Tichys Einblick
Die Agora mal wieder

Autofahren offenbar noch nicht teuer genug – es droht die PKW-Maut

Weil die Einnahmen aus der Mineralölsteuer bei der angedachten Verkehrswende zurückgehen könnten, will eine Studie entgegenwirken: mit einer PKW-Maut von 5,4 Cent pro Kilometer. Hinter dem Konzept steht die Agora Verkehrswende, die mit der Politik gut vernetzt ist. Man sollte die Drohung ernstnehmen.

IMAGO / Kirchner-Media

Es ist schon ein Leid mit den hohen Spritpreisen: Während die einen über die Abzocke an den Tankstellen stöhnen, hält es der Staat, der fröhlich an CO2-, Öko- und Mineralölsteuer mitverdient, nicht für nötig, den Bürger an der Zapfsäule zu entlasten. Das hat Finanzminister Christian Lindner erst neulich wieder deutlich gemacht.

Staat als Gewinner der Energiepreishausse
Hohe Energiepreise belasten private Haushalte – nicht aber die öffentlichen
Doch obwohl man im klimabewegten Wirtschaftsministerium von Robert Habeck im Grunde nichts sehnlicher herbeisehnt als die komplette Elektrifizierung des Straßenverkehrs, stellt sich mit Bangen die nächste Frage. Denn nachdem man sich einmal überlegt hat, wohin diese Utopie zwangsläufig führt, kommt man zur erschreckenden Feststellung: Wer zahlt eigentlich all diese schönen Steuern auf Benzin und Diesel, die gerade jetzt angesichts der explodierenden Preise so üppig sprudeln, sollte es tatsächlich keine der verhassten Dreckschleudern mehr geben?

Eleganter ausgedrückt: ein beträchtlicher Teil der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland finanziert sich aus diesen Energieabgaben, die komplett wegfielen, würde man tatsächlich in diesem grünsten Deutschland aller Zeiten leben, das man sich so sehr ersehnt. Schon droht der schlimmste Alptraum des Staates: die Einnahmenlücke. Es muss also irgendein Korrektiv her. Am besten also eine neue Abgabe.

33 Milliarden Euro soll die PKW-Maut dem Staat bringen

Schon kursiert in den Medien, so etwa in der Süddeutschen Zeitung, die Idee einer PKW-Maut von 5,4 Cent pro Kilometer. Die könnte im Jahr 2030 bereits 33 Milliarden Euro generieren. Der Preis ergibt sich aus dem amtlichen Wegekostengutachten des Bundes, das 2,6 Cent Infrastrukturkosten pro Fahrt eines Autos auf Fernstraßen berechnet, sowie den Folgekosten von Luftverschmutzung, Lärm und Naturschäden.

Das ganze System – bisher einzigartig in der Welt – soll per Satellitenortung und Handy App funktionieren und dann von privaten Dienstleistern für den Staat abgerechnet werden. Kosten des Mautsystems? Einmalig 2,5 Milliarden Euro für den Aufbau, 700 Millionen Euro Kosten pro Jahr für den Betrieb. Start? Am besten schon 2025.

Die Studie, auf die sich die SZ beruft, sagt auch ziemlich klar, was das bedeutet. Die Kosten für einen Benziner könnten um ein Drittel steigen. Zusätzlich sollen Kommunen „Anti-Stau-Gebühren“ offenstehen mit 40 Cent pro gefahrenem Kilometer. Wer in der Rush Hour fährt, soll extra zahlen. Die Kfz-Steuer soll beim Erstkauf steigen. Großzügig dürfte der Staat jedoch Geringverdiener vielleicht bei jener neuen Abgabe entlasten, die er vorher gnadenlos eingeführt hat – wenn er es will.

Die Macher hinter der Studie sind mit den Ministerien verbandelt

Man könnte solche Extremforderungen einer Studie zuschreiben, die man aufgrund ihrer Abgehobenheit nicht weiter verfolgen sollte. Doch der Urheber des Papiers ist die Agora Verkehrswende – die als Organisation weitreichende Netzwerke in der neuen Bundesregierung hat. Sie ist eng mit den Strukturen der Öko-Lobby in Deutschland verstrickt. In der Vergangenheit gehörten der Agora Verkehrswende Persönlichkeiten wie Jochen Flasbarth, damals Staatssekretär im Bundesumweltministerium, sowie der heutige Landwirtschaftsminister Cem Özdemir an.

Das ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Patrick Graichen, heute Staatssekretär im Wirtschaftsministerium und Habecks rechte Hand, war früher Direktor der Agora Energiewende. Mehrere Parlamentarische Staatssekretäre in verschiedenen Ministerien waren oder sind Mitglied im Rat der Agora, wo die Klima-, Verkehrs- und Industriepolitik des Landes vorgedacht wird. Die Idee einer Industrieabgabe in der jüngsten Vergangenheit entsprang einem Agora-Papier. Es wäre also naiv zu glauben, derlei Ideen kursierten nicht bereits im Ministerium.

Detail am Rande: Der Direktor der Agora-Verkehrswende, Christian Hochfeld, war von 2004 bis 2010 Mitglied der Geschäftsführung des Öko-Instituts. Am Öko-Institut arbeiteten als „Senior Researcher“ für Energie und Klimaschutz Verena Graichen und Jakob Graichen – die Geschwister von Patrick Graichen. Verena Graichen ist zudem mit Michael Kellner verheiratet. Er ist Parlamentarischer Staatssekretär und Beauftragter der Bundesregierung für den Mittelstand im Wirtschaftsministerium.

Neben der geforderten „Mobilitätswende“ und „Klima-Abgabe“ für die Industrie ist die PKW-Maut damit bereits die dritte Agora-Forderung, die innerhalb kurzer Zeit in der Öffentlichkeit auftaucht. Sie entstammt einem Umfeld, das eng mit der neuen Ampelkoalition verdrahtet ist. Es ist vermutlich ein Vorgeplänkel dessen, was als „große Transformation“ bevorsteht. Man gibt nicht auf, bis man dem Bürger auch den letzten Groschen abgepresst hat, bis er sich widerwillig der Ideologie und dem Klimadiktat beugt. Wir werden nichts besitzen und glücklich sein – gewisse Lobbyisten hingegen dafür umso mehr besitzen und noch glücklicher sein.

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