Während Produzenten, Sender und Lobbyverbände über angebliche Notlagen jammern, fließen immer mehr Steuergelder und Zwangsgebühren in eine rotgrüne Klientelbewirtschaftungsbranche, die kaum Zuschauer erreicht. Die Politik? Verdoppelt die Fördermittel und zementiert ein desolates System.
picture alliance/dpa | Carsten Koall
Jeden Tag beklagen sich deutsche Filmproduktionsfirmen, Filmallianzen und Akademien, Gewerkschaften sowie Vertreter der Schauspieler, Regisseure, Filmcrews und Produzenten öffentlich über zu wenig Förderung und zu wenige Aufträge.
Die Frau des SPD-Urgesteins Franz Müntefering, Michelle Müntefering, ist Geschäftsführerin der Produzentenallianz und sprach dieser Tage: „Die Produzenten arbeiten im prekären Renditebereich. Das grenzt an Selbstausbeutung. Die im Koalitionsvertrag versprochenen Maßnahmen (aka Filmförderreform) müssen endlich umgesetzt werden. Hinzu kommt eine enorme Planungsunsicherheit. Fest steht: Die Herausforderungen sind keine vorübergehende Delle, sondern inzwischen ein strukturelles Problem. Umso mehr braucht es jetzt eine Politik, die die Branche stützt.“
Wirklich? Ich verfolge diese deutsche Filmbranche seit über 30 Jahren – und zwar im Detail. Meine Filmproduktionsfirma BOLU GmbH gibt es seit 1991, und mein damaliger Co-Geschäftsführer Frank Lustig hat sogar seine Magisterarbeit über die Filmförderung geschrieben und den katastrophalen Misserfolg dieser Förderung empirisch belegt. Und die Zahlen haben sich bis heute nicht verändert. Hier einmal die Basisdaten und die Historie bis zur jetzigen Situation im Abriss:
- Filmförderung gibt es in Deutschland seit 1968. Sie wurde gegründet, weil die Filmemacher der 68er-Generation Geld brauchten, um ihre Kunstfilme herzustellen. Es gibt vier unterschiedliche bundesweite Filmförderungen.
- Ab den 90er-Jahren wollten die Bundesländer mitmischen, und es wurden Förderungen in NRW, Bayern und rund zehn weiteren Bundesländern gegründet – mit dem Ziel, Produktionen in diese Bundesländer zu holen, um dort die Filmbranche zu stärken und Umsätze zu generieren. Die Förderungen stehen im Wettbewerb zueinander.
- Insgesamt werden pro Jahr rund 600 Millionen Euro an Produzenten ausgeschüttet. Einige dieser Förderungen werden als „bedingt rückzahlbare Darlehen“ ausgezahlt, müssten also aus den Filmerlösen proportional zu den Herstellungskosten zurückgeführt werden. Die Statistik zeigt, dass von etwa 130 geförderten Filmen pro Jahr rund 90 Prozent unter 50.000 Euro Gesamterlös bleiben. Das heißt: Aus Kino, Video, Streaming, Auslandsverkauf und TV kommen weniger als 50.000 Euro zurück – bei Herstellungskosten zwischen 1 und 15 Millionen Euro.
- Von den Darlehen werden effektiv unter 12 Prozent – und oft nur teilweise – zurückbezahlt. Die Grundidee, revolvierende Erlöse zu generieren, die dann zusätzlich zum jährlichen Fördervolumen wieder in den Filmkreislauf investiert werden können, funktioniert nicht.
- Der größte Co-Produzent all dieser Produktionen sind die öffentlich-rechtlichen Sender. Pro Jahr investieren ARD und ZDF rund eine Milliarde Euro in Filme. ARD und ZDF finanzieren auch etliche Länderförderungen mit und kontrollieren auf diese Weise Fördergremien und Jurys.
- Die Förderungen und TV-Sender erschaffen und bezahlen auch Werbung, Preise, Akademien und Auslandspromotionen, um deutsche Filme in der Presse und der Branche zu feiern und hochzujubeln. Über 90 Prozent aller deutschen Filme haben weniger als 1.000 Kinozuschauer und keinerlei Auslandsverkäufe. Der deutsche Film ist also – bis auf wenige Ausnahmen (ca. 5 bis 8 Filme pro Jahr wie Bully Herbigs „Der Schuh des Manitu“) – ein nicht erfolgreiches Konstrukt, das von der Idee (Drehbuchförderung) über die Produktion bis zum Vertrieb (Verleih- und Vertriebsförderung) und die Preisverleihungen (Deutscher Filmpreis) vollständig durchsubventioniert wird.
- Jede Filmförderung hat eigene Verwaltungen, Vergabejurys und eigene Angestellte, die pro Jahr bundesweit rund 75 Millionen Euro kosten.
Obwohl Finanzminister Lars Klingbeil verkündet hat, dass künftig „jeder Cent umgedreht werden muss“, verdoppelt die Bundesregierung mit der Fuchtel des umstrittenen Skandal-Kultusstaatsministers Wolfram Weimer die Bundesfilmförderung von aktuell 133 auf 250 Millionen Euro im Jahr – als wäre das Haushaltsloch bloß ein dramaturgischer Effekt.
In der Praxis heißt das: Die Steuerzahler pumpen inzwischen über eine halbe Milliarde Euro jährlich in die Filmförderung, tragen zuverlässig die Verluste, während im Erfolgsfall fast ausschließlich die Produktionsfirmen abkassieren. Ein Geschäftsmodell, das längst selbst zum Skandalstoff taugt.
Warum ist nun die Filmbranche depressiv, und warum sind viele Firmen defizitär, wenn doch die Förderung weiterfließt? Dazu muss man sich die Zeit vor Corona anschauen, denn da ging es auf einmal steil nach oben: Große Streamer wie Netflix, Amazon, Paramount+ und Apple fingen an, auch deutsche Produktionen zu finanzieren. Schon bekamen die Platzhirsche der deutschen Filmproduktion – UFA, Bavaria, die neue Constantin und andere – mehr Aufträge, stellten mehr Personal ein und gingen davon aus, dass alles weiter brummen würde.
Dann kam Corona, und alles kam für über ein Jahr zum Stillstand. Es gab Bailouts, aber die reichten nicht. Nach Corona ging es nur ganz kurz wieder richtig los, und alle dachten, dass eine Flut an weiteren Aufträgen jedes Jahr hereinprasseln würde. Gleichzeitig wurden zuerst die Ampel und nun die jetzige Regierung unter Druck gesetzt, die Förderungen weiter zu erhöhen.
In den letzten zwei Jahren haben die Chefs der Streamer jedoch gesehen, dass die Idee, deutsche Produktionen für den nationalen Markt herzustellen, wirtschaftlich nicht wirklich aufgeht. Der Marktanteil der deutschen Produktionen bei Netflix beträgt nach Angaben des Streamers in Deutschland nur etwa 1 Prozent, also weltweit unter 0,1 Prozent. Andere Streamer wie Apple, Paramount+ und auch Sky stoppten ihre deutschen Produktionen fast vollständig.
Auch die öffentlich-rechtlichen Sender wurden zu Sparmaßnahmen gezwungen, denn kein anderes Land der Welt gibt auch nur die Hälfte dessen für öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus, was wir in Deutschland zahlen. Und wie wir ARD und ZDF kennen, wird nicht bei den Millionengehältern ihrer Talkshow-Moderatoren oder den Pensionen ihrer Intendanten gespart, sondern beim Programm.
Die deutsche Filmbranche ist ein Spiegelbild des deutschen Regierungsapparates, des Beamtenstaates und der Parteien, die alle darauf trainiert sind, dass der Markt keine Rolle spielt, sondern Geld einfach da ist und zur Verfügung gestellt werden muss, wenn man es beschließt oder beantragt. Der Steuerzahler wird schon die Zeche bezahlen.
Der typische deutsche Filmproduzent hat bei jeder Projektentwicklung nur ein Ziel: Er muss den Redakteur des TV-Senders überzeugen – dann wird auch die Filmförderung genehmigt. Was der Zuschauer sehen will, spielt zunächst nur eine untergeordnete Rolle, müsste aber in der Realität an erster Stelle stehen, wenn man eine erfolgreiche Filmproduktionslandschaft aufbauen will. Wenn 90 Prozent des Budgets über TV-Gelder und Filmförderung abgedeckt werden, ist einem der Zuschauer relativ egal.
Während meiner Zeit bei TAUNUSFILM (einer Tochterfirma der hr-Werbung) von 1993 bis 2001 war ich in zahlreichen Produktionen für öffentlich-rechtliche und private Sender involviert und habe daher eine echte Insiderperspektive. Ich weiß, dass man als unabhängiger junger Filmemacher in Deutschland praktisch keine Chance hat, einen TV-Deal oder Förderung zu bekommen. Etwa 80 Produktionsfirmen erhalten 95 Prozent der Gelder, obwohl es über 4.900 Filmproduktionsfirmen gibt.
Die übrigen rund 4.820 Firmen drehen kleine Imagefilme, Videos, YouTube-Kanäle oder versuchen mit kleinem Geld auch Spielfilme herzustellen, die dann aber kaum Aussicht auf Erfolg haben, weil sie zu billig produziert wurden und natürlich auch keine Vertriebs- oder Verleihförderung oder Filmpreise bekommen.
Rund 200 Produzenten, TV-Redakteure und Jurymitglieder bestimmen, was gedreht, gesendet, gezeigt und prämiert wird. Wenn deutsches Produkt im Kino überhaupt funktioniert, dann meistens als Komödie (Bully Herbig etc.) oder Kinderfilm („Die drei ???“ etc.). Produziert werden bevorzugt Dramen und immer wieder Geschichten über den Zweiten Weltkrieg, in denen Nazis und „gute“ Deutsche, die dagegen gekämpft haben, gezeigt werden.
Ein Film wie mein Auschwitz-Film, der die „guten Deutschen“ einfach einmal weglässt, hatte da keinen Platz. Die Dramen und Krimis, die im Hier und Jetzt spielen, erfüllen seit 2020 alle denkbaren „woken“, politisch korrekten Diversity-Rider und finden deshalb kaum Publikum – sie erfüllen aber die politischen Überzeugungen der Redakteure und Jurymitglieder. Jeder dritte Darsteller ist trans und/oder schwarz, ob es realistisch ist oder nicht.
„Sensational“ war der neue Dani-Levy-Krimi, in dem ein Rabbiner mit einer Muslimin zusammenarbeitet. Gleichzeitig wurde mein realistisches Migrationsdrama RUN mit Hollywood-Stars nicht angekauft, weil der Film ausgewogen ist und nicht komplett pro Migration.
Wir haben es also seit etwa fünf Jahren in der deutschen Filmlandschaft nicht nur mit der üblichen Korruption zu tun, sondern auch mit gezielter politischer Steuerung in eine bestimmte Richtung.
Alle, die von diesem System abhängig sind – oder die es sich mit dem System nicht verscherzen wollen –, werden niemals einen solchen Artikel schreiben oder sich überhaupt äußern. Unter vier Augen geben mir viele Recht und sagen offen, wie miserabel die Drehbücher sind, die umgesetzt werden, was für Armleuchter und unfähige Regisseure herumlaufen, wie ineffektiv Geld verschwendet wird – und so weiter.
Der deutsche Film und speziell die TV-Filme von ARD und ZDF kosten zwischen 1,4 und 3 Millionen Euro und sehen aus wie Billigproduktionen. Daher verkauft sich auch nichts ins Ausland. So ist das eben, wenn echter Wettbewerb seit über 30 Jahren ausgeschlossen wird.
Und hier kommt die einfache Lösung, die natürlich niemals umgesetzt werden wird:
- Abschaffung aller Jurys und aller Förderungen, die über Vergabejurys verteilt werden. Einsparung: ca. 750 Millionen Euro pro Jahr.
- Um mit den Tax-Incentives anderer Länder mitzuhalten, gibt es für jeden Euro, der in Deutschland oder für deutsche Mitarbeiter ausgegeben wird, 40 Prozent zurück. Andere Länder wie die USA, Kanada oder Kroatien ziehen so Produktionen an, indem Investitionen mit Incentives belohnt werden. Das ist eine Win-win-Investition – und da Deutschland nicht preiswert ist, müssen wir mit 40 Prozent locken. Kroatien hat 25 Prozent, New York 30 Prozent, Kanada 38 Prozent. Automatisch würden mehr Produktionen aus dem Ausland hereinkommen, und deutsche Produktionen würden sich kommerzialisieren und erfolgreicher werden. Die Vetternwirtschaft würde zumindest etwas eingedämmt, da die Redakteure von ARD und ZDF immer noch über eine Milliarde Euro verfügen würden. Eine Privatisierung von ARD und ZDF (Abschaffung der GEZ-Gebühren) wäre dringend angeraten, damit auch diese Wettbewerbsverzerrung ein Ende hat. Dann gewinnen die Produzenten, die wirklich in der Lage sind, mit wenig Geld starke Produkte für den heimischen und den weltweiten Markt zu erzeugen.
- Gegebenenfalls könnten Investitionen von Privatinvestoren in Filme wieder attraktiver gemacht werden, indem Verluste steuerlich absetzbar werden.
Sie können Uwe Boll auch hier finden:
X: @uweboll7 – Instagram: uwe_boll_films – Youtube: @uweboll9101

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