Das ZDF-Jugendprogramm ist so unterhaltsam wie eine verfilmte Sozialkundestunde

Wie verläuft die Karriere nach der Zeit als Netz-Berühmtheit? Dieser eigentlich spannenden Frage geht "Make Me Famous" nach. ZDF Neo zeigt das britische "Reality-TV-Drama" – aber erst im Spätprogramm. Beim Versuch, ein junges Publikum anzusprechen, scheitert der Sender stets aus den gleichen Gründen.

imago/Eibner

Zu den sehnlichsten Wünschen in der ZDF-Zentrale auf dem Mainzer Lerchenberg gehört es, jüngeres Publikum zu erreichen. Das ist bereits zu großen Teilen ins Netz abgewandert – und Jüngere, die noch fernsehen, meiden die ZDF-Senderfamilie ebenfalls. Dabei haben die Entscheider wirklich viel versucht, um diese Zielgruppe an sich zu binden. Meist vergeblich.

Denn was das ZDF jungen Menschen anbietet, sieht aus wie „Make Me Famous“. Es ist eine Welt junger Menschen, wie sich Erwachsene diese vorstellen: Billy Fearon wird über die TV-Flirtshow „Love or Lust“ berühmt und stürzt ab. Dabei bleibt kein Klischee aus, etwa das Billy auf dem Weg nach unten kokst. Am Ende findet er Trost in den Armen seiner Mutter – was immerhin denen gefallen dürfte, die tatsächlich ZDF schauen.

Die filmischen Mittel sollen modern sein, sind aber schon längst abgegriffen: So wird die Geschichte nicht chronologisch erzählt. Wie in Pulp Fiction. Vor 27 Jahren. Oder die Figuren sprechen Auskünfte in die Kamera, die an Casting-Managerinnen gerichtet sind. Im Effekt ähnlich wie „Harry und Sally“. Vor 32 Jahren.

Nun müssen filmische Mittel nicht immer neu sein. Wichtiger ist, dass sie funktionieren. Doch das tun sie in „Make Me Famous“ eben nicht. Mal sieht der Zuschauer Billy, der herumpost und dabei so arrogant wie unsymphatisch ist. Dann widerfährt ihm Böses, worauf er traurig ist. Das ist von Schauspieler Tom Britney wenig charismatisch dargestellt und von Regisseur Peter King wenig überraschend oder packend inszeniert, sodass die 54 Minuten von „Make Me Famous“ zäher ziehen als mancher abendfüllende Film.

Dabei sind im Drehbuch von Reggie Yates einige Motive angelegt, die durchaus interessant sein könnten: etwa wenn die Figur des Billy sich mit einer Partnerin aus der Show zusammen tut, weil sich beide zusammen in den sozialen Netzwerken besser vermarkten lassen. Oder als Billy bereits abgerutscht ist und versucht, seinen Restruhm mit Schleichwerbung auszuschlachten. Doch leider steht diese Realität im TV-Drama nicht im Mittelpunkt – und versendet sich so.

Ansonsten schwächelt die BBC-Produktion an der gleichen Attitüde, die öffentlich-rechtliche Produktionen so oft für junge Menschen wenig bekömmlich macht: Die Mühe, die sich die Macher in der Inszenierung erspart haben, investieren sie in die Moral. Wer schnell aufsteigt, fällt schnell und sollte daher im Aufstieg nett zu den anderen sein! Lerne was Anständiges! Beleidige keinen im Internet! Finger weg von Drogen! Und hör auf Deine Mutter! Am Ende ist das so unterhaltsam wie eine verfilmte Sozialkunde-Stunde.

Allzu überzeugt scheinen die Programmplaner des ZDF von der BBC-Produktion nicht gewesen zu sein. „Make me Famous“ läuft am Freitag, 28. Januar – um 23 Uhr. Auf ZDF Neo. Jenem Spartensender, dessen Name suggeriert, fürs Neue offen zu stehen – vom ZDF aber im Wesentlichen mit Wiederholungen gefüllt wird wie: „Monk und Psych“, „Bares für Rares“ oder die „Schwarzwaldklinik“ und „Ich heirate eine Familie“.

Eigentlich soll Funk junge Menschen erreichen. ARD und ZDF statten diese Plattform jährlich mit 45 Millionen Euro an Gebührengeldern aus. Die Beiträge sollen auf YouTube und den sozialen Netzwerken Zuschauer unter 30 Jahren erreichen. Außerdem ist Funk ein Feld, auf dem Talente und Formate gedeihen sollen, die dann später ins Hauptprogramm hochgezogen werden. Was die Karrieren betrifft, mag diese Idee funktionieren – doch wenn Funk-Formate es ins Hauptprogramm schaffen, füllen sie in der Regel die Nachtschiene. Die Hauptsendezeit überlässt das ZDF lieber der x-ten Wiederholung von Monk – selbst auf den Spartensendern.

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Kommentare ( 10 )

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butlerparker
2 Jahre her

Es sind ja nicht nur die „direkt“ ÖRM. Ich sah gestern eine „Informationssendung“ bei NTV mit einem jungen Moderator in einem Tonus und Aufmachung gehalten, die gerade junge Menschen ansprechen soll. Es ging um den Vietnam Krieg. Ich habs mir angetan. Einseitige Geschichtskitterung vom Feinsten. Ich war echt schockiert. Los gings mit den französischen Imperialisten und natürlich den bösen D Nazis, die in die F Fremdenlegion gingen um ihre Nazi Verbrechen zu vertuschen. Sozusagen Hitlers verlängerter Arm noch Jahre nach seinem Tod in Indochina. Dann die ie USA der alleinige Agressor, der in einem Wahn des Domino Effektes Vietnam angegriffen… Mehr

Guzzi_Cali_2
2 Jahre her

Die „Öffentlich-Rechtlichen“ (man MUSS es in Anführungszeichen setzen) haben sich durch devote Staatstreue und politische Korrektheit selbst ins Aus geschossen. Es gibt per se nichts Langweiligeres, als angepaßtes Geplänkel und Indoktrination. Wenn die höchstbezahlten Intendaten was wären, würden sie sich fragen, was der Grund für den Erfolg vieler Produktionen war: Eben die Unangepaßtheit, die schrille Übertreibung, die platte Unterhaltung, die Provokation. Eins der schönsten Beispiele hierfür war das alte „TopGear“, auf das alle genannten Beschreibungen zutrafen. Aber der BBC (die britische Vorlage für die deutschen ÖR) war das zu viel, weshalb das Team dann zu einem Privaten abgewandert ist. Das… Mehr

P.Reinike
2 Jahre her

Die Fokussierung auf Didaktik, die die Drehbücher insbesondere der ÖR- sowie generell der bundesdeutschen Filmproduktionen infiziert hat, ist der Aspekt, der dazu führt, daß man diese Produktionen trotz der hervorragenden Schauspieler meidet. Das Interesse an Menschen und Biographien ist in der Regel nicht echt, sondern die willkommene Projektionsfläche für die didaktische Mission. Neues Beispiel ist „KaDeWe“. Zwar haben auch US Produktionen mittlerweile oft eine weltanschauliche Botschaft, insbesondere bei der Besetzung nach Ethnien, jedoch spielt sich das nie in den Vordergrund. Dass dies auch anders gehen kann, jedenfalls theoretisch, zeigt die Netflix Produktion „Army of Thieves“, in der Matthias Schweighöfer Regie… Mehr

Last edited 2 Jahre her by P.Reinike
Flik Flak
2 Jahre her

Der ÖRR verfolgt exakt drei Ziele. Erstens Indoktrination der Bevölkerung, zweitens Alimentation seiner Pensionäre und drittens Lohn und Brot für linke Glaubensbrüder.

Der ÖRR ist ein Paradebeispiel für das Ergebnis des Marsch durch die Institutionen. Und in allen anderen Institutionen sieht das Ergebnis durchaus vergleichbar aus.

Reiterhofer
2 Jahre her

Nachdem youtube den „Daumen runter“ Knopf entfernt hat, entfällt leider das Haupterkennungsmerkmal dieser Kanäle. Was ins Auge stach war nämlich die überwiegend negative Wertung, trotz angeblich hoher Klickzahlen. Was mich daran zweifeln lässt, dass die „hunderttausende“ von Klicks echt sind. Vermutlich ebenso gekauft wie virtuelle Twitter- und Instagram Follower.

Andreas aus E.
2 Jahre her

Man sollte Kinder und Jugend im Fernsehsessel anschnallen und zwangsweise zuschauen lassen müssen, Inhalte dann zensurförderlich am Folgetag abfragen. Anders wird es nicht funktionieren. Ich schlug ja schon mehrfach vor, daß Junge Pioniere stichprobenmäßig an Haustüren klingeln und Leute auf Wissen über Qualtättalkshows überprüfen. Etwa in der Art „was erläuterte Dr. Lauterbach gestern bei Anne Will?“. Entsprechend würden dann Sozialpunkte vergeben. Leider wurde mein Vorschlag noch nicht in konkrete Politik umgesetzt, aber mit der Ampel bin ich zuversichtlich, daß das demnächst so kommen werden wird. Und Helmut Schmidt gehört aus den Geschichtsbüchern gestrichen, seibn Gerede vom fernsehfreien Tag dunnemals war… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Andreas aus E.
Reiterhofer
2 Jahre her
Antworten an  Andreas aus E.

Guter Vorschlag. Auch empfehle ich zwei Monsterburger von Mc Fress als Abendessen nach Hause zu bringen, und den hungrigen Nachwuchs nach der Schule bzw FFF Demo darüber dozieren zu lassen, warum dieses Nahrungsmittel total klimaschädlich und ungesund ist. Zur Belohnung gibt es danach für die Kinder Hirsebrei aus eigenem Anbau, während die Eltern genüßlich ihre Burger vertilgen. Und wer am Tisch meckert, ist natürlich rechts! Ist ja wohl selbstredend eine der Kardinalregeln jedes gründiversen Haushaltes!

Bernd W.
2 Jahre her

Gut so! Je weniger alte und neue Zuschauer diese links-grün-rot verseuchten Staatsfunker (und ihre privaten Pendants!) ergattern können, umso besser. Weniger Zuseher = weniger Indoktrination. Das kann unserem Land echt nicht schaden…

Franz Reinartz
2 Jahre her

Ich bin mir da nicht sicher, aber nach dem, was zdf neo so sendet, kann es kein „Jugendprogramm“ sein.
Eher wohl ein Programm für dement werdende Rentner. Das ist vollgestopft mit Wiederholungen. Und wenn die Staffel „Traumschiff“ vorbei ist, wird „Schwarzwaldklinik“ wiederholt. Das ganze in Endlosschleife. Ist „Barnaby der Ältere“ durch, fängt „Barnaby der Jüngere“ an.
Dement zu werden hat für Zuschauer dabei den Charme, nicht mehr mitzukriegen, dass man das schon dreimal gesehen hat. Und für die Propagandasteuereinnehmer den Vorteil, praktisch nur noch die technischen Sendekosten zu haben.

Iso
2 Jahre her

Die Unterhaltung soll man besser professionellen Anbietern überlassen. So ein Staatsfernsehen mit Ethikrat, Genderbeauftragten und Beamtenjargon ist viel zu wirklichkeitsfremd, als dass es wirklich Unterhaltung bieten kann. Kino, Rundfunk und Fernsehen werden längst vom Internet ins Abseits gedrängt. In ein paar Jahren wird man die Leute nach ARD und ZDF fragen können, ohne dass eine breite Schicht weiß, was das überhaupt ist.