Tichys Einblick
Silvesternacht in Berlin

Staatsversagen mit Ansage: „Greift uns nicht an“

Der Gesetzesbruch mit Ansage hat in Berlin schon begonnen. In der Silvesternacht wird der eskalieren. Auf den Staat dürfen die Berliner nicht hoffen, aber vielleicht gibt es einen anderen Verbündeten.

Deutschland ist derzeit gespalten: In den Hochwassergebieten hoffen die Bürger, dass es nicht mehr regnet. In Berlin wünschen sich die Verantwortlichen so viele Schauer wie möglich: Er „hoffe, dass es Hunde und Katzen regnet“, sagt etwa Manuel Barth von der Berliner Feuerwehr-Gewerkschaft. Barth hat im Vorfeld vor einer unkontrollierten Situation in der Silvesternacht gewarnt – vergleichbar mit der vom Vorjahr.

So hat die Politik laut Barth spät Entscheidungen getroffen. Das habe dazu geführt, dass die Feuerwehr erst zwei Wochen vor dem Einsatz anfangen konnte zu üben. Dem hat Feuerwehr-Sprecher Vinzenz Kasch im RBB24-Inforadio widersprochen. Die Wehr sei gut auf die Silvesternacht vorbereitet. Dem Senat dürfte das gefallen. Sollte sich die Aussage am Montag nicht mehr halten lassen, hat sie wenigstens Kaschs Karrierekonto nicht geschadet.

Der Gesetzesbruch mit Ansage hat in Berlin längst begonnen. Eigentlich darf in der Hauptstadt nur von Silvester 18 Uhr bis Neujahr 7 Uhr geböllert werden. Doch schon am Heiligabend machten Böllerer lautstark auf sich aufmerksam. Als dann am Donnerstag die Supermärkte die Feuerwerkskörper offiziell verkaufen durften, ging es richtig los. Berlin erlebte drei Tage vorher ein Feuerwerk, wie es manch andere Stadt selbst an Silvester nicht vergönnt ist.

Noch kaum Schuldsprüche zum letzten Jahr
Faeser: Sorge vor erneutem Gewaltexzess an Silvester
Der Höhepunkt dieses vorzeitigen Feuerwerksergusses fand zwischen 20 und 21 Uhr statt. Ein Spektakel für die kleinen Kinder, die Silvester nicht abwarten wollen. Lange nach 22 Uhr zeigten dann die großen Kinder, dass sie auch da sind. Mit beidem hat Silvester in Berlin viel zu tun: mit Leute, die aus ihrer Kindheit nicht herausgewachsen sind. Und mit Bürgern, die in Betrieben, Großfamilien oder Arbeitslosenstatistiken als Nummer untergehen. Böllern bedient für sie das gleiche Gefühl wie mit lauter Musik Auto zu fahren, Graffiti an Wände zu sprühen oder Streit in der Öffentlichkeit zu provozieren: Wenn die Täter negativ auffallen, kann keiner von ihnen behaupten, dass sie nicht da wären.

Nach der vergangenen Silvesternacht haben wenige Medien, darunter TE, auf den Zusammenhang zwischen Migration und den Ausschreitungen aufmerksam gemacht. Die Reaktion der linken Medienmehrheit war die übliche: Das sei rechte Hetze. Die Diskussion schade nur. Also behaupten sie, nichts habe mit nichts zu tun, und fordern, dass die Töpfe für Sozialarbeit noch üppiger gefüllt werden und ansonsten die Klappe zu und den Affen tot machen.

Um 90 Millionen Euro hat die Stadt Berlin den Etat für Sozialarbeit erhöht. Davon richteten Trägervereine unter anderem Fußballturniere aus. Wenn Jugendliche und Polizisten im Sommer miteinander kicken würden, würden sie sich an Silvester die tätlichen Angriffe verkneifen. Das haben zumindest die Sozialarbeiter versprochen. Jetzt rudern die im RBB schon zurück. Solche Turniere seien kein Zauberstab, der unmittelbar wirke – das Geld für ihre Arbeit haben sie indes unmittelbar genommen.

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Politik und Medien reden statt über migrantische Täter lieber über deutsche Rechtsextreme
Ein weiterer Ausdruck der Berliner Hilflosigkeit sind die Verbotszonen für Feuerwerk. Die gibt es traditionell an geschützten Orten wie dem Alexanderplatz oder dem Brandenburger Tor. Vor vier Jahren ist eine Zone dazugekommen, die der Magistrat vor Raketen schützt, weil die Bewohner sozial prekär sind: das Gebiet rund um das Pallasseum. Ein Sozialbau an der Potsdamer Straße, wo früher der Sportpalast gestanden hat. Bis zu 2.000 leben in dem Komplex. Ein gehobener Kaninchenstall.

Seit vier Jahren schützt ein Verbot den „Steinmetz-Kiez“ um dieses Gebäude. Was hat es gebracht? Am Pallasseum wird an Silvester geböllert, wenn es speziell dort verboten ist. Sogar schon am 29. Dezember wird am Pallasseum geböllert, wenn es in der ganzen Stadt verboten ist. Die Politik weiß von der Zwecklosigkeit der Aktion: Es „sorgt direkt in der Verbotszone sicher für etwas Ruhe, bindet durch die Umsetzung aber auch viele Ressourcen der Polizei“, sagt etwa der Bezirksmeister von Neukölln, Martin Hikel (SPD), in der Berliner Morgenpost. Deshalb sei er skeptisch, was diese Verbotszonen betrifft.

Was macht die Politik, wenn sie skeptisch ist? Wenn sie eigentlich weiß, dass eine Maßnahme nichts bringt, aber sich mit Hilfe wohlgefälliger Medien damit so tun lässt, als ob die Politik etwas tue? Sie beschließt mehr davon. In Hikels Stadtteil Neukölln. Am längeren Ende der Sonnenallee gibt es die nächste Verbotszone. Wenn am Montag Neukölln wieder in der Schadensbilanz auftaucht, können Hikel und Senat dann wenigstens sagen, sie hätten etwas getan.

Wobei das mehr ist, als Innenministerin Nancy Faeser (SPD) von sich behaupten kann. Was hat die gemacht? Gewarnt. Durch den Terror der Hamas werde die Silvesternacht in diesem Jahr noch schlimmer als im Vorjahr. Und jetzt? Nichts. Faeser hat gewarnt. Pech für die, die dableiben müssen. Sie geht in Urlaub. Nach Silvester ist die Innenministerin dann wieder da, um zu sagen, dass nun ganz viel passieren werde, aber dass man auch daran denken müsse, dass nichts mit nichts zu tun habe.

Den Zusammenhang zwischen Nahost-Konflikt und Silvesterkrawallen herzustellen, ist ein Eingeständnis. Zwar wollte Faeser damit eigentlich beschwichtigen. Doch was sie selbst noch vor einem Jahr entschieden zurückgewiesen hat, hat sie nun beiläufig zugegeben: Es gibt einen Zusammenhang zwischen Krawallen und muslimischer Einwanderung. Es ist alles andere als ein Zufall, dass der Senat die neue Verbotszone in Neukölln einrichtet. Der Stadtteil, der einst zwischen Mauer und Flughafen lag, ist ein zentraler Ort für islamische Einwanderung. Und der Stadtteil ist auch die Hauptstadt derer, die gegen Israel polemisieren und die Babymorde, Vergewaltigungen und Leichenschändungen der Hamas zu Widerstandskampf veredeln. Sie werden an diesem Silvester noch gewalttätiger werden. Mit der Prognose dürfte Faeser recht behalten. Nur macht sie halt nichts dagegen.

Das führt zu einem Staatsversagen mit Ansage und zu Bildern der Hilfslosigkeit. So könnte ein Video heißen, das die Berliner Polizei auf X (Twitter) eingestellt hat: „Bilder der Hilfslosigkeit“. Zwei Polizisten und ein Feuerwehrmann sind darin zu sehen. Ebenso die Bilder vom Vorjahr. Als Einsatzkräfte unter Beschuss standen, als dem Staat in einer apokalyptischen Situation die Kontrolle aus der Hand glitt.

Die Polizistin Anna bettelt in dem Video: „Greift uns nicht an.“ Der Polizist Joe warnt, den Tätern drohten „mehrere Jahre Gefängnis“. Das Video dürfte zur weiteren Eskalation beitragen. Zum einen, weil die Drohung mit dem Gefängnis eine leere ist. Keiner ist wegen der letzten Silvesternacht in den Knast gekommen. Auch nicht Nasser W. zum Beispiel. Der ist 23 Jahre alt, hat keinen Schulabschluss, lebt von staatlichen Transfers und ist bereits aktenkundig wegen: Betrug, Hehlerei, Körperverletzung und schwerem Diebstahl.

Nun spricht ihn ein Gericht schuldig, mit Sprengstoff auf einen Polizisten gezielt zu haben. Was bekommt er? „Mehrere Jahre Gefängnis“, wie Joe im Polizeivideo droht? Nein, acht Monate Haft. Auf Bewährung. Wenn der Staat Nasser einfach unendlich viele Chancen gibt, ihn zu Sozialarbeitern schickt und Fußball spielen lässt, wird aus Nasser vielleicht doch noch ein Gehirnchirurg oder eine andere Fachkraft. Mit dem bisschen Betrug, Hehlerei, Körperverletzung und schwerem Diebstahl müssen die Opfer halt leben. Staatsversagen mit Ansage.

Tichys Einblick Talk
Krawalle in Berlin – Wer hat versagt?
Das Video schadet in der Gesamtsituation aber vor allem, weil es die Polizei als schwach darstellt: „Greift mich nicht an.“ Ich bin die Anna und wehrlos. Weder die Stadt noch die Polizei haben die Krawalle und ihre Hintergründe verstanden. Sie glauben immer noch an das linke Märchen von den sozial benachteiligten Kindern, die man nur sozial aufpäppeln müsse und alles werde gut. Ein bisschen Fußballspielen mit den Polizisten, ein bisschen an den Gentleman im Randalierer erinnern – und alle bleiben brav zuhause.

Die Silvesterkrawalle sind ein Schrei nach Aufmerksamkeit der Täter. Sie sind auch ein Aufbegehren von ihnen. Gegen die Mehrheitsgesellschaft. Gegen die, die in der Gesellschaft Geld und das Sagen haben. Gegen das Gefühl, ungerecht behandelt zu werden, weil die das Sagen haben, aber man selbst eine kleine Nummer ist, obwohl man doch von sich selbst ein ganz anderes Bild hat. Gestärkt durch arabische Nationalisten, die einem einreden, in einem Land leben zu müssen, das den „israelischen Völkermord“ unterstütze. Gestärkt durch Imame, die einem sagen, zu Auserwählten zu gehören und den Nichtauserwählten dadurch per Religion überlegen zu sein.

verdruckstes Lavieren in den Medien
Nach der Silvestergewalt: Das Vernebeln in den Medien geht weiter
„Nun sind sie halt da“, hat Angela Merkel (CDU) gesagt, nachdem „Wir schaffen das“, sich als Blendwerk erwiesen hat. Und nun: Ein Video, das Polizisten zeigt, die um Gnade vor Krawallmachern winseln. Das Drohungen ausspricht, die dann noch nicht umgesetzt werden. Ein solches Video bremst die Täter nicht. Es stärkt sie.

Faeser hat den Zusammenhang zwischen Migration und Krawallen eingestanden. Nun müsste sie den nächsten Schritt gehen: das Gefährderpotenzial durch staatliches Eingreifen auflösen. Doch den wird sie nicht gehen. Spoileralarm: Faeser, Grüne und entsprechende Medien werden spätestens ab Dienstag wieder vor der für sie größten Gefahr warnen. Das Problem sind für sie nicht brennende Balkone oder Fahrzeuge, die nicht gelöscht werden können. Das sind auch keine verletzten Sanitäter, Polizisten oder Feuerwehrleute. Das ist nichtmal ein Staat, der das Heft nicht mehr in der Hand hält. Das Problem ist für sie eine Diskussion, die den „Rechten“ nutzen könnte. Dann hat wieder nichts mit nichts zu tun. Wird die Debatte verschoben. Bis zum nächsten Silvester. Dem nächsten Staatsversagen mit Ansage.

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