Tichys Einblick
Höhere Preise

Forderungen nach höheren Steuern auf tierische Lebensmittel

Der Staat soll für höhere Preise sorgen. So fordern immer mehr Stimmen im Namen des Tierwohls, die den Verbrauchern durch Steuern den Appetit auf tierische Lebensmittel verderben sollen. Das wird vor allem Geringverdiener treffen.

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Eine staatliche Planungskommission, die die Lebensmittelpreise für das kommende Jahr festlegt – so weit ist es noch nicht. Aber die Versuche, nicht mehr den Markt alleine Preise finden zu lassen, sondern sie von staatlichen Stellen bestimmen zu lassen, werden deutlicher. 

Preiserhöhungen werden dabei immer als wichtige Ausgaben für einen scheinbar höheren guten Zweck angepriesen. Einmal muss das CO2 herhalten, das besteuert werden soll, um das Klima zu retten, das andere Mal das Wohl der Tiere, das als Rechtfertigung für höhere Preise dienen soll. Preise für Lebensmittel sollen jedenfalls nur eine Richtung kennen: nach oben. Denn, das Argument der gut Verdienenden dürfte historisch einmalig sein, Lebensmittel seien deutlich zu billig.

Nach einem jüngsten Vorschlag sollen nun Fleisch, Eier und Käse teurer werden. Das »Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung«, auch Borchert-Kommission genannt, will laut Neue Osnabrücker Zeitung (NOZ) in einem Bericht einen Preisaufschlag auf tierische Produkte empfehlen. Demnach sollten auf Fleischprodukte rund 40 Cent pro Kilogramm aufgeschlagen werden. Bei Milch, Milchprodukten und Eiern sollten zwei Cent pro Kilo draufkommen. Und 15 Cent pro Kilo Käse, Butter oder Milchpulver.

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Das »Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung«, das von dem ehemaligen Bundeslandwirtschaftsminister Jochen Borchert (CDU) geleitet wird, wurde vor fast einem Jahr von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) ins Leben gerufen. Schon gleich nach der ersten Sitzung verließ der Tierschutzbund empört das Netzwerk, weil der Ex-Agrarminister angeblich nicht für einen Wandel stehe.

Zu den Mitgliedern des mit fast 30 Köpfen ziemlich ausladend geratenen Beratergremiums zählen auch NGOs, der Deutsche Bauernverband sowie »Verbraucherschützer«. Intern soll sich diese Kommission darüber klar sein, dass Verbraucher freiwillig keine höheren Preise bezahlen wollen, und seien sie auch noch so fett mit »Tierwohl«-Labeln ausgeschmückt. Das hatte die Bauernzeitung herausgehört. 

Dann kann eben nur noch Zwang helfen. Angeblich sollen, so berichtet jetzt die NOZ weiter, diese zusätzlichen Einnahmen Bauern »die höheren Kosten tiergerechter Herstellungsverfahren … zu einem hohen Anteil von insgesamt 80 bis 90 Prozent ausgleichen«. Zugleich bedeutet das allerdings auch einen beträchtlichen Anstieg neuer Verwaltungs- und Kontrollkosten.

Für mehr »Tierwohl« mehr bezahlen. Das tut den gut Verdienenden, also tendenziell auch der Wählerklientel der Grünen, nicht sehr weh, aber all denjenigen, die mit jedem Cent rechnen müssen und auch noch die dramatisch gestiegenen Strompreise zu verkraften haben. Ihnen wird schon laufend erzählt, dass Fleisch angeblich zu klimaschädich sei und deswegen teurer gemacht werden müsste.

Beklagt wird, dass die meisten Nutztiere in Deutschland derzeit in geschlossenen Ställen leben. Doch angesichts sehr gefährlicher Erreger wie aktuell der afrikanischen Schweinepest und sonstiger sehr kritischer Ansteckungsgefahren erscheint jeder Mäster gut beraten, sehr sorgfältig seine Schweine gegenüber Erregern abzuschirmen und zu schützen. Der Erreger der Schweinepest bereitet den Tieren keinen schönen Tod. Das gilt auch bei der Hühnerhaltung. Mit dem Kot von Zugvögeln übertragene Krankheitskeime machen schnell einer Freilandhaltung von Hühnern den Garaus.

Bei Hühnern ist die konventionelle Käfighaltung schon seit 2012 verboten. Neue Mindestgrößen von Ställen wurden übrigens nach umfangreichen vergleichenden Untersuchungen von Haltungsformen von der Tierärztlichen Hochschule Hannover vor mehr als 20 Jahren festgelegt und in verschiedenen Stufen eingeführt.

Doch die politische Großwetterlage scheint günstig, es springen gerade viele auf den Zug »Macht die Lebensmittel teurer«. Die niedersächsische Landwirtschaftsministerin Otte-Kinast hält eine Sondersteuer auf Fleisch, Milch und Eier für notwendig, um mehr Tierwohl zu finanzieren.

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Folkhard Isermeyer ist Präsident des Thünen-Instituts. Er wirbt für eine Anhebung der Mehrwertsteuer auf Fleisch und andere tierische Produkte vom ermäßigten Satz von 7 auf den Regelsatz von 19 Prozent. Die zusätzlichen Einnahmen von rund 6 Mrd. Euro jährlich könnten nach seiner Einschätzung den Umbau der Tierhaltung in Deutschland hin zu mehr Tierwohl finanzieren – wohlgemerkt von Ställen, die allesamt vor ein paar Jahren nach neuen Tierwohlrichtlinien mit Millionenaufwand umgebaut wurden.

Auch Greenpeace fordert neue Steuern für mehr Tierwohl. Die Mehrbelastungen der Verbraucher bezeichnete Ann-Cathrin Beermann vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft FÖS als überschaubar. Das FÖS hat im Auftrag von Greenpeace eine Studie zur Finanzierung von mehr Tierwohl und einer verbesserten Umweltbilanz in der hiesigen Landwirtschaft erstellt. Eine Mehrwertsteuererhöhung für tierische Produkte auf den Regelsatz von 19 Prozent beispielsweise würde den durchschnittlichen Verbraucher – je nach Kauf- und Ernährungsgewohnheiten – monatlich mit 4,50 bis 10 Euro belasten. Für eine emissionsabhängige Steuer würden rund 11 Euro pro Kopf und Monat zu Buche schlagen. Eine Tierwohlabgabe veranschlagt das FÖS in Höhe von rund 3,50 Euro.

Der Verbraucher, so meint Ann-Cathrin Beermann, könne die Mehrbelastung schließlich umgehen, indem er kein Fleisch, keine Eier und keine Milch mehr konsumiert. Beermann sagte, dass man für jede Preiserhöhung bei Milch und Fleisch um ein Prozent eine Absatzsenkung in gleicher Höhe erwarte.

Was übrigens passiert, wenn eine Molkerei höhere Preise gegenüber den Lebensmittelhandelsketten durchsetzen will, erfuhr gerade die Deutsche Milchkontor (DMK). Die Supermarktkette real (Retail Trade Group RTG) wird nicht mehr mit DMK-Produkten (Marke „Milram“) beliefert, weil DMK höhere Preise zu fordern wagte. DMK gehe es, wie ein Sprecher sagte, darum, »über angemessene Produktpreise« dafür zu sorgen, dass die Landwirtschaft nachhaltig wirtschaften könne.

Die Kette real erklärte dagegen, den Kunden die höheren Preise nicht zumuten zu können. Sie hat vermutlich ihr Ohr näher am Geldbeutel des Verbrauchers. Allerdings sind die Einkaufspreise für abgepackte Butter seit Dezember um 32 Cent pro Kilogramm gefallen. Die behält der Handel für sich. So viel zu den Ergebnissen des Lebensmittelgipfels bei Bundeskanzlerin Merkel. Wer hier gemolken wird, ist eindeutig.

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