Tichys Einblick
Keine Besserung in Sicht

Merkel und Decarbonisierung

Solche verrückten Ideen wie Decarbonisierung, die auch einer Angela Merkel flüssig über die Lippen gehen, dürften also weiter gehen.

© Guido Bergmann/Getty Images

Wie geht es nach dieser Wahl weiter mit der Decarbonisierung? Wie geht es in einer neuen Regierung weiter mit solch abenteuerlichen Konstruktionen wie der Energiewende? Eines der teuersten und sinnlosesten Projekte Deutschlands war im Wahlkampf erstaunlicherweise kein Thema. Aber das ist – zur Erinnerung – neben der Migrationskrise die Großtat, die das Fundament Deutschlands am heftigsten beschädigt und bereits die Stromkunden die irrsinnige Summe von 150 Milliarden gekostet hat.

Anspruch und Wirklichkeit
„Energiewende“ trifft frostige Wirklichkeit
Wie geht es mit dem EEG weiter? Die FDP will es abschaffen, ebenso die AfD. Für die FDP steht das Pariser Klimaabkommen außer Frage. Sie will es allerdings auf marktwirtschaftliche Weise regeln. Offen sind die Folgen. Denn ohne massive Zuschüsse kommt kein Windradbetreiber auf die Idee, überall im Land Windräder aufzustellen. Die würden sich ohne die kräftigen Milliarden der Stromkunden nie rechnen. Mittlerweile verdienen so viele am Bau von Windrädern und Photovoltaikanlagen auf Dächern, der ökologisch-ökonomische Interessenskomplex ist so groß geworden, dass es schwer wird, hier die Geldhähne zuzudrehen.

Vermutlich wird die Tonart vor allem gegenüber der Autoindustrie gedämpfter als bisher sein. Die »Wir wollen den Diesel weg«-Hendricks ist selbst weg. Aber Merkel bleibt. Vielen Wählern ging ihr Grünsprech vor allem mit Blick auf den Wert ihres Dieselautos und Geldbeutel gehörig auf die Nerven. Sie müssen bereits jetzt massive Wertverluste ihrer Autos in Kauf nehmen.

Die entsprechenden Sprechblasen kommen jetzt voraussichtlich aus grünem Mund. Der hat allerdings wesentlich weniger Gewicht als bisher die SPD. In einer Merkel-Jamaika-Koalition spielt die FDP den stärkeren Part als die Grünen. Sie wird das Wirtschaftsministerium besetzen und von dort aus zaghaft gegen die heftigsten energiepolitischen Auswüchse kämpfen.

REGIERUNGSZIEL DEKARBONISIERUNG
„Öl und Gas bleiben auf Jahrzehnte wichtigster Energieträger“
Mit verbunden sein dürfte auch ein Wechsel von Rainer Baake, einem der Hauptideologen der Energiewende, in das Umweltministerium. Einer der größten Fehler des damaligen Wirtschaftsministers Gabriel war es bekanntlich, diesem energiepolitischen Hardcore-Grünen zu einem Amt ins Wirtschaftsministerium verholfen zu haben. Dort konnte er ziemlich ungestört mit Rückendeckung Gabriels schalten und walten. Er ist mit für eine der größten Geldvernichtungskampagnen im Land verantwortlich.

Die Grünen, die so vehement wie platt den Ausstieg aus der Verbrennermotor-Technologie 2030 fordern, sind wohl mit Feuereifer bei einer Ausstiegs-Formulierung im neuen Koalitionsvertrag ohne Terminangabe. Das erlaubt ihnen heftigen Ausstiegs-Lärm gegenüber ihrer Basis und bei gleichzeitigem warmen Plätzchen am Kabinettstisch. Zu stark läuft ihnen angesichts dieser Option das Wasser aus dem Mund.

Nutznießer von allen möglichen und unmöglichen Ideen rund um die Elektromobilität können sich freuen: Geld dafür wird mit vollen Händen verteilt. Auf den Anträgen muß nur »CO2 weg«, »neuer Stromspeicher gefunden«, »disruptiv« oder »autonomes Fahren« stehen. Geht so glatt durch wie bisher etwa jene 150 Zensur-Millionen der ehemaligen Familienministerin für Neu-Stasi-Aufgaben der Kahane-Stiftung.

Helds Ausblick, 22-2016
Amerikas rauhe Energie
Was bedeutet das für die wirtschaftliche Basis eines Industrielandes wie Deutschland? Ein heftiges Warnsignal kommt aus der Stahlindustrie, der letzten noch verbleibenden Großindustrie: Thyssen-Krupp und die indische Tata-Steel wollen ihre europäischen Aktivitäten in einem neuen Unternehmen zusammenlegen. Das wird in den Niederlanden angesiedelt werden und den Anfang vom Ende des letzten großen Industriezweiges in Deutschland bedeuten.

Bemerkenswert, daß Merkel die Einzige war, die das in der Elefantenrunde angesprochen hat. Man darf davon ausgehen, daß ihr schon bewußt ist, was dieser Einbruch für Deutschland bedeutet, wenn letztlich die Stahlproduktion aus dem Land verschwindet. Auch Altmaier bemühte sich schwitzend, die horrenden Kosten der »Energiewende« irgendwie senken zu können. Die Kohleindustrie ist schon lange weg, obwohl noch genügend hochwertiger Kohle im Boden liegt.

Die Frage ist: Wann ist das Geld ausgegangen? Versuche, die immer höheren Stromkosten zu deckeln, sind bisher gescheitert und dürften weiter scheitern.

Hinter dem Migrationsvorhang
Ausverkauf, Stillstand und Verschleiß
Solche verrückten Ideen wie Decarbonisierung, die auch einer Angela Merkel flüssig über die Lippen gehen, dürften also weiter gehen. In der CDU sind die Kräfte noch nicht stark genug, die Merkel und ihre Truppen hinwegfegen können. Mögliche Nachfolger, die es mit Sicherheit auch einer Partei wie der CDU gibt, wagen sich noch nicht aus der Deckung. Spätestens in zwei oder drei Jahren, wenn einer der Jamaika-Partner aus irgendeinem Grund die Koalitionskarte zieht und vorzeitig Schluß mit Jamaika macht.

Bis dahin werden wir viele Kompromisse hören. Ein Vorschlag von uns: Die Grünen wollen keine Autos mit Verbrennungsmotoren. Kompromiß: Der Motor läuft nur mit der Hälfte der Zylinder, beim Vier-Zylinder-Motor also nur mit zwei Zylindern. Die anderen sparen Kraftstoff und stoßen kein CO2 aus. Ungeschickt wird es allerdings bei downgesizten Dreizylinder-Motoren.