Tichys Einblick
Wahlwiederholung Mitte Februar erwartet

Berlin-Wahl: Am 16. November entscheidet das Gericht

Der neue Berliner Landeswahlleiter rechnet mit einer kompletten Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl Mitte Februar. Ein Antrag gegen den ehemaligen Innensenator Andreas Geisel, der die Missstände zu verantworten hatte, scheiterte am Donnerstag im Parlament.

Schlange vor einem Berliner Wahllokal in Neukölln am 26. September 2021.

MAGO / Emmanuele Contini
Das Berliner Verfassungsgericht wird am 16. November die Entscheidung zur Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl 2021 verkünden. Das teilte das Gericht am Donnerstag mit. Die Wahl war von zahlreichen Irregularitäten, Pannen und Manipulationen überschattet gewesen. TE hatte mit einem eigenen Team und in Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Berliner Abgeordneten Marcel Luthe den Skandal um die Berlin-Wahl aufgeklärt.

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Das Gericht hatte bereits in der vergangenen Woche eine komplette Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl in Aussicht gestellt. Es habe eine Vielzahl an „Wahlfehlern“ gegeben, die mandatsrelevant seien, sagte die Präsidentin Ludgera Selting. Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) wolle mit dem bald zu erwartenden Urteil „verantwortungsvoll und professionell“ umgehen.

Der neue Berliner Landeswahlleiter Stephan Bröchler erklärte gegenüber dem Magazin Spiegel, er rechne mit einem Termin Mitte Februar. Er bereite sich auf eine „vollständige Wiederholung“ vor. Der Spiegel hält daher den 12. Februar des kommenden Jahres für möglich. Einen früheren Wahltermin zieht Bröchler nicht in Betracht. Eine Wahl sei „eine enorme Herausforderung“, üblicherweise werde dafür ein Jahr Vorbereitung angesetzt.

Bröchler stellte eine Verbesserung der Organisation in Aussicht. Wahlhelfer sollten besser geschult werden, damit diese ordentlicher protokollierten. Man müsse zudem sicherstellen, dass in allen Wahllokalen drei Wahlkabinen verfügbar und alle nötigen Stimmzettel vorhanden seien. „Wir tun alles dafür, dass die Wahl ein Erfolg wird“, erklärte Bröchler. Es dürfe auch kein Großereignis stattfinden wie bei der letzten Wahl.

Am Donnerstag debattierte zudem das Berliner Abgeordnetenhaus über die desaströse Berlin-Wahl 2021. CDU und AfD attestierten dem damaligen Innensenator Andreas Geisel (SPD) eine Mitschuld. Dieser zöge keine Konsequenzen aus dem eigenen Versagen und klebe an seinem Amt. Geisel ist mittlerweile Bausenator. Die getrennten Anträge beider Fraktionen, die eine Entlassung Geisels forderten, fanden im Abgeordnetenhaus jedoch keine Mehrheit. Geisel äußerte sich während der Debatte nicht.

Wahlwiederholung in Berlin
Luthe: Letztes Wort zur Berlin-Wahl noch nicht gesprochen
Die aktuelle Innensenatorin Iris Spanger (SPD) hat indessen Änderungen bei einer kommenden Wahl angekündigt. Dazu gehörte die Aufstellung von drei bis vier Wahlkabinen statt bisher zwei. Es solle zudem einheitliche Verfahren zur Anwerbung und Schulung von Wahlhelfern und klarere Vorgaben zur Übermittlung von Wahlergebnissen geben. Geplant sei eine „kontinuierliche Kommunikationsstruktur“ zwischen Landeswahlleiter Bröchler, den Bezirkswahlleitungen und der Innenverwaltung, um Wahlverfahren zu standardisieren und zu professionalisieren. Auf Landesebene werde ein Landeswahlamt geschaffen, so Spranger weiter.

Während sich das Land Berlin auf eine komplette Wiederholung vorbereitet, beharrt der Wahlprüfungsausschuss des Bundestags weiterhin nur auf einer Teilwiederholung. Davon wären nur 300 Lokale und die Zweitstimme betroffen. Der Beschluss gilt angesichts der Mehrheit der Ampel-Parteien als sicher. Angesichts der skandalösen Verhältnisse stößt diese Entscheidung auf immer größeres Unverständnis. Nachdem Marcel Luthe gestern schon die Zuständigkeit des Bundestags in Zweifel zog, äußerte auch die FAZ Zweifel am Verfahren. Zitat:

„Angesichts dieser Manipulationen stellt sich die Frage, ob der Bundestag selbst weiterhin die Prüfung der Bundestagswahl vornehmen sollte. Denn das heißt, dass Parlamentarier ‚über ihre eigene Zukunft und Mandate ihrer Kollegen‘ entscheiden, wie der SPD-Abgeordnete Johannes Fechner gerade bemerkt hat. Man müsste den Wahlprüfungsausschuss auflösen und Einsprüche zukünftig vom Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen. Das unwürdige Geschacher der Ampel-Parteien im Bundestag legt das ebenso nahe wie die Ehrenrettung der Demokratie, die der Berliner Verfassungsgerichtshof angestrebt hat.“


Warum in Berlin neu gewählt werden muss

In Berlin entscheidet das Landesverfassungsgericht über Neuwahlen zum Abgeordnetenhaus und Bezirksvertretungen. Wir dokumentieren anbei die Wahlanfechtungsklage von Marcel Luthe, ebenso wie die Argumente der Antragsführer und, was die einzelnen Parteien einwenden:

Neuer Schriftsatz VerfG Terminsverlegung – Schriftsatz VerfG Beteiligter am Verfahren – Innensenator – Landeswahlleiter – Lindemann – Die PARTEI – AfD


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