Tichys Einblick
Aufmarsch der Chaoten Europas

Hamburg: Gewaltexzess in der eigenen Hochburg

Niemandem sei gegönnt, Opfer von Bürgerkrieg und Rioting zu werden. Und doch könnten die Aktionen der Nacht auf den Sonnabend vielleicht zumindest einmal die richtige Klientel zum Nachdenken bringen.

© R. Hartmann/AFP/Getty Images

Wäre man gehässig, könnte man einfach feststellen: Es hat genau die Richtigen getroffen. Doch davon später. Denn zuvor wollen wir einen kurzen Blick auf jene denkwürdige Nacht werfen, die auf den Sonnabend des 8. Juli 2017 endgültig die Legende von friedlichen Demonstrationen und der weltverbessernden Linken zum Einsturz bringen sollte.

N-TV, sonst eher etwas langweilig daherkommendes TV-Magazin mit Wirtschaftsschwerpunkt, hatte sich in dieser denkwürdigen Nacht der Kriegsberichterstattung verschrieben. Mal behelmt, mal unbehelmt steht der Redakteur am Rande einer Bürgerkriegszone; Barrikaden brennen; auf einem Baugerüst lauern mit Steinen und anderen Wurfgeschossen bewehrte Heckenschützen; im Hintergrund, irgendwo inmitten einer undurchdringlichen Qualmwolke, weitere hell lodernde Feuer, Explosionen. Und ständige Sprechchöre, die irgend etwas wie „Ganz Hamburg hasst die Polizei“ grunzen.

Berichte über Plünderungen eines örtlichen Supermarkts und andere Geschäfte folgen ebenso wie der Rückzug zweier Wasserwerfer der Polizei aus dem unmittelbaren Kampfgebiet. N-TV bezieht auf ungewohnt deutliche Art und Weise Stellung, spricht von linksautonomen Krawallmachern in einem rechtsfreien Raum und fragt sich über mehrere Stunden, weshalb die Polizei nicht eingreift.

Die Notwendigkeit politischer Konsequenzen wird angedeutet – im Mittelpunkt der Vorwürfe der sozialdemokratische Bürgermeister Olaf Scholz, der leicht derangiert wirkend irgendwann kurz nach Mitternacht überdimensional eingeblendet ein Statement wie aus einem Selfie abgibt, seine „Besorgnis“ über die Vorgänge zum Ausdruck bringt, den Polizisten für ihren „heldenhaften Einsatz“ dankt und an die „Gewalttäter“ appelliert, von ihrem Tun abzulassen.

Action an der Alster
G20 in Hamburg ist eine tolle Sache. Aus vielerlei Gründen.
Man merkt Scholz an – die Sache ist ihm aus dem Ruder gelaufen. Den gesamten Tag lang hatte sein Innensenator Andy Grote, rechter Sozialdemokrat aus dem Stall des heimlichen SPD-Vorsitzenden Johannes Kahrs, mit markiger Stimme und entschlossenem Gesicht den Versuch unternommen, den Fehler der sich als Dauerregierung der Hansestadt verstehenden SPD in den 1990ern nicht zu wiederholen. Damals führte der Verlust des Bürgervertrauens in die Sicherheitspolitik der SPD zu einem Erdrutschsieg der von den Medien hochgeschriebenen „Partei Rechtsstaatliche Offensive“ des „Richter Gnadenlos“ (so BILD) und späteren Dschungelkampbesuchers Ronald Schill, der mit Union und FDP unter dem Christdemokraten Ole von Beust 2001 die erste bürgerliche Landesregierung seit einem Kurzintermezzo in den 50ern bilden konnte.

Lange Zeit schien es, als würde das Konzept der SPD aufgehen. Eine Demo wurde von der Polizei kurz nach Start aufgelöst, weil der sogenannte „Schwarze Block“, der den anderen Demonstranten voranging, sich mehrheitlich weigerte, seine Vermummung abzulegen. Es folgte das übliche Katz-und-Maus-Spiel, welches den Freitag andauerte – und bei dem in Altona eine Gitterabsperrung unter dem Gewicht mehrerer „Demonstranten“ zusammenbrach, die dort dem Zugriff der Polizei entfliehen wollten. Die Folge: 13 Schwerverletzte, denn die Chaoten stürzten mit Bauzaun rund vier Meter in die Tiefe auf ihre Köpfe – die Rettungsmaßnahme banden 65 Einsatzkräfte über Stunden.

An den Hamburger Landungsbrücken, Vorzeigehafenidyll der Hansestadt, kämpften „Demonstranten“ von einer Fußgängerbrücke aus gegen berittene Polizei – und brachen die verschlossenen Gitter des kurzfristig stillgelegten, gleichnamigen Bahnhofs auf.

Wer demonstriert macht sich schuldig
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Auf der Elbe wiederholte Greenpeace seine Show vom Vortag, unternahm den Versuch, mit motorisierten Schlauchbooten zur Elbphilharmonie durchzustoßen, wo am Abend die Staatsgäste einem Konzert mit dem von Beethoven als neunte Sinfonie vertonten Schiller-Gedicht „Ode an die Freude“ lauschten – heute die Europa-Hymne und damals vom Komponisten maßgeblich als fast schon sakrales Monument zur Überwindung der napoleonischen Fremdherrschaft komponiert. Die Freude jedoch blieb beschränkt auf jene Herrschaften, die abgeschirmt von der Öffentlichkeit debattierten und lauschten. Während auf der Hamburger Lebensader Greenpeacer den Beweis erbrachten, dass sie sich längst von „green“ wie von „peace“ verabschiedet und sich in die Reihen der gewöhnlichen NGO eingereiht haben, denen es mit ihren „Aktionen“ nur um die Aufmerksamkeit geht, die den Spendenfluss nicht abreissen lassen soll, brannten in Altona die Kraftfahrzeuge unbeteiligter Bürger.

Dank Handy-Kamera eines Anwohners dokumentiert, demonstrierten die Herrschaften vom Schwarzen Block die Effizienz ihres Vorgehens: Der erste schlägt die Scheibe ein, der zweite wirft dem Molli rein, der Dritte schüttet noch etwas Brandbeschleuniger hinterher. Es dauert keine Minuten, dann fackelt das abgestellte Fahrzeug mit schwarzem Rauch zum Himmel.

Abends dann der Höhepunkt – jener von N-TV minutiös dokumentierte Bürgerkrieg im Schulterblatt, dem Herzstück des Hamburger Stadtteils Sternschanze.

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Während die Straße brennt, herrscht im Lagezentrum der Polizei Hochbetrieb. Dank interner Mitteilungen aus der Szene weiß man: Die „Demonstranten“ wollen gezielt die verhassten und deshalb als „Bullenschweine“ entmenschlichten Polizisten angreifen. Am liebsten wäre es ihnen, möglichst viele jener unterbezahlten Frauen und Männer, die für eine verfehlte Politik der unsäglichen Toleranz gegen „Links“ ihre Knochen hinhalten müssen, würden den Sonnenaufgang nicht mehr erleben. Das ist der eigentliche Grund, weshalb die Hamburger Polizeiführung die Schanze über Stunden den Chaoten überlässt: Es müssen erst genug Kräfte zusammengezogen sein, um gegen die geschätzt 1.500 Brandstifter und Plünderer vorgehen zu können. Und man benötigt die Sondereinheit des GSG 9, um das von Heckenschützen besetzte Haus mit Bauzaun im Handstreich nehmen zu können.

Erst gegen 1 Uhr nachts nimmt die wie eine Spezialeinheit der Green Berets gewandete GSG 9 das besetzte Haus. Mit Räumpanzerwagen und Wasserwerfern wird das Schulterblatt von den Streetfightern befreit – sie hinterlassen ein Kriegsgebiet mit geplünderten Geschäften und den Resten der brennenden Barrikaden. Aus der „Roten Flora“, seit Jahrzehnten vom Senat geduldetes Zentrum der „alternativen“ Kriminellen, twittert ein Linksanwalt, dort gäbe es keine Straftäter – nur eine Versorgungsstation für verletzte Demonstranten. Das Übliche also: Das angebliche Kulturzentrum als Hort von Friede, Freude, Eierkuchen.

Und selbstverständlich die üblichen Schuldzuweisungen. Hamburgs Vizebürgermeisterin von den Grünen zeigt im klassisch-linksalternativen Reflex auf „die Polizei“. Hätte sie doch die Vermummten auf ihrem Highway to Hell einfach vermummt bleiben lassen – dann wäre alles friedlich geblieben. Aber nein – die ständig auf Krawall gebürstete Staatsmacht musste ja Härte demonstrieren! Andreas Blechschmidt, Aufzugsorganisator, stößt in dasselbe Horn. Es ist das übliche Muster, das man als Bürger nicht mehr hören kann: Würde man den Linkschaoten ihre rechtsfreien Räume lassen, dann blieben sie schon friedlich. Gesetze? Überflüssig!

Ist das nun grenzenlose Naivität oder der bewusste Versuch, den Staat von innen heraus zu zersetzen? Und gilt diese Frage dann nicht auch seiner Unbedarftheit, dem in einem Anfall von Merkelscher Politiktaktik zum Staatsoberhaupt gekrönten Frank-Walter Steinmeier, der wieder einmal seine Besorgnis zum Ausdruck brachte und an die „Demonstranten“ appellierte, friedlich zu bleiben?

Um es unmissverständlich zu sagen: Ich kann dieses Geseiere nicht mehr hören. Kuschelpädagogik taugt nicht einmal für den Kindergarten – und für die aus aller Herren Länder zugereisten Krawalltouristen schon gar nicht.

Gewalt geht von der Polizei aus?
Hamburg-Linke: Schuld ist der Innensenator
Sie taugt ebensowenig wie das geheuchelte Entsetzen über diesen „völlig unerwarteten“ Ausbruch von Gewalt. Denn diese Gewalt war nicht nur absehbar – sie war bekannt. Bereits im Frühjahr zeichnete mir der Vorsitzende der Hamburger Polizeigewerkschaft, Joachim Lenders, bei einem Gespräch am Rande des Jahresempfangs der Rathausjournalisten genau dieses nun zu konstatierende Szenario. Flankiert von einem befreundeten Mitarbeiter des Staatsschutzes, dessen Namen ich nicht nennen werde, da er immer wieder auch im Undercover-Einsatz tätig ist, berichteten mir beide über die Erkenntnislage. Man wusste, dass aus Skandinavien und den südeuropäischen Ländern Personen anreisen würden, die es gezielt darauf anlegten, gemeinsam mit heimatlichen Chaoten die Stadt in Flammen zu setzen und „Bullen“ „abzuschießen“. Wenn diese es wussten, dann wussten es auch Hamburgs Bürgermeister ebenso wie sein Innensenator.

Doch wie immer redete sich die politische Linke ihre revolutionäre Klientel schön. Immer getreu dem Motto: Der Feind steht ausschließlich Rechts und darf auch über linke Krawalltruppen im Zaum gehalten werden. Gruppen übrigens, die über interne Verbindungen sogenannter NGO gern auch mal vom Bundesfamilienministerium im „Kampf gegen Rechts“ querfinanziert werden. Gruppen, die geschult sind im Straßenkampf – im Schießen mit Eisenkugeln und Zwillen, im Zubereiten von Brandcocktails und im wirkungsvollen Einsatz von Stahlstange und Holzlatte.

Grüne geben Polizei Mitschuld
Hamburg: Was wäre, wenn es "Rechte" wären?
Es ist diese seit Jahrzehnten herrschende Toleranz jener sich selbst als Teil der Linken betrachtenden Speerspitze wider den gefühlten Faschismus, die diese Ausschreitungen erst möglich gemacht hat. Es ist das revolutions-verträumte Schönreden von Grünen, Jusos und Altsozialisten – und jenen in stalinistischer Tradition stehenden Geschwader der Altkommunisten – die die Hamburger Gewaltexzesse erst möglich gemacht haben. Es ist die bereits in den Schulen eingeimpfte Widerstandsromantik gegen alles, was irgendwie Staat, irgendwie Institution ist. Es ist die absolute Einäugigkeit etablierter Politik nebst Medien, die in jedem hingeschmierten Hakenkreuz einen rechten Umsturzversuch wittert – und im von „linken Autonomen“ angezündeten Auto klammheimlich immer noch den legitimen Ausdruck einer politischen Kreativität wider das verhasste Kapital erkennt.

Schuldig sind so eben nicht vorrangig jene Chaoten, die die Straße zum Schlachtfeld machen. Schuldig ist schon gar nicht die unterbezahlte Polizei, die ihre Knochen hinhalten darf. Stand 9 Uhr Sonnabend hatten bereits 220 Polizisten ihren Einsatz gegen die Fehler der Politik mit ihrer Gesundheit bezahlt.

Aus dem Hamburger Globe Theatre
Zwanzig Politiker suchen sich selbst. Eine Theaterkritik.
Schuldig sind all jene, die aus welchen Gründen auch immer nicht von ihrer Revolutionsromantik lassen können. Die in überbordender Naivität die aufgrund Massenpopulation und Verteilungskämpfen aus den Fugen geratende Welt mit Demos und Klimaaktionismus retten zu können meinen. Für sie sind die Straftäter, die nichts anderes als Fleisch aus ihrem Fleisch sind, letztlich immer noch die Speerspitze gegen das angeblich für alles verantwortliche Kapital, gegen „die Großen“, die angeblich ständig Kriege schüren, weil sie als Büttel der Rüstungsindustrie sonst nicht überleben würden.

Die Welt ist eben sehr einfach, wenn man in seinen selbstgestrickten Legenden lebt. Womit ich nun doch noch kurz auf die anfangs erwähnte Gehässigkeit zurückkommen möchte. Niemandem sei gegönnt, Opfer von Bürgerkrieg und Rioting zu werden. Und doch könnten die Aktionen der Nacht auf den Sonnabend vielleicht zumindest einmal die richtige Klientel zum Nachdenken bringen.

Bei der letzten Bürgerschaftswahl wählten dort, wo der Krieg tobte, über 80 Prozent die Parteien jener Revolutionsromantiker. Nun durften sie einmal persönlich erleben, wie sich das Ergebnis ihrer Weltsicht unmittelbar anfühlt. Ob das allerdings tatsächlich zu einem Überdenken der geistigen Irreleitung führen wird – vermutlich eher nicht. Denn der Hass auf das System ist bei der Klientel, die Hasskriminalität immer nur auf der rechten Seite der politischen Gesäßgeographie erkennen kann, vermutlich doch so groß, dass die Kollateralschäden am Ende wieder als heldenhafte Revolutionsnacht verklärt werden. Ausgenommen vielleicht bei jenen, deren Autos dem Wahnsinn zum Opfer fielen. Vorausgesetzt, die Karre war nicht Vollkasko-versichert. Denn dann dürfen die unbeteiligten Mitversicherten die Kosten übernehmen. Eigenanteil abgezogen, selbstverständlich.

p.s.: Nicht alle mögen das im „eigenen Viertel“.