Tichys Einblick
„Wie radikal werden die Klimaaktivisten?“

Mail von Extinction Rebellion

Am 26. September um 9:49 Uhr erreichte die Bundestagsabgeordneten eine E-Mail. Absender: Extinction Rebellion. Weil niemand auf deren "Erklärung der Rebellion" vom April eingegangen sei, "wird die zweite Welle der Rebellion größer, diverser und länger sein."

„Wie radikal werden die Klimaaktivisten?“
„Wie radikal ist der Klimaprotest?“
„Linksradikale und Extremisten werben um die Klimajugend – Wird der Klima-Kampf jetzt militant?“

In den letzten Tagen mehrten sich Schlagzeilen wie diese in den Tageszeitungen und Internetjournalen. Es dürften bald noch mehr werden.

Am 26. September um 9:49 Uhr erreichte uns Abgeordnete eine E-Mail. Absender: Extinction Rebellion. Weil niemand auf deren „Erklärung der Rebellion“ vom April eingegangen sei, „wird die zweite Welle der Rebellion größer, diverser und länger sein.“ Wer die Rebellion in Namen trägt, will keine Kompromisse. Selbst wenn das Klimakabinett die Umwandlung unseres Landes in die Amische Republik Deutschland beschlossen hätte – es wäre nicht genug gewesen.

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Eine der Kernforderungen der Linksextremisten von Extinction Rebellion lautet: „Die Regierung muss eine Bürger:innenversammlung für die notwendigen Maßnahmen gegen die ökologische Katastrophe und für Klimagerechtigkeit einberufen.“ Wir leben in einer (repräsentativen) Demokratie. Wir haben ein Parlament, es heißt Deutscher Bundestag. „Bürger:innenversammlung“ hört sich doch eher nach Räterepublik an. Da passt es ganz gut, dass Extinction Rebellion vor kurzem die Parteizentrale der Linkspartei besetzte – rein symbolisch natürlich. Zwar komme die SED-Nachfolgepartei deren Klimaschutzzielen am nächsten, aber das sei bei weitem nicht genug. Lob gab es von Parteichefin Katja Kipping trotzdem. Alles nur symbolisch. Ja, ja.

Räte, Sowjets, „Bürger:innenversammlung“ – die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich. Im linken, linksradikalen und linksextremen Lager findet ein gefährlicher Überbietungswettbewerb statt. Natürlich geht es wie immer um „Gerechtigkeit“. Verteilungsgerechtigkeit, Mietengerechtigkeit und jetzt „Klimagerechtigkeit“ (was ist das eigentlich?).

In der E-Mail von Extinction Rebellion heißt es weiter: „Wenn sich der Verkehr in der Hauptstadt ab 7. Oktober durch unseren gewaltfreien zivilen Ungehorsam entschleunigt, sind Sie eingeladen, sich auf Ursachenforschung zu begeben und uns zu besuchen. Finden Sie heraus, warum Normalität und Alltag ins Stocken geraten und warum wir tun, was wir tun.“

Interessant. Das hört sich doch wirklich nett an. Und am Ende der E-Mail heißt es sogar noch, dass ich mich „für Gesprächsanfragen oder bei sonstigen Fragen“ gerne an eine Judith P. wenden kann. Liebe Frau P., vielen Dank für Ihre Handynummer, aber nein, ich werde Sie nicht anrufen – höchstens die Polizei, wenn ich Opfer ihres „zivilen Ungehorsams“ werden sollte.

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„Die Vorbereitungen auf die ‚Rebellion Wave‘ ab dem 7. Oktober laufen in Abstimmung mit der Berliner Polizei“, lese ich hierzu im Berliner Tagesspiegel. Da hatte ich doch glatt vergessen, dass in Berlin Rot-Rot-Grün regiert. Da werden wir uns also auf eine Zeltstadt auf der freien Wiese zwischen Kanzleramt, Hauptbahnhof und Paul-Löbe-Haus einrichten müssen. „HOPE DIES – ACTION BEGINS“ heißt es auf den „#REBELFORLIFE“-Aufklebern von Extinction Rebellion, die in Berlin rumkleben.

So bedauerlich das auch alles ist, es offenbart wie sehr die Friday For Future-Bewegung mittlerweile unterwandert ist. Dass Greta das Ergebnis einer perfekten PR-Inszenierung ist, wurde hinlänglich herausgearbeitet. Wenn viele hunderttausend Schülerinnen und Schüler für eine gute Zukunft demonstrieren, möchte ich nicht allen ihre guten Absichten absprechen. Aber wenn Kinder (im Grundschulalter) „Auf die Barrikaden! Auf die Barrikaden!“ oder laut und aggressiv „Widerstand!“ skandieren, wird aus einer Schülerdemo ganz schnell „Widerstand gegen das System“. Auf der Streik-Homepage heißt es: „Ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis unterstützt den #Klimastreik“. Ein Blick auf den offiziellen Unterstützerkreis zeigt, dass (nicht alle, aber) einige nicht auf dem Boden unseres Grundgesetzes stehen.

So bekommt auch die „Interventionistische Linke“ das Prädikat „Unterstützer“. Auf der Seite des Verfassungsschutzes heißt es zu dieser Gruppierung:

„Linksextremistische Gewalt wird mit der Aussage gerechtfertigt: ‚Kriminell ist das System und nicht der Widerstand!‘ Beispielhaft für ein solches Vorgehen ist die Agitation der linksextremistischen ‚Interventionistischen Linken‘ (IL). Die IL als derzeit mobilisierungsstärkste linksextremistische Struktur übernimmt eine ‚Scharnierfunktion‘ zwischen dem linksextremistischen und dem nicht extremistischen Spektrum. Aus strategischen Gründen verzichtet sie auf offene Aufrufe zu Militanz im Vorfeld eines Ereignisses, verweigert aber im Nachgang von Ausschreitungen die Distanzierung von Gewalt.“

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Auch „Islamic Relief Deutschland“ marschiert offiziell (!) mit. Nachdem die Berliner Tageszeitung B.Z. 2016 titelte „Organisation in Israel verboten – Hamas-Unterstützer werben in der Berliner U-Bahn“, wandte sich der damalige Bundestagsabgeordnete Volker Beck von den Grünen mit einer Anfrage an die Bundesregierung. Immerhin hieß es in der Zeitung: „In einem Dokument des israelischen Verteidigungsministeriums, das der B.Z. vorliegt, wird der deutsche Ableger von Islamic Relief als ‚Teil des Finanz-Systems der Hamas-Organisation‘ genannt. Aus diesem Grund ist es ihr verboten, in Israel Geschäfte abzuwickeln.“ Die Bundesregierung sagte dazu u. a.: „‚Islamic Relief Deutschland e. V.‘ trat als Hauptsponsor für das Jahrestreffen der ‚Islamischen Gemeinschaft in Deutschland e. V.‘ (IGD) am 13. Dezember 2015 auf und war dort mit einem Redebeitrag vertreten. Die IGD ist die wichtigste und zentrale Organisation von Anhängern der Muslimbruderschaft (MB) in Deutschland und eine Bestrebung im Sinne des § 3 BVerfSchG.“

Zur Verdeutlichung: Bestrebungen im Sinne § 3 Bundesverfassungsschutzgesetz sind solche, „die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind“.

Außerdem hieß es von Seiten der Bundesregierung: „‚Islamic Relief Deutschland e. V.‘ sponserte zudem im Frühjahr 2016 diverse Veranstaltungen der Organisation ‚Muslimische Jugend in Deutschland e. V.‘ (MJD), einer formal unabhängigen Jugendorganisation, die enge Verbindungen zur IGD unterhält. Auch auf personeller Ebene bestehen Verbindungen zwischen ‚Islamic Relief Deutschland e. V.‘ und der IGD.“ Das kann man alles Schwarz auf Weiß in Bundestagsdrucksache 18/10923 ab S. 6 nachlesen.

Und wie könnte es auch anders sein, gehört auch Extinction Rebellion zum Unterstützerkreis. Übrigens: Ein Aushängeschild dieser Organisation ist „Seenotretterin und Klimaaktivistin“ Carola Rackete. In ihrem Propagandaauftritt bei Dunja Hayali trug sie ein T-Shirt von Extinction Rebellion. Robert Habeck ließ sich mit ihr freudestrahlend ablichten. Die Welt ist klein.

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Mittlerweile hat Rackete auch zur Klimaaktivistin umgeschult und trommelte öffentlich für Fridays For Future. Als moderner Linker muss man an verschiedenen Fronten kämpfen. Habeck war beim Streik natürlich auch dabei und kommentierte die Beschlüsse des Klimakabinetts quasi in Echtzeit für Die Welt. Dabei kritisierte er die Erhöhung der Pendlerpauschale als „Ein Anreiz, weiter Auto zu fahren“. Autsch! Als Habeck den Unsinn ein paar Tage später bei „Bericht aus Berlin“ wiederholte, wurde er erfreulicherweise vom Moderator gestoppt. Der Grünen-Chef wusste nicht, dass die Pendlerpauschale unabhängig vom gewählten Verkehrsmittel gewährt wird.

Dabei hatte die Bundesregierung erst am 1. Juli auf eine Anfrage der Grünen mitgeteilt: „Die Entfernungspauschale wird jedem Arbeitnehmer, losgelöst von den ihm tatsächlich entstehenden Fahrtkosten sowie unabhängig vom gewählten Transport bzw. Verkehrsmittel für die Wege zwischen seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte gewährt. Damit wird z. B. auch die aus dem Gesichtspunkt des Umweltschutzes wünschenswerte Nutzung öffentlicher Personennahverkehrsmittel oder die Nutzung eines Fahrrads unterstützt.“ (BT-Drucksache 19/11296)

Vielleicht hätte jemand dem Chef mal einen Hinweis geben können? Wenigstens nachdem er sich das erste Mal im Fernsehen blamiert hatte?

Jan Fleischhauer kommentierte hierzu jüngst: „Die Grünen sind so etwas wie der Pandabär der deutschen Politik. Grüne gelten als süß und flauschig, so wie ihr Chef, der Oberpanda Robert Habeck. Dass Habeck selbst bei Kernanliegen nicht sattelfest ist und von der Pendlerpauschale offenbar so viel versteht wie einst der unglückliche Rudolf Scharping von brutto und netto – geschenkt. Er meint das Richtige, deshalb wird ihm verziehen.“

Blick ins Kinderzimmer
Robert Habeck und die Pendlerpauschale: Erhabene Ahnungslosigkeit
Dieses „Er meint das Richtige“ begegnet uns bei Linken immer wieder. Auf dem Weg hin zum kommunistischen Arbeiter- und Bauernparadies starben etwa hundert Millionen Menschen. Eigentlich müsste das doch reichen, um den Kommunismus vollständig zu diskreditieren. Aber immer wieder hört man, dass die Idee selbst gut sei. Nein, die Idee war, ist und bleibt schlecht, (vermeintliche!) Gerechtigkeit auf Kosten der Freiheit zu erringen.

Vielen ist es doch egal, ob sie beim G20-Gipfel in Hamburg, bei der EZB-Eröffnung in Frankfurt oder bei einer Sitzung des Klimakabinetts in Berlin Bambule machen oder bei der IAA-Eröffnung auf nagelneuen Autos herumtrampeln. Aber wie passen Sachbeschädigungen, Graffitischmierereien und wildes Plakatieren mit Klimaschutz zusammen? Und von wem lassen sich unsere Kinder da eigentlich vor den Karren spannen?

Beim Schreiben dieses Textes kam mir ein Zitat aus Georg Büchners Revolutionsdramas Dantons Tod in den Sinn: „Bürger, es steht zu befürchten, daß die Revolution wie Saturn nach und nach all ihre Kinder verschlingt und am Ende den Despotismus mit allem seinem Unheil gebiert.“

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