Tichys Einblick
Iran stellt Ultimatum

Anne Will und die unfähige deutsche Außenpolitik

Das Lernziel bei Anne Will haben wir nicht verstanden. Denn es wurde sowohl der EU-europäischen, vor allem aber der deutschen Außenpolitik ein Armutszeugnis ausgestellt. Und das nicht nur, weil Röttgen und Lambsdorff da waren.

Screenprint: ARD/Anne Will

Wir haben extra noch schnell bei Twitter vorbeigeschaut, wo Heiko eine Art Maas-Tagebuch führt und über seine wichtigen Gedanken und Termine Auskunft gibt. Nix. Kein Hinweis, warum er zum Thema Iran nicht bei Anne Will vorsprechen wollte. So können wir nur vermuten, dass er sich nicht blamieren wollte. Das haben dann Norbert Röttgen und Alexander Graf Lambsdorff alleine gemacht.

Bis vor kurzem wurde dem unbedarften deutschen TV-Zuschauer noch vorgegaukelt, unsere Angela Dorothea Merkel sei für die Weltpolitik in etwa das, was Tango-Franz für die Katholiken ist – die Primadonna unserer Operettenwelt. Bei Anne Will lernte er so ganz langsam, dass die Musik längst ohne Merkel weiterspielt. So sagte der amerikanische Außenminister Mike Pompeo am Dienstag seinen ersten Amtsbesuch in Berlin „wegen dringender Angelegenheiten“ am selben Tag ab und besuchte lieber Finnland und Grönland. Deutschlands Einfluss sei „in Washington so gut wie Null“, klagte Graf Alexander. Und selbst Macron beschreibe den Zustand des deutsch-französischen Verhältnisses inzwischen als „fruchtbare Konfrontation“.

Trotz Germoney oder mehr wegen?
EU-Wahlen: Berlin am Ende in Brüssel allein zuhaus'?
CDU-Mann Norbert Röttgen, der immer in die Talkshows kommt, wenn die Regierung nichts zu sagen hat, fantasierte von „verbliebenen Spielräumen“, und als braver Diener seiner Herrin sagte er zu Macron nichts und verortete den Ausgangspunkt der deutsch-amerikanischen Eiszeit in Washington, wo plötzlich eine völlig andere Außenpolitik betrieben würde. Dass unser Präsident, Frank-Walter, der Spalter, gegen alle diplomatischen Gepflogenheiten, dem amerikanischen Präsidenten nicht zur Wahl gratuliert hatte, sehr wohl aber den Mullahs zu 40 Jahren blutiger Terrorherrschaft, hat Röttgen wohl gar nicht mitbekommen.

Aber wir sind nun beim Thema. Die USA drehen den Mullahs mit ständig verschärften Sanktionen langsam den Saft ab. Die Mullahs drohen. Trump schickt Kriegsschiffe. Die Mullahs wüten lauter und drohen den EU-Europäern, also eigentlich England, Frankreich und Deutschland, wenn die den Trump nicht binnen 60 Tagen zur Räson bringen, schicken sie noch mehr Drogen und „Flüchtlinge“ aus Afghanistan nach Europa.

Absurd und intransparent
Warum ist China Hauptempfänger deutscher Entwicklungshilfe?
Daraus lernen wir zunächst, dass es „Europa“ auf der politischen Weltkarte für die anderen gar nicht gibt. Das weiß natürlich auch CDU-Norbert, aber er formuliert ein wenig wirr, dass einerseits „die EU noch kein Welt-Akteur“ sei, so wie sie jetzt ist, aber man müsse eben eine europäische Außenpolitik entwickeln. Der TV-Zuschauer vernahm dann staunend, dass die Briten weltpolitisch wichtig blieben, obwohl es sonst immer heißt, ohne die EU verkomme GB zur unbedeutenden Insel. Bleiben also die Franzosen, die dann die „europäische Außenpolitik“ bestimmen, denn wir haben ja keine. Da glaubt Norbert aber, „ohne uns oder gegen uns geht nichts“. Oh, Mann!

„Jedenfalls sind wir uns alle einig, es geht nur europäisch“, sagte Norbert oder der Graf wider besseres Wissen. Und mit „alle“ sind die beiden gemeint und eine gewisser Martin Schirdewan, der nicht nur für die „Linke“ ins EU-Parlament will, sondern auch noch als Redaktionsmitglied einer Zeitschrift namens „antifa“ vorgestellt wird. Ausgerechnet der linke Antifant will eine „europäische Außenpolitik entwickeln, die wertebasiert ist“. Anscheinend teilen Röttgen und Lambsdorff solche Werte.

Satirischer Text
Die Erde ohne Israel retten?
Auf den wohlklingenden Vornamen Melody hört die „Beraterin für internationale Beziehungen und politische PR in Tel Aviv“, Frau Sucharewicz, und sie dürfte sich über die geballte anwesende außenpolitische Kompetenz bei Anne Will schwer gewundert haben. Jedenfalls fassen wir die von ihr verlesenen Leviten wie folgt zusammen: Es sei eine Illusion, dass man mit jedem verhandeln kann. Das von Trump aufgekündigte Atom-Abkommen mit dem Iran sei keine Lösung gewesen, denn das Geld, das der Iran nach der Lockerung der Sanktionen eingenommen habe, sei mitnichten dem Lebensstandard der Bevölkerung zugute gekommen, sondern dem Militär und paramilitärischen Einheiten, sowie der Terrorfinanzierung. Deutschlands Bekenntnis, die Sicherheit Israels sei Staatsräson, würde dadurch konterkariert, dass man Geschäfte mit den Mullahs mache. Man habe seine Werte und Sicherheitsinteressen gleich mitverkauft.

Jedenfalls werden iranische Raketen auf Israel abgefeuert, und internationale Inspekteure dürfen militärische Anlagen nicht inspizieren. „Ja, man hätte …“ sagte Röttgen zu dem Atom-Abkommen, das übrigens unser Frank-Walter damals mit ausgehandelt hatte. Räusper.

Interview
Warum flunkern Journalisten so viel?
Katajun Amirpur ist zwar Professorin für Islamwissenschaft in Köln, aber gottseidank ging es nicht um den Islam, seine Schiiten und Sunniten, die sich mit den Hauptakteuren Saudi Arabien und Iran spinnefeind gegenüber stehen, so dass wir die Geopolitik hier auch außen vor lassen können. Wir erfuhren von der Halb-Iranerin, dass vor kurzem für einen Euro in Teheran 4.500 Toman und jetzt bereits 14.000 Toman gezahlt würden. Laut Wikipedia heißt die Währung des Iran zwar Rial, aber die Aussage bleibt: Es ist eine ganz besch …. Situation.

„Ja, der Iran steht unter Druck“ entschuldigte Außenrakete Röttgen das Land der Mullahs, „ohne den Iran entschuldigen zu wollen“. Jedenfalls ist mit John Bolton als US-Sicherheitsberater derzeit ein „Profi und Hardliner“ am Werk, der keinen Spaß verstünde, wusste Lambsdorff. Trotzdem hielt sich die „Expertenrunde“ mit Trump-Bashing auffallend zurück. Vielleicht, weil die Mullahs, die Teenager hinrichten und Homosexuelle am Baukran aufhängen lassen, doch nicht die beste Gesellschaft sind. Vielleicht aber auch, weil Donald, gleich zu Beginn der Sendung mit einer versöhnlichen Aussage zitiert wurde: „Sie sollen mich anrufen.“ Das macht ihm keiner nach.


Folgen Sie Stephan Paetow auch auf Facebook oder Twitter.

Anzeige