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Mitte-Studie, Teil I: Wie die SPD ihre verlorenen Wähler rechtsextrem schimpft

Von Jahr zu Jahr wird der Motor der deutschen Gesellschaft, wird das Heer der Steuerzahler mit immer neuen despektierlichen Begrifflichkeiten am Nasenring geführt. Die Mitte der Gesellschaft steht jetzt dauerhaft unter Generalverdacht.

Nach "Fragile Mitte" (2014) und "Gespaltene Mitte" (2016) nun "Verlorene Mitte" (2019) aus dem Hause Friedrich-Ebert-Stiftung

Screenprints: FES

Die neue Studie „Verlorene Mitte – Feindselige Zustände“ ist zweifellos die ungeschlagene Königin und der dickste Windbeutel aus der Zickbäckerei. Eine Publikumsbeschimpfung in Reinkultur, wenn die deutsche Mehrheitsgesellschaft diffamiert, diskreditiert und denunziert wird, wenn dann etwas aufgebrochen werden soll, dass der Kritik an der Massenzuwanderung entgegenwirken soll, ebenso, wie es die Zwangsintegration der Einheimischen ins Fremde befördern soll.

Von Jahr zu Jahr wird der Motor der deutschen Gesellschaft, wird das Heer der Steuerzahler mit immer neuen despektierlichen Begrifflichkeiten am Nasenring geführt. Die Mitte der Gesellschaft steht jetzt dauerhaft unter Generalverdacht. Und sie finanziert diese Beschimpfungen auch noch selbst. Sie ist nunmehr wahlweise die „fragile Mitte“, „verlorene Mitte“, „gespaltene Mitte“ oder die „enthemmte Mitte“. Sie ist rassistisch und rechtsextrem bzw. rechtspopulistisch, was im Prinzip das selbe meint, nur als Beleidigung weniger justiziabel erscheint.

Die Friedrich-Ebert-Stiftung der SPD hat eine neue Studie zum Rechtsextremismus veröffentlicht. Das Papier ist zu einem über dreihundert Seiten langen Buch geworden, welches bereits im Vorwort klarstellt, dass eine Leitplanke vor der Studie feststand, wenn „Rechtsextremismus auch in der Mitte unserer Gesellschaft stattfindet.“ Diese These sei belegt und fundiert und „in ernsthaften wissenschaftlichen Diskussionen anerkannt“.

„Der viel zitierte Rechtsruck zeigt sich deutlich, wenn wir zum Beispiel anhand der neuen Mitte-Daten auf die Anschlussfähigkeit neurechter Themen schauen, auf die Radikalisierung von rechtspopulistischen Gruppierungen oder auch auf die Verbreitung von Verschwörungsmythen und damit einhergehender kompletter Ablehnung vorher anerkannter Wissensquellen, sei es Wissenschaft, öffentliche Bildung oder die etablierten Medien. (…) Dieses Buch ist nicht das Ende eines Arbeitsprozesses, sondern der Beginn einer Debatte, die wir in zahlreichen Veranstaltungen, über die Medien und in persönlichen Gesprächen führen und mitgestalten möchten.“

In der Mitte der Gesellschaft seien heute „Ideologien von Vorrechten vermeintlich Alteingesessener“ beheimatet. Die Studienmacher um Andreas Zick (zu ihm gleich mehr) „beobachten Ansprüche an die Besitzstandswahrung und vor allem Gefühle der Deprivation, also des gefühlten Mangels, der Einschätzung, der eigenen nationalen Bezugsgruppen ginge es immer schlechter, während angeblich andere ohne Leistung alles bekämen.“

Der SPD laufen die Wähler weg, der Weg in die Einstelligkeit ist vorprogrammiert und in den neuen Bundesländern schon etabliert. Was macht nun die Partei von Friedrich Ebert dagegen, dass ihr die Mitte abhanden gekommen ist?

Also im Kern Teilmengen jener 10-15 Millionen Menschen, die nicht beim Staat beschäftigt sind, sondern als Nettosteuerzahler mit produktiver Arbeit oder Dienstleitungen die Hauptlasten tragen. Hier fand sich einmal die Kernklientel der SPD. Aber die Schaffenden wandern ab.

Wie sich die Partei nun um diese Abtrünnigen bemüht? Mit der Friedrich-Ebert-Stiftung. Hier sitzen mit Kurt Beck, Hannelore Kraft und Michael Sommer ein paar ausrangierte Sozialdemokraten im Vorstand. Und hier entstand nun eine Studie über diese für die SPD verlorene Mitte. Der Titel der Studie: „Verlorene Mitte – Feindselige Zustände.“ Feindselig gegenüber der SPD? Der Untertitel präzisiert es, wenn der Vorwurf an die Mitte lautet: „Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2018/2019.“

Nun wandern die SPD-Wähler der Mitte kaum zur AfD ab, dennoch versucht es die Studie mit der Diffamierungspeitsche anstelle eines sozialistischen Heilversprechens. Man umwirbt seine Wähler nicht mehr, sie werden als Rechtsradikale verunglimpft und beschimpft. Die Begrifflichkeiten erodieren hier schon deshalb, weil man es damit die letzten Jahre nicht so genau genommen hat: Rechtsextrem. Rechtsradikal, Rechtspopulistisch, völlig egal. Hauptsache vorwurfsvoll, mahnend und böse soll es klingen.

Die Studie entstand im „Projekt gegen Rechtsextremismus im Forum Berlin der Friedrich-Ebert-Stiftung.“ Und Stiftung und Studie wird von Menschen der Mitte finanziert, wenn 2017 aus dem Bundes- sowie den Länderhaushalten Zuwendungen in Höhe von 176,6 Millionen Euro verbucht wurden.

Eine Polemik
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So eine Mitte Studie gab es schon einmal in Zusammenarbeit mit diversen anderen Stiftungen wie Heinrich Böll Stiftung, Otto Brenner Stiftung und Rosa Luxemburg Stiftung, also in gleicher Reihenfolge aufgedröselt: von den Grünen, der IG Metall und der Partei Die Linke. Aber 2016 ging diese Beschimpfung furchtbar krachen, als beispielsweise FAZ-Journalist Jasper von Altenbockum Juni 2016 über die Macher der ersten Studie „Die enthemmte Mitte“ schrieb: „Dabei ist es vor allem eine Gruppe, die enthemmt ist: sie selbst.“ Die Friedrich-Ebert Stiftung ging von da an eigene Wege mit eigener Studie, ja, es ist etwas verworren, ja, es soll uns hier nicht weiter interessieren. Der Berg wächst höher, aber er stinkt von allen Seiten gleich.

Im Zentrum der Arbeit an besagter Studie agiert der Sozialpsychologe und Theologe Andreas Zick. Wenn es darum geht, sich in dieser Refugees-Welcome-No-Border-No-Nation-Manege am beharrlichsten zu Wort zu melden, dann sind Zick und seine im schon seit Jahren verbundenen Helfer (mit der Studienautorin Beate Küpper beispielsweise soll er schon 2004 an Drittmittelprojekten gearbeitet haben) zweifellos die Mezzosopranisten im schrillen Chor der Gutmeinenden.

Wenn der u.a. als Stiftungsrat der Amadeu Antonio Stiftung (Vorsitzender) tätige Zick nicht gerade im TV als Gewaltforscher seine Stimme erhebt oder im Spiegel seitenweise den Experten in Konfliktforschung gibt, dann arbeitet er einfach weiter an der nächsten quersubventionierten Studie, die doch so dringend belegen möchte, aus was für miesen Typen die biodeutsche Mehrheitsgesellschaft tatsächlich besteht und wie blöd das für die SPD ist.

Belegen sollen das jeweils von hausfremden Instituten zugekaufte Telefonumfragen. Ja, es kam schon vor, dass Zick vor die Mikrofone trat, während er wieder eine weitere knackfrische Studie noch gar nicht aus dem ideologischen Backofen gezogen hatte. Sie war schlicht noch nicht fertig, aber die Presse berichtete brav, was Zick und Kolleginnen aus dem Phantompapier diktierten.

Ist ja auch völlig wurscht, Hauptsache die Presse feiert ab, was präsentiert und interpretiert und was also nicht mehr selbst gelesen oder – um Himmelswillen – journalistisch hinterfragt werden müsste. Wer Zick hinterfragt, der macht sich verdächtig. Der könnte der nächste Rechtspopulist sein, der dann womöglich in der nächsten Studie die Rolle des Bösewichts einnehmen muss. Dieses Vorgehen hat übrigens System ganz weit oben. Vorgelebt wird es gerade von Jean-Claude Juncker, der aktuell angekündigt hat, jeden Widerspruch gegen seine Arbeit als Fake-News zu brandmarken.

Der Einfachheit halber gibt es die zu belegenden Thesen über das Böse aus der Mitte Deutschlands in Zick-Studien immer schon vorab formuliert, dann fällt es anschließend leichter, in den Umfragen die erwünschten Antworten abzuholen. Dann wird so eine Studie schnell mal hundert Seiten lang. Nein, dieses Mal sind es sogar über dreihundert. Denn was von Studie zu Studie ebenfalls immer aufgeblähter daherkommt, sind diese ausufernden soziopsychologischen Interpretationen der ermittelten Daten. Diese dürfen und sollen nicht für sich sprechen. Es gilt, sie einzuordnen, bzw. unter hunderten von Seiten einzuzementieren, bis man mit dem Presslufthammer rangehen muss, will man irgendwie um die Interpretationsarmierung des Andreas Zick herumkommen.

Nein, hier sollen keine Fragen offen bleiben. Hier wird nicht die Studie zum Studienmaterial für Interessierte, hier wird das Fazit gedehnt wie ein warmer Kaugummi, bis alles ganz verklebt ist. Nein, hier soll bloß kein Journalist auf die Idee kommen, sich eigene Gedanken zu machen oder gar machen zu müssen. So sorgt der wortpralle Wälzer aus sich heraus dafür, dass die Leitmedien dankbar die vorgekaute Lesart übernehmen: Nullkommanull Kritik gibt es etwa an der Vorgehensweise, keine Recherchen zu den Institutionen dahinter oder zu den einzelnen Machern der Studie, einfach nichts als Lob und Dankbarkeit, diese mit Interpretationssalat zugekleisterten Umfrageergebnisse nicht selbst kauen und verdauen zu müssen. Am Ende muss man lange suchen, bis man überhaupt da landet, wo die Studienmacher leibhaftige Menschen zu Hause angerufen haben.

Studienmacher Andreas Zick scheint es auch völlig egal zu sein, dass sich seine unterschiedlichen Arbeiten gerne mal fundamental widersprechen, wenn er in einer weiteren Studie von Anfang des Jahres (dieses Mal in Zusammenarbeit mit der Mercator-Stiftung) noch berichtete: „Die meisten Deutschen wollen eine Willkommenskultur“.

Terror, Kriminalität und Überlastung durch Zuwanderung sind laut Studie nunmehr
„Mythen und Geschichten“. Nationale Identität und exklusive Heimaten sind das Grundübel, dem die Mitte immer noch nachhängen würde, wenn sie weiter denken würde, sich daraus Vorteile und Vorsprung verschaffen zu können, „obgleich dies einer globalen und offenen Ökonomisierung widerspricht. (…) Stattdessen wird das Nationale als Leistungsvorteil umgedeutet.“

Diese Studie krankt einmal mehr an ihren Begrifflichkeiten, wenn es da heißt: „Wenn rechtsextreme Einstellungen in der Mitte geteilt werden, geht der historisch gewachsene demokratische Kern der Mitte verloren.“ Wenn nun aber was jetzt rechtsextrem sein soll, zuvor noch als Haltung in der Mitte der CDU beheimatet war, was verschiebt sich dann tatsächlich oder wird verschoben unter anderem durch solche zweifelhaften Studien die von sich selbst erzählen, der Rechtsextremismus sei „gewissermaßen das Kernkonzept der Mitte-Studie“, der Rechtspopulismus sei zwar weniger extremistisch, „aber nichtsdestoweniger antidemokratisch“?

Im zweiten Teil wollen wir uns in diesem Dickicht der über dreihundert Seiten langen Zick’schen Interpretationsarbeit umschauen, was die telefonisch Befragten wirklich gesagt haben und was in diesem Kontext die ausufernden Interpretationen der Studienautoren noch wert sind.


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