Tichys Einblick
Absturz eines kurzlebigen Hoffnungsträgers

Zahlenschwindeleien und Hardliner-Getue: Söder immer stärker unter Druck

Söders Hardliner-Image kommt nicht mehr an, seine Umfragewerte kennen nur noch eine Richtung: nach unten. Jetzt wird Bayern zum Hotspot der Protestbewegung gegen Impfzwang und Lockdown. Von Jonas Aston

IMAGO / Rolf Poss
Im März 2020 stiegen die Beliebtheitswerte Markus Söders in ungeahnte Höhen auf. Doch die Stimmung hat sich gedreht. Seine Beliebtheit befindet sich inzwischen auf dem Tiefpunkt, der einstige Überflieger geht auf Tauchstation. Der bayerische Ministerpräsident droht aus Sicht der Bürger vom Paulus zum Saulus zu werden.

Falsche Angaben zu Ungeimpften-Inzidenzen

FDP und SPD werfen Markus Söder gezielte Irreführung der Öffentlichkeit vor
Bisher war die Corona-Pandemie für Söder ein einziger Glücksfall. Vor Corona war der Bayer laut Forsa der unbeliebteste aller Ministerpräsidenten. Im März 2020 stieg er dann nach Angaben des Forschungsinstituts INSA zum beliebtesten Politiker des Landes auf. Und das mit der höchsten Punktzahl, die seit Beginn der Erhebung gemessen wurde. Im weiteren Verlauf der Pandemie kam man aus dem Augenreiben gar nicht mehr heraus. Bis weit in den Frühling machte er nach INSA den Platz des beliebtesten Politikers zumeist mit Merkel aus. Söders Umfragewerte entkoppelten sich zusehends von seiner Corona-Politik. Dass Bayern trotz der striktesten Maßnahmen die meisten Toten zu beklagen hatte, konnte der Beliebtheit des Ministerpräsidenten nichts anhaben.

Auf das offensichtliche Scheitern seiner Maßnahmen reagierte Söder nicht etwa mit Rücknahme, sondern stets mit Verschärfungen oder einer konsequenteren Durchsetzung derselben. Die Bevölkerung nahm ihm dies nicht übel, sondern würdigte vielmehr seinen vermeintlichen good will. Die Kritik wich der Hoffnung und dem Gottvertrauen. Söder konnte versagen, wie er wollte, hohe Umfragewerte waren ihm durch seine mediale Dauerpräsenz sicher.

Doch die Zeiten, in denen Söder tun und lassen konnte, was er wollte, und in denen er dafür allseits beklatscht wurde, sind vorbei. Nach dem Wahldebakel steht der Stern Söders innerhalb der Union so tief wie schon lange nicht mehr. Erstmals entwickelt sich die Corona-Krise zu einer persönlichen Krise für Markus Söder.

Wegen Kritik an falschen Corona-Daten
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Vom Rang des beliebtesten Politikers ist Markus Söder längst verdrängt worden. Dass sich um diesen nun Karl Lauterbach und Olaf Scholz duellieren, ist nur ein schwacher Trost. Vor allem aber wächst der Widerstand in Söders eigenem Bundesland. Im November bewertete dort nur noch eine Minderheit von 41 Prozent seine Regierungsarbeit positiv; 46 Prozent waren unzufrieden. Doch seine Umfragewerte befinden sich weiter im freien Fall. Im Dezember gaben schon 50 Prozent der befragten Bürger an, unzufrieden mit seiner Arbeit zu sein; 35 Prozent waren sogar sehr unzufrieden. Dies ist der schlechteste Wert seit seinem Amtsantritt. Söder verliert Vertrauen und Glaubwürdigkeit.

Verstärkt wird dies durch die neuen Skandale rund um die manipulativen Corona-Zahlen im Freistaat. Dass 90 Prozent der Infektionen auf Ungeimpfte zurückzuführen seien, wie Söder verbreitete, wurde bereits widerlegt. Tatsächlich ist der Impfstatus von über zwei Dritteln gar nicht bekannt. Jetzt deckte eine Recherche von Antenne Bayern auf, was schon lange vermutet wurde: In Bayern wird als Corona-Hospitalisierter gewertet, bei wem ein positiver PCR-Test nachgewiesen wird – unabhängig davon, ob das Virus für den Krankenhausaufenthalt ursächlich ist. Die bayerische Krankenhausgesellschaft sieht Handlungsbedarf und fordert für die Erfassung der Zahlen konkrete Vorgaben.

Gegen Söders Politik formiert sich nun zunehmender Protest. Bayern ist zu einem Hotspot der Corona-Spaziergänge geworden. Trotz Verbots zeigen etwa in Schweinfurt, Nürnberg, Würzburg oder München Tausende Menschen Präsenz gegen eine Politik, von der sie sich zunehmend betrogen fühlen. Söder rutscht immer weiter ab, auch die besonders schrillen Töne zur Impfpflicht in der Winterwelle konnten die Wende für ihn nicht bringen. Die Luft wird für den bayrischen Ministerpräsidenten immer dünner. Markus Söder zu sein war schon einmal leichter.


Jonas Aston ist 20 Jahre alt und Student aus Jena. Er ist Autor beim Jugendmagazin Apollo News. 

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