mir wird bei diesen immer häufiger und in kürzeren Abständen rausgeschleimten, dreisten Unverschämtheiten… Mehr

Vallis Blog
1 Monat her

Hat er wirklich behauptet, dass man, wenn man 100.000 Bürgergeld-Bezieher in Arbeit bringt, 5 Milliarden Euro spart? 5.000.000.000 : 100.000 : 12 = 4.166 Euro im Monat. Das ist mehr, als sich meine Frau und ich zusammen an monatlicher Rente erarbeitet haben.
Mehrere Möglichkeiten: 1. Ich kann nicht rechnen, 2. Mein Taschenrechner ist kaputt, 3. Merz hat das geistige Niveau von Annalena, 4. Er will uns versch…eissern.
Das alles lässt mich ratlos zurück.

wackerd
1 Monat her
Antworten an  Vallis Blog

Er sagt 1,5 Mrd. Euro. Aber das ist auch Blödsinn, weil keine 100.000 BGler arbeiten gehen, wenn u.a. zeitgleich mehrere 100.000 top ausgebildeten Fachleute von den Unternehmen rausgeworfen werden.

moorwald
1 Monat her

Merz wird nie begreifen, warum er im Volk so unbeliebt ist. Dabei ist das gar nicht schwer zu verstehen:
Er ist in ein Amt gelangt, das ein paar Nummern zu groß und anspruchsvoll für ihn ist Er kann einfach nicht „liefern“.

Last edited 1 Monat her by moorwald
Montesquieu
1 Monat her
Antworten an  moorwald

Ich fürchte Sie haben Recht, aber wie konnte man so einen Ritter der traurigen Gestalt in dieses Amt hieven?

moorwald
1 Monat her
Antworten an  Montesquieu

Es ist das Parteiensystem, das keine starken, eigenständigen Persönlichkeiten mehr an die Spitze läßt. Stattdessen einen Scholz oder eben Merz Es leben zu viele von der Politik und nicht für sie.
Geht letztlich auf Merkel zurück, die die politische Kultur gründlich zerstört hat Mit ihr („Mutti“) zog die Infantilisierung in die Politik ein. Und so erleben wir „Wumms“, „Booster“ oder auch Tränen statt entschlossenem, sachgerechtem Handeln

Last edited 1 Monat her by moorwald
EURO fighter
1 Monat her
Antworten an  moorwald

Ich vermute bei Herrn Merz einfach ein paar charakterliche Defizite.

moorwald
1 Monat her
Antworten an  EURO fighter

Es immer verräterisch, wenn man statt politischer Kategorien psychologische heranziehen muß.

Sabine K.
1 Monat her

Danke für diesen wunderbar sarkastischen Beitrag, Frau Plog!