Tichys Einblick
Systematisch die Bürger getäuscht

Der unverbindliche Migrationspakt – plötzlich doch verbindlich!

Ob Bundeskanzleramt oder Bundesministerium des Äußeren – ob Bundestag oder Medien: Die Zustimmung zum Migrationspakt sei gänzlich unverbindlich, ließen sie uns Bürger wissen. Allen voran derjenige, der heute bereits oberster Richter am Bundesverfassungsgericht ist.

NICHOLAS ROBERTS/AFP/Getty Images
Welch‘ eine geschlossene Front tat sich auf, als im Herbst des Jahres 2018 TE und andere unabhängige Medien darauf hinwiesen, dass der in Marokko zur Annahme anstehende UN-Pakt zur Globalen Migration der ungehinderten Einwanderung Tür und Tor öffnete. Welch‘ ein hassverzerrtes Gesicht präsentierte der Hamburger SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs, als aus den Reihen der Bundestagsopposition auf genau diese Problematik hingewiesen wurde. Wie pseudojuristisch verdreht hörten sich die Rechtsverdrehungen an, mit denen der zu diesem Zeitpunkt bereits als designierter Chef des Bundesverfassungsgerichts ausgekungelte Stephan Harbarth von der CDU die regierungsamtliche Lesart eines „Paktes, der zu nichts verpflichtet“, im Bundestag zum Besten gab.
Die Kritiker – Verbreiter von FakeNews?

Lagen die Kritiker falsch? Verbreiteten sie aus Dummheit und Unkenntnis, vielleicht sogar aus bösartigen, „rechtspopulistischen“ Motiven FakeNews – wie ihnen flächendeckend unterstellt wurde?

Nein. Nun haben wir es amtlich. Nicht TE und Co. waren es, die FakeNews verbreiteten – es ist die Bundesregierung mit ihren amtlichen und halbamtlichen Unterstützern in Parlamenten, Medien und NGO, die ein phänomenales Lügengebäude aus Nebelkerzen aufgebaut hat.

Das EU-Papier zur Rechtswirksamkeit des Paktes

TE liegt ein Papier vor, das das Datum 1. Februar 2019 trägt. Die Empfänger dieses Papieres sind

  • Stefano Manservisi, Rechtswissenschaftler und seit 2016 Generaldirektor der EU- Generaldirektion Entwicklung und Zusammenarbeit (DG DEVCO),
  • Parskevi Michou, Juristin und seit März 2018 Generalsekretärin der EU-Generaldirektion Migration und Inneres (DG HOME).
  • Lotte Knudsen, Abteilungsleiterin im Europäischen Auswärtigen Dienst der EU,
  • Joao Vale de Almeida, Vertreter im Botschaftsrang der EU-Delegation bei den Vereinten Nationen.

Getitelt ist das Papier an die vier hochrangigen EU-Beamten mit „The legal effects of he adoption of he Global Compact for Safe, Oderly and Regular Migration (CGM) by the UN General Assembly.“

Das Papier beginnt mit der Darstellung der Verabschiedung – durch formlose Zustimmung in Marrakesh am 10. und 11. Dezember 2018 und dem darauf basierenden, formalen Beschluss der UN-Hauptversammlung am 19. Dezember des Jahres.

Es wird verdeutlicht, dass in Marrakesh 164 Staaten für den Pakt und von den EU-Mitgliedsstaaten die Länder Österreich, Italien, Tschechien, Ungarn, Lettland, Polen, Slovakei und Bulgarien gegen diesen  gestimmt hatten. Sodann wird dargelegt, dass am 19. Dezember nur noch 152 Staaten einschließlich 19 EU-Ländern zugestimmt hatten, während Tschechien, Ungarn, Bulgarien, Israel und die Vereinigten Staaten mit Nein votierten. Die ursprünglich ablehnenden EU-Staaten Österreich, Bulgarien, Italien, Lettland und nun auch Rumänien enthielten sich bei der Schlussabstimmung, die Slovakei nahm daran nicht teil.

Migrationspakt ist längst EU-Recht

Nach diesen Formalien konzentriert sich das EU-Papier mit dem Aktenzeichen „sj.i(2019)691461 LG/sa“ auf die EU-Verträge und macht deutlich, dass der Global Compact im Sinne der von allen EU-Staaten unterzeichneten EU-Verträge nunmehr von allen EU-Staaten befördert werden muss (to be promoted). Sodann bezieht sich das Dokument auf ein gemeinsames Statement aller EU-Institutionen vom 30. Juni 2017, veröffentlicht als „The New European Consensus on Development: Our World, Our Dignity, Our Future“ (deutsch: Der neue europäische Konsens über die Entwicklungspolitik „Unsere Welt, Unsere Würde, Unsere Zukunft“.).

Tatsächlich ist dieses Dokument in vielen Bereichen deckungsgleich mit dem GCM, folgt wie die UN der Legende, Migration würde nur Vorzüge bringen. Erkenntnisse wie jene auf der 23. Fachtagung der Gesellschaft für angewandte Wirtschaftspsychologie vorgetragene der Hochschule Wernigerode, die anhand von 500 freiwillig teilnehmenden Migranten feststellte,  dass der Intelligenzquotient von Zuwanderern aus Schwarzafrika sich zumeist noch deutlich unter dem deutscher Hauptschüler bewege, wurden und werden vorsätzlich ausgeklammert. Stattdessen wird das Hohelied der Einwanderung gesungen, regelmäßig begleitet von den Erzählungen von einer Population europäischer Nationen, die aufgrund ihrer Überalterung vor dem Aussterben steht.

Abweichende Voten ohne Relevanz

Unter Bezug auf diesen „Konsensus“ und weitere Positionen von Kommission und EU-Rat zur Einwanderung nach dem EU-Resettlement-Konzept kommen die Verfasser zu dem Ergebnis, dass das von der EU-Mehrheitsmeinung abweichende Votum der genannten Abweichler für das weitere Vorgehen der EU und all ihrer Staaten – ohne Relevanz sei. Schließlich, so die Quintessenz, sei all das, was im UN-Migrationsrecht als Völkerrecht beschlossen wurde, längst geltendes EU-Recht.

Um diese Position zu untermauern, wird aus verschiedenen Beschlüssen des  EuGH zitiert, die alle auf eines hinauslaufen: Der Widerspruch einiger EU-Länder gegen den Globalen Migrationspakt habe keinerlei Konsequenz – auch nicht für jene EU-Länder, die den Pakt ablehnen. So wird in den Punkten 36 folgende dann auch statuiert: „In Hinblick auf das zuvor Erläuterte ist festzustellen, dass der GCM in diese (Anmerkung: der EU) Politik fällt.  Die Annahme des GCM hat rechtliche Auswirkungen auf die EU-Entwicklungspolitik.“ Sein Einfluss auf die bestehende und künftige Gesetzgebung der EU sei daher und im Sinne der EU-Beschlusslage zwangsläufig.

Zusammenfassend wird festgehalten: „Das bedeutet, dass der Migrationspakt integraler Bestandteil der EU-Positionen zur Entwicklungszusammenarbeit ist, wie dieser sich am gesetzlichen EU-Rahmen beteiligt.“ Insofern sei in Übereinstimmung mit den Prinzipien der EU-Staaten nun dafür zu sorgen, dass der Migrationspakt in allen EU-Ländern erfüllt werden.

Ein großangelegtes Lügengebilde

Wir erinnern uns? Ob Bundeskanzleramt oder Bundesministerium des Äußeren – ob Bundestag oder Medien: Die Zustimmung zum Migrationspakt sei gänzlich unverbindlich, ließen sie uns Bürger wissen. Allen voran derjenige, der heute bereits oberster Richter am Bundesverfassungsgericht ist. Darf man da von der Verbreitung von FakeNews sprechen? Davon, dass dem Bürger gezielt und vorsätzlich Lügen aufgetischt wurden?

Oder erfüllte ein solcher Vorwurf den Tatbestand der Beleidigung eines Bundesverfassungsrichters, dem offensichtlich keine Falschbehauptung zu schade ist, geht es darum, ein politisches Ziel gegen jeden und vor allem berechtigten Widerstand durchzusetzen?


Nachtrag

Am 22. März 2019 verbreitete das angeblich unabhängige Prüfportal „Correctiv“ zu dem Artikel über ein internes EU-Papier folgende Behauptung:

»Bewertung: teilweise falsch

Migrationspakt: Interne Dokumente zur rechtlichen Bindung geben nicht die Meinung der EU-Kommission wieder

von Tania Röttger, 22. March 2019

Im Moment kursieren Berichte über geheime Dokumente, laut denen der Migrationspakt doch rechtlich bindend sei. Die Dokumente existieren, geben aber die Meinung eines einzelnen Mitarbeiters des Juristischen Dienstes der Europäischen Kommission wieder, nicht die offizielle Einschätzung.

Der UN-Migrationspakt ist wieder Thema. Unter anderem auf der Webseite Tichys Einblick, wo am 21. März ein Artikel mit diesem Titel erschien: „Der unverbindliche Migrationspakt – plötzlich doch verbindlich!“

„Geheime Dokumente“ sollen belegen, dass der Juristische Dienst der Europäischen Kommission meint, der Migrationspakt sei doch rechtlich bindend. Obwohl in der Debatte über das Dokument zuvor immer wieder von der Kommission betont wurde, dass dies nicht der Fall sei.

Wegen unterschiedlicher Bedenken waren acht EU-Mitgliedstaaten nicht zur Migrationspakt-Zeremonie nach Marrakesh gefahren (Ungarn, Österreich, Italien, Lettland, Polen, Slowakai, Bulgarien, Tschechien). Bei der späteren Abstimmung  hatten Tschechien, Polen und Ungarn gegen den Pakt gestimmt.

Unsere Recherche ergab: Die Dokumente gibt es – aber der EU zufolge präsentieren sie nicht die offizielle Meinung der Europäischen Kommission, sondern die Meinung einer Einzelperson.

Dokumente an ungarische Medien geleakt

Anscheinend wurden die Dokumente zunächst dem ungarischen Fernsehsender M1 zugespielt, der am 9. März darüber berichtete. Das ungarische Außenministerium unter Außenminister Péter Szijjártó, veröffentlichte am Tag darauf eine Pressemitteilung, in der Außenminister Szijjártó von der „größten Lüge Brüssels“ sprach – der Juristische Dienst der EU arbeite heimlich daran, den Pakt für alle Mitgliedstaaten binden zu machen. Darüber berichtete am 10. März auch die österreichische Webseite Der Standard.

Am 11. März fragte eine Journalistin eines ungarischen Mediums den Pressesprecher der Europäischen Kommission bei einer Pressekonferenz, was es mit den Dokumenten auf sich habe. (Im Video zu sehen ab Minute sechs.) Sprecher Margaritis Schinas antwortete, er könne dazu nichts sagen, im Haus arbeiteten viele Leute, die viel schrieben, allerdings würde das in keiner Weise die offizielle Position der Kommission wiedergeben.

Das ungarische Außenministerium gab sich mit dieser Antwort nicht zufrieden, und legte am 18. März mit einer zweiten Pressemitteilung nach (auf Englisch): „Es gibt Beweise dafür, dass sie den UN Kompakt für Migration rechtlich verpflichtend machen wollen“.

Offizielle Position: Migrationspakt rechtlich nicht bindend

Auf Anfragen von CORRECTIV am 14. und 20. März hatten die Sprecher der EU-Kommission das besagte Dokument nicht herausgegeben. Inzwischen hat aber die österreichische Webseite Unzensuriert die zehn Seiten veröffentlicht. Sie wurden demnach mit einer Telefon-Scanner-App fotografiert.

Natasha Bertaud, Sprecherin der EU Kommission, sagte heute am Telefon gegenüber CORRECTIV: „Das ist die Meinung von einer Person. Es ist nicht die offizielle Position des Juristischen Dienstes.“

Anders als etwa auf der Webseite Tichys Einblick behauptet, sind die am Anfang des Dokuments genannten Personen, zum Beispiel der Botschafter der EU-Delegation in New York, nicht die Autoren, sondern die Empfänger.“«

Hierzu ist festzustellen:

  1. „Correctiv“ bestätigt die Darstellung von TE, wonach es ein entsprechendes, internes EU-Papier gibt.
  2. TE hat zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass dieses Papier eine offizielle Position der EU-Kommission wiedergäbe. Tatsächlich jedoch belegt das interne Papier über unterschiedliche Quellverweise (EU-Beschlüsse, EuGH-Gutachten, Völkerrechtsbezug) genau diese von TE korrekt dargestellte Position, wonach der GCM sehr wohl rechtliche Bindungswirkung auf die EU-Mitgliedsstaaten entwickelt. Nichts anderes wurde in dem Artikel behauptet – es kann daher nicht „teilweise falsch“ sein.
  3. „Correctiv“ übernimmt im Stile von Verlautbarungsjournalismus die Aussage einer EU-Sprecherin, wonach das Papier nicht die Auffassung des Juristischen Dienstes Seriöser Journalismus hätte in diesem konkreten Falle nachhaken müssen, warum dieses Papier dann überhaupt über den Juristischen Dienst weitergeleitet wurde und warum es gezielt an führende Beamte des EU-Apparats gegangen ist. Da juristische Mitarbeiter einer Behörde grundsätzlich nicht aus eigener Selbstbestimmung heraus Gutachten erstellen, muss eine entsprechende Anforderung vorliegen – die Weitergabe aus dem Autorenbüro allein ist Beleg genug, dass die dort behauptete Bindungswirkung der Auffassung des Juristischen Dienstes entspricht.
  4. Tatsächlich hat sich beim Erstellen des Berichtes insofern ein Fehler eingeschlichen, indem die hochrangigen Empfänger des Papieres irrtümlich als Autoren genannt wurden. Diesen Fehler bedauern wir – er ist zwischenzeitlich korrigiert. An der inhaltlichen Bewertung der in dem Papier niedergeschriebenen Position ändert sich hierdurch jedoch nichts.
  5. „Correctiv“ vermittelt den Eindruck, dass die Berichterstattung über dieses „Geheimpapier“ deshalb unseriös sei, weil es über Ungarn „geleakt“ wurde. Damit spricht „Correctiv“ jeglichem investigativem Journalismus das Existenzrecht ab und degradiert Journalismus auf die Stufe von Verlautbarungspropaganda und sich selbst zur staatlichen Zensurbehörde.
  6. Wenn das Ungarische Außenministerium in einer Pressemitteilung die Behauptung aufstellt, es gäbe Beweise, wonach die EU den GCM rechtlich verpflichtend machen wolle, so hat dieses ohne jeden Zweifel mehr Gewicht als die unbelegte Behauptung einer subalternen Mitarbeiterin der EUI-Administration in Brüssel.
  7. Tatsächlich decken sich zahlreiche Inhalte des GCM mit Inhalten und Beschlüssen bzw. Zielpapieren von EU-Kommission und EU-Rat. Die Entfaltung rechtlicher Bindungswirkung wurde wiederholt und bereits vor der Unterzeichnung durch Staatsrechtler dargelegt. „Correctiv“ wirft insofern „Nebelkerzen“ und verwebt diese mit unzutreffenden Behauptungen zur Berichterstattung bei TE. In der Sache hat TE an dem veröffentlichten Text nichts zu korrigieren.


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