Tichys Einblick
Klima-EM in Deutschland 2024

Steffi Lemke rettet Deutschland vorm Verglühen im Fußballfieber

In Deutschland eifrig Klimaland lautet die alles beherrschende Frage mit Blick auf die Fußball-EM 2024, ausgetragen zwischen Oder und Rhein, nicht, wer die Europameisterschaft gewinnt, sondern wie viel CO2 eingespart wird, wer sich am wenigsten bewegt und am wenigsten atmet.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne)

IMAGO / Frank Ossenbrink

In anderen Ländern spielt man Fußball, in Deutschland Klimamonopoly. In anderen Ländern liebt man das Leben, in Deutschland den Untergang, in anderen die Freude, in Deutschland die Apokalypse, in anderen Ländern das Glück, in Deutschland die Schuld. Die größte Schuld am Elend der Welt zu tragen, bereitet den Deutschen die größte Genugtuung. Wo andere Hosianna singen, brummen die Deutschen mea culpa, mea maxima culpa – und das schönste, was ihnen in letzter Zeit widerfahren konnte, war die heilige Legende vom allein vom (deutschen) Menschen verursachten Klimawandel.

Da kann sich der deutsche Mensch wieder einmal als prinzipienfest und charakterstark erweisen. Der deutsche Wahlspruch lautet deshalb: Schließet die Münder und die Löcher der Nasen, dass kein CO2 künftig einem deutschen Mund oder einer deutschen Nase entweicht. Sicher führt das zu verkniffenen Gesichtern, aber die gelten in Deutschland ohnehin als Ausweis höchster Verantwortung. Und wehe, jemand lacht aus vollem Herzen! Man denke nur an die CO2-Bilanz! Und an den CO2-Wart.

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In anderen Ländern ist ein Sportereignis wie beispielsweise eine Fußball-Europameisterschaft ein großartiges Ereignis, auf das man sich freut und dem man unbeschwert entgegenfiebert. Nicht in Deutschland. Hierzulande legt sich beim Herannahen des Großereignisses die Stirn der grünen Klimawächter in tiefe Falten, verrät der trübe Blick und die herunterhängenden Schultern die Bürde der Verantwortung, denn auch dieses Sportereignis wird ein Sakrileg am geheiligten Klima werden. Ach, wenn man es schon nicht verbieten kann, so kann man es doch reformieren, zu gut Deutsch: unattraktiv machen.

Jeder anständige Deutsche weiß doch, wie das arme Klima darunter leiden wird, unter dem erhöhten CO2-Ausstoß in Stadien durch Rufe und Gesänge, durch die Reisen der Mannschaften und ihrer Fans, die das Flugzeug und die Bahn benutzen, anstatt im Klimabüßergewand auf das Lastenfahrrad zu steigen. Schließlich ist der Weg in die Klimahölle mit der unbeschwerten Fröhlichkeit der Menschen gepflastert.

Um diesem Klima-Gau zu entgehen, um das sich mutwillig vom 1,5-Grad-Pfad in die Büsche der Freude zu schlagen von verantwortungslosen Personen, die dort die Klimasau rauslassen, zu unterbinden, um den Anschlag auf das Klima zu verhindern, um schließlich doch noch Deutschland vor dem Verglühen zu bewahren, hatte Deutschlands heroische und spendable Umweltministerin Steffi Lemke eine Studie in Auftrag gegeben, wie man Deutschland in letzter grüner Sekunde noch retten kann.

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Und ehrlich, für die Rettung Deutschlands sind 84.000 Euro ein läppischer Preis. Und wem könnte man sonst diese Studie anvertrauen, wem sonst läppische 84.000 Euro Steuergelder überweisen für die Rettung Deutschlands, wenn nicht dem Verena-und-Jacob-Graichen-Institut, noch Öko-Institut genannt. Sorgenschwer mahnt der parlamentarische Staatssekretär Christian Kühn von den Grünen: „Die UEFA EURO 2024 begeistert Millionen, umso wichtiger ist es, solche Großveranstaltungen auf einem hohen Umwelt- und Klimaschutzniveau durchzuführen. Die Studie des Öko-Instituts zeigt viele Möglichkeiten auf, Plastik zu vermeiden, sorgsam mit Wasser umzugehen, klimaschädliche Emissionen einzusparen, oder Stoffkreisläufe besser zu berücksichtigen, ohne die Strahlkraft des Events zu schmälern. Die UEFA EURO 2024 sollte ein Beispiel geben, was Fair Play im Umgang mit Mensch und Umwelt bedeutet.“

Die UEFA EURO 2024 soll vor allem ein Wettbewerb darin werden, lieber Glas- statt Plastikflaschen zu benutzen, besser Müll zu trennen, weniger Wasser zu trinken und weniger zu atmen. Am besten wäre es überhaupt, wenn die Leute zu Hause blieben, in Erinnerung an die goldene Corona-Zeit eine Maske aufsetzten und die Spiele in ARD und ZDF verfolgten. Das stärkt auch die Quote und macht betreutes Fernsehen von ARD und ZDF endlich unverzichtbar. Vor allem geht es um „Fair Play mit Mensch und Umwelt“.

War da eigentlich noch etwas? Fußball? Was war Fußball gleich nochmal? Armbinden tragen? Niederknien, während andere ein längst aus der Zeit gefallenes Spiel spielen? Fußball heißt es, Fußball sei „ein einfaches Spiel: 22 Männer jagen 90 Minuten lang einem Ball nach, und zuerst verlieren die Deutschen.“

Auch der DFB scheint es so zu sehen, denn der Turnierdirektor Philipp Lahm hat bereits erklärt, worum es eigentlich geht: „Wir arbeiten daran, dass die EURO 2024 neue Maßstäbe in Sachen Nachhaltigkeit, Klimaverträglichkeit, sozialer Gerechtigkeit und Gemeinwohl setzt. Das NKI-Projekt soll in der Gesellschaft Spuren hinterlassen – idealerweise über die Dauer der EURO 2024 hinaus. Deswegen danken wir der Bundesregierung für ihre Unterstützung und freuen uns auf die Zusammenarbeit.“ Arbeitet der DFB nicht mehr daran, die Europameisterschaft zu gewinnen, nicht daran, dass La Mannschaft die deutschen Fußballfans durch sportliche Höchstleistungen, durch atemberaubende Spiele erfreut und in den Bann schlägt, sondern daran, „neue Maßstäbe in Sachen Nachhaltigkeit, Klimaverträglichkeit, sozialer Gerechtigkeit und Gemeinwohl“ zu setzen?

Schließlich „entwickelt der DFB derzeit einen Aktionsplan, um die Nachhaltigkeit im Amateurfußball voranzutreiben. Dazu leistet das NKI-Projekt einen entscheidenden Beitrag. Die erhöhte Aufmerksamkeit für Umwelt- und Klimaschutzthemen im Vorfeld der EURO 2024 soll genutzt werden, um die rund 24.000 Amateurvereine in Deutschland für den Klimaschutz zu begeistern und langfristige Aktivitäten anzustoßen“, heißt es in der Pressemitteilung des Umweltministerium. Früher haben sich die Fußballvereine im Fußball miteinander gemessen, long, long ago. Nicht Fußball, sondern „Best Practice-Beispiele sollen ausgezeichnet und innovative Ideen gefördert werden. Bereits zur WM 2006 und zur Frauen-WM 2011 hatte der DFB unter dem Titel ‚Green Goal‘ erfolgreiche Programme zum Umweltschutz initiiert.“ Ja, wenn man auch sonst keine Tore schießt, bleibt La Mannschaft nur das Green Goal übrig. Nannte man früher übrigens Trostpreis.

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Natürlich ist die Studie des Verena-und-Jacob-Graichen-Instituts, das bis jetzt noch Öko-Institut heißt, so viel Fairness muss sein, die den Steuerzahler läppische 84.000 Euro kostet, nur die Zahlungsanforderung für weitere Millionen. So hat der Bund der Steuerzahler publiziert, dass „das Bundesumweltministerium bereits in diesem Jahr mit knapp 1,6 Mio. Euro beim Turniervorlauf“ mitmischt, um „die Organisatoren der EURO 2024 bei der Umsetzung ihrer Ansprüche im Bereich Klimaschutz zu unterstützen“. Schließlich gilt es bei der Fußball-EM auch darum, das „„Bewusstsein für nachhaltige Ernährungsweisen“ zu schärfen, wofür es Checklisten und Cateringtipps geben wird. Noch mehr Steuergeld soll 2024 fließen: „Für kommendes Jahr plant das Umweltministerium Ausgaben von 3,4 Mio. Euro, 2025 dann nochmals 625.000 Euro.“

Die Grünen bekommen eben alles kaputt, den Export, die Energiesicherheit, den Wohlstand, die technische Innovationsfähigkeit, überhaupt die deutsche Wirtschaft, den Industriestandort Deutschland – und eben auch den Fußball.

Da ich nicht den deutschen Spielern beim Müllsuchen im Stadion oder beim Verzehr von Veganer Essen aus nachhaltiger Produktion zuschauen möchte, werde ich mir die Spiele der Nationalmannschaften anschauen, die noch richtigen Fußball spielen und richtige Tore auf dem Fußballrasen und nicht Green Goals auf den steuerfinanzierten fetten Weiden der Ideologie zu schießen vorhaben.

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