Tichys Einblick
Präsidialer Totalausfall

Dank Merz und Merkel: Mit Steinmeier ist der falsche Mann im Amt

Frank-Walter Steinmeier hätte anlässlich des 32. Tages der Deutschen Einheit wieder einmal die Gelegenheit gehabt, eindringlich und präsidial zum Volk zu sprechen. Dieser Bundespräsident ist symptomatisch für den Niedergang der politischen „Elite“.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, aufgenommen im Rahmen der Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten, Berlin, 13.02.2022

IMAGO / photothek
Wollte man Befunde, Diagnosen, „Gut“-Achten und dergleichen über den Zustand dieses Landes schreiben, müsste man mehrteilige Handbücher verfassen. Symptome über Symptome, Syndrome über Syndrome fallen einem ein. TE ist tagtäglich voll davon.

Einfacher und weniger voluminös ist es, wenn man aufgefordert wird, den Zustand der politischen „Elite“ Deutschlands namentlich zu benennen. So manche Namen fallen einem parteiübergreifend ein. Über all diesen Namen aber schwebt ein Name: Frank-Walter Steinmeier (SPD mit ruhender Mitgliedschaft).

Bundespräsidentenwahl
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Wie bitte, will TE das höchste Staatsamt beleidigen? Nein, gewiss nicht, wir haben hohe Achtung vor diesem Amt. Und wir haben – da und dort „cum grano salis“ – hohe Achtung vor den allermeisten Männern, die dieses Amt ausübten: Heuss, Lübke, Scheel, Heinemann, Carstens, Herzog, Rau, Weizsäcker, Köhler, Gauck. Über Wulff äußern wir uns nicht und lassen offen, ob er in seinen 598 Amtstagen bis zum Rücktritt zu wenig Gelegenheit hatte, Spuren zu hinterlassen, oder ob er als merkelianischer Favorit nicht doch überfordert war, andere – durchaus vorhandene Hochkaräter – zu verhindern bzw. vergessen zu lassen.

Nun hätte der „Amtierende“ im Bellevue „Residierende“ anlässlich des 32. Tages der Deutschen Einheit wieder einmal die Gelegenheit gehabt, eindringlich und präsidial zum Volk, das ihn in Deutschland ja nicht wählen darf, zu sprechen. War auch besser so. Denn wenn sich Steinmeier zur Deutschen Einheit äußerte, fiel ihm ja in seiner Sozen-Engstirnigkeit nicht einmal der Name Helmut Kohls ein.

Schöne Aussichten
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Ja, wozu haben wir ihn – Steinmeier – denn? Wie nie zuvor bräuchten wir ein über dem politischen Hickhack souverän stehendes Staatsoberhaupt. Ein Staatsoberhaupt, dem man zuhört – ob bei Festreden oder bei Weihnachtsansprachen. Ein Staatsoberhaupt, das die wachsenden Klüfte in diesem unserem Lande überbrückt. Ein Staatsoberhaupt, das weltweit etwas darstellt, das einen angehenden US-Präsidenten (wie immer man zu ihm steht) nicht als „Hassprediger“ bezeichnet und 2014 (Krim-Annexion) nicht vor einem „Säbelrasseln“ gegen Putin warnt.

Wir bräuchten ein Staatsoberhaupt, das darauf verzichtet, den iranischen Mullahs 2019 (wie geschehen) zum 40. Jahrestag der islamistischen Revolution „herzliche Glückwünsche (…) auch im Namen meiner Landsleute“ zu übermitteln. Welche Landsleute er damit meinte, wissen wir nicht, wahrscheinlich die Claudia Roths, Heiko Maas’ usw. Wir behaupten ja nicht, dass ein deutscher Bundespräsident mit schuld daran ist, wenn die Mullahs Frauen unterdrücken und niederknüppeln, so dass sie dabei zu Tode kommen, aber die bundesdeutsche Flagge für demokratische Rechte könnte man auch gegenüber Teheran deutlich höher halten.

Noch einmal: Steinmeier gratulierte 2019 einem Regime, das Christen verfolgt, in dem Ehebrecherinnen gesteinigt und Homosexuelle an Baukränen aufgehängt werden. 2020 sollte so etwas vermieden werden, meinte man im Bellevue. Am 7. Februar 2020 entschied Steinmeier: Wir schicken nichts. Doch in der Kommunikation gab es einen Knoten. Ein Glückwunschtelegramm ging trotzdem nach Teheran.

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Steinmeier hat das Charisma einer Büroklammer, sagen viele Insider in Berlin. Aber wo soll er Chrisma hernehmen? Nach studentischen Jahren als Juso-AStA-Mensch und Redakteur der linken, vom Verfassungsschutz beobachteten und aus der DDR finanzierten Postille „Demokratie und Recht“ war er immer ein Polit-Apparatschik: in der Staatskanzlei bei einem Ministerpräsidenten Schröder, später im Kanzleramt bei einem Bundeskanzler Schröder, dann zweimal als Außenminister, einmal als Kanzlerkandidat der SPD, für die er 2009 23 Prozent einfuhr.

Aufgefallen ist Steinmeier als Außenminister nicht, allenfalls peinlich. Als es 2015/2016 um die Anerkennung des Völkermords an den Armeniern (1915–1923) durch den Bundestag ging, kniff Steinmeier – wie auch Merkel. Man wollte Erdogan und Co nicht verärgern. Steinmeier meinte, eine solche Anerkennung relativiere den Holocaust. Kurz vor der Abstimmung im Bundestag über die Armenien-Resolution am 2. Juni 2016 kündigten Steinmeier und Merkel an, sie würden der Abstimmung fernbleiben. Das sind Helden!

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Und dann kam im Februar 2017 zum ersten Mal Steinmeiers Wahl ins höchste Staatsamt. Merkel wollte ihn, weil sie wusste, dass er eine schwache Figur ist. Die CDU hatte niemanden zu bieten, weil Merkel keinen Norbert Lammert oder Wolfgang Schäuble im Bellevue dulden wollte. Und so plätscherte die erste 5-Jahres-Amtszeit Steinmeiers vor sich hin. Voller Floskeln und Phrasen. Er hat alle Null-Erwartungen stets bei größtem Bemühen voll erfüllt. Ob es um Erinnerungen an den 8. Mai 1945, an den 9. November (1918, 1938, 1989), den 23. Mai 1949 oder den 3. Oktober 1990 ging: Erhellendes war nicht zu hören. Das Übliche nur: deutsche Verbrechen usw. Und in Yad Vashem im Januar 2020 eine Rede auf Englisch, weil er die „Sprache der Täter“ niemandem zumuten wollte. Und im Februar 2022 wählte ihn die vermeintliche Post-Merkel-CDU brav erneut mit. Der neue Vorsitzende Merz hat hier ein erstes und – wie wir mittlerweile wissen – nicht ein letztes Mal eine Chance vergeigt, Flagge zu zeigen.

Präsidialer Totalausfall
Steinmeier konnte nie aus seiner Haut. Im August 2018 bewarb er als Bundespräsident ein Konzert in Chemnitz, bei dem linksradikale Bands auftraten, die eine „Messerklinge in die Journalistenfresse“ rammen wollten. Als „deutsche“, türkisch-stämmige Fußballnationalspieler dem türkischen Präsidenten Erdoğan ihre Aufwartung machten, gab es immerhin Kritik seitens des Deutschen Fußballbundes und des „grünen“ türkischstämmigen Cem Özdemir. Fünf Tage später allerdings empfing Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die beiden Fußballer. Am 6. Juni 2018 erklärte Steinmeier, er habe die Fotos der beiden deutschen Nationalspieler kritisch gesehen und sich zunächst gefragt, ob die beiden überrumpelt gewesen seien. Dies habe ihn „ratlos“ gemacht. Präsident Ratlos? – Nein: „Präsident Peinlich“ wurde Steinmeier auf TE aufgrund solcher absoluten und wiederholten Missgriffe genannt.

Reicht es? Nein! Im März 2022 erklärt er die RAF-Mitbegründerin und Terroristin Gudrun Ensslin zur „großen Frau der Weltgeschichte“ (TE berichtete). Zum 150. Jahrestag der Gründung des Deutschen Reiches aber fällt ihm rein gar nichts ein. Der Herr Präsident besteht einfach nur aus schalen politischen und historischen Korrektheiten.

Die BILD-Zeitung hat es zumindest aktuell auf den Punkt gebracht. was TE zu Steinmeier bereits seit vielen Jahren schreibt. Am Ende resümiert der BILD-Kommentator dann endlich auch: Im Bellevue sitze der Falsche. In Achtung vor dem Amt (!) des Bundespräsidenten nehmen wir mal an, dass der Kommentator im Wort „Falsche“ in der Reihenfolge nicht die Buchstaben a und l durcheinandergebracht hat.