Tichys Einblick
Grassierende Unvernunft

Statt Gaspreisdeckel mehr Kraftwerke!

Die Ampel drückt sich mit immer mehr Geld vor wichtigen Entscheidungen der Energiepolitik: Wie wird die Knappheit überwunden? Immer mehr Bürger spüren die grassierende Unvernunft im Geldbeutel und Heizungskeller - während 200 Milliarden Euro für den Gaspreisdeckel wirkungslos verbrennen.

IMAGO/Blickwinkel

Es ist eine Zeit der absurden Katastrophen. Die Heger-Firmengruppe mit Sitz in Enkenbach-Alsenborn hat Insolvenz angemeldet. In der Gießerei werden unter anderem Spezialteile für Windräder hergestellt. Die Heger-Gruppe nannte als einen Grund für die Insolvenz die hohen Energiekosten. Seit Beginn des Jahres seien diese von rund 100.000 Euro monatlich auf 700.000 Euro gestiegen.   

Die Energiewende, deren Ziel Verknappung und Verteuerung des wichtigsten Rohstoffs einer Industriegesellschaft ist, frisst jetzt buchstäblich ihre Kinder.

Die Energiewende frisst ihre Kinder

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200 Milliarden Gasdeckel sind ein „Doppelwumms“, um in der kindischen Sprache von Bundeskanzler Olaf Scholz zu bleiben. Zwar bejubeln die braven Medien den „Abwehrschirm“, der aber schon löchrig und zerfetzt ist, bevor er aufgespannt wird: Noch hat Deutschlands Finanzminister Christian Lindner die Fähigkeit, Schulden aufzunehmen – er hat einen wenigstens halbwegs soliden Haushalt geerbt, den er jetzt verpulvern kann. Anderswo geht das nicht mehr. Mario Draghi, der frühere Chef der Europäischen Zentralbank und Euro-Rettungsverschlimmerer, warnt schon vor der groß angelegten Berliner Unterstützungsaktion. EU-Europa dürfe sich angesichts der Energiekrise und der heraufziehenden Rezession nicht spalten lassen in Länder, die wie Deutschland über ein großes Finanzpolster verfügen, und jene, die wie Italien keinen finanziellen Spielraum mehr haben. „Wir brauchen Solidarität“, fordert Draghi. Solidarität heißt immer, der andere zahlt. Klar ist: In der ersten Runde kauft Deutschland den Nachbarn noch mal Gas weg und saugt die Stromnetze leer. In Tschechien wird dagegen schon protestiert: Dort wird billiger Atomstrom produziert und teuer an der Leipziger Strombörse verscherbelt, wo ihn die Tschechen wieder teuer zurückkaufen müssen. Kein Wunder dass im wasserreichen Tirol damit Wahlkampf gemacht wurde, „Energieautarkie“ herzustellen – sprich: Kein Strom aus den Tiroler Speicherseen für Deutschland.

Der Ärger der Nachbarn ist verständlich: Deutschland ist praktisch das einzige Land, das keine LNG-Terminals hat – während Italien und Spanien und sogar das kleine Malta sich darüber versorgen könnten, würden die Deutschen das LNG nicht mit 200 Milliarden im Kreuz wegkaufen. Deutschland will Kraftwerke abstellen, während Frankreich versucht, im Rekordtempo die Wartungsarbeiten zu beschleunigen und die AKWs für die französischen Stromheizungen im Winter ans Netz zu bringen. Deutschland kauft niederländisches und amerikanisches Fracking-Gas – aber weigert sich, in Niedersachsen die Bohrungen niederzubringen. Deutschland boykottiert die Stromproduktion – aber verlangt von den Nachbarn, dass es mit der knappen Energie aus deren Produktion durchgefüttert wird. Und der Gaspreisdeckel ist der jüngste Dumme-Mädls-Streich: Er verbilligt zwar Gas, aber nur kurzfristig. Wenn ein Gut zu knapp ist, wird es teurer. Oder wenn der Kunde bereit ist, unbegrenzte Preise zu zahlen. Und genau das geschieht mit dem Gaspreisdeckel: Statt mehr Energie zu erzeugen, wird sie mit Staatsknete nur noch teurer gemacht. Hauptsache, der Steuerzahler merkt es nicht sofort. Das ist die Kurzfrist-Perspektive der Ampel.

Glücklich die Keller-Ölscheichs

Allerdings spüren immer mehr Bürger den Widerspruch – im Geldbeutel und an der Zimmertemperatur. Beispielsweise wer eine Ölheizung hat. Eigentlich eine vernünftige Teil-Alternative zum Gas: Öl ist leicht transportierbar. Anders als bei der Kraftwerkskohle wurde auch die Transport-Logistik noch nicht zerstört: Die Tanklaster sind noch einsatzbereit. Der Rohölpreis ist auf das Niveau vor dem Beginn des Ukraine-Kriegs gesunken; der Preisanstieg beim Ölhändler vor Ort weniger extrem. Aber Ölheizungen sind für die Grünen schlecht; der Grund dafür ist nicht nachvollziehbar. Moderne Brenner arbeiten umweltschonend. Aber Argumente zählen schon lange nicht mehr in der Umweltpolitik: Gas ist gut, Öl ist böse, und Ölheizungen dürfen ab 2026 nicht mehr eingebaut werden; es sei denn in Ausnahmefällen. Grün triumphiert, der Bürger leidet.

Glücklicherweise spielen Ölheizungen trotz zukünftig strengerer Auflagen nach wie vor eine große Rolle. Laut der Deutschen Energie-Agentur (DENA) kommt in gut einem Fünftel aller deutschen Gebäude Öl zum Einsatz. Nach Erhebungen der Schornsteinfeger sind rund 5.426.000 Ölheizungen installiert. Wenn der Tank im Keller gefüllt ist, droht Ölheizern keine Kältekatstrophe – während vielleicht beim Nachbarn, der brav auf Gas umgestellt hat, die Leitung nur noch röchelt und der Heizkörper kalt bleibt. Auch Wärmepumpen stellten sich zunehmend als Kältefallen heraus: Ihr Betrieb frisst Strom und Strom wird extrem teurer. Jetzt zeigt sich, dass die aufwändigen Heizungen defacto Stromheizungen sind, die ein bißchen Wärme zusätzlich aus dem Boden saugen.

Und so wird die Realität außerhalb des Trommelfeuers der Energiepolitik brutal.

Ölheizer zahlen doppelt

600.000 Heizlüfter wurden im ersten Halbjahr verkauft. Millionen schlummern in den Wohnungen. Kommen sie alle zum Einsatz, bricht die Stromversorgung zusammen. Dabei ist das Heizen mit Strom auch noch extrem teuer. Bizarr, dass jetzt noch Teelicht-Öfen als Rettung angeboten werden. Es mag ja romantisch flackern – aber Wärme gibt es nur für die Hände. Schon wurden erste Vergiftungen gemeldet, wenn Menschen in abgedichteten Wohnungen allerlei Heizmaterial ohne Kamin oder Lüftung verbrennen – wie eine Familie in Bonn, die mit einem Holzkohlegrill heizen wollte.

Berlins Energiepolitik wird buchstäblich lebensgefährlich.

Sendung 22.09.2022
Tichys Einblick Talk: Vorbild-Land abgebrannt?
Aber statt Ölheizungen zu fördern, zahlen Ölheizer für Gaskunden mit: Über ihre Steuern finanzieren sie den Gaspreisdeckel mit, ohne davon zu profitieren. Zorn wächst auch bei denen, die eine Holz-Pellet-Heizung statt der bewährten Ölheizung eingebaut haben – sie sind buchstäblich die gelackmeierten. Denn Holzpellets haben sich im Preis ebenfalls vervielfacht – wenn sie überhaupt noch lieferbar sind. So schafft die Energiepolitik immer neue Gewinner und Verlierer.

Wer sich richtig entschieden hat, steht dabei noch nicht fest – es geht ja nicht nur Geld, sondern möglicherweise ums Überleben.

„Menschen, die eine Ölheizung und ein Dieselaggregat besitzen, werden im Winter auf jeden Fall NICHT frieren und nicht im Dunkeln sitzen und können noch mit dem Diesel flüchten. Menschen mit E-Auto und Wärmepumpe haben schlechte Chancen zu überleben oder zu flüchten,“ schreibt uns ein Leser.

Berlins Energiepolitik ist krachend gescheitert. Und es kracht immer weiter, so lange sie nur versucht, Gasverbraucher zu subventionieren, statt endlich das Energieangebot zu erhöhen. Und beispielsweise sechs Kernkraftwerke zu verlängern oder wieder in Gang zu setzen, die Strom für 20 Millionen Haushalte liefern können.

Lösungen liegen so nahe. Nur nicht in Berlin. Dort regiert eine Ampel, die sich in ihren Ideologien und Machtspielchen verfangen hat und statt Brennstoffe für notwenige Energie die Zukunft des Landes verfeuert.

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