Tichys Einblick
Verlust des Vertrauens:

Manipulation der Wissenschaft durch das Bundesinnenministerium (BMI)

Der zentrale Satz, mit dem sich die Bundesregierung „harte Maßnahmen“ rechtfertigen ließ, lautet: „Die gegenwärtige Krise durch COVID-19 hat das Potential das Vertrauen in die demokratischen Institutionen nachhaltig zu erschüttern“, deshalb muss die „Bundesregierung...eine umfassende Mobilisierungskampagne starten.“

IMAGO / photothek
Juristen erzwangen nach langer rechtlicher Auseinandersetzung vom RKI die Herausgabe des E-Mail-Verkehrs zwischen Forschern und der Führungsebene des Innenministeriums, die schließlich zu dem Geheimpapier des Innenministeriums vom März 2020 führte. Es ging dem BMI darum, harte Maßnahmen zu rechtfertigen und dient allem Anschein nach als Vorlage für das Handeln der Regierung – bis auf den heutigen Tag.

Gegenwärtig befinden wir uns seit November 2020 in einem immer wieder verschärften und verlängerten Lockdown – und es existiert nicht die geringste Prognose, wann wir wieder zur Normalität zurückkehren. Überdies stellt sich die Frage, ob die Merkel-Regierung und die EU-Administration überhaupt wieder zur Normalität zurückzukehren wünschen, denn nicht nur der Chef des WEF, Klaus Schwab, jubelt, dass wir „nie“ zu dem „kaputten Gefühl von Normalität“ zurückfinden werden, nicht nur Wolfgang Schäuble sieht in der Krise die Chance, „die Wirtschafts- und Finanzunion, die wir politisch bisher nicht zustande gebracht haben, jetzt hin(zu)bekommen“, denn der „Widerstand gegen Veränderung wird in der Krise geringer.“ Seltsam klingt natürlich aus dem Munde des Bundestagspräsidenten die Freude darüber, dass es inzwischen zur Regel zu werden droht, am Bundestag vorbei zu regieren. Auch die Bundeskanzlerin meinte kürzlich im Verbund mit ausländischen Spitzenpolitiker: „Im Angesicht einer Pandemie ist unser Gesundheitsschutz nur so stark wie das schwächste Glied in der globalen Kette. Ist auch nur ein Ort in der Welt von Covid-19 betroffen, sind Menschen und Volkswirtschaften allerorten gefährdet.“ Denn schließlich ist „die pandemische Krise eine Gelegenheit … durch effiziente Zusammenarbeit, Solidarität und Koordination wieder einen Konsens über eine internationale Ordnung zu erzielen – eine Ordnung, die auf Multilateralismus und Rechtsstaatlichkeit beruht.“ In der Frage der Impfstoffversorgung gehört Deutschland nun zu den schwachen Gliedern in der Kette.

Der zentrale Satz in dem Papier des BMI aus dem März 2020, mit dem sich die Bundesregierung „harte Maßnahmen“ rechtfertigen ließ, lautet: „Die gegenwärtige Krise durch COVID-19 hat das Potential das Vertrauen in die demokratischen Institutionen in Deutschland nachhaltig zu erschüttern“, deshalb muss die „Bundesregierung … eine umfassende Mobilisierungskampagne starten.“ Das Geheimpapier, das schließlich auf öffentlichem Druck veröffentlicht werden musste, empfiehlt folgende Strategie: „Das Virus ist ein Risiko für alle. Es wird unser Leben kurz-, mittel- und langfristig verändern. Wir haben das Risiko erkannt, arbeiten auf allen Ebenen zusammen, orientieren uns an der wissenschaftlichen und praktischen Evidenz und handeln entschieden aber nicht panisch.“ Allerdings wird im Papier auch empfohlen, den Bürgern Angst und mit Infektions- und Todeszahlen Politik zu machen.

Langfristig – ob gewollt oder auch nicht – wird das Virus das Leben der Bürger verändern, weil die Maßnahmen der Regierung die Wirtschaftskraft Deutschlands empfindlich stören. Vier Szenarien sieht das Papier des BMI vor. Schaut man sich die Handlungen der Regierung an, haben wir Szenario drei mit dem Titel „langes Leiden“ erreicht. Dieses Szenario sieht Ausgangsbeschränkungen von vier Monaten vor: „Für die Gesamtwirtschaft ist hier ein Rückgang von 9 Prozent zu erwarten, für die Industrie von 15 Prozent. Dabei dürfte dies eher eine optimistische Annahme sein … Wenn eine systematische Abwärtsspirale entsteht, nicht nur ein Einbruch auf ein dann vier Monate stabiles niedrigeres Niveau, sind hier tiefere Einschnitte zu befürchten, dies gilt auch bei einer weiteren Verlängerung.“ Denn dann käme man in das Szenario 4, mit dem Titel „Abgrund“: „Eine Eindämmung der Virusepidemie gelingt nicht. Ausgangsbeschränkungen werden für den Rest des Jahres festgeschrieben … In dieser Situation würde das BIP um 32 Prozent einbrechen, die Industrie um 47 Prozent. Bei weiteren sich verstärkenden Zweitrundeneffekten und sich festsetzenden Negativerwartungen wäre eine beschleunigte Abwärtsdynamik nicht auszuschließen. Dieses Szenario kommt einem wirtschaftlichen Zusammenbruch gleich, dessen gesellschaftlichen und politischen Konsequenzen kaum vorstellbar sind.“ Die Wissenschaftler schlagen zur Eindämmung groß angelegte Kampagnen vor, „ein gemeinsames Narrativ (#wirbleibenzuhause, oder «gemeinsam distanziert» – «physische Distanz – gesellschaftliche Solidarität») und im besten Fall viele Gesichter (Prominente, Politikerinnen und Politiker, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler), die sich mit der Kampagne identifizieren.“ Genau das geschieht, mit großer und unkritischer Unterstützung der Medien.

Doch stimmen eigentlich die Grundlagen für die Szenarien? Bemerkenswert ist: Das Bundesinnenministerium (BMI) wusste sehr wohl über die fragwürdigen Berechnungsmethoden der Virologen wie über die negativen Folgen der Corona-Politik Bescheid.

Am 9. Mai 2020 veröffentlichte TE exklusiv einen internen Bericht aus dem Bundesinnenministerium. Referent Stephan Kohn im „Referat KM 4: Schutz Kritischer Infrastrukturen Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat” hatte nach vergeblichen Versuchen, mit Vorgesetzten über seine alarmierende und umfangreiche Analyse zu sprechen, diese „an den Krisenstab sowie meine fachlichen Arbeitskreise auf Bundesebene (in allen Ressorts) sowie mit den Ländern (alle Bundesländer) abgeschickt.”

Sein Fazit liest sich wie ein Echo auf die jetzt bekanntgewordenen Bemühungen des BMI. Das Fazit des Beamten lautete:

„Es ist Gefahr im Verzug! Durch vermeintliche Schutzmaßnahmen entstehen im Moment jeden Tag weitere schwere Schäden, materielle und gesundheitliche bis hin zu einer großen Zahl von vermeidbaren Todesfällen. Diese Todesfälle werden durch das Agieren des Krisenmanagements ausgelöst und sind von diesem zu verantworten sobald das Wissen über die in der hiermit übermittelten Analyse behandelten Sachverhalte vorliegt – auch von dem Absender dieser Informationen, der Teil des Krisenmanagements ist. Abhilfe ist nur möglich, wenn das vorhandene Wissen weitergegeben und zur Kenntnis genommen wird. Alle Möglichkeiten vorgelagerter Intervention wurden vom Absender ausgeschöpft.
2. Angesichts des sachlichen Befunds der vorliegenden Analyse und der dazu im Kontrast stehenden Entscheidungen der Politik, kann bei geschädigten Außenstehenden möglicherweise die Befürchtung aufkommen, dass das bestimmende Schutzziel des nationalen Krisenmanagements nicht mehr die Sicherheit und Gesundheit der Bevölkerung ist, sondern die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz von Regierungsparteien und Regierungsmitgliedern. Aus derartigen Wahrnehmungen, die nicht per se irrational sind, kann in einem auf Zusammenhalt angelegten Gemeinwesen eine ungünstige Dynamik erwachsen, die vor allem mit rationalen Folgeentscheidungen durch Krisenmanagement und Politik – auf der Basis vollständiger Analysen – gut begrenzt werden kann.”

Die zentrale Botschaft der Analyse war: „Die beobachtbaren Wirkungen und Auswirkungen von COVID-19 lassen keine ausreichende Evidenz dafür erkennen, dass es sich – bezogen auf die gesundheitlichen Auswirkungen auf die Gesamtgesellschaft – um mehr als um einen Fehlalarm handelt.”

Fehlalarm oder nicht, man gewinnt immer stärker den Eindruck, dass sich die Bundesregierung verrannt hat. Einerseits wird als Mittel zur Bekämpfung der Krise auf Impfungen aller Erwachsenen abgestellt und darüber nachgedacht, dass Geimpfte großzügig vom allmächtigen Staat ihre Freiheitsrechte „zurückerhalten“, anderseits ist die Regierung nicht in der Lage, auch nur annähernd ausreichenden Impfstoff zur Verfügung zu stellen, weil sie die EU-Administration mit dem Erwerb des Impfstoffes beauftragt, ganz im Sinne des Papiers, dass die Krise nur „europäisch” zu lösen wäre. Bis jetzt verstärkt die „europäische Lösung“ aber die Krise.

Einerseits hat die Bundesregierung der Empfehlung des Papiers folgend mit Infektions- und Todeszahlen Politik gemacht, andererseits wechselt sie nun das Thema, spricht über Mutanten, weil die betreffenden Zahlen sinken. Man gewinnt den Eindruck, dass um so weniger die Zahlen zur Verlängerung der Lockdown-Maßnahmen taugen, die Propaganda zunimmt.

Das größte Problem ist allerdings die Glaubwürdigkeit. Es könnte geschehen, dass in dem Moment, wo die Regierung im noch höherem Maße auf das Vertrauen der Bevölkerung angewiesen ist, sie dieses Vertrauen verspielt hat.

Der kritische Beamte Kohn aus dem Innenministerium muss vor Gericht um sein wirtschaftliches Überleben kämpfen. Sein Ruf ist durch die Politik und ihrem Zusammenspiel mit Medien ruiniert,  die sich heute gefällig zeigen, wenn die Bundesregierung es wünscht. Im Tagesspiegel stand geschrieben:

„Einem Referenten wurde die Ausübung der Dienstgeschäfte verboten, nachdem er in einem 83-seitigen Papier seine Meinung zu den aus seiner Sicht unsinnigen Maßnahmen der Regierung gegen das Coronavirus verbreitet hatte.
… Nun wird er, ob gewollt oder nicht, zum Stichwortgeber für Verschwörungstheoretiker, die dem Staat in der Coronakrise finstere Machenschaften unterstellen. Das Magazin „Tichys Einblick“, nah am Rechtspopulismus, hat die 83 Seiten veröffentlicht und schlachtet sie aus.“
Bemerkenswerterweise verlinkten die beiden Tagesspiegel-Autoren   im Geiste treu dem Innenminister, nicht zu dem von TE ins Netz gestellten Papier, damit sich der Leser selbst Gedanken machen konnte – sondern zu einem Artikel, in dem über einen Presserechtsprozess von TE mit Claudia Roth berichtet wurde: Nicht Information der Leser steht beim Tagesspiegel im Vordergrund, sondern Abwertung regierungskritischer Stimmen. So lässt sich leicht regieren.

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