Tichys Einblick
Schwarze Parteikassen

Max Otte verläßt AfD-nahe Stiftung. Dubiose Finanzierung aller Partei-Stiftungen

Auch die AfD will eine Parteisitftung, über die Steuermittel kassiert werden können. Der Vorsitzende des Kuratoriums, Max Otte, tritt jetzt zurück. Es wirft ein Licht auf die dubiose Finanzierungspraxis der Stiftungen insgesamt.

picture alliance / Karlheinz Schindler/dpa-Zentralbild/ZB

Der Investor und Fondsmanager Max Otte tritt vom Vorsitz des Kuratoriums der Desiderius-Erasmus-Stiftung e. V. zurück und erklärt seinen Austritt aus dem Kuratorium. Zukünftig will er sein „ehrenamtliches Engagement für das Neue Hambacher Fest (www.neues-hambacher-fest.de) den Preis für Zivilcourage und für die Werteunion (www.werteunion.info) konzentrieren, um so eine bürgerliche und soziale Politik in Deutschland zu unterstützen.“ Die DE-Stiftung ist die Parteistiftung der AfD und soll zukünftig staatlich finanziert werden – wie bisher schon die Stiftungen der CDU (Konrad-Adenauer-Stiftung), der SPD (Friedrich-Ebert-Stiftung), der CSU (Hanns-Seidel-Stiftung), der FDP (Friedrich-Naumann-Stiftung), der Grünen (Heinrich-Böll-Stiftung) und der DIE LINKE (Rosa-Luxemburg-Stiftung).

Der Vorsitzende der Werte-Union, Alexander Mitsch, begrüsst, „dass Max Otte sich der christdemokratischen Position wieder annähert“. Otte begründet seinen Austritt wie folgt: „Die Desiderius-Erasmus-Stiftung hat sich in die parteiinternen Streitigkeiten hineinziehen lassen, anstatt sich mit den für unser Land wichtigen Sachfragen zu befassen und integrativ zu wirken. Anstatt ein Integrationsfaktor für liberal-, national- und sozial-konservative Strömungen zu werden, befördert diese die Zerrissenheit der Opposition und mindert die Chancen auf eine bürgerliche Mehrheit im Land.“

Dahinter steht der Streit um eine mögliche Spaltung der AfD. Die Stiftungsvorsitzende Erika Steinbach vertritt die Position von Parteichef Jörg Meuthen, der für eine Abspaltung des rechten Flügels der Partei plädiert und sich auf dem jüngsten Parteitag heftige Auseinandersetzungen mit dessen Vertretern geliefert hat. Otte sieht die Partei gelähmt, weil „Teilen der AfD Personalprobleme wichtiger zu sein scheint, als die Einheit der Partei und die Entwicklung von Lösungsansätzen für Sachfragen.“ 

Das Projekt einer liberal-libertären AfD voran und die angestrebte Privatisierung des Rentensystems sei zwar vorerst vom Parteitag gestoppt worden, aber als Plan weiter latent vorhanden. Werde die Alternative für Deutschland zu einer FDP 2.0, verlöre sie ihren Markenkern und einen großen Teil ihrer Wähler. Diese befördere die Zerrissenheit der Opposition und mindere die Chancen auf eine bürgerliche Mehrheit.

Verdeckte Parteien-Finanzierung aus der Staatskasse

Die Parteistiftungen sind eine Einrichtung, über die die etablierten Parteien altgediente Funktionäre entsorgen und versorgen, und von denen sie für sich nützliche Hilfsdienste abrufen (ein dem entgegenstehendes Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ignorierend). So ist Martin Schulz, der gescheiterte Kanzlerkandidat der SPD, Vorsitzender der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Die Konrad-Adenauer-Stiftung wird vom CDU-Politiker Norbert Lammert geführt; das ist der Trostpreis dafür, dass der frühere Bundestagspräsident nicht Bundespräsident werden durfte.

Die Finanzierung der Stiftungen zahlt bis auf Kleinstbeträge der Steuerzahler. Obwohl es öffentliche Mittel sind, wird ihr Umfang verschwiegen und getarnt.
Allein im Jahr 2017 erhielten die sechs Stiftungen einen damaligen Rekordbetrag in Höhe von 581,4 Millionen Euro, ergab eine Untersuchung des Bundes der Steuerzahler. Das waren rund 27 Millionen Euro mehr als noch ein Jahr zuvor. Betrachtet man den Zeitraum ab 2012, errechnet sich ein Plus von gut 30 Prozent. Seit dem Amtsantritt von Angela Merkel (CDU) als Bundeskanzlerin fließt das Geld besonders üppig. Zwischen 2005 und 2017 haben die politischen Stiftungen 5,6 Milliarden Euro erhalten.

Bis 2021 dürfte nach Berechnungen von TE die Gesamtfinanzierung auf fast 800 Millionen Euro pro Jahr angewachsen sein. Verteilt werden die Mittel nach Stimmenanteilen der Mutter-Parteien bei der Bundestagswahl. Wird das Geld knapp, einigt man sich auf Nachschlag. Nach der Bundestagswahl 2017 verlor die SPD über fünf Prozent der Stimmen. Das hätte ihre Friedrich-Ebert-Stiftung in wirtschaftliche Bedrängnis bringen können. Deshalb wurden in einem gemeinsamen Beschluss der Parteien und Fraktionen die Gesamtmittel so weit erhöht, dass der Friedrich-Ebert-Stftung trotz Stimmenverlusten kein Geld verloren ging. Für die Konrad-Adenauer-Stiftung bedeutet das nach Berechnungen von TE ein Einnahmeplus von 20 Millionen Euro.

Wieviel Geld fließt – allerdings auch verdeckt

Reich bedacht wurde 2017 die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung mit 170,7 Millionen Euro, die Konrad-Adenauer-Stiftung der CDU mit 167,1. Es folgten die Heinrich-Böll-Stiftung (Grüne: 63,6 Mio Euro), die Hanns-Seidel-Stiftung (CSU: 58,4 Mio Euro) sowie die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (FDP: 57,6 Mio Euro). Die AfD kämpft darum, auch einen Anteil vom Geldsegen für ihre Stiftung abzubekommen. In den Genuss könnte die AfD allerdings erst kommen, wenn sie zum zweiten Mal den Einzug in den Bundestag schafft. Deshalb musste sich auch die Partei Die Linke, die nach der Wiedervereinigung als PDS antrat, mit einem entsprechenden Projekt ebenfalls lange gedulden. Ihre heute als Rosa-Luxemburg-Stiftung firmierende Denkfabrik hatte erstmals im zweiten Halbjahr 1999 Geld aus der Bundeskasse bezogen, damals waren es 4,13 Millionen D-Mark. Die Summe ist seitdem auf das 30-Fache angewachsen, auf exakt 64,1 Millionen Euro im Jahr 2017 und vermutlich 75 Millionen 2020. Für die AfD ist das reizvoll: Wer schon mal die Hand in der Kasse hat, erhält automatisch nur eins: mehr. Der Umfang der indirekten Parteienfinanzierung ist schwer zu ermitteln.

Im Bundeshaushalt gibt es bislang keinen Titel, mit dem sich sämtliche Ausgaben für die Stiftungen auf einen Blick erfassen ließen. Denn die Mittel fließen aus den Töpfen mehrerer Bundesministerien. Das Innenressort sorgt beispielsweise für „Globalzuschüsse“, die pauschal für politische Bildung gezahlt werden. Die Konrad-Adenauer-Stiftung weist zum Beispiel nur folgende verschlüsselten Zahlen aus: „Derzeit erhalten die Friedrich-Ebert-Stiftung 30,29 %, die Konrad-Adenauer-Stiftung 29,57 %, die Friedrich-Naumann-Stiftung 10,21 % und die Heinrich-Böll-Stiftung jeweils 10,51 %, die Hanns-Seidel-Stiftung 9,71 %. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung erhält 9,71 % des Bundeshaushaltsansatzes aus Globalzuschüssen.“ Diese Globalzuschüsse sind allerdings nur eine Art Grundfinanzierung – vor allem der Personal- und Infrastrukturkosten.

Für die Stipendiaten der Stiftungen wiederum ist das Bildungsministerium zuständig. Außerdem überweisen das Auswärtige Amt und das Entwicklungshilfeministerium Gelder. Auch aus Ländermitteln fließen erhebliche Gelder an die parteinahen Stiftungen.

Internationale Netze und Einflußorganisationen

Entstanden sind dank der Zuflüsse inzwischen riesige Apparate: Zusammen beschäftigen die Stiftungen mehr als 2.100 Angestellte; im Ausland kommen nochmals etwa so viele „Ortskräfte“ hinzu. Dort werden rund 300 Vertretungen und Büros unterhalten. Zum Vergleich: Deutschland unterhält rund um den Globus rund 150 Botschaften. Damit ist die Infrastruktur für ausgedehnte Reisen, gut bezahlte Vortragstätigkeiten und verdeckte Operationen sowie gelegentlich auch schwarze Kassen gelegt. Dabei bedienen sich die Stiftungen extrem fragwürdiger Methoden. Die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung schickt beispielsweise einen Grünen-Politiker mit islamistischen Positionen als Büroleiter nach Marokko. Der Hanns-Seidel-Repräsentant Mounir Azzaoui hat sich immer wieder als Befürworter radikaler Islamisten und der Hamas gezeigt.

Die Friedrich-Naumann-Stiftung der FDP legte kürzlich ein besonders peinliches Stück vor: Sie engagierte einen Moderator zum Thema „Cancel Culture“ – um ihn dann übergangslos zu beschimpfen und für künftige Aufträge auszuladen. Als die Öffentlichkeit aufmerksam wurde, legte sie über ihr Umfeld ein Video nach, dass in Machart, Diktion und Text eher an Propaganda-Filme sozialistischer Diktaturen erinnert – offensichtlich kämpft diese Stiftung besonders intensiv gegen Transparenz und Freiheit.

Kein Wunder, dass auch die AfD an die Fleischtöpfe will. Trotzdem war die Gründung der Stiftung umstritten. Der (seit Januar ausgetretene) AfD-Mitbegründer Konrad Adam bezeichnete Parteistiftungen noch im Januar 2017 als „Misswuchs der bundesrepublikanischen Demokratie“.

Max Otte war übrigens Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung.

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