Tichys Einblick

Hamburger Einfamilienhäuser: Bezirksamtsleiter hebelt Bürgerrechte aus

Einst setzten sich die Grünen für mehr direkte Demokratie ein. Doch wenn Mitspracherechte der Bürger ihre Projekte gefährden, ist es damit schnell vorbei, wie ein Vorfall in Hamburg zeigt.

Neubaugebiet mit Einfamilienhäusern, Symbolbild

IMAGO / Jochen Tack

Plattenbau oder Einfamilienhaus? Für heftige bundesweite Diskussionen sorgen Vorstellungen der Grünen darüber, wie Bürger künftig zu wohnen haben. Eine Familie in einem Haus sollte es besser nicht mehr sein – das ist mittlerweile grüne Doktrin. Jetzt geht der Kampf in die nächste Runde, wenn in Hamburg mit Verwaltungstricks Bürgerrechte ausgehebelt werden.

Nach Bauverbot für Einfamilienhäusern
Neubauviertel Hamburg: Grüner Bezirksamtsleiter will Bürgerbegehren unterbinden
Der grüne Bezirksamtsleiter von Hamburg-Nord, Michael Werner-Boelz, versucht jetzt, die Beteiligung der Bürger bei der Planung eines Neubaugebietes zu durchkreuzen. Wie der Spiegel berichtete, will Werner-Boelz, dass der Hamburger Senat den Bezirk dazu verdonnert, das Neubaugebiet zu planen und damit den Bürgern Mitspracherechte entreißen.

Dem Blatt liegt offenbar eine noch nicht veröffentlichte Drucksache des Stadtentwicklungsausschusses der Bezirksversammlung vor. Nach dieser Drucksache habe der Hamburger Senat das Bezirksamt Hamburg-Nord angewiesen, im Stadtteil Langenhorn ein Neubaugebiet mit 700 Wohneinheiten zu entwickeln.

Grünes Feindbild Einfamilienhaus:
Zurück in den Plattenbau?
Werner-Boelz, seit einem Jahr im Amt, hatte diese Anweisung zuvor beim Senat selbst angefordert, berichtet der Spiegel. Mit dieser Anweisung des Senats können Bürgerbegehren unterlaufen werden. Bürger hätten in einem Begehren beispielsweise durchsetzen können, dass dort Einfamilienhäuser gebaut werden. Die Bezirksversammlung selbst hat nach dieser Anweisung des Senats nur noch eingeschränkte Rechte.

Werner-Boelz versteht die Aufregung nicht und beruft sich auf die Vereinbarung von Grünen und SPD, nach der in neuen Bebauungsplänen keine Einfamilienhäuser mehr ausgewiesen werden sollen: »Die Nachfrage wird auch in Zukunft hoch bleiben. Deshalb muss weiter Wohnraum geschaffen werden.«

Bei einem Zuzug von mehreren tausend Menschen pro Jahr würden die Flächen für Neubauten nicht mehr reichen. Man müsse einfach höher bauen. Ihm schweben 1700 Wohnungen auf 27 ha mit bis zu acht Stockwerken hohen Wohnblocks vor. Das sieht eher nach einer ordentlichen Plattenbausiedlung aus und einem neuen sozialen Brennpunkt als nach einem lebendigen hübschen Wohnviertel mit Parks, Innenhöfen und Säulengängen, wie Werner-Boelz vorschwärmt.

„Stoffströme“ lenken wie in der DDR
Die Grünen auf dem Weg zur Wohnraumbewirtschaftung
Bestehende Bebauungspläne will er nicht verändern, nur in neuen Plänen soll ausschließlich Geschosswohnungsbau zugelassen werden. Die Grünen Hamburg-Nord: »Uns eint ein großes Ziel: An einem weltoffenen, pluralistischen Bezirk Hamburg-Nord, in dem jede*r seinen Platz finden kann, zu arbeiten – und dabei mit aller Kraft Ausgrenzung und Hass gegenüber anderen zu bekämpfen.«

Ekkehart Wersich, stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender in der Bezirksversammlung Hamburg-Nord ist entsetzt: »Der Bezirksamtsleiter entmachtet nun den eigenen Bezirk und hebelt Bürgerrechte aus. Dies hat es in der Geschichte des Bezirks noch nie gegeben und ist inakzeptabel.«

Grüne: Windräder statt Eigenheime
Kein Häusle mehr für fleißige Schwaben
Die Grünen haben schon seit einiger Zeit die Wohnungsfrage zur Systemfrage erklärt. Das Mittel dazu: Verbot von Einfamilienhäusern. »Einparteienhäuser verbrauchen viel Fläche, viele Baustoffe, viel Energie, sie sorgen für Zersiedelung und damit auch für noch mehr Verkehr«, macht Anton Hofreiter, Grünen-Fraktionschef im Bundestag, im Spiegel-Interview klar und verweist auf eine »gigantische Wohnungsnot« in den Städten, was angesichts der demographischen Entwicklung eher merkwürdig erscheint.

Ausgerechnet in Baden-Württemberg, dem Land der Häuslebauer, gehen sie mit einer Kampfansage ans Einfamilienhaus ins Rennen. Im Landtagswahlprogramm heißt es: »In der nächsten Wahlperiode wollen wir den täglichen Flächenverbrauch für Siedlungszwecke auf drei Hektar pro Tag begrenzen. Dazu werden wir in Modellregionen han-delbare Flächenausweisungszertifikate erproben.« Das Ablasshandelsmodell vom Typ »CO2« scheint einfach zu gut zu sein.

Einfamilienhäuser seien unvernünftig, behaupten sie und haben wohl weniger ihren ehemaligen Parteichef Joschka Fischer im Sinne, der allein in einer großen Villa in Berlin-Grunewald residiert.

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