Tichys Einblick
Mini und Miki im Gatsch

Es war einmal eine Buchmesse …

Es ist nicht der Zuspruch, an dem die Buchmesse leidet, es ist die hemmungslose Gleichschaltung und Ideologisierung der Literatur, wie sie sich in den Preisvergaben als disziplinierender Mechanismus zeigt.

IMAGO
Die Formulierung, dass die Grünen alles kaputt bekommen, die Gesellschaft, den Staat, die Demokratie, die Freiheit, die Wirtschaft und nun auch die Literatur und das Theater, dürfte inzwischen ein geflügeltes Wort geworden sein, ein schmerzlicher Befund ist es auf alle Fälle. Die Leipziger Buchmesse lebt von der Vergangenheit, von einer Tradition, als es noch ein deutsche Literatur gab, jetzt sieht man zwar immer noch auf der Messe wie eh und je viel gedrucktes Papier, allerdings nur selten Bücher. Traditionell ist die Buchmesse ein Publikumsmagnet und hat durch die Comic-Aussteller die Besucherbasis vergrößern können. Es ist also nicht der Zuspruch, an dem die Buchmesse leidet, es ist die hemmungslose Gleichschaltung und Ideologisierung der Literatur, wie sie sich in den Preisvergaben als disziplinierender Mechanismus zeigt.

Über die Preise, die ohnehin seit einigen Jahren nicht mehr nach literarischen Maßstäben vergeben werden, sondern rein nach der Kriterien der postmodernen Ideologie der Grünen, braucht man eigentlich nicht viel zu sagen. Man könnte Hölderlin paraphrasieren, der im Hyperion schrieb: „Handwerker siehst du, aber keine Menschen“ mit: „Ideologiewerker siehst du, aber keine Schriftsteller“, „Kulturschaffende, aber keine Kultur“, weil die Kulturschaffenden, die Kultur abgeschafft haben.

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Diejenigen, die noch das Handwerk des Schreibens beherrschen, sind hoffnungsvoll in der Minderzahl – nicht mehr auf Podien vertreten, längst nicht mehr preiswürdig. Literaturpreise werden ohnehin nicht mehr für Literatur vergeben, nicht Leben soll mehr erzählt, sondern die woke Weltanschauung verherrlicht werden, wie man beim Deutschen Spermienpreis im vorvergangene Jahr verfolgen konnte und wie es in diesem Jahr in Leipzig bestätigt wird. Man kann inzwischen fast voraussagen, wer einen Literaturpreis bekommt, denn es gelten ausschließlich ideologische Kriterien, möglichst kein heterosexueller Mann, kann aber ausgeglichen werden durch eine Migrationshintergrund, wichtig ist Postkolonialismus, Antirassismus, gegendert sollte der Text auch sein, er sollte vom bösen Kapitalismus handeln, von Rassisten, und von der Diskriminierung derer, die inzwischen all diejenigen diskriminieren, die nicht bei drei gendern oder sich schuldig bekennen, welcher rechten Sünde auch immer – und natürlich muss der Klimawandel erwähnt werden.

Es verwundert da nicht, wenn die Tagesschau über Buch und Preisträgerin schreibt: „Der Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik geht in diesem Jahr an Barbi Markovic. Die aus Serbien stammende Autorin wurde für ihr Buch „Minihorror“ ausgezeichnet. Es handelt von dem Paar Mini und Miki, das in den alltäglichen Horror des städtischen und migrantischen Lebens in Österreich eintaucht.“ Okay, Migrationshintergrund und der „Horror des …migrantischen Lebens in Österreich“, letztlich so wie Deutschland, ist schon mal als Kriterium erfüllt, Frau auch. Weiter zitiert die Tagesschau die Jury: „Markovic erzähle „hinreißend komisch und bitterernst von unserer Gegenwart – hinten die Kriegsverbrechen, vorne der Klimawandel, dazwischen die Banalität unseres tagtäglichen Lebens.“ Wichtig, der Klimawandel fehlt im Buch nicht.

Gegendert wird der Text natürlich, womit er sich bereits von dem, was man deutsche Sprache nennt, verabschiedet. Aber auch sonst kommt das Buch der Lektürefähigkeit des Durchschnitts- und Spitzengrünen und ihrer woken Follower in der Ampel sehr entgegen, denn der Text ist in einfacher Sprache verfasst, in einer Sprache, verglichen mit der noch jeder Dutzendcomic artifizielles Niveau und Proustsche Kunstfertigkeit besitzt, denn so die Jury laut Tagesschau: „Die Autorin erzähle stilsicher und mit bewussten Stilbrüchen einen Comic in Prosa ….“ An dieser Stelle beweist übrigens die Jury, dass sie nichts von Comics versteht, denn die meisten Comics sind in Prosa und nicht in Versen verfasst. Wie „witzig“ und „scheinbar einfach die Sätze“, wie die Jury lobt, in Wahrheit wie kunstlos, banal, primitiv die Sätze sind, wie literarisch ohne Wert und ohne Stil, verdeutlicht der Text:

„Mini ist heute schlecht drauf, deshalb muss sie den ganzen Tag Serien schauen. Der Regen tropft in den Schlamm, aber wenn es nicht regnen würde, dann wäre da gar kein Schlamm: Minis Stimmung funktioniert ähnlich, und heute ist der Boden ihres Geistes einfach Gatsch, in dem man kaum Halt findet und nach einer Weile auf jeden Fall ausrutschen und hinfallen muss. Auch wenn man es dann irgendwie schafft, aufzustehen, sind die geistigen Beine verdreckt, nass und kalt, also insgesamt ist alles kontaminiert und die Existenz eine einzige Mühsal.“ „Geistige Beine“ oder „Körperliche Füße“ hätte die Autorin den Roman auch nennen können, doch er trägt den Titel „Minihorror“, denn die Protagonisten heißen Mini und Miki.

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Und für die Jury und die Literaturbetriebsliteraturkritikbeamten sei an dieser Stelle verraten, dass die Namen natürlich eine postmoderne und natürlich dekonstruktivistische, also misslungene Anspielung auf die Micky Mouse Comics darstellen. Dort, wo das Buch den Horror im Alltag erzählen will, wird es eigentlich nur ekelhaft oder einfach blöd, denn Horror und Ekel unterscheiden sich durch den Grad der Literarisierung, der künstlerischen Übersetzung, die soweit wie der Pluto von der Sonne vom platten Naturalismus entfernt ist. Wenn dann das Jurymitglied Shirin Sojitrawalla feststellt: „Barbi Marković erzählt hinreißend komisch und bitterernst von unserer Gegenwart, der Mensch im Spätkapitalismus wird dabei notgedrungen zur Witzfigur“, dann weiß man, dass auch die Jury in der postmodernen Herrschaft „notgedrungen zur Witzfigur“ werden muss.

Die Jury selbst bestand aus fünf Frauen und zwei Männern. Die Juryvorsitzende Wilke schreibt für den Tagesspiegel, Die Zeit und die Süddeutsche Zeitung, außerdem wurde Wilke von der Kulturstaatsministerin Monika Grütters, die damals den renommierten Historiker Hubertus Knabe aus der Stiftung „Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen“ vertrieb, als „Literaturexpertin“ für den Zeitraum 2022 bis 2024 in die Jury der Villa Massimo berufen. Noch Fragen? Keine.

Laut ihrem X-Account beschäftigt sich das Jurymitglied Maryam Aras mit: reading I writing I talking literature I racism I classism I postcoloniality I machtkritische Literaturkritik @ Die Presse, Berliner Zeitung, u.a.“ Das spannendste ihrer Betätigungsfelder dürfte dabei „u.a.“ sein. Ähnlich trist geht es bei dem Germanistikprofessor Moritz Basler (Populärer Realismus. Vom International Style gegenwärtigen Erzählens. C.H. Beck) zu. Für Die Zeit schreibt auch der Juror Hugendick und die Juorin Marie Schmidt für die Süddeutsche. Im Grunde setzt sich die Jury aus Juroren zusammen, die für Die Zeit, die Süddeutsche, den Tagesspiegel schreiben und für den Deutschlandfunk arbeiten. Nun hat man wirklich keine Fragen mehr.

Vielleicht noch soviel aus dem Buch, das „hinreißend komisch und bitterernst von unserer Gegenwart“ erzählt: „Am nächsten Tag … Das Wetter ist schön, und Mini und Miki entscheiden sich, zum Supermarkt zu gehen. Ihnen fehlen einige häusliche Produkte. Sie brauchen unbedingt Küchenrollen, außerdem Hafermilch, Gemüse, Rotwein, Brot und Eier. Sie versichern einander, dass sie fokussiert einkaufen werden, damit sie nicht das halbe Leben im Supermarkt verbringen …“

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