Tichys Einblick
Selbstbestimmungsgesetz

Die Ampel mauert, schweigt und unterdrückt kritische Stimmen

Das Selbstbestimmungsgesetz der Ampel würde den Begriff der Frau abschaffen. Vielleicht greift die Regierung den Entwurf deswegen nicht an. Stattdessen unterdrückt das Frauenministerium kritische Stimmen.

Bundesfrauenministerin Lisa Paus (Grüne) und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), verantwortlich für den Entwurf des Selbstbestimmungsgesetzes

IMAGO / Metodi Popow

Das Selbstbestimmungsgesetz soll die Rechte von Trans-Menschen stärken. Soweit die Idee. In der Praxis wird der biologische Begriff des Geschlechts durch die „Geschlechtsidentität“ ersetzt. Das heißt: Jede, die behauptet, sie sei ein Mann, gilt als Mann. Jeder, der behauptet, er sei eine Frau, gilt als Frau. Ein einfacher Eintrag im Standesamt genügt für den Geschlechterwechsel. Das wäre mehr als nur das Ende des Begriffs Frau – das würde das Zusammenleben massiv verändern.

Wenn ein Mann sich entscheidet, eine Frau zu sein, müssen das alle akzeptieren. Wer es bezweifelt, macht sich der Diskriminierung schuldig. Es drohen schon dann hohe Geldstrafen, wenn jemand einen Umentscheider mit dessen alten Namen anspricht. Betreiber von Saunen, Schwimmbädern, Geschäften mit Umkleidekabinen und sogar von Frauenhäusern müssten sich überlegen, ob sie einem Menschen mit Penis noch den Zugang zu Schutzräumen für Frauen verweigern können, wenn sich diese selbst als Frauen ausgeben. Das ginge so weit, dass verurteilte Triebtäter sich als Frauen ausgeben können – und mit richtigen Frauen im selben Gefängnis untergebracht würden.

Das Selbstbestimmungsgesetz sollte am Mittwoch Thema im Kabinett sein. Das meldete unter anderem RBB24 Inforadio. Doch wie TE berichtete, fasste die Mannschaft von Kanzler Olaf Scholz (SPD) das heiße Eisen nicht an. Wir wollten wissen, warum nicht, welche Fragen noch strittig sind und wie das Verfahren weitergeht. Der Sprecher des Justizministeriums, Eike Götz Hosemann, antwortete: „Das Kabinett hat sich heute nicht mit dem Selbstbestimmungsgesetz befasst. Ein Beschluss des Entwurfs soll zeitnah erfolgen.“

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Wer das für schmallippig hält, sollte einen Blick aufs Frauenministerium von Lisa Paus (Grüne) werfen. Das Ministerium hat Stellungnahmen zum Gesetzentwurf veröffentlicht. Aber viele weggelassen, wie die Ruhrbarone berichteten. Vor allem solche Stellungnahmen ließ Paus weg, die den Entwurf kritisiert haben. Obwohl die dahinterstehenden Gruppen im Lobbyregister eingetragen sind und einer Veröffentlichung zugestimmt haben. Paus scheint dem grünen Denkmuster zu folgen, wonach jede Kritik an grünen Projekten mit Hass und Hetze gleichzusetzen ist.

TE liegen die Stellungnahmen der Initiativen vor. Das Bündnis „Lasst Frauen Sprechen!“ hat sie gesammelt. Schon das Bündnis selbst spricht eine fundamentale Kritik am Entwurf aus: „Der vorliegende Gesetzesentwurf ersetzt konsequent naturwissenschaftlich haltbare Fakten durch ein nicht validierbares, vages Konzept, indem es den bisherigen Personenstandardeintrag ,Geschlecht‘ durch die sogenannte Geschlechtsidentität ersetzt.“ Dieser Begriff werde im Entwurf 89-mal genannt – aber an keiner Stelle definiert.

Stattdessen zitiert „Lasst Frauen Sprechen!“ die Poesie, die Justizministerium und Frauenministerium zum Gesetz machen wollen, wie zum Beispiel: „… das tief empfundene innere und persönliche Gefühl der Zugehörigkeit zu einem Geschlecht …“ Außerdem weist das Bündnis auf einen Widerspruch hin: Bürger dürfen den Geschlechtswechsel nicht anzweifeln. Tun sie es trotzdem, bestraft der Staat sie hart. Für sich selbst nimmt der Staat sich aber dieses Recht eben raus: Erklärt sich ein Mann zur Trans-Frau, muss er auch nach dem neuen Gesetz im Verteidigungsfall trotzdem in den Krieg ziehen. Die Ampel will, dass sich die Mehrheit einer Minderheit unterwirft – sich selber will die Ampel aber nicht unterwerfen. So weit geht die Liebe dann doch nicht.

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Die „Frauen Aktion München“ fasst den Geist des Selbstbestimmungsgesetzes zusammen: „Heute stehen wir vor der Herausforderung zu entscheiden, ob das, was jemand glaubt und fühlt, andere verpflichten kann, es ebenfalls zu glauben.“ Die Ampel wolle ein Gefühl in ein verpflichtendes Gesetz gießen. Doch solche Begriffe müssten zuerst juristisch definiert werden: „Ansonsten ist die Umsetzung des Rechts nicht möglich.“

Das „FrauenLesbenNetz“ wirft Paus und Justizminister Marco Buschmann (FDP) vor: „Das Gesetz würde Diskriminierungen und Angriffe juristisch rechtfertigen, die inzwischen leider zu unserem Alltag gehören.“ So würden „Lesben auf Partnerinnensuche“ von Männern „sexuell bedrängt sowie sexualisiert beleidigt und bedroht“. Sie sollten die Penisse von Trans-Frauen als „Girl dick“ akzeptieren, sonst würden sie als „transphobe Nazis“ beschimpft. Mädchen, die ihre lesbische Identität entdeckten, würde eingeredet, sie seien „nonbinär“. Mit Folgen: „Viele Mädchen und junge Frauen vereinsamen deshalb in den queeren Zusammenhängen und gehen in eine Art innere Emigration.“ Das führe bis zu Depressionen.

Im Netz ist auch die Beleidigung „Terf“ üblich für Frauen, die ihre Schutzräume vor Trans-Frauen verteidigen wollen. Selbst ein Mitglied der Bundesregierung verbreitet diesen abwertenden Begriff gegenüber Andersdenkenden. Favoritensieg: Es ist ein Grüner, der mit Hass und Hetze gegen das vorgeht, was er selbst als Hass und Hetze framt. Der Queerbeauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann.

Der Kampf für Trans-Menschen ist so zu einem Kampf gegen Frauenrechte geworden. Das „FrauenLesbenNetz“ schildert aus der Praxis: „Neue Lesbenvereine, die eine Gemeinnützigkeit beantragen, können das schon heute nur tun, wenn sie in ihren Vereinszielen den ideologischen Begriff ,geschlechtliche Identität‘ aus der Abgabenordnung akzeptieren.“ Auch würden die Vereine staatliche Förderung verlieren, „wenn sie Männer, die sich als ,Frauen‘ bezeichnen, nicht einbeziehen“. Das ginge sogar so weit, dass gelte: „Lesben als frauenliebende Frauen werden sprachlich ausgelöscht.“

Forderung grüner Queer-Beauftragter
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Das Gesetz steht von zwei Seiten unter Druck. Hardlinern wie Lehmann geht es noch nicht weit genug. So soll weiterhin das Hausrecht gelten. Der Betreiber eines Frauenhauses kann demnach eine Trans-Frau in ihren Räumen ausschließen, darf das aber nur tun, ohne die Identität der Trans-Frau zu diskriminieren. Das heißt: Die Ampel will schon sagen können, dass Frauenhäuser und andere Schutzräume sich schützen dürften – schickt aber die Bewahrer von Frauenrechten mit einem Bein in den Knast. Lehmann geht das nicht weit genug. Der Queer-Beauftragte will, dass jeder sanktioniert wird, der eine geschlechtliche Identität anzweifelt.

Die Frauenpolitikerinnen in der Ampel haben dem Treiben Lehmanns und Buschmanns lange zugeschaut. Der Autor dieses Text hat in Direktnachrichten einer grünen Bundestagsabgeordneten überhaupt erst erklären müssen, dass mit dem Selbstbestimmungsgesetz Schutzräume von Frauen gefährdet sind. Gerade grüne Frauen haben sich auf ihren Mandaten ausgeruht – oft auf Mandaten, die sie ironischerweise einer Frauenquote verdanken.

Diese Frauenquote ist mit dem Selbstbestimmungsgesetz in Gefahr. Die Trans-Frau Tessa Ganserer (Grüne) hat schon gezeigt, wie man über diese Plätze in den Bundestag einziehen kann. Vielleicht wachen die Frauen in den Ampel-Parteien auch deswegen jetzt auf. Das Recht Selbstbestimmung soll zwar unbedingt gelten. Grundsätzlich. Aber nicht, wenn es um das eigene, gut dotierte Mandat geht – da hört die Liebe dann doch auf.

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