Bei Maischberger: Zwischen AfD-Chrupalla und FDP-Dürr fliegen die Fetzen

Die FDP versucht, Distanz zur AfD zu wahren. AfD-Chef Tino Chrupalla fordert ein Ende der Russland-Sanktionen. Und die Ampel ist verantwortlich für den Umfrage-Hype der Rechtspartei. Von Fabian Kramer

ARD Screenprint
Aus dem FDP-Fraktionsvorsitzenden Christian Dürr und AfD-Chef Tino Chrupalla werden in diesem Leben keine Freunde mehr. Die beiden Politiker duellieren sich im Doppelinterview bei Maischberger äußerst heftig. Es geht in dieser Sendung um die Fragen: Kann die Einigung im Heizungsstreit die Wende bringen? Und hat Deutschland die richtige Strategie im Ukraine-Krieg?

Von Beginn an herrscht eine aggressive und konfrontative Tonalität. Der FDP-Mann reagiert regelrecht brüskiert ob der Frage nach einer zwischenzeitlich eingekehrten Kollegialität. „Nein, das kann ich ganz offen sagen“, betont Dürr seine Abscheu gegenüber dem AfD-Vertreter. Gelebte Parteienpluralität sieht anders aus.Hasserfüllt Feindseligkeit wird gepflegt.

Der AfD-Chef sieht die vielbeschworene Brandmauer nicht in Gänze zutreffen. „Es ist affig zu erzählen, dass die Brandmauer überall besteht“, entgegnet Chrupalla. Doch Dürr kann an diesem Abend gar nicht genug Distanz zwischen sich und Chrupalla schaffen. Er kritisiert die oftmals wankelmütigen Positionswechsel der AfD. „Sie ändert ihre Position je nach Stimmungslage“, meint Dürr.

Aktuell scheint die AfD beim Wähler die richtige Stimmungslage getroffen zu haben. Ob da nicht auch etwas Eifersucht eine Rolle bei der Kritik spielt? Die FDP weiß nur zu gut, dass es Gesetze gibt, die die Stimmungslage verändern können. Das Gebäudeenergiegesetz ist so ein Gesetz.

Die FDP ist Mittäter beim Heizungshammer

Der Liberale betont, dass bei diesem Gesetz die Unterschiede zwischen den Parteien offengelegt wurden. „Es gibt Unterschiede zwischen den demokratischen Parteien“, äußert Dürr. Mit der Betonung auf „den demokratischen Parteien“ möchte Dürr die AfD bewusst außen vorlassen. Den öffentlichen Zoff der Ampel sieht der FDP-Fraktionschef positiv. „Demokraten müssen für den besten Weg streiten“, argumentiert Dürr.

Wieder soll sich Chrupalla als Antidemokrat fühlen. Dieser wird daraufhin patzig und attackiert Dürr. „Ich bin demokratisch direkt gewählt, das werden Sie in Ihrem Leben wahrscheinlich nie erleben“, schleudert Chrupalla einen verbalen Giftpfeil Richtung Dürr, der nur über die magere Liste in den Bundestag eingezogen ist. Wirklich gentleman-like ist an diesem Abend keiner unterwegs. Das Diskurs-Florett wird zu Hause gelassen.

Aus Sicht Chrupallas ist das Heizungsgesetz Murks. „Dieses Gesetz ist völlig überflüssig“, kritisiert er. Da hat er einen Punkt. Es ist nicht nur überflüssig, sondern auch übergriffig. Staatliche Eingriffe in die private Lebensrealität haben selten gute Ergebnisse produziert. Eigentlich ein klassischer FDP-Standpunkt. Die Aufgabe dieser Position kritisiert Chrupalla. „Die FDP macht voll mit“, bringt er die politische Beihilfe der FDP beim Heizungsgesetz auf den Punkt. Auch die Umfragen zeigen, dass es die FDP-Klientel nicht goutieren will.

Ein strittiger Punkt in der Diskussion ist, ob es in Zukunft möglich ist, seine Gasheizung mit Wasserstoff zu betreiben. Der AfD-Chef glaubt nicht daran. „Die gibt es aktuell nicht“, sagt er. Ergänzend fügt er an: „Diese wird es auch in Zukunft nicht geben.“ Da ist die Erzählung von Technologieoffenheit, welche die FDP gerne unters Volk bringt, angekratzt. Weswegen Dürr sofort moniert, dass die AfD parallel zu den Fakten arbeite. Allerdings ist es sehr fraglich, ob der energieintensiv hergestellte Wasserstoff zum flächendeckenden Heizen taugt. Zu teuer, lautet selbst die Aussage von Robert Habeck, sonst ein glühender Wasserstoff-Fan.

Chrupalla will Russland-Sanktionen beenden

Der Dissens der beiden Politiker bleibt auch beim nächsten heißen Eisen bestehen. Denn der AfD-Chef würde die Sanktionen gegen Russland schnellstmöglich zu den Akten legen. Auf die Frage der Moderatorin, ob er die Sanktionen beenden wolle, antwortet Chrupalla zustimmend: „Absolut.“ Er hält das Sanktionsregime des Westens für einen Fehler. „Wenn wir diese wertegeleite Politik verfolgen, schaden wir der deutschen Wirtschaft“, gibt er zu bedenken. Es lohnt sich möglicherweise wirklich, darüber nachzudenken, ob halbherzige Sanktionen uns wirklich etwas bringen? Schließlich kauft der Westen das Gas und Öl aus Putins Reich nun beim Inder, der es neu deklariert. Die derzeitigen Sanktionen sind eine kostspielige politische Mogelpackung.

Die Russlandnähe der AfD ist Dürr ein Dorn im Auge. „Die AfD möchte aus Deutschland einen Vorposten Russlands machen“, kritisiert er harsch. „Ich empfehle, dass der Westen zusammensteht“, ist Dürrs Konzept. Diese Einigkeit sieht Chrupalla nicht. „Wie viele Länder des Westens stehen hinter diesen Sanktionen?“, fragt Chrupalla. Mit Blick auf wichtige Schwellenländer wie Brasilien oder Südafrika, welche die Sanktionen nicht mittragen, stellt sich die Frage zu Recht. Der Westen repräsentiert nicht die Mehrheit des Globus.

Für die nähere Zukunft bleibt abzuwarten, ob der AfD-Hype anhält. Die Konkurrenz ist auf jeden Fall im Panikmodus und greift zum politischen Holzhammer. Ob Verfassungsschutz und Brandmauer geeignete Gegenmittel gegen eine starke AfD sind, bleibt fraglich. Gesunder Menschenverstand und ein realistischer Blick auf die Welt könnten bessere Alternativen sein.

Die Ampel und der AfD-Erfolg

An diesem Abend gastierten die drei Journalisten Giovanni Di Lorenzo, Wolfram Weimer und Pinar Atalay als politische Kommentatoren bei Maischberger. Der AfD-Aufschwung ist Thema. Für alle ist die Ampel mitverantwortlich. „Es hat viel mit der Ampel zu tun“, meint RTL-Moderatorin Atalay. Weniger diplomatisch äußert Weimer, Verleger von diversen Anzeigenblättern, seine Ampelkritik. „Die Bevölkerung spürt, dass man von dieser Regierung habituell unernst behandelt wird“, vermutet er. In dieselbe Kerbe schlägt auch Zeit-Chefredakteur Di Lorenzo. „Der Zustand der Ampel erinnert von seiner Leuchtkraft an eine Funzel“, spottet er. Spötter würden sagen, dass er mit dieser Beschreibung noch gnädig ist. Er sieht wenigstens eine Leuchtkraft vorhanden.

Der AfD-Auftrieb bereitet den Journalisten Sorgen. Weimer sieht gar düstere Zeiten anbrechen. „Wir sind möglicherweise an einem Kipppunkt“, spekuliert er. „Ich will nicht, dass wir mit Olaf Scholz einschlafen und mit einer halbraunen Regierung aufwachen“, schiebt er hinterher. Man mag fragen, ob es nicht eine Spur weniger dramatisch geht. Noch ist das Schreckgespenst einer rechten Regierung in weiter Ferne.

Denn die AfD benötigt für das Regieren Partner. Einer dieser Partner könnte die CDU sein. Doch die hat eine Brandmauer errichtet. Diese scheint ganz stabil. „Bis zur nächsten Bundestagswahl hält die Brandmauer“, meint Weimer. Wäre eine Aufweichung überhaupt gut für die Christdemokraten? „Die Union hätte in einer solchen Konstellation nichts zu gewinnen“, mutmaßt Di Lorenzo.

Die Altparteien haben den richtige Umgang mit einer starken AfD in der medial-politischen Öffentlichkeit noch nicht gefunden ist. Dämonisierung hat nichts geholfen und Ignoranz auch nicht. Möglicherweise würde eine nüchterne Akzeptanz der Existenz der Partei die Brisanz nehmen und den emotionalen Diskurs versachlichen. Aber Versachlichung ist schwer Angesicht der grünen Ideologie, die Träume und Schäume als Realität verkaufen will.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 238 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

238 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Robin Wood
10 Monate her

Nach dem nächsten Wahlerfolg der FDP unter 4% wird Herr Dürr vom parlamentarischen Kontakt mit der AfD sowieso erlöst.

R.Baehr
10 Monate her

Demokraten, Demokratie, soso, diese Worte werden mittlerweile von gelb/rot/grün/schwarzen zu oft mittlerweile betont. Wenn diese sogen. Demokratie so aussieht wie z.Z. und seit Corona, dann kann sie von mir aus ab sofort abgeschafft werden. Das ist keine Demokratie mehr, sondern sie ist zu einer reinen Willkür- und Klimadiktatur verkommen.

wat nu
10 Monate her

Ich habe tatsächlich einige Reden von AFD-Politikern gehört, das Parteiprogramm gelesen genauso, wie von den Ampel-Parteien. Ich kann wirklich nichts „braunes“ erkennen. Im Gegenteil nach einigen Stolpereien, folgen die strikt dem Parteiprogramm. Wo bitte ist dort Wankelmütigkeit? Ganz im Gegensatz zu den anderen Parteien, die schlicht das Gegenteil abnicken, was in deren Parteienprogrammen steht, oder auf Wahlkampf so als Köder ausgeworfen wird. Wenn aber die AFD es bis zur Regierungsbildung schaffen sollte, ist die BRD dermaßen runtergewirtschaftet, in Kernfragen an die WHO und das WEF gebunden, dass man selbst bei kluger politischer Weichenstellung durch ein Jammertal gehen muss. Eingebrockt von… Mehr

Werner F. Meier
10 Monate her

Es ist ja auch kein Zufall, daß der braune Eintopfsonntag an den grünen Veggie-Day erinnert und WIndkraftwerke ursprünglich für die Energieversorgung arischer Wehrbauern im eroberten „Lebensraum im Osten“ entwickelt wurden.

Werner F. Meier
10 Monate her

Dafür sorgen professionelle Casting-Agenturen, die das Talkshow-Publikum nach den „Vorstellungen“ der Programmmacher auswählen und kameragerecht „positionieren“. Leider ist das den allermeisten Zuschauern von ARD, ZDF & CO nicht bewußt. Da wird nichts dem Zufall überlassen, um die gewünschten „Botschaften“ beim Publikum zu adressieren. Derzeit ist es praktisch ausgeschlossen, daß sich ein Talkshowpublikum überwiegend aus Querdenkern oder AfD-Anhängern zusammensetzt.

Werner F. Meier
10 Monate her

Mich erstaunt immer wieder, daß keiner der Moderatoren oder Journalisten die inflationäre „Nazi“-Diffamierung hinterfragt. Worauf wollen sich diese Leute beziehen, denen kein besseres Argument gegen die AfD einfällt? Außer ein paar arg weit an den Haaren herbeigezogenen Zitaten fällt mir da nichts ein. Im Parteiprogramm sind jedenfalls keinerlei Parallelen oder Bezüge zur NS-Zeit zu finden, ob man es gut findet oder nicht. Wenn gegen einen AfD-Politiker Strafanzeige erstattet wird, weil er während einer öffentlichen Rede mit dem rechten Arm nach oben gestikulierte (während er mit dem linken Arm das MIkro hielt) und dies „besonders aufmerksame Beobachter“ als angeblichen „Hitlergruß“ interpretierten,… Mehr

Anja W.
10 Monate her
Antworten an  Werner F. Meier

Das hat man schon mit Prof. Bernd Lucke vor 9 Jahren versucht. Es gibt eine Aufnahme, wo er den rechten Arm beim Betreten eines Saales leicht anhebt. Dieses Video erschien dann kurze Zeit später verkürzt in einem der Abendmagazine mit dem entprechenden Framing.

Julie Krefeld
10 Monate her

Man stelle Fragen:
Glauben Sie an den rein Anthropogenverursachten Klimawandel ? Die Antwort wird meist ein Ja sein
Glauben Sie das Deutschland daran etwas ändern kann und wenn ja wieviel in der Realität wenn man das pseudo moralische Vorbild weg lässt?
Dann daruf hinweisen das D -falls morgen am Tag CO2 neutral – etwa mit 0,0014° beteiligt ist

Sani58
10 Monate her

Die Ampel, die Ampel, die Ampel…… sagen wir mal so, früher oder später wären die Leute sowieso auf das blaue Programm und deren Vorstellungen ein gegangen. Das diese grüne Agenda, den sich sich auch FDP und CDU angeschlossen haben, nicht die Merheitsmeinung in Deutschland ist, dürfte doch Konsens sein.

martin ruehle
10 Monate her

Nach dem Scheitern der Methode „Ausgrenzen und in Abwesenheit Diffamieren“ gehen die einzig wahren Demokraten und ihre Handlanger beim Staatsfunk über zum Demaskieren und an den Pranger stellen. Die Umfragewerte der AfD, die sie mit 20% (Insa,19.6.23) nach der CDU mit 20,5% (ohne CSU mit 6%) als zweitstärkste in Deutschland Partei sehen, machen die saturierte, machtverwöhnte Blase der Einheitsfront in Parlament und Medien maximal nervös (Landtagswahlen). Der Plan, man nehme ein Thema an dem sich die AfD (z.Z. noch v.a. im Westen des Landes) nur die Finger verbrennen kann (Ukraine-Krieg), ermuntere den Co-Vorsitzenden Tino Chrupalla zu Aussagen, die dann in… Mehr

Kassandra
10 Monate her
Antworten an  martin ruehle

Auch hinsichtlich der Ukraine kommt bald die Wahrheit ans Licht. Momentan scheinen sie viele Gräber ausheben zu müssen – und die „Gegenoffensive“ scheint trotz der Leopards sowie der gesamten Waffenlieferungen wie Milliarden aus dem Westen, ohne die schon längst nicht mehr gekämpft werden könnte, nicht so zu laufen, wie versprochen.
Dann wird nicht nur Baerbock zeigen, wie 360° Wendungen laufen…

traene im ozean
10 Monate her
Antworten an  martin ruehle

„Chrupalla hatte den Regierungsvertreter der Pirouettenpartei bereits am Haken als es um den Heizungsirrsinn ging“ Sehr treffend beschrieben! In solchen Runden, wenn die Devise lautet „ich weiss, wo Dein Haus wohnt!“ ist es unklug sich auf die unsachlichen Einwürfe oder Pöbeleien der „Inquisitoren“ einzulassen. Beim Thema bleiben und die „Argumente“ der Anklage Schritt für Schritt zerpflücken. Chrupalla hatte, wie Sie es beschrieben haben, sehr gute Treffer beim GEG und sogar einen Beifallklatscher im Casting-Auditorium. Dass es die von Dürr angepriesene Gas/Wasserstoff Thermen noch gar nicht gibt und auch der Rest des Grünen Wolkenkuckucksheims den feuchten Träumen „grüner „Investment-Phantasien entsprungen ist,… Mehr

Last edited 10 Monate her by traene im ozean
Gottfried
10 Monate her

Christian Dürr wollte gar keine inhaltliche Diskussion. Mich hat sein arrogantes und überhebliches Auftreten abgestoßen. Dass er AfD Politiker hasst – so hat es jedenfalls auf mich gewirkt – dafür hätte man ihn nicht einladen müssen. Das wusste man ja. Der Erkenntnisgewinn war also für den Zuschauer null.

martin ruehle
10 Monate her
Antworten an  Gottfried

Genau DAFÜR ist Dürr eingeladen worden…!
Seine Einlassungen zur Sache waren bei Lichte betrachtet einfach nur zum Fremdschämen.
Erinnert mich an die Grundschule: Marke vorlauter Schaumschläger.