Tár: Ein missverstandenes Hohelied auf die Musik

Der Oscar-Favorit „Tár“ wird von der Kritik wahlweise als Geschichte eines #MeToo-Skandals, oder einer ausufernden Cancel Culture gelesen. Vollkommen unbeachtet bleibt aber die filmische Liebeserklärung an die Musik, die hinter der kühl anmutenden Fassade schlummert.

Screenshot: via youtube/focus features

Wer sich die Kurzzusammenfassung des Films „Tár“ durchliest, erwartet zunächst die übliche Zeitgeistkost: Die Protagonistin Lydia Tár, gespielt von Cate Blanchett, ist eine lesbische Powerfrau mit syrischem Adoptivkind, die sich in der Männerdomäne der Dirigenten durchsetzt. Klingt zunächst alles sehr vorhersehbar, wäre da nicht die Tatsache, dass sie im Laufe des Films in einen #Metoo-Skandal verwickelt wird, der sie letztlich zu Fall bringt.

Diese Wendung mutet heutzutage fast schon wie ein Sakrileg an. Es ist der erste Hinweis, dass „Tár“ womöglich doch kein politisches Gefälligkeitswerk ist. Die leicht enttäuschte Erwartungshaltung woker Kritiker kommt womöglich am Besten in der entrüsteten Stellungnahme Marin Alsops, der amerikanischen Dirigentin des Wiener Rundfunksymphonieorchesters, zum Ausdruck, die sich „als Frau, als Dirigentin und als Lesbe“ angegriffen fühlte. Ihre vom Spiegel dankbar aufgenommene Kritik rief alle Feministinnen dazu auf sich betroffen zu fühlen, denn der Film insinuiere, dass Frauen sich in Führungspositionen wie Männer verhalten würden. Denn Frauen können alles, was Männer auch können. Bis auf die schlechten Sachen, versteht sich.

Regisseur Todd Field selbst sagte, dass der Film davon handelt, wie Macht Menschen korrumpiere. Genauere Analysen zu der männlichen und weiblichen Anfälligkeit für dieses Phänomen blieb Field uns allerdings schuldig. Fast könnte man meinen, die Provokation vorhersehbarer Entrüstung wäre Teil des von ihm geschaffenen Films. Doch um das zu verstehen, müssen wir uns den verschiedenen Bedeutungsebenen der Geschichte annähern.

Die erste Ebene

Die erste Ebene folgt in Grundzügen der Handlung. Lydia Tár ist eine höchst erfolgreiche Dirigentin und Komponistin. Als erste weibliche Dirigentin der fiktiven Version der Berliner Philharmoniker hat sie den Olymp der Musikwelt erklommen. Die Krönung soll die baldige Vollendung ihres Mahlerzyklus mit der Live-Einspielung der 5. Symphonie, inklusive des berühmten Adagietto, bilden.

Tár ist darüber hinaus lesbisch und lebt mit ihrer Partnerin, der Konzertmeisterin des Orchesters, sowie deren 6-jähriger syrischer Adoptivtochter in einem modernen Betonbunker in Berlin. Der Zuschauer begleitet Tár zu Mittagessen mit Sponsoren und pensionierten Kollegen, in Unterrichtssituationen, Proben und Ähnlichem. Viele Rezensenten charakterisieren sie als „manipulativ“ und „arrogant“, denn Tár verfügt über eine dominante Ausstrahlung und kommunikative Effizienz, die wenig Raum lässt für die zwischenmenschlichen Banalitäten, die Normalsterblichen das Leben versüßen.

Die Protagonistin ist auch Gründerin eines Förderprogramms für junge Dirigentinnen. Sie ist stolz, dass die Absolventinnen allesamt bei guten Orchestern untergekommen sind. Alle, bis auf eine, die als charakterlich schwierig bezeichnet wird. Doch als eben diese Jungdirigentin Selbstmord begeht, dringen Gerüchte über eine unschickliche Beziehung zwischen Tár und der Verblichenen an die Öffentlichkeit. Es werden #metoo-Anschuldigungen erhoben, die im Film durch Schuldträume und Halluzinationen der Protagonistin bestätigt scheinen und dem Zuschauer vor allem aufgrund ihres offensichtlichen romantischen Interesse an einer jungen Cellistin im Orchester plausibel erscheinen, auch wenn kein tatsächlicher Beweis für Machtmissbrauch und sexuelle Nötigung erbracht wird.

Als die Empörung immer größere Kreise zieht, beschließt das Management von Tár, sie ans andere Ende der Welt zu schicken, um in den Philippinen ein Orchester zu leiten, das statt Mahler Live-Musik zu Computerspielen aufführt. Der Fall von der gefeierten Heldin zur verstoßenen Persona non grata ist damit vollendet.

Tár wird von Rezensenten häufig als genial, aber kühl und kalkulierend beschrieben. Manche Kritik richtet sich auch gegen ihre dezidiert unweibliche Darstellung und tatsächlich hätte ihr Charakter ebenso ein Mann sein können. Es ist durchaus lohnend darüber nachzudenken, wie die Reaktionen auf den Film dann ausgefallen wären. Wäre der exakt gleiche Film – ohne eindeutig erhobenen moralischen Zeigefinger – auch auf der Berlinale gelaufen, wenn statt einer lesbischen Frau ein Mann die Hauptrolle gespielt hätte?

Doch diese Geschlechterfrage zeigt ein Problem unserer Zeit auf und wird uns gleich zur zweiten Ebene führen. Denn Tár ist in ihrem Verhalten vor allem durch ihre klassische Auffassung der Orchesterhierarchie geprägt. Das alles wird womöglich nirgendwo deutlicher, als in einer kurzen Szene, in der sie mit ihrer Adoptivtochter in ihrem Zimmer spielt. Das Mädchen stellte ihre Stofftiere in einem Halbkreis auf um „Orchester zu spielen“, doch als eines der Stofftiere einen Wunsch äußerte, erklärte ihr Tár es wäre „doch keine Demokratie“.

In diesem Detail offenbart sich Tár als eine Dirigentin alten Schlages, eine Dirigentin, deren Aufgabe darin besteht einem Orchester Führung zu verleihen und mit ihrem vereinenden Geist eine Interpretation zu schaffen, die aus hundert Individuen ein kohärentes Ganzes schafft. Doch das ist eine Auffassung des Dirigenten, die spätestens mit dem Tod von Karajan und Bernstein aus der Mode geriet. Der moderne Dirigent ist Demokrat, ein primus inter pares, ein Erster unter Gleichen, der zwar den Takt vorgibt, doch die Musiker „mitnimmt“ und auf deren Wohlwollen angewiesen ist. Wer es zynischer will, könnte den modernen Dirigenten sogar eher als „geduldeten Bespaßer“ des Orchesters bezeichnen.

Tár ist weder männlich, noch weiblich. Sie ist ein Dirigent, ergo eine Führungspersönlichkeit, die tut was getan werden muss, was manchmal eben auch unangenehme oder unsympathische Entscheidungen beinhaltet. Sie befindet sich in einer Position höchster Verantwortlichkeit und agiert entsprechend. Es ist wenig verwunderlich, dass dieser Aspekt von kaum einem Kritiker wahrgenommen wurde und sie stattdessen mit Attributen wie „arrogant“, „kühl“ und „kalkulierend“ betitelt wird. Tár zeigt, was es bedeutet Verantwortung und Führung zu übernehmen. Das, jedoch, überfordert das Gros der Kritiker.

Die zweite Ebene

Eine weitere Ebene der Handlung befasst sich mit dem Thema der Cancel Culture. Vor allem ein oft angeführter Dialog am Beginn des Films zwischen Tár und einem BiPoC-Studenten der Juilliard School steht beispielhaft für die Diskussion, ob man Kunst und Künstler voneinander trennen sollte. Tatsächlich weigert sich der Student die Musik J.S. Bachs zu spielen, da Bach angeblich misogyn war. Doch der einzige Hinweis auf vermeintliche Misogynie besteht darin, dass er 20 Kinder zeugte.

Tár versucht in dieser Unterrichtssituation verzweifelt zu ihrem Studenten durchzudringen und ihn dafür zu öffnen, dass es bei Musik um mehr geht, als um eine Übereinstimmung mit der bevorzugten Identitätspolitik du jour. Es gelingt ihr allerdings nicht, ihn zu überzeugen, und die Szene endet damit, dass der Student beleidigt den Unterricht verlässt. Später wird dieser Vorfall ihr zum Verhängnis, als ein manipulativ zusammengeschnittenes Video dieses Unterrichts ihre Aussagen in einem diskriminierenden Licht erscheinen lässt. Es ist dieser Konflikt mit der woken Jugend, der ihren Abstieg besiegelt.

Doch es wäre falsch das Thema auf diese Szene zu reduzieren, denn der gesamte Film thematisiert den geistigen Konflikt zwischen Tár und der jungen Generation an Studenten (sie bezeichnet diese als „Roboter“), Assistenten und jungen Orchestermusikern. Denn obwohl Tár auf dem Papier den wokesten Anforderungen entspricht, legt sie überhaupt keinen Wert auf ihren Opferstatus als Frau oder Lesbe, ja sie instrumentalisiert nicht einmal ihre syrische Adoptivtochter zu PR-Zwecken. Niemals betont sie, dass sie es als Frau schwer hatte sich durchzusetzen, nirgendwo thematisiert sie ihre sexuelle Präferenz oder fordert anderweitig Opferstatus ein.

Nicht nur der Student in Julliard, auch ihre persönliche Assistentin offenbart geistige Distanz zu ihr, als sie kritisiert, dass Tár in einem Interview den Fokus der Beziehung von Gustav Mahler und seiner Frau Alma auf die Liebe lenkt, obwohl Mahler Alma verboten hatte zu komponieren. Tár verweist darauf, dass Alma dem zugestimmt hatte, doch ihre Assistentin beharrt auf dem kompromisslosen Einfordern „eines Platzes auf der Bühne“ für Frauen.

Auch die Cellistin Olga, in die Tár sich verliebt, ist ein politisches Kind ihrer Zeit. Die russischstämmige Cellistin erzählt bei einem Mittagessen, dass die sozialistische Pionierin Klara Zetkin ihre Heldin ist, der sie am 8. März gedenkt. Tár fragt nach, ob dies ihr Geburtstag sei. Nein, es sei der internationale Frauentag, den Zetkin initiiert hatte. „Oh!“, entgegnet Tár und offenbart damit, dass ihr die Welt politischer Feiertage und geschlechtlicher Repräsentanz vollkommen fremd sind.

In diesem grundlegenden Unterschied zwischen den Generationen, in dem Tár zwar alle rein äußerlichen Kriterien erfüllt um zu diversen Opfergruppen zugerechnet zu werden, diese aber niemals in Anspruch nimmt und einer Generation, die ungeachtet all ihrer Privilegien und Vorteile sich stets benachteiligt fühlt und bereit ist dieses Gefühl als Mittel im hierarchischen Kampf einzusetzen, liegt der Konflikt der zweiten Ebene des Films. Es ist diese Ebene, auf der der Film nicht nur die Cancel Culture darstellt, sondern auch seine primäre Wirkmächtigkeit außerhalb des Films selbst zeigt. Die Empörung all jener, denen der Film nicht progressiv genug ist, bestätigt letztlich die Beobachtung des Films.

Die dritte Ebene

Doch neben den offensichtlichen politischen Themen gibt es noch eine dritte Ebene, die bislang fast unbeachtet scheint. Denn trotz allem ist und bleibt es ein Film über Musik. Dabei geht es gar nicht um den sporadischen Jargon oder die gut einstudierte Dirigiertechnik Blanchetts. Nein, all das sind im Großen und Ganzen Nebensächlichkeiten und es ist zutiefst bedauerlich, dass dies bislang nur wenig wahrgenommen wurde.

Zu Beginn des Films spricht Tár über das Adagietto aus Mahlers 5. Symphonie. Ihr Lehrmeister Leonard Bernstein hätte es zu Robert Kennedys Beerdigung in über 12 Minuten aufgeführt, doch sie wagte einen anderen Weg, einen Weg, der sich an der originalen Bedeutung orientierte. „7 Minuten“, antwortet Tár auf die Frage, wie lange sie dafür bräuchte. Diese Zeitangabe offenbarte mit einem Schlag, aus welchem Brunnen der Regisseur hier schöpfte. Denn unter allen Aufnahmen von Mahlers Adagietto sticht lediglich die Fassung des Niederländers Willem Mengelberg, der das Concertgebouw Orchester bis 1945 leitete, mit exakt dieser Dauer hervor. Mengelberg war ein enger Vertrauter Mahlers und einer seiner ersten Verfechter auf dem internationalen Parkett. Auch die von Tár geäußerte Behauptung, es handle sich nicht um ein Werk für eine Grabesmusik, sondern um einen musikalischen Liebesbrief an Alma Mahler, geht zurück auf einen Eintrag in Mengelbergs Partitur, der sich auf Mahler und seine Frau als Quelle beruft.

Dies war aber nur der erste Hinweis darauf, wie gut Regisseur Todd Field die Geschichte des Dirigierens kennt. Auch die im Trailer zu sehende Partitur ist von Mengelberg, seine berühmten Markierungen in blauem und rotem Buntstift werden im Film ebenfalls Tár zugeschrieben. Wie Mengelberg sieht auch Tár den Prozess des Probe als wichtiger, als die Aufführung und selbst ihre Ausführungen über die Dirigiertechnik der rechten und linken Hand decken sich fast 1:1 mit den Aussagen Mengelbergs zu dieser Frage. Obwohl Mengelberg niemals namentlich erwähnt wird im Film, so hat auch die Geschichte, die Társ Amtsvorgänger über Furtwängler und die pauschalen Entnazifizierungsprozesse nach Ende des 2. Weltkriegs erzählt, eine Parallele zu Mengelberg, der nach Ende des Krieges mit einem Berufsverbot belegt wurde und im Schweizer Exil starb. Mit Ausnahme der Anschuldigungen sexueller Nötigung stellt Mengelbergs rasanter Fall von seinem fast schwindelerregenden Olymp die womöglich deutlichste Parallele zu Társ Ende dar.

Tár ist aber selbstverständlich nicht nur Mengelberg in modernem Gewand. Züge vieler anderer „Titanen“ des Dirigierpults spiegeln sich in ihr wider. So ist auch die Ablehnung der Heutigen umfassender, als nur die Kritik an Társ Machtmissbrauch. Sie stören sich an ihrer Auffassung des Dirigenten, einer Führungspersönlichkeit, die auch unliebsame Entscheidungen trifft, die getroffen werden müssen. Das Unverständnis der heutigen Generation beruht darauf, dass sie vermuten, dies wäre ein Ausdruck persönlicher Arroganz, als vielmehr Erfüllung der Pflichten eines Dirigenten.

Wenn aber Tár zu Beginn über die Liebe in Mahlers Adagietto spricht, dann spricht daraus bereits ihre Beziehung zur Musik. Den Heutigen mag Tár äußerlich kühl erscheinen, doch ist sie ein zutiefst empfindsamer Mensch, der durch den Ausdruck der Musik lebt, eine Idealistin und Romantikerin, die mittels der Musik eine Liebe kennt, die außerhalb von Klängen kaum nachzuempfinden ist. Doch diese Empfindsamkeit muss geschützt werden, will sie nicht in Zerbrechlichkeit münden, woraus sich ihre professionelle Fassade erklärt.

Als sie gegen Ende des Films in ihrem Kinderzimmer alte Aufnahmen von Leonard Bernstein ansieht, in denen er die Musik für ihre Fähigkeit rühmt, all das zum Ausdruck zu bringen, wo Worte versagen, bricht Tár in Tränen aus. Musik ist ihre Sprache der Liebe und letztendlich ist diese Liebe und die Musik – Begriffe, die für sie synonym sind – die einzige vereinende Triebfeder hinter all ihren Taten.

Selbst ihre kurzzeitige Obsession mit der jungen Cellistin speist sich aus Társ Projektion ihrer eigenen Erwartungen in das Spiel der jungen Musikerin, Erwartungen, die in der Realität – in der Olga meist nur am Handy spielt – herb enttäuscht werden. Die Ernsthaftigkeit aber, mit der Tár selbst im philippinischen Exil die Partituren von Computerspielmusik studiert, offenbart, dass sie sich nicht für zu gut für diese Aufgabe hält, noch dass sie ihre Erfüllung einzig im Rampenlicht der großen Konzertsäle fand. Tár begegnet jeder musikalischen Aufgabe mit der gleichen Ernsthaftigkeit, da ihr Herz letztlich einzig und allein der Musik gehört. Es ist die womöglich letzte Reminiszenz an Willem Mengelberg in diesem Film, der einst sagte: „Alles ist gleich schwierig. Es geht nur darum, es gut zu tun.“

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Kommentare ( 8 )

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Johann Thiel
1 Jahr her

Man möge mir verzeihen, aber als Liebhaber guten Kinos, brauche ich mir nur den Trailer anzuschauen und diese elende Story zu lesen, um zu wissen, das Ding ist Müll. Depressive Grundstimmung, die üblichen muffigen Graugrün-Farben, dunkle Einstellungen, woker Kram in seiner ganzen Unvermeidlichkeit, völlig egal ob dieser sich selbst am Ende in Frage stellt. Dazu die stets blasse und kraftlos wirkende Cate Blanchett (Ideal für eine Dirigentenrolle) in ihrer Paraderolle einer Frau die eine Frau spielt. Und schließlich kein depressiver Film den Nina Hoss nicht noch schlimmer machen könnte. Die Beschädigung Gustav Mahlers Musik, durch die Verbindung mit solch wohlkalkuliertem… Mehr

St. Weber
1 Jahr her

Lieber Herr Boos, zusammen mit der Rezension in der Jerusalem Post ( https://www.jpost.com/j-spot/article-720932 ) die interessanteste Rezension, es war eine Freude und Gewinn diese zu lesen nach all dem vorgestanzten Robotergeplapper. Für mich war „Tár“ eine ausgesprochen freudige Enttäuschung, von Field und dessen Zusammenarbeit mit Kubrick ausgehend hatte ich mir einen Film erhofft, in dem in der Art Kubricks mit Musik umgegangen wird, diese komplette Verschmelzung des Visuellen mit dem Auditiven. Das ist Tar nicht, dafür aber eine hervorragende Auseinandersetzung mit klassischer Musik und eine ebenso hervorragende psychologische Studie über die Bedingungen künstlerischer Produktion in Zeiten der Überwachung durch soziale… Mehr

David Boos
1 Jahr her
Antworten an  St. Weber

Vielen Dank für die netten Worte, es freut mich sehr, dass Sie meine Rezension ansprach! Freudige Enttäuschung trifft es ganz gut, gerade auch in Bezug auf das Kubrick-hafte. Denn visuell und auch in der Gestaltung der Charaktere ist der Einfluss, denke ich, unverkennbar, aber musikalisch kommt Field halt zu Gute, dass er selbst Musiker ist. So sind die Dialoge oftmals auch nicht realistisch, in dem Sinne, dass z.B. Unterrichtssituationen heutzutage wohl kaum derart ins Philosophische abgleiten würden, wie in der Szene im Film. Vielmehr sind es Fields eigene philosophischen Überlegungen zur (Rolle der) Musik, die hier zum Ausdruck kommen und… Mehr

Biskaborn
1 Jahr her

Der Film war offensichtlich nicht woke genug, deshalb hat er auch keinen Preis bekommen. So einfach scheint das heutzutage was die Bewertung von Filmen betrifft!

Michael Palusch
1 Jahr her

Wenn ich Gustav Mahler grandiose Musik hören möchte gehe ich ins Konzert oder lege eine Platte auf. Es für mich ist absolut entbehrlich, nur um in den musikalischen Genuss zu kommen, mir dazu die Bilder einer links-woken Belehrungsstory, die wohl alles bietet was der Queerfeminismus so auf Lager hat, anzutun.

Last edited 1 Jahr her by Michael Palusch
David Boos
1 Jahr her
Antworten an  Michael Palusch

Da haben Sie mein Plädoyer leider falsch verstanden. Der Film ist eben alles andere als eindeutig in seiner politischen Ausrichtung. Ja, die Elemente gibt es, aber sie halten sich die Waage mit der Gegenseite (Cancel Culture Kritik) und ich denke es ist eben gerade die fehlende Eindeutigkeit, die wohl manche Kritiker überraschte und letztlich dazu führen wird, dass der Film bei den großen Preisen leer ausgehen wird. Um sich eine Mahler-Symphonie anzuhören braucht man tatsächlich keinen Film. Der Film stellt aber die Auffassungsfrage des Dirigenten, der in seiner Funktion in der heutigen Welt nicht mehr akzeptiert würde. Damit thematisiert der… Mehr

Christa Born
1 Jahr her
Antworten an  David Boos

Danke! So sah ich den Film auch. Grossartige Hauptdarstellerin Blanchette u.a.! Danke auch für den Hinweis auf Mengelberg, das wusste ich nicht. Unbedingt sehenswert auch meine Empfehlung. PS: Originalfassung ansehen schon wegen des köstlichen Deutsch Blanchettes…

Last edited 1 Jahr her by Christa Born
David Boos
1 Jahr her
Antworten an  Christa Born

Ich muss zugeben, dass Deutsch war zwar sichtlich bemüht, aber man hörte ihr dann doch an, dass sie eigentlich phonetisch Klänge nachbildete (sagte sie auch in einem Interview). Das hört sich dann halt nicht wirklich nach Sprache an, sondern nach Lauten, aber gut, da will ich nicht zu sehr rummeckern. Immerhin haben sie sich Mühe gegeben und bei vielen internationalen Künstlern, die in Deutschland tätig sind, ist das Deutsch tatsächlich auch nicht viel verständlicher 😉