Tichys Einblick
Glosse

Wie die Grünen Deutschlands Probleme schnell und einfach lösen

Sind wir nicht mit dem Divinus #DankeRobert und der heiligen Annalena, der in Hannover geborenen Athene, glücklich zurückgekehrt in die seligen Zeiten der zusammenbrechenden DDR? Sprachlich, herrlich mangelwirtschaftlich?

Die Parteispitze der Grünen, Bundesdelegiertenkonferenz, 16.11.2019

IMAGO / Sven Simon
Wer noch mit den Höhepunkten politischer Rhetorik voll faustischer Tiefe und brillanter Vortragskunst von Walter Ulbricht und Erich Honecker aufgewachsen ist, der hat jetzt eine lange entbehrungsreiche Zeit hinter sich. Was waren das noch für Zeiten, als wir noch den Westen einholen konnten, ohne ihn zu überholen, als den Sozialismus in seinem Lauf weder Ochs noch Esel aufhielt, wir auch nicht unsere Wohnung tapezieren mussten, nur weil unser Nachbar seine Wohnung tapezierte, vor allem war es doch ein sehr beruhigendes Gefühl von Ulbricht persönlich zu erfahren, dass die Bauarbeiter in der Hauptstadt keine Mauer bauen sollten, sondern da waren, um Wohnungen zu bauen. Und es gehört selbst aus heutiger Sicht zu den größten Wundern des 20. Jahrhunderts, dass in Berlin eine Mauer entstand, die doch niemand bauen wollte.

Nach 1990 jedenfalls versiegte der ciceronische Quell politischer Rhetorik jäh. Denn mehr als eine ferne Erinnerung an den herrlichen Mauernichtbausatz von #DankeWalter konnte Jürgen Trittins tröstliches Versprechens, dass die Energiewende die deutschen Privathaushalte im Monat nicht mehr als eine Kugel Eis kosten würde, nicht sein. Herrje, wie teuer ist seitdem nur das Eis geworden, da können der Gaspreis und der Strompreis gar nicht mehr mithalten. Und wenn teils die Hütte schon brennt, ist es doch beruhigend zu wissen, dass es teils auch nur ein Schwelbrand ist. 

Als eine Art Fossil aus DDR-Tagen blieb uns für die kargen Zeiten ja Katrin Göring-Eckardt erhalten, der es immer wieder gelang, uns mit einem hübschen Satz aufzuheitern. Und wie fein sie doch mit Windrädern, Bodenversiegelungen und großen Rodungen Politik für die Vögel, Schmetterlinge und Bienen machte, die auch alle andächtig ihrer Rede lauschten und ihr mit ihren Flügeln applaudierten. Allerdings darf nicht verschwiegen werden, dass eine Biene vor lauter Begeisterung beim Applaus sich mit ihrem eigenen Stachel erstach. Doch der Generation von Jürgen Trittin, von Katrin Göring-Eckardt und Claudia Roth, die ihr bestes taten, um an die Altvorderen in Sachen Rhetorik der SED anzuschließen, gelang es dennoch nicht ganz. 

Ganz anders ihre Nachfolger, die herrliche Kobold-Annalena, der knuddelige #DankeRobert. Übrigens, obwohl Annalena Baerbock aus dem Völkerrecht kommt, ist sie doch eine Art Universalgenie, wie sie seit den Tagen der Renaissance nicht mehr gesehen waren. Wie Galileo Galilei kennt sie sich in der Physik aus, wie André-Marie Ampère in der Elektrik, und wenn ein Vorschlag gestattet ist, sollte die durchschnittliche Speicherfähigkeit des Netzes in „Baerbock“, abgekürzt in Bb angegeben werden. Auch wird ihr Name unter Historikern nur ehrfürchtig geraunt, denn obwohl es auf der Hand liegt, war es ihrem unermüdlichen Forschergeist, ihrer feministischen Recherche vorbehalten, die Panzerschlachten des 19. Jahrhunderts zu entdecken. Man munkelt sogar, dass sie kurz davor steht, die erste Panzerkommandantin des 19. Jahrhunderts dem Vergessen zu entreißen. Sie ist, um einen Ausdruck des Mittelalters zu verwenden: stupor mundi, das Staunen der Welt. 

Doch auch die noch Jüngeren wandeln schon erfolgreich auf Baerbocks und Habecks Pfaden – und es ist doch wahrlich schön und beruhigend anzusehen, wie sehr die Jungen mit großer Liebe und Verehrung ihren Vorbildern #DankeRobert und der Annalena, dem Staunen der Welt, anhängen. So hat jüngst Ricarda Lang kraftvoll und deutungssicher ein so schönes Wort des großen Wirtschaftsministers aufgenommen, ein Wort, dass an das Mauer-Diktum von #DankeWalter heranreicht: „Mit unserem wirtschaftlichen Abwehrschirm brechen wir die Macht Putins und unsere Abhängigkeit von russischem Gas. 

Ach, wie so oft, wenn der große Robert visionäre Sätze kündet, fällt den Normalsterblichen das Verständnis nicht leicht, mühen sie sich redlich, dem Geistesflug des Olympiers zu folgen. Als Erdenmensch muss man sich schon tüchtig anstrengen, um zu verstehen, was #DankeRobert so leicht mit bewunderungswürdigen Verve äußert. Man möchte schon fragen, wieso brechen wir Putins Macht, wenn wir uns über beide Ohren verschulden? Und wieso brechen wir unsere Abhängigkeit vom russischen Gas, wenn wir den Gas-Preis mit Schulden subventionieren. Eine Erinnerung an das Suizidkommando der Judäischen Volksfront aus dem Film „Das Leben des Brian“ mag den Sinnsuchenden streifen, doch wer wollte die Schwerter zücken, wo es doch an Klebstoff nicht mangelt – noch nicht. Der ehrlich zur Erkenntnis der Habeckschen Weisheit Strebende, dem es nach nichts mehr verlangt, als in die Mysterien des Großen Habeck eingeweiht zu werden, wird weite und andere Wege zu beschreiten haben. Er muss erkennen, dass zwischen Putins Macht und unseren Schulden eine heimliche Verbindung besteht.

Nur die grünen Mystiker sind in der Geheimlehre unterwiesen, wie man den deutschen Schuldenberg so aufschichtet, dass Putin von ihm erschlagen wird. Es versteht sich, dass diese herrlichen Männer und Frauen, Queeren und Transen, dass die Heerscharen der Geschlechter unter dem Heerzeichen der sexuellen Chimära das Geheimnis nicht in die Welt hinausposaunen werden, weil Putin sonst keck die Stellung wechselt und unser Schuldenberg womöglich uns selbst erschlägt. Im Schatten des bedrohlichen Schuldenbergs wiegt den argen Wüterich in Moskau die göttliche Annalena durch ihre außenpolitischen Künste in falscher Sicherheit, weil sie unter ihren salbungsvollen Worten ihre wahren Absichten geschickt zu verbergen vermag. Darüber zu schweigen, ist staatsbürgerliche Pflicht – und vor allem ist es solidarisch, jawohl solidarisch. 

Aber damit wir uns nicht in Grübeleien verlieren und nach Erkenntnissen greifen, die nicht für uns Irdische bestimmt sind, hilft uns in ihrer großen grünen Güte Ricarda Lang, die #DankeRoberts visionären Satz mit einer Lesehilfe für uns schlichte Gemüter versieht: „Robert #Habeck hat in den letzten Monaten dafür gesorgt, dass unsere Gasspeicher gefüllt sind. Jetzt schützt er mit dem wirtschaftlichen Abwehrschirm die Versorgungssicherheit, den wirtschaftlichen Kern unseres Landes und die Bürger*innen. So kommen wir zusammen durch den Winter.“

Heimlich, in wolkenverhangener Nacht hat er mit den Getreuen seines Mysteriums Molekül für Molekül herrlichsten Erdgases in die Speicher gelegt. Ach, die Armen, sie kommen nicht mehr zum Schlafen, nicht mehr zum Essen, manch einen von den Wackeren, den Braven plagt sogar der Tinnitus und manchen der Verfassungsschutz, „ohne Scheiß„. 

#DankeRobert – die Gasspeicher sind voll, so voll, dass wir bei gutem Wetter, in einem warmen Winter, wie ihn die Priester deines Mysteriums von den grünen Männchen erflehen, durch einen halben Winter kommen werden. Und den Rest? Ach den lächerlichen Recht verbringen wir mit Singen und mit Tanzen, denn Bewegung hält warm. Vertrauen wir #DankeRoberts und Annalenas Abwehrschirm, der uns vor Lieferungen giftigen russischen Erdgases beschützt, denn wovor sollte der Abwehrschirm die Versorgungssicherheit, die, wie Ricarda Lang so trefflich durchschaut hat, der wirtschaftliche Kern ist, denn sonst bewahren? Die Versorgungssicherheit ist der wirtschaftliche Kern, und sie schützt unseren wirtschaftliche Kern davor, versorgt zu werden, denn die Versorgungssicherheit ist die Sicherheit vor der Versorgung unseres wirtschaftlichen Kern, weil die Speicher voll sind, besteht nämlich die wahre Gefahr nicht darin, zu wenig Gas zu haben, sondern zu viel. Der Abwehrschirm schützt also den wirtschaftliche Kern und die Bürger*innen, den geheimnisumwitterten Stamm aus den Kauderwelschbreiten der Woken, aus den Wokewelschbreiten vor der Überversorgung. 

Sind wir nicht mit dem Divinus #DankeRobert und der heiligen Annalena, der in Hannover geborenen Athene, glücklich zurückgekehrt in die seligen Zeiten der zusammenbrechenden DDR? Sprachlich, herrlich mangelwirtschaftlich? Heute, Freunde, stehen wir am Abgrund, morgen werden wir schon ein Schritt weiter sein:

Schwing, du grünergebenes Volk kalten Morgenhauchs gewiss

frostklappernde Glieder fiebrigen Glanzes in den Augen auf Habecks Ross, 

dem Lastenfahrrad des grünen Heros, dir nie zur Last, und in die Pedale tritt

Entgegen dem Abgrund, selig hinaus über die Kante, Geselle des Pegasus, 

nun folgend dem Duschwassersparenden Robert den Weg, den er wies 

kündenden Wortes. Zaudere nicht, die grüne Auferstehung der DDR ist geglückt.

Und so wird Deutschland Rettung zuteil: Unter dem Schutz des vergöttlichten #DankeRoberts und von Pallas Annalena wird Ricarda Lang als Kanzlerin Deutschland auf Degrowth-Pfaden in die Höhlen zurückführen, Troglodyten in – um den DDR-Dichter Heiner Müller zu paraphrasieren – „F…zellen mit (kalter) Fernheizung. Aufspielen zur Auferstehung der klimaneutralen DDR wird Friedrich Merz, der Virtuose mit der Blockflöte, Ricarda Langs langer Vizekanzler, und der Divinus #DankeRobert wird dem Volk verkünden: „Zu Großem sind wir noch bestimmt, und herrlichen Tagen führe ich euch noch entgegen.“